Protocol of the Session on June 8, 2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das stelle ich bei dieser Debatte fest: Die große Mehrheit der Muslime, die in diesem Land leben, ist rechtstreu.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber?)

Herr van Ooyen, es kommt kein Aber. Seien Sie unbesorgt. – Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland ist rechtstreu, sie ist rechtschaffen, sie bereichert unser Land, sie zahlt Steuern, sie erzieht ihre Kinder ordentlich und, und, und. Sie sind ganz normale Bürger, die dafür sor

gen, dass es hier vorangeht. Es sind Menschen, die hier gerne leben und die wollen, dass es uns gut geht, dass Sicherheit herrscht und unser System bestehen kann. Wir können stolz sein, dass diese Menschen zu uns gekommen sind und Hessen zu ihrer Heimat gemacht haben.

Wenn wir über diese Menschen reden, dann ist es in dieser Debatte passend, was wir heute diskutiert haben, denn auch um deren Schutz geht es. Wir müssen immer wieder feststellen, dass es doch eine Reihe von Vereinen und Dachverbänden gibt – oder die sich als Dachverbände bezeichnen, ohne die Legitimation dafür zu haben –, die vorgeben, Interessenvertreter von Migrantinnen und Migranten zu sein. Sie geben vor, für Integration einzustehen. Bei ihnen ist jedoch das Gegenteil der Fall. Sie geben sich nach außen als integrationsfreundlich und als demokratiefreundlich. Wer hinter die Kulissen schaut, stellt fest, dass dort in Wirklichkeit eine extremistische und ideologische Politik stattfindet. Extremistische und ideologische Hintergründe werden von solchen Organisationen und Dachverbänden verschleiert.

(Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig ist, dass wir ihnen die Stirn zeigen. Bis auf DIE LINKE habe ich eben eine Einigkeit in diesem Haus gehört. Es ist richtig, ihnen die Stirn zu zeigen, es ist richtig, ihnen deutlich zu machen, dass sie hier nicht erwünscht sind. Deswegen war es auch genauso richtig, dass wir Bilal Philips, der Homosexualität unter Todesstrafe stellen möchte, des Landes verwiesen haben. Deswegen war es richtig, dass wir dem Salafistenprediger Pierre Vogel ganz unmissverständlich deutlich gemacht haben, dass es für ihn in Hessen keinen Platz gibt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben ihm deutlich gemacht, dass wir seine Predigten hier nicht hören wollen und dass es hier für ihn keinen Platz gibt. Das ist ein Erfolg des hessischen Verfassungsschutzes gewesen, es ist ein Erfolg der hessischen Polizei gewesen, und es ist ein Erfolg der hessischen Politik gewesen.

Es ist ein ganz wichtiger Punkt, dass solche Veranstaltungen hier nicht stattfinden können. Hier werden junge Menschen radikalisiert, hier werden junge Menschen aufgehetzt, und hier werden junge Menschen indoktriniert. Das gilt es zu verhindern. Da muss man ansetzen. Das ist genau der Punkt.

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber wie denn?)

Deswegen ist der Antrag, den CDU und FDP hier gestellt haben, exakt die richtige Diskussion zum richtigen Zeitpunkt. Ich freue mich sehr darüber, dass CDU und FDP diesen Antrag gestellt haben. Frau Öztürk, es gibt doch einen ganz großen Strauß von präventiven Maßnahmen, die wir haben.

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo denn?)

Wir diskutieren über ein Aussteigerprogramm, wir diskutieren darüber, deutlich zu machen, was wo passiert usw. usf. Ich glaube, das muss man jetzt nicht alles aufführen.

Man könnte alle Maßnahmen in einer breiten Debatte vorlesen. Da bin ich dem Integrationsminister sehr dankbar. Tun Sie doch nicht so, als gäbe es das alles nicht.

(Zurufe der Abg. Mürvet Öztürk und Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist in Hessen wie in keinem anderen Land ausdifferenziert. Ich freue mich sehr, dass CDU und FDP mich dabei unterstützen, auch Möglichkeiten zu schaffen, jenseits der präventiven Maßnahmen, solche Prediger, die zur Radikalisierung junger Menschen beitragen, leichter ausweisen zu können. Das wird Pierre Vogel in der Tat nicht treffen, weil er Deutscher ist. Das ist gar keine Frage. Es wird aber viele andere treffen, und es wird insbesondere andere abschrecken, die glauben, sie könnten hier ungestraft auftreten und unter dem Deckmäntelchen der Meinungsfreiheit Hass predigen und damit Gewalt säen. Das ist der Punkt, um den es uns geht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wenn einer davon abgehalten wird, wenn wir einen ausweisen können, der ein Hassprediger ist, dann ist das schon Anlass genug, um einen solchen Tatbestand zu schaffen.

Es darf keine falsche Toleranz geben. Es darf keine falsche Toleranz gegenüber denjenigen geben – genau so, wie Holger Bellino gesagt hat –, die unsere Freiheit beschädigen wollen, die unsere Freiheit abschaffen wollen und die all die Werte, die ich eben aufgeführt habe, die uns so heilig sind, abschaffen oder beschädigen wollen.

Deswegen werde ich natürlich das tun, was Frau Öztürk eher negativ angemerkt hat. Ich verstehe gar nicht, dass man das negativ anmerken kann. Ich werde mit den Amtskollegen am 20. Juni in Frankfurt anlässlich der IMK darüber diskutieren, ob wir Verschärfungen im Aufenthaltsgesetz haben werden. § 55 gibt in Nr. 8 bereits eine Möglichkeit, um Hassprediger abzuschieben, aber bislang eine nicht wirksame Möglichkeit, weil sie nicht genügend greift.

