Auch unter rechtlichen Gesichtspunkten ist dieser Feldversuch höchst umstritten. Für viele hat der Versuch überhaupt keine gesetzliche Grundlage, denn es wird bezweifelt, ob Testfahrten von Gigalinern überhaupt auf der Grundlage einer Ausnahmeverordnung erlaubt werden können. Wir sind der Auffassung, das können wir im Landtag nicht entscheiden und auch nicht feststellen. Das mögen bitte letztendlich die Gerichte entscheiden. Deswegen werden wir uns bei dem entsprechenden Abschnitt des Antrags der LINKEN enthalten und bitten um getrennte Abstimmung, Herr Präsident.
Erstens heißt es „Frau Präsidentin“ bei mir, und zweitens ist die Redezeit überschritten. Ich darf Sie bitten, zum Schluss Ihrer Rede zu kommen.
Frau Präsidentin, ich denke, es ist ein Entschließungsantrag. Es ist egal – wenn es in den Ausschuss geht, dann können wir das im Ausschuss klären. Frau Präsidentin, wir sind jetzt schon sicher, Feldversuche, an denen sich gerade sieben Bundesländer beteiligen, sind unsinnig. Wir lehnen den Einsatz von Gigalinern auf unseren Straßen ab. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Frankenberger. – Das Wort hat Frau Kollegin Müller für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Es wird Sie nicht verwundern, dass auch die GRÜNEN den Feldversuch mit den Gigalinern ablehnen werden.
Ich werde jetzt einiges wiederholen. Aber ich glaube, das macht nichts, da eh nicht alle zuhören. Es ist für die, die eben nicht zugehört haben. Herr Saebisch war auch kurze Zeit weg. Deswegen wiederhole ich das.
Wir GRÜNE sind aus verschiedenen Gründen gegen den Feldversuch mit Gigalinern, Monstertrucks, Lang- oder Riesen-Lkw, wie sie auch immer genannt werden, mit der Länge von 25,5 m. Das muss man sich einmal vorstellen. Im Moment sind die Lkw maximal 18,75 m lang. Das ist das, was rechtlich zulässig ist.
Deswegen ist auch nicht klar, ob der Feldversuch überhaupt rechtlich möglich ist. Die Ausnahmegenehmigung – Herr Frankenberger hat es gesagt – wird nicht reichen. Das Difu-Institut hat ein Gutachten erstellt und kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass dieser Feldversuch rechtlich nicht möglich ist. Ob der Begriff rechtlich jetzt von den Gerichten geklärt werden muss, darüber sind wir unsicher. Aber wir würden es als politische Aussage verstehen und deswegen durchaus zustimmen.
Zur Rolle von Hessen. Hessen hat erst auf unentschlossen getan, dann signalisiert, dass Hessen mitmacht. Dann fiel Herrn Posch ein: „Wenn wir mitmachen, dann knüpfen wir das aber an Kriterien und eine wissenschaftliche Begleitung.“ Ich sage nur, das ist ein typischer Posch: erst handeln und dann nachdenken.
Erst hieß es, dass der Versuch nur auf Autobahnen stattfindet. Jetzt wird scheibchenweise bekannt, dass der Versuch auch auf Kreis- und Landesstraßen stattfindet. Es war von Anfang an auch nicht vorstellbar, dass die Lkw an der Autobahnausfahrt stehen bleiben und die Güter per Lufttransport oder Ähnlichem an ihre Zielorte kommen.
Auch der ACE lehnt den Versuch ab, und zwar aus Verkehrssicherheitsgründen. Der ACE steht damit nicht allein. Herr Frankenberger hat es erwähnt: Ende März gab es eine repräsentative Umfrage von forsa, die die Allianz pro Schiene in Auftrag gegeben hat. 77 % sind gegen die Zulassung von Gigalinern auf öffentlichen Straßen. Die Gründe dafür sind ein erhöhtes Unfallrisiko durch die Größe und die Schwere der Gigaliner, der notwendige Umbau des Straßennetzes auf Kosten der Steuerzahler und, und, und.
