Protocol of the Session on September 13, 2011

Was die Streichung von Standorten angeht, muss ich sagen: Wir werden es niemals erleben, dass wir irgendwo Standorte infrage stellen, ohne dass es vor Ort zu Widerständen und Aufregungen kommt. Das ist richtig und auch sehr nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz: Wenn wir strukturell einsparen wollen, und das müssen wir – –

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Warum?)

Weil wir einen hoch defizitären Haushalt haben, den wir ausgleichen wollen.

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Warum?)

Deswegen müssen wir einsparen, und deswegen müssen wir strukturelle Entscheidungen treffen. In diesem Fall bestehen sie darin, dass wir auch an die Schließung von Standorten denken.

Meine Damen und Herren, ständig wird das mit der Schließung der Amtsgerichte im Jahr 2004 verglichen. Es wird gesagt, möglicherweise habe sich das gar nicht nachweisbar gerechnet. Für die Schließung der Standorte im Jahre 2011 wurden andere Kriterien zugrunde gelegt. Man hat auf den Erfahrungen aufgebaut. Insbesondere wurde darauf geachtet, dass an den aufnehmenden Standorten entsprechende Kapazitäten vorhanden sind, sodass keine oder nur geringfügige Baumaßnahmen erforderlich sind und man dadurch, da kaum Mehrkosten entstehen, insbesondere die Gebäudekosten reduzieren kann. Gleichzeitig kann man auch die IT-Kosten reduzieren; denn die Fixkosten in diesem Bereich sind sehr hoch.

Dann wird immer noch gesagt, es gebe keine Einsparungen. Frau Fuhrmann, Sie können ruhig 20 Minuten lang den Kopf schütteln. Das gibt höchstens Halsschmerzen; aber es führt nicht dazu, dass es richtiger wird.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): Nein! Aber bei Ihnen gibt es Kopfschmerzen, wenn Sie weiter so reden!)

Es könnte auch sein, dass die Brille herunterfällt. Aber das wollen wir alles nicht.

Obwohl die SPD-Fraktion regelmäßig fordert, dass der Haushalt ausgeglichen ist, dann aber dagegen protestiert, wenn wir sparen, werden wir – gerade als FDP – darauf dringen, dass Einsparungen erzielt werden. Auch wenn wir dafür kritisiert werden, müssen wir diese Maßnahmen umsetzen, damit wir einen ausgeglichenen Haushalt bekommen. Das wollen 70 % der Hessen – jedenfalls haben sie im Volksentscheid so abgestimmt –, und deswegen werden wir das so umsetzen.

Mit der Reform, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthalten ist, haben wir bei den Amts- und Arbeitsgerichten eine Struktur, die zukunftsfähig und effizient ist. Genau das war das Ziel dieser Reform. Wir haben uns sehr intensiv damit beschäftigt. Wir haben uns mit den einzelnen Gerichtsbezirken intensiv befasst und in der letzten Ausschusssitzung auch noch Änderungsanträge gestellt.

Von Ihnen habe ich bislang desgleichen noch nicht erlebt. An der Stelle habe ich von Ihnen noch keinen einzigen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf gesehen. Ich muss ganz ehrlich sagen: Angesichts der vielen lautstarken Proteste finde ich das am Ende doch relativ wenig. Es zeigt, dass wir mit diesen Sparmaßnahmen im Endeffekt auf dem richtigen Weg sind. Deswegen werden wir im Ausschuss und auch am kommenden Donnerstag gern noch einmal darüber diskutieren.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie lachen, weil wir sagen, Einsparungen seien erforderlich: In Rheinland-Pfalz gibt es Einsparungen beim OLG. Das soll verlagert werden. Rot-Grün hat sich das vorgenommen. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen: In Thüringen gibt es ebenfalls intensive Diskussionen darüber.

(Günter Rudolph (SPD): Seit wann machen Sie alles, was in Rheinland-Pfalz gemacht worden ist? Das ist ja furchtbar!)

Herr Rudolph, regen Sie sich doch an der Stelle nicht auf.

