Protocol of the Session on October 5, 2011

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hessischen Straßenund Verkehrsverwaltung erledigen ihre Arbeit engagiert und effizient, und dafür möchte ich ihnen an dieser Stelle im Namen der Sozialdemokraten recht herzlich danken.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

Deswegen ist es uns ein Bedürfnis, an dieser Stelle etwas nachzuholen, was die Landesregierung schon seit Längerem versäumt hat, was seit Langem überfällig ist, nämlich auch im Hessischen Landtag Respekt und Anerkennung dafür auszusprechen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßenmeistereien in einem Wettbewerb, in einem Pilotprojekt zur Privatisierung der Straßenmeistereien, gezeigt haben, dass sie ihre Arbeit effizient und kostengünstig erledigen

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und dass der öffentliche Bereich besser und kostengünstiger arbeiten kann und den Vergleich mit Privaten nicht zu scheuen braucht.

Meine Damen und Herren, weiterhin möchte ich im Namen der SPD-Fraktion Anerkennung dafür aussprechen, dass sie die Herausforderungen aus den Konjunkturprogrammen so effizient umgesetzt haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das alles war nach unserer Auffassung möglich, weil wir in der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung vor Ort kompetente und zuverlässige Mitarbeiter haben, die dort, wo die Aufgaben anfallen, diese zur Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger und der Kommunen erledigen.

Diese Struktur, die mit Voraussetzung dafür war, dass sich die hessischen Straßenmeistereien in einem Wettbewerb mit einem privaten Anbieter nicht nur als die kostengünstigere Alternative, sondern auch als die mit der besseren Qualität behaupten konnten, diese bewährte Struktur soll nun zugunsten einer starken Zentrale in Wiesbaden zerschlagen werden; denn nichts anderes verbirgt sich hinter dem Modell der Spartenorganisation: eine Fokussierung auf die Zentrale in Wiesbaden.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit verlässt die Landesregierung ein aus unserer Sicht dafür wichtiges Prinzip, dass Verwaltung vor Ort effizient arbeiten kann: Es müssen die Kompetenzen dort vorhanden sein, wo die Aufgaben anfallen, vor Ort in der Fläche. Es ergibt doch keinen Sinn, Strukturen zu zerschlagen, die sich bewährt haben und die gewährleisten, dass Dienstleistungen vor Ort von einer Behörde erledigt werden können. Aber genau dies wird hier vorgeschlagen, wenn eine Spartenorganisation mit den Bereichen Bau, Planung, Verkehr und Betrieb eingeführt werden soll.

Meine Damen und Herren, ich glaube übrigens, das hat mittlerweile Methode. Es kann doch kein Zufall sein, dass wir letzte Woche bei den Schulämtern erfahren mussten, dass dort Kompetenzen vor Ort zugunsten einer starken Zentrale in Wiesbaden abgezogen werden. Dieses Prinzip scheint sich nun auch in der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung durchzuziehen. Es scheint ein Prinzip dieser Landesregierung geworden zu sein, Kompetenzen vor Ort abzuziehen und die Zentrale in Wiesbaden zu stärken. Das hat aber mit Bürgernähe und effizientem Arbeiten nichts zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt auch keinen Sinn, das operative Geschäft vor Ort zu schwächen und die Zentrale in Wiesbaden aufzublähen. Das operative Geschäft muss dort erledigt werden – –

(Zuruf des Staatssekretärs Steffen Saebisch)

Nein, dem können wir nicht folgen, wenn wir den Gesetzentwurf lesen. Das wird nicht passieren. – Das operative Geschäft muss nach unserer Auffassung dort erledigt werden, wo die Leistung nachgefragt wird, vor Ort in der Fläche und nicht in einer Zentrale in Wiesbaden.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Stefan Mül- ler (Heidenrod) (FDP))

Ich prophezeie Ihnen: Sie produzieren hier einen Gesetzentwurf, der lange Entscheidungswege verursacht. Sie verursachen ein riesengroßes Durcheinander. Das prophezeie ich Ihnen vonseiten der Sozialdemokraten.