Die Achslast ist auf 40 t reduziert worden, um die Argumente zu entkräften, dass sie für unsere Straßen zu schwer seien. Aber wenn sich eine Spedition erst einmal einen Riesen-Lkw, einen Gigaliner angeschafft und fünf Jahre lang an dem Versuch teilgenommen hat, wird sie wahrscheinlich argumentieren, dass es sich nicht lohnt, den Lkw nach fünfeinhalb Jahren wieder abzuschaffen, und dass man deswegen die Tonnenzahl wieder erhöhen soll.
Ohnehin lohnt es sich nur für die großen Spediteure, die international tätig sind. Vor Kurzem haben sich die nordhessischen Spediteure geäußert, dass sie gar nicht an dem Versuch teilnehmen werden, weil es sich für sie nicht lohnt.
Das ist gelebte Mittelstandspolitik der FDP: nur die großen Speditionen unterstützen und die kleinen nicht.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Ja- nine Wissler (DIE LINKE))
Das entscheidende Argument von uns – das ist das Argument, das immer kommt –, dass CO2 eingespart würde, wenn mit einem Lkw mehr transportiert würde, ist wissenschaftlich vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung untersucht worden. Sie haben eine europaweite Auswertung dieser Feldversuche, wo sie schon gemacht werden – in Skandinavien fahren sie schon regelmäßig auf der Straße –, durchgeführt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine positiven Effekte auf die Klimabilanz hat, weil nämlich erhebliche Risiken bestehen, dass vergleichsweise hohe Mengen von Gütern vom Schienenverkehr auf die Straße verlagert werden.
Hören Sie doch erst einmal zu Ende zu. – Durch die vermeintliche Kostenreduzierung durch den Einsatz von Lang-Lkw werden sich viele überlegen, Güter mit dem Lkw zu transportieren statt mit der Bahn.
Die Zulassung von Megatrucks ist klima- und verkehrspolitisch kein Allheilmittel. Ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele ist nach wie vor eine weitere Stärkung der Bahn und intermodaler Prozesse. Ohne diese ist ein echter Beitrag des Güterverkehrsmarktes zur Einhaltung der Kyoto-Ziele kaum vorstellbar.
Sie sind im Moment dabei, Ihre Positionen zu überdenken. Ich fände es schön, wenn Sie auch diese Position überdenken und hinsichtlich der Gigaliner Vernunft annehmen und aus dem Versuch aussteigen würden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Bis zum Jahr 2025 wird in Deutschland eine Zunahme des Straßengüterverkehrs um über 70 % erwartet.
Der prognostizierten Entwicklung des Anstiegs von Transportnachfrage und Verkehrsbewegungen, die damit einhergehen, könnte mit einer Veränderung bei den höchstzulässigen Maßen und Gewichten von Lkw entgegengetreten werden – als ein Weg. Hierbei ist zu wissen, dass heute bei rund 80 % der Transporte das Ladevolumen, nicht das Gewicht der begrenzende Faktor ist. Deshalb reden wir heute über die sogenannten Lang-Lkw oder Gigaliner, deren maximale Gesamtlänge von bisher 18,75 m auf 25,25 m ansteigt, und die Frage, ob Hessen an einem vom Bundesverkehrsministerium initiierten Feldversuch teilnehmen sollte.
Aufgrund der geografischen Lage Hessens und seiner Funktion als Logistikdrehscheibe hält es die CDU-Fraktion für sinnvoll, frühzeitig auch in Hessen eigene Erfahrungen zu sammeln und diese über ein wissenschaftliches Monitoringprogramm ergebnisoffen auszuwerten.
Dies muss allerdings in einem festgelegten Rahmen erfolgen. Das BMVBS hat mit der Schaffung entsprechender rechtlicher, organisatorischer und technischer Voraussetzungen für ein höchstes Maß an Sicherheit und Transparenz während der gesamten Dauer des Versuchs zu sorgen. Es hilft nicht weiter, werte Kollegen hier drüben, mit Begriffen wie „Monstertrucks“ Ängste zu schüren.
Gleiches gilt, wenn immer wieder die theoretisch erreichbare 60-t-Ladung herausgestellt wird, obwohl die deutsche Industrie diese 60-t-Regelung ganz klar ablehnt und sagt, sie begrüße die 44-t-Regelung.
In vielen europäischen Ländern laufen unter dem Begriff Euro-Combi bereits seit 1970, also seit vielen Jahren, Alltagstests mit Lang-Lkw – mit positiven Ergebnissen.