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss. – Auch in Thüringen wird im Zusammenhang mit der Arbeitsgerichtsbarkeit intensiv über Standortschließungen diskutiert. Das zeigt, dass über die Ländergrenzen und über die Parteigrenzen hinweg solche Konzepte entwickelt werden, und es zeigt, dass es richtig ist, so zu handeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Honka für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, werte Kollegen! Nach all der Aufregung, die zu dieser späten Stunde entstanden ist, möchte ich in der zweiten Lesung doch noch einige Anmerkungen zum Gesetzentwurf und zu dem Verfahren bis zu diesem Punkt machen.

(Günter Rudolph (SPD): Wer ist hier aufgeregt? – Gegenrufe von der FDP: Herr Rudolph! – Günter Rudolph (SPD): Wenn ich aufgeregt bin, geht es ganz anders zur Sache!)

Herr Kollege Rudolph, dass Sie aufgeregt sind, zeigen Sie seit einigen Sekunden ganz wunderbar. Das ist das Schöne dabei.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Einige Punkte haben sich im Laufe der vier Debatten, die wir inzwischen zu dem Thema geführt haben, nicht geändert. Der erste Punkt ist, dass die Opposition die Einsparvorschläge, die hier dargelegt worden sind, pauschal ablehnt. Der zweite Punkt ist, dass sie nur sehr wenige oder gar keine eigenen Einsparvorschläge auf den Tisch legt.

Was die Anzahl der Einsparvorschläge betrifft, wird es mir an der Stelle ganz einfach gemacht. Ich kann mich ein Stück weit auf das beziehen, was wir in der Anhörung gehört haben: Warum gibt es relativ wenige Alternativen zu dem, was wir gemacht haben? Es gibt relativ wenige Alternativen, weil von den Arbeitsgruppen, die zwischen dem Ministerium und den Fachgerichtsbarkeiten eingerichtet worden sind, bereits viele Punkte abgeräumt worden sind, bei denen wir, der Landtag, nicht originär gesetzgeberisch tätig werden müssen. Das heißt, Einsparpotenziale, die dort vorhanden waren, sind gehoben worden. Für diejenigen, die während der Anhörung an dem Punkt nicht mehr zugehört haben:

(Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE): Waren Sie denn zu dem Zeitpunkt einmal da? – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Das hat vor allem der Präsident des Oberlandesgerichts, Herr Aumüller, ausgeführt. Sie finden die entsprechenden Darlegungen auf den Seiten 90 und 91 des Protokolls der Anhörung.

Sie sehen, das, was ohne uns, den Gesetzgeber, möglich war, hat die Landesregierung bereits gemacht, um Einsparungen zu realisieren. Damit hat der Herr Justizminister seine Aufgabe ernst genommen, nicht nur die Interessen der Justiz gegenüber der gesamten Landesregierung, dem Landtag und der Öffentlichkeit zu vertreten, sondern als Mitglied der Landesregierung auch für die Einhaltung der notwendigen Haushaltsdisziplin in seinem Bereich zu sorgen, indem die notwendigen Absenkungen bei der leider immer noch vorhandenen Neuverschuldung vorgenommen werden.

Was Frau Kollegin Hofmann zur Darstellung des Rechnungshofs ausgeführt hat, ist an dieser Stelle schlicht und ergreifend falsch.

Herr Kollege Dr. Jürgens, Sie haben eben davon gesprochen, es handele sich um eine begleitende Prüfung. Ich sage ausdrücklich: Das ist nicht der Fall. – Da können Sie sich mit Herrn Prof. Dr. Schäfer gerne unterhalten. Er hat es mir noch einmal bestätigt. Er hat das nicht nur während der Ausschusssitzung gesagt. Es ist keine begleitende Prüfung, sondern eine gemäß der Landeshaushaltsordnung. Von daher ist das, was wir hier machen, nämlich eine weitere Beratung des Gesetzentwurfs, vollkommen rechtmäßig und auch in Ordnung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Herr Kollege Müller ist darauf eingegangen. Dass man bei dem, was in dem Gesetzentwurf steht, in diesem Land nicht nur Jubel erhalten kann, ist uns vollkommen klar. Wir haben eine Verantwortung und spüren Demut gegenüber denjenigen, die sich da beschwert haben. Die lokale Betroffenheit zu berücksichtigen ist aber nicht immer vollkommen möglich gewesen.

Dass wir die Anhörung überhaupt nicht aufgegriffen hätten, stimmt nicht. Das zeigt der Änderungsantrag, den wir gestellt haben.

(Lachen der Abg. Marius Weiß (SPD) und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Das betrifft zwar nur eine Kommune, aber es ist eine, bei der wir explizit festgestellt haben, dass es dort gravierende Auswirkungen haben würde, weswegen wir für den Verbleib der Gemeinde Hasselroth in der Zuständigkeit des Amtsgerichts Gelnhausen plädieren.

Da wir uns zu später Stunde im Rechtsausschuss wieder treffen werden und uns auch am Donnerstag hier zu einer Runde wiedersehen werden, möchte ich mit einer Bitte an das Justizministerium hinsichtlich der Arbeitsgerichtsbarkeit abschließen. Auch da werden wir Standorte schließen.

Herr Justizminister, bitte prüfen Sie doch, ob bei der Arbeitsgerichtsbarkeit an den bisherigen Stellen in Limburg und Bad Hersfeld Rechtsantragsstellen eingerichtet werden können, damit dort für die Bürger ein einfacher adäquater Zugang für die Zukunft erhalten werden kann. Das liegt nicht in der Verantwortung des Gesetzgebers. Vielmehr kann das das Justizministerium alleine machen. Von daher sage ich: Bitte prüfen Sie im Zusammenwirken mit den Vertretern der Arbeitsgerichtsbarkeit, ob dies dort möglich wäre. Falls es möglich wäre, dann machen Sie das bitte im Interesse unserer Bürger.

Ich danke für die Aufmerksamkeit, die ich momentan erhalten habe, und freue mich auf die heitere Debatte, die es nachher und in zwei Tagen geben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Wilken für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Von den Regierungsfraktionen wird eingefordert, wir von der Opposition sollten doch einmal etwas Neues vortragen. Warum eigentlich sollten wir das tun, da Sie nicht bereit sind, unseren guten Argumenten zu folgen, die nach wie vor richtig sind?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Ursula Hammann (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will Ihnen trotzdem ein Stück weit entgegenkommen und einmal versuchen, es anders darzustellen. Ich tue dies nicht, weil ich die Hoffnung habe, dass ich bei Ihnen in irgendeiner Art und Weise Verständnis erzeugen werde. Aber ich habe die Hoffnung, dass die eine oder andere Bürgerin oder der eine oder andere Bürger im Lande von diesem Lehrstück, das zeigt, wie Sie hier den Gerichtsstandort schwächen, lernen kann, wenn sie oder er Sie dann im nächsten Jahr an einem anderen Ort oder bei einer anderen Sache treffen wird.

Sie gehen folgendermaßen vor. Sie loben sich auch noch dafür und sagen, das sei hervorragende Kommunikation.

(Leif Blum (FDP): Sie loben uns ja nicht! – Gegenruf von der SPD: Wofür auch?)

Sie geben für die Justiz vor: Es muss gespart werden. – Ich habe eben dazwischengerufen: „Warum?“ Die Antwort haben Sie auch beim zweiten Mal nicht gegeben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Über Geld haben Sie sich noch nie Gedanken gemacht!)

Ich habe das schon vor ein paar Wochen gesagt: Das ist so, weil Sie sich weigern, von den Unternehmen und den Reichen in ordentlichem Umfang Steuern einzunehmen. Deswegen sparen Sie jetzt den Staat kaputt.

(Beifall der Abg. Janine Wissler und Hermann Schaus (DIE LINKE))

Aber ich möchte zur Frage der Kommunikation zurückkehren. Sie haben also vorgegeben, es müssten die Ziele kommuniziert werden, entweder sparen wir bei der Justiz Personal ein, oder wir schließen Gerichtsstandorte. Wenn man mit einer falschen Prämisse in die Kommunikation geht – das ist unabhängig davon, ob es sich um ein lateinisches oder ein deutsches Wort handelt –, kommt, auf Deutsch gesagt, hinten immer etwas Falsches heraus. Denn dann kommuniziere ich unter einer falschen Bedingung. Deswegen kann ich diese Art der Kommunikation nicht loben.