Wir müssen genauso darüber diskutieren, ob wir uns noch einmal den Volksverhetzungsparagrafen – § 130 im Strafgesetzbuch – anschauen und ob wir uns möglicherweise das Versammlungsgesetz noch einmal vornehmen müssen. Ich meine schon, dass man an einem Punkt ansetzen muss, wo Inhalte verbreitet werden, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten und die geeignet sind, einer Radikalisierung oder auch der Anwerbung für Terrorismus Vorschub zu leisten.

Das ist eine Diskussion, die man ohne Schaum vor dem Mund führen kann, weil es durchaus Tatbestände sind, bei denen wir sagen müssen, hier gibt es eine Grenze, und hier müssen wir Grenzen ziehen. Insoweit würde ich nicht einfach sagen, man hat genügend Möglichkeiten. Die Möglichkeiten haben bislang nicht gegriffen.

Die Probleme, die wir haben: Wir haben bisher einen Fall von einer größeren Anzahl von Hasspredigern, die uns bekannt sind, vor dem Verwaltungsgericht in Hessen bekommen. Ich gehe mit Ihnen jede Wette ein, dass wir mit dieser rechtlichen und gesetzlichen Lage, die wir haben, auch dort scheitern werden. Es ist ein Tatbestand, den man feststellen muss. Dann muss man sich als Gesetzgeber und auch als Regierung Gedanken machen, ob es Optimierungsmöglichkeiten gibt. Und das werden wir tun.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein friedliches und respektvolles Zusammenleben aller Menschen in unserem Land – es ist egal, welchen Glauben sie haben, es ist egal, wo sie herkommen, egal, welche Herkunft sie haben – setzt eine nachhaltige Integration voraus. Das tun wir. Was wir darüber hinaus trotzdem erarbeiten müssen und

erwarten können, ist, dass es hier ein glasklares Bekenntnis aller Menschen zu den Werten unserer Verfassung gibt, aber dass es nicht nur ein glasklares Bekenntnis gibt. Das glasklare Bekenntnis ist manchmal sehr einfach dahergeredet, wie wir es auch in den letzten Wochen erlebt haben. Was wir wollen, ist ein lupenreines dementsprechendes Handeln.

Ich glaube, dass es deswegen genau richtig war, diesen Antrag hier und zu diesem Zeitpunkt zu stellen. – Ich bedanke mich sehr.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir überweisen den Antrag zur weiteren Beratung federführend an den Innenausschuss und beteiligt an den Rechts- und Integrationsausschuss. – Kein Widerspruch; somit beschlossen.

Ich begrüße auf der Tribüne unsere frühere Staatsministerin und Vizepräsidentin Ruth Wagner. Liebe Ruth Wagner, herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Mir ist gesagt worden, unser früherer Kollege und Teamchef der „Landtagsnationalmannschaft“ Willi Rausch ist hier. Lieber Kollege Rausch, herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Er sitzt dort, wo wir ihn beide nicht sehen können. Aber man spürt, dass er da ist.

(Allgemeine Heiterkeit – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber noch nicht die Richtung!)

Ich möchte etwas tun, was ich gestern nicht tun konnte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Sie herzlich grüßen. Ich habe mehrere Kontakte zu ihr gehabt und mit ihr gesprochen. Ich will Sie herzlich grüßen von unserer Kollegin Margaretha Hölldobler-Heumüller. Sie lässt alle grüßen und bedankt sich für den guten Zuspruch. Danke schön.

(Allgemeiner Beifall)

Damit komme ich zu den Tagesordnungspunkten 18 und 19, die wir gemeinsam aufrufen. Das sind:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz für Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit in Hessen (Hessisches Schulgesetz) – Drucks. 18/4142 zu Drucks. 18/4049 zu Drucks. 18/2864 –

Hierzu berichtet uns die Kollegin Ravensburg.

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes und des Hessischen Personalvertretungsgesetzes – Drucks. 18/4144 zu Drucks. 18/4051 zu Drucks. 18/3635 –

Auch hierzu berichtet uns Frau Kollegin Ravensburg.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen! Beschlussempfehlung und Zweiter Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Gesetzentwurf der Fraktion

der SPD für ein Gesetz für Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit in Hessen (Hessisches Schulgesetz), Drucks. 18/4049 zu Drucks. 18/2864; hierzu der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 18/4100:

Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD bei Stimmenthaltung von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf in dritter Lesung abzulehnen.

Die Beschlussempfehlung und der Zweite Bericht des Kulturpolitischen Ausschusses zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes und des Hessischen Personalvertretungsgesetzes, Drucks. 18/4051 zu Drucks. 18/3635; hierzu der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/4045, und der Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/4117:

Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der FDP, Drucks. 18/4045 und Drucks. 18/4117 – und damit in der aus der Anlage zur Drucksache ersichtlichen Fassung –, in dritter Lesung anzunehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache, für die wir uns auf fünf Minuten Redezeit pro Fraktion verständigt haben. Ich erteile zunächst Frau Habermann für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Schulgesetzentwurf der Landesregierung ist keine Antwort auf drängende bildungspolitische Fragestellungen – im Gegenteil, er ist eine Kapitulation davor.