(Beifall bei der SPD – Zurufe des Abg. Jürgen Len- ders (FDP) und des Staatssekretärs Steffen Saebisch)

Es ist auch nicht mehr als eine Beruhigungspille, wenn die Landesregierung darauf hinweist, dass außer Frankfurt alle ASV-Standorte erhalten bleiben sollen. Es gibt nicht wenige Beschäftigte, die fragen jetzt schon: Wie lange eigentlich noch? Denn sie haben Vertrauen verloren. Die ASV-Standorte werden zu Filialen degradiert, und jeder weiß: Filialen geben Qualität ab, weil sie Kompetenzen verlieren. Da kann man sich nicht einfach dafür loben lassen, dass alle Standorte außer Frankfurt erhalten bleiben. Letztlich ist es doch wichtig, welche Aufgaben vor Ort erledigt werden können und welche Entscheidungen vor Ort zukünftig getroffen werden können.

Meine Damen und Herren, die Beschäftigtenvertretung hat die Landesregierung aufgefordert, für den Erhalt dieser Standorte auch über das Jahr 2017 hinaus eine Garantie abzugeben und die Geltungsdauer des Gesetzes zu verlängern. Aus dieser Forderung ist ein tiefes Misstrauen gegenüber der Landesregierung erkennbar. Ich will nicht spekulieren, aber wahrscheinlich ist es so, dass dieses Misstrauen auf der einen Seite auf Erfahrungen mit ihrem Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beruht.

Ich glaube, dieses Misstrauen begründet sich aber auch mit dem Inhalt des vorliegenden Gesetzentwurfs. In dem Entwurf ist vorgesehen:

Die für den Straßen- und Brückenbau sowie den Straßenverkehr zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann durch Rechtsverordnung den Zusammenschluss, die Auflösung und die Bildung von Außenstellen sowie die Dienstsitze der in § 1 Abs. 2 aufgeführten Behörde und ihrer Außenstellen regeln.

(Staatssekretär Steffen Saebisch: Das ist so!)

Ja, das ist so, das muss man aber nicht so machen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Gerade wenn man weiß, dass der Bestand der ASV-Standorte vor Ort einen hohen Stellenwert hat, kann man an dieser Stelle ein anderes Signal setzen. Ja, wir können das Misstrauen und die Ängste der Beschäftigten verstehen, und wir sind gespannt, wie sich die Abgeordneten der Regierungskoalition hier verhalten werden. Wir sind überzeugt, es ist eine Entmündigung des Parlaments und jedes einzelnen Abgeordneten. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass man, um Ruhe und Berechenbarkeit in die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung hineinzubekommen, diesen Paragrafen im Gesetz streichen muss.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das hier vorgestellte Modell einer Spartenorganisation wird nach unserer Auffassung nicht zu den erhofften Einsparungen führen. Diese Befürchtung teilen wir mit vielen anderen, ist doch die Aufteilung in die vier Bereiche Bau, Betrieb, Planung und Verkehr strukturell so aufgebaut, dass, wenn die erhofften Einsparungen nicht erreicht werden, die nächste Rakete gezündet werden kann. Dann kann jeder einzelne Bereich herausgelöst und privatisiert werden. Nicht wenige vermuten, dass das, was Sie bei den Straßenmeistereien versucht haben und was Ihnen misslungen ist, jetzt auf diese Art und Weise nachgeholt werden soll.

Meine Damen und Herren, das finden wir nicht in Ordnung, und das werden wir so nicht mittragen.

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte noch darauf hinweisen, dass es sich bei dieser geplanten Einführung des Spartenmodells um eine Organisationsänderung handelt, die von oben bestimmt worden ist, die nicht gemein

sam mit den Beschäftigten erarbeitet worden ist. Die Landesregierung hat die Beschäftigten hier nicht mitgenommen, sondern sie ist für die Verunsicherung unter den Beschäftigten verantwortlich. Ich bin überzeugt davon, wir werden in der Anhörung viele offene Fragen zu bereden haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Caspar für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir konnten gerade bei dem Setzpunkt der SPD erleben, dass Hessen nicht nur zahlenmäßig die schwächste Opposition seit Bestehen des Hessischen Landtags, sondern auch inhaltlich die schwächste Opposition hat.

(Brigitte Hofmeyer (SPD): Einfach mal zuhören!)

Denn abgesehen von allgemeinen Nörgeleien ist hier nichts konkret an Kritik vorgebracht worden.

(Zurufe von der SPD)

Wir sehen, wie sich das bei diesem Tagesordnungspunkt konkret fortsetzt. Selbst der Sprecher der SPD, Herr Frankenberger, hat gesagt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen dort eine gute Arbeit. Ich sage: Natürlich auch die dafür zuständige Regierung macht eine gute Arbeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Uwe Franken- berger (SPD): Die einen sehen es so, die anderen so!)

Insoweit meine ich, dass man das nicht trennen kann, weil die Regierung natürlich nur so gut ist wie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn diese so gut sind, dann ist das Produkt der Arbeit auch sehr gut. Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit der hessischen Straßenbauverwaltung, mit denjenigen, die zuständig sind für den Bau und die Unterhaltung unserer Straßen.

Dass wir zufrieden sein können mit der Arbeit, hat natürlich auch sehr viel damit zu tun, welche Mittel den Menschen bereitgestellt werden, ihre Arbeit zu machen. Als Rot-Grün hier in Hessen regierte, im Jahr 1999, betrugen die Straßenbaumittel 27 Millionen €.

(Uwe Frankenberger (SPD): Jetzt kommt wieder Vergangenheit! – Brigitte Hofmeyer (SPD): Letztes Jahrhundert!)

Das ist Ihre Vergangenheit, und die müssen Sie sich vorhalten lassen; denn außer nach der Nörgelei, die Sie heute betreiben, können die Menschen Ihre Arbeit nur danach beurteilen, was Sie gemacht haben, als Sie in der Regierung waren.

Noch einmal: 1999 haben Sie 27 Millionen € pro Jahr für den Straßenbau bereitgestellt. Im Jahr 2011 haben wir 135 Millionen € zur Verfügung gestellt. Das heißt, der Betrag ist verfünffacht worden. Das ist der Grund dafür, warum die Arbeit so gut gemacht werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Zweitens. Neben der Bereitstellung der Mittel muss man die Organisationsstrukturen optimieren. Dazu muss man

bemerken, dass die Landesregierung, um die Organisationsstrukturen zu verbessern, ein Gutachten bei der Firma PricewaterhouseCoopers in Auftrag gegeben hat. Diese hat Vorschläge erarbeitet, was man tun muss, um die Verwaltung schneller, effizienter und noch besser zu machen. Dieses Gutachten war die Grundlage dafür, die Organisations- und Verwaltungsreform anzuschieben. Das sollte die Opposition eigentlich begrüßen. Sie sagen doch immer, unsere Regierung gebe zu viel für den Verwaltungsapparat aus. Hier ist es so, dass im Zeitraum von 2012 bis einschließlich 2015 eine Einsparung in Höhe von 21,5 Millionen € allein im Verwaltungsapparat erreicht werden kann. Wenn konkret etwas getan wird, müssten Sie als Opposition das doch eigentlich begrüßen, statt nur herumzunörgeln.

Wir haben also die Situation, dass wir durch eine Verbesserung der Organisationsstrukturen, d. h. durch die Reduzierung von drei Verwaltungsebenen auf zwei Verwaltungsebenen, Kosten einsparen können. Die Mittel, die an dieser Stelle eingespart werden, werden den Verkehrsteilnehmern unmittelbar zugutekommen. Das ist wichtig und richtig.

Lassen Sie mich auch daran erinnern, dass es durch das Programm „Staufreies Hessen“ gelungen ist, die Stauzeiten erheblich zu reduzieren.