Protocol of the Session on April 1, 2009

Gewählt werden soll per Handzeichen. – Dem wird nicht widersprochen.

Dann bitte ich um Abstimmung. Wer für den Wahlvorschlag ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Ich stelle fest: Es gibt 115 Jastimmen, keine Enthaltung und auch keine Neinstimme. Damit ist Herr Dr.Wolfgang Teufel zum Vizepräsidenten des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen wiedergewählt worden.

Die Vereidigung erfolgt nachher, zum Schluss der Vormittagssitzung.Wir fahren jetzt mit der Tagesordnung fort. Es ist 11:14 Uhr.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 34 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Gesamtverantwortung wahrnehmen – politische Taktiererei beenden – Drucks. 18/255 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Das Wort für den Antragsteller hat der Abg. Schmitt.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP will das Finanzmarktstabilisierungsgesetz – ein schwieriges Wort –, insbesondere den Teil des Rettungsübernahmegesetzes, am Freitag im Bundesrat blockieren. So hat es jedenfalls der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Hahn, angekündigt. Dafür gibt es einige Quellen.Wir haben diesen Antrag gestellt, um deutlich zu machen, dass die FDP endlich ihre Obstruktion aufgeben und der Landtag hier deutlich machen muss, was er von dieser parteitaktisch motivierten,dieser gefährlichen Haltung der FDP hält – nämlich nichts.

(Beifall bei der SPD)

Hören Sie von der FDP endlich auf mit Ihren politischen Taktierereien, und nehmen Sie die Gesamtverantwortung für diese Gesellschaft wahr – gerade bei den schwierigen Fragen, wie wir aus der Wirtschaftskrise herauskommen und den Finanzmarkt wieder einigermaßen in Ordnung bringen können. Herr Hahn, wer sich nur zum Sprachrohr von Spekulanten macht, der nimmt keine Gesamtverantwortung für diesen Staat wahr.Wer, so wie die FDP, Herrn Flowers Spekulantenweg noch mit Blumen schmücken möchte, muss sich fragen lassen, ob ihm die Interessen eines Spekulanten wichtiger sind als die Verantwortung für den gesamten Finanzsektor in Deutschland und damit auch die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in diesem Lande.

(Beifall bei der SPD)

Eine Verzögerung in dieser Angelegenheit – es geht um die Rettung der Hypo Real Estate – ist hoch riskant. Herr Hahn, wenn Sie mir nicht glauben, dann verweise ich darauf, dass es auch ein ganz schönes Zitat des Bankenverbandes gibt, der gesagt hat, dass eine Rettung unbedingt in den nächsten Wochen erfolgen müsse. Das ist ganz, ganz wichtig, und es darf darüber hinaus keine Zeit vergehen. Es ist also hoch riskant. Es brennt lichterloh. Nach jüngsten Nachrichten muss – neben den staatlichen Garantien, die in Höhe von 87 Milliarden c schon gegeben wurden – eine kräftige Eigenkapitalspritze von bis zu 10 Milliarden c weiter hinzukommen.Wenn der Staat so viel Geld investiert – und es ist verdammt viel Geld –, dann braucht er auch einen entsprechenden Einfluss auf diese Bank.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Der US-Großaktionär Flowers, der derzeit 24 % des Anteils bei der Hypo Real Estate kontrolliert, lehnt eine Übernahme durch den Bund aber ab. Er will Aktionär bleiben;und er will vor allem weiter mitmischen.Das ist ja sozusagen der Hauptgrund. Eine Übernahme seiner Aktien durch den Staat zum aktuellen Börsenwert hat er abgelehnt. Anstelle der 77 Cent pro Aktie, die seine Aktien derzeit wert sind, will Flowers 3 c. Besonders ärgerlich ist dabei: Er erhält Schützenhilfe vom stellvertretenden Ministerpräsidenten,Herrn Hahn.Ein vernünftiges Angebot könnte das Problem möglicherweise lösen, sagte Herr Hahn gegenüber „n-tv“ – die zitieren ihn so.

Liebe Kollegen von der CDU, Sie sollten unserem Antrag folgen und Herrn Hahn zeigen, was Sie von solchen Aussagen halten, und Sie sollten vor allem Ihrer Bundeskanzlerin, Frau Merkel, folgen, die nämlich im Deutschlandfunk sagte, dass die Regierung darauf achten müsse, wie

sie mit dem Geld des Steuerzahlers umgehe. Das ist sehr richtig, meine Damen und Herren. Zitat von Frau Merkel – „Focus online“, 14.03. –: „Was wir nicht können, ist, jetzt Preise zu bezahlen, die nicht den marktüblichen Werten entsprechen.“ Frau Merkel, sehr richtig, sie hat wenigstens einmal an dieser Stelle recht, die Bundeskanzlerin.

Warum will die FDP diesem Gesetz nicht zustimmen? Weil das Rettungsübernahmegesetz als Ultima Ratio auch die Enteignung möglich machen würde. Meine Damen und Herren, was aber Herr Hahn will, ist die Enteignung der Steuerzahler.

(Lachen des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Ohne staatliche Hilfe – ich glaube, das ist doch klar – wären die Aktien null Euro wert. Sie hätten überhaupt keinen Wert, nicht einmal mehr die 77 Cent pro Aktie, für die sie derzeit gehandelt werden.

Herr Hahn, Sie wollen dem Spekulanten Flowers doch goldene Eier ins Nest legen. Das ist doch der eigentliche Punkt, über den wir hier streiten, und bezahlen sollen es die Steuerzahler.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der FDP: Sie ha- ben nichts verstanden!)

So versteht die FDP die Risikoverteilung in dieser Gesellschaft. Es ist völlig klar, viele Mitarbeiter der Hypo Real Estate werden entlassen, damit diese Bank wieder gesunden kann. Der Steuerzahler blutet; und Herr Hahn kümmert sich um Herrn Flowers.So ist die Partei der Besserverdienenden, meine Damen und Herren. So ist das zu verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich finde, die CDU sollte diesem ideologischen Quatsch der FDP endlich einen Riegel vorschieben. Herr Ministerpräsident Koch, da sind Sie gefordert. Sogar der Bundesverband deutscher Banken – das ist der Bundesverband der Privatbanken in Deutschland – hält eine solche Enteignung, wie sie im Rettungsübernahmegesetz vorgesehen ist, für möglich und sinnvoll.Was soll da – ich kann es nicht anders sagen – dieser ideologische Quatsch? Diese wissen, wo in diesem Bereich die Hütte brennt; denn wenn noch der Pfandbriefmarkt zusammenkracht oder die Hypo Real Estate pleitegeht oder noch weiter in Bedrängnis kommt, haben wir wieder ein fettes Problem. Deswegen gibt es einen dringenden Handlungsbedarf.

Ich habe nun auch das Zitat gefunden.Wenn Sie mir nicht glauben, zitiere ich Herrn Klaus-Peter Müller, das ist der scheidende Vorsitzende des Bundesverbandes deutscher Banken, der zur Situation bei der Hypo Real Estate sagt:

Wenn man in den nächsten 14 Tagen zu keiner Lösung für die HRE kommt, fliegt uns hier alles um die Ohren.

Meine Damen und Herren, deswegen sage ich Ihnen: Es darf zu keinem Zeitverzug kommen; und im Bundesrat darf sozusagen nicht eine Mehrheit gegen dieses Gesetz zustande kommen, sondern es muss eine Mehrheit dafür geben.

(Beifall bei der SPD)

Da kann sich die hessische CDU nicht wegdrücken und sagen, das ist der Koalitionspartner. Ansonsten wird genau das gemacht, was Herr Hahn noch ausgeschlossen hat, dass nämlich der Bundesrat zu einer Parteigliederung der FDP wird. Meine Damen und Herren, es ist dringendes Handeln angesagt. Die ideologische Aufladung von

schwierigen Fragen der Krisenbewältigung durch die FDP ist unerträglich. Dahinter steht natürlich das Bild der FDP: möglichst wenig Staat. Genau diese Haltung hat uns aber in die Krise geführt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))

Wenn uns jetzt diese Haltung auch noch die Krisenbewältigung erschwert, dann muss ich sagen: Dann brennt die Hütte wirklich. Deswegen ist Handeln angesagt.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hahn, was für einen Unfug haben Sie im Bundesrat erzählt? Nach dem Bundesratsprotokoll vom 06.03.2009, Seite 67, haben Sie gesagt:

Eine Enteignung würde die ordnungspolitischen Grundsätze unserer Wirtschaftsordnung über Bord werfen. Sie würde zu einem massiven Vertrauensverlust in den Standort Deutschland führen und hätte damit nicht abschätzbare Schäden für die Investitionen in unserem Lande zur Folge.

Was für ein Unsinn. Wenn die systemrelevante Bank Hypo Real Estate kippt, weil durch ideologische Scheuklappen Zeit verloren geht, dann gehen Vertrauen und viel Geld verloren. Dann hätte dies in der Tat unabschätzbare Schäden für unsere Wirtschaft und damit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und auch für die Arbeitgeber in Deutschland zur Folge. Das ist die richtige Konsequenz.

Das Gleiche gilt übrigens auch für Opel. Warum wollen Sie dort die staatliche Beteiligung ausschließen? Auch dieses Unternehmen ist höchst relevant. Wenn Opel kippt, fallen nicht nur die 15.000 Arbeitsplätze bei Opel weg, sondern sehr, sehr viele bei den Zulieferbetrieben werden Opfer.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Das sieht Herr Hering anders!)

Wie sollen in diesem industriellen Sektor Ersatzarbeitsplätze entstehen? Das müssen Sie uns einmal sagen. Die sind doch dann für immer weg.Deswegen sollte man nicht – wie Herr Hahn – etwas ausschließen, sondern man sollte gerade offen sein für ungewöhnliche Lösungen, die sicherlich nicht alltäglich sind und die hoffentlich auch nicht täglich nötig sein werden.

Ich meine, wir haben doch eigentlich gemeinsam etwas gelernt: Herr Hahn, die Ausschließeritis sollte man ausschließen. Ich glaube, damit wären Sie gut beraten.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir lehnen jedenfalls eine vorübergehende staatliche Beteiligung im Falle des Falles nicht ab. Das sehen wir wie der Betriebsrat von Opel. Die staatliche Beteiligung ist nicht unser Ