Wir teilen das inhaltlich nicht. – Ein letzter Satz. Frau Kollegin Habermann, eines irritiert mich schon ein klein wenig. Sie haben in § 2 Abs. 2 Ihres Schulgesetzentwurfs erklärt: „Die Schulen sollen die... Schüler befähigen, in Anerkennung der Wertordnung des Grundgesetzes... die christlichen und humanistischen Traditionen …“ zu erfahren. Es verwundert mich schon sehr, dass Sie jetzt in einem Änderungsantrag öffentlich erklären, dass Sie das Wort „christlichen“ streichen wollen.
Sie übernehmen damit eine Forderung der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn der Antrag von den Kommunisten gekommen wäre. Das würde zu den Atheisten passen.
Frau Kollegin Habermann, dass Sie sich vom christlichen Abendland verabschieden, das erstaunt uns schon sehr. Das findet logischerweise nicht unsere Zustimmung.
Herr Kollege, das ist nicht zur Geschäftsordnung. Sie können ein Verfahren beantragen, aber keine Erklärung abgeben. Das können Sie nach der Debatte machen. Okay?
Noch etwas zur Geschäftsordnung? – Entschuldigung, da habe ich mich vertan. – Das Wort hat der Kollege Wagner, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Döweling darf sich bereithalten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Schulgesetz der Landesregierung ist kein Aufbruch für Hessens Schulen. Es ist bundesweit rückständig, und es ist ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Deshalb werden wir dieses Gesetz ablehnen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Vizepräsidentin Sarah Sorge übernimmt den Vorsitz.)
Es ist kein Aufbruch für Hessens Schulen. Es ist eine riesige Enttäuschung für all die Hessinnen und Hessen, die erwartet haben, dass es mit einer neuen Kultusministerin, die einer anderen Partei angehört als die vorherigen Kultusminister, tatsächlich eine Veränderung im hessischen Schulsystem geben würde. Mit dem heutigen Tage, mit diesem Gesetz, steht fest: Es geht eigentlich alles so weiter wie in den vergangenen Jahren. Mit dieser Kultusministerin ändert sich nichts.
Frau Ministerin, Sie sollten sich einmal Gedanken machen: Wenn Hans-Jürgen Irmer mit diesem Gesetz so zufrieden ist, dann sollten Sie sich wirklich darüber Gedanken machen, dass Sie damit nahezu wirklich gar nichts erreicht haben.
Dieses Gesetz ist bundesweit rückständig. Frau Kollegin Habermann hat schon darauf hingewiesen. In der
Bundesrepublik Deutschland gibt es in ganz vielen Ländern – völlig unabhängig davon, wie sie regiert werden, ob Sozialdemokraten die Regierung führen, ob Christdemokraten die Regierung führen, ob GRÜNE die Regierung führen; das können wir ja seit Kurzem sagen – –
Die FDP erheitert das, weil Sie noch nicht in dieser Verlegenheit waren, aber wir können das sagen. Überall gibt es einen ganz klaren Trend hin zu einem zweisäuligen Schulmodell,
bestehend aus dem Gymnasium auf der einen Seite und einer weiteren, leistungsfähigen Schulform mit echtem längerem gemeinsamen Lernen, an der die Bildungsabschlüsse möglichst lange für alle Schülerinnen und Schüler offengehalten werden. Die einfache Frage lautet doch: Meine Damen und Herren von CDU und FDP, warum können wir das nicht endlich auch in Hessen machen?
Herr Kollege Irmer, wenn Sie sagen, Sie wollen es von unten wachsen lassen, Sie wollen es die Eltern entscheiden lassen – dann machen Sie das doch endlich. Folgen Sie unserem Antrag für eine neue Schule.
Sie wollen der rückständigste Landesverband der CDU in der Bundesrepublik bleiben. Das ist sehr schade – einmal für Sie, weil Sie sich so eine ganz breite neue Welt von neuen Erkenntnissen vorenthalten.
Vor allem aber ist es schade für die hessischen Schülerinnen und Schüler, die sich wirklich dringend einen Aufbruch in der Bildungspolitik wünschen.
Dieses Gesetz ist schlicht und ergreifend bei dem Thema Inklusion ein glatter Verstoß gegen die Vorgaben der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.
(Beifall des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))
Die Bundesrepublik Deutschland und das Bundesland Hessen haben sich verpflichtet, diese Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Diese Konvention sieht aber vor, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne Behinderungen die Regelschule besuchen sollen und dass wir in unseren Gesetzen die Voraussetzungen schaffen müssen, damit das tatsächlich geschehen kann
und alle Schülerinnen und Schüler einen Platz an der Regelschule bekommen, wenn das die Eltern wollen.
Genau das machen Sie nicht. Sie haben zwar ein paar textliche Änderungen beim gemeinsamen Unterricht gemacht, aber am Ende steht wieder die Entscheidung des Staatlichen Schulamtes, am Ende steht wieder der Ressourcenvorbehalt – also genau dieser Punkt, an dem Eltern, die sich den gemeinsamen Unterricht für ihr Kind wünschen,
auch schon bislang gescheitert sind. Auch an diesem Punkt haben Sie überhaupt nichts verändert. Sie verstoßen gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Das ist schon ein mittelprächtiger Skandal, was Sie mit diesem Gesetz hier vorlegen.
Ich wiederhole es: kein Aufbruch, bundesweit rückständig, ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention.
Frau Henzler, mit diesem Tage ist eigentlich auch klar, wie das mit Ihrer Amtszeit zu werten sein wird. Sie haben immer gesagt: Wartet auf das Schulgesetz, das wird die Erkenntnis bringen, wie ich das hessische Schulwesen verändern werde. – Dieses Schulgesetz liegt jetzt vor. Sie haben nichts erreicht und keine Änderung im Schulsystem vorgenommen.
Sie haben auch nichts Weiteres angekündigt. Mit diesem Schulgesetz liegen Ihre Vorstellungen vor. Es ist nichts. Ich glaube, deshalb kann man schon heute über Ihre Amtszeit sagen: Es werden für Hessens Schulen fünf verlorene Jahre sein. Meine Damen und Herren, das ist sehr bedauerlich.
Vielen Dank, Herr Wagner. – Wie vorhin schon angekündigt: Nächster Redner ist Herr Kollege Döweling für die FDP-Fraktion.