Sie haben 41 Minuten Redezeit gewünscht. Herr SchäferGümbel, ich werde Sie auf die Redezeit aufmerksam machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Landtagspräsident! Frau Wissler, wahrscheinlich wird genau diese eine Minute am Ende wichtig sein. Deswegen haben wir 41 Minuten Redezeit angemeldet.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass es richtig war, dass Petra Fuhrmann zu Beginn den Einzelplan 01 aufgerufen hat, um über das Thema gute Arbeit zu reden.
Herr Wagner, keine Sorge, Sie werden noch genug Anlass haben, sich im Laufe der nächsten 40 Minuten aufzuregen.
Ich bin nur an Ihrer Gesundheit interessiert. Deswegen empfehle ich Ihnen dringend, sich jetzt ein bisschen zurückzuhalten.
Es geht nicht um einzelne Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter, sondern es geht sehr wohl darum, welches Vorbild der Hessische Landtag hinsichtlich der Frage abgibt, wie er mit seinen eigenen Beschäftigten umgeht. Deswegen haben wir das Thema hier aufgerufen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will das insbesondere auch den Zuschauerinnen und Zuschauern noch einmal erläutern. Die Generaldebatte über den Entwurf des Landeshaushalts 2012 ist nicht nur eine Diskussion über den Entwurf des Landeshaushalts 2012, sondern sie ist vor allem eine Diskussion über die Fragen der Grundlinien der Landespolitik. Deswegen will ich zunächst erläutern, um was es gehen muss.
Aus unserer Sicht muss es in einer solchen Generaldebatte darum gehen, wie wir die Zukunft unseres Bundeslandes sehen, wie wir die Chancen nutzen, wie wir Perspektiven ergreifen, wie wir den Herausforderungen unserer Bundeslandes in den nächsten Jahren gerecht werden. Damit sind natürlich auch folgende Fragen eng verbunden: Gibt es eine Idee? Gibt es ein Ziel? Gibt es einen Plan dafür, was wir in diesem Land erreichen wollen?
Der Gradmesser für diese Zukunftsdebatte ist beispielsweise die Bildungspolitik. Wir werden mit dem Landeshaushalt eine Antwort darauf geben müssen, welchen Beitrag das Land dazu leistet, dass wir nach wie vor feststellen müssen – nach der Bildungsforschung und den PISAErgebnissen –, dass die soziale Herkunft den Bildungsabschluss so stark bestimmt wie in nahezu keinem anderen Land.
Wir werden mit diesem Landeshaushalt zweitens die Frage beantworten müssen, welchen Beitrag wir für gute Arbeit geben. Wie entlohnen wir Menschen, die ihre Arbeit einbringen – Hände- wie Kopfarbeit –, werden sie am Ende auch von dem, was sie erbringt, leben können?
Wir werden die Frage beantworten müssen, ob wir mit diesem Landeshaushalt und der Landespolitik Armut verhindern und abbauen und damit Menschen Hoffnung und Perspektive geben können.
Wir werden im Bereich der Energie eine Antwort darauf geben müssen, ob wir Wirtschaft und Umwelt miteinander in Einklang bringen und die Chancen, die in der Energiewende liegen, nutzen.
Wir werden eine Antwort darauf geben müssen, ob wir mit dem demografischen Wandel, den besonderen Herausforderungen insbesondere in den ländlichen Räumen gerecht werden und ob die Städte und Gemeinden so ausgestattet sind, dass sie dieser Herausforderung gerecht werden können.
Wir werden im Bereich der Sicherheit eine Antwort darauf geben müssen, ob das, was wir vorgeben, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger schützt und Perspektive gibt.
Letztlich werden wir natürlich auch eine Antwort darauf geben müssen, ob wir mit dem Geld, das uns durch Steuern anvertraut ist, wirtschaftlich umgehen und dem Verfassungsauftrag nach der Schuldenbremse gerecht werden, nämlich der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der Gradmesser für diese Debatte. Ich will es gleich vorweg sagen: Diesen Zukunftsaufgaben wird diese Landesregierung abermals nicht gerecht.
Sie genügen sich nach zwölf Jahren Regierungszeit in Selbstgefälligkeit, weil Ihnen die Ideen für dieses Land ausgegangen sind, Herr Irmer. – Wo ist eigentlich der Ministerpräsident, wenn es um die Zukunftsthemen geht? Wo ist Volker Bouffier?
(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Schäfer-Gümbels Märchenstunde! – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))
Herr Irmer ruft gerade herein, dass der Ministerpräsident hier sitzen würde. – Herr Irmer, ich wollte nicht wissen, wo es sich der Ministerpräsident bequem gemacht hat, sondern ich will wissen, wo er bei den zentralen Themen ist.
Der Ministerpräsident gefällt sich in seinem Amt und klopft sich überall auf die Schultern. Aber glauben Sie ernsthaft, Herr Bouffier, dass dieses Land einen Moderator sucht,
einen, der sich im Verwalten ergeht? Sie haben da etwas gründlich missverstanden – „Wetten, dass..?“ sucht einen neuen Moderator. Wenn Sie das sein wollen, bewerben Sie sich bitte bei Herrn Schächter und dem ZDF. Was wir suchen, ist ein Regierungschef, der den Zukunftsaufgaben gerecht wird, sie annimmt und Lösungen anbietet – und die bleiben Sie konsequent schuldig.
Damit will ich zu einigen sehr konkreten Punkten kommen. Zur Bildung. Wir haben es in den letzten zwei Plenardebatten als Thema gehabt: Perspektive an den Hochschulen. Sie haben hier G 8 eingeführt, Sie haben davon gesprochen, dass wir Schüler schneller durch die Schulen schicken müssen. Wir haben die Bundeswehrreform, und heute haben wir überfüllte Hochschulen. Was ist die Antwort der Wissenschaftsministerin, aber auch des Ministerpräsidenten? – Alles ist gut, es gibt keine Notwendigkeit, irgendetwas zu ändern.
Ich sage Ihnen: Es ist nicht akzeptabel, dass wir den Schülerinnen und Schülern auf der einen Seite sagen, sie sollen schneller durch die Schule gehen, und sie anschließend an den Hochschulen vor verschlossenen Türen stehen, weil die Kapazitäten nicht vorhanden sind.
Das geht nicht, Herr Wagner. Da helfen auch die Drohungen in Richtung der Universitätsleitungen nicht. Sie werden sich der Wirklichkeit stellen und die Grundfinanzierung an den Hochschulen stärken müssen. Deswegen haben wir Ihnen einen Vorschlag gemacht: Gehen Sie mit uns den Weg eines Notprogramms, damit wenigstens die wesentlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden können, dass die Studierenden auch akzeptable Studienbedingungen an den hessischen Hochschulen vorfinden.
Sie haben es mit der Mehrheit hier im Hessischen Landtag beschlossen. Wir nehmen dieses Gesetz nicht für uns in Anspruch, damit das auch völlig klar ist, Herr Rentsch. – Aber dieses Gesetz gibt keinerlei Antwort auf die großen Fragen von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.
Ich will schon allein im Grundansatz sagen: Rainer Domisch hat uns als leiser Vertreter seiner Zunft immer wieder ins Stammbuch geschrieben, dass wir Kinder nicht beschämen dürfen. – Das ist der wesentliche Punkt, den er zu seiner Bildungsphilosophie gemacht hat. Ich finde, er hat recht. Wir müssen eine Schule schaffen, die Kinder nicht beschämt. Das heißt, wir müssen Kinder fördern, wir müssen Kindern Chancen und Perspektiven geben.
Wer im Schulgesetz allerdings den Begriff der „Durchlässigkeit“ streicht, der hat etwas anderes im Sinne: Sie bauen Bildungschancen für Kinder ab, wir aber wollen sie fördern.
Deswegen fordern wir Sie erneut und immer wieder auf: Kehren Sie um und werden Sie den Anforderungen von Bildungsgerechtigkeit endlich gerecht.
Was haben Sie denn gemacht, Herr Wagner? Sie haben eine völlig vergeigte Schulzeitverkürzung durchgeführt. Sie haben G 8 mit aller Gewalt von oben durchgesetzt. Diese Reform ist vermurkst. Sie belastet die Kinder in ihrer schwierigsten Zeit, die sie haben – nämlich in der Zeit, in der sie von Kindern zu jungen Erwachsenen werden, der Pubertät.
Deswegen sagen wir Ihnen: Kehren Sie um, hören Sie mit diesem Unfug bei G 8 auf. Wir müssen eine andere Form der Schulzeitverkürzung organisieren, indem wir in der Oberstufe und der Schuleingangsform etwas tun, aber nicht in der schwierigsten Phase, in der Kinder groß werden sollen. Deswegen sagen wir Ihnen: G 8 in dieser Form muss abgeschafft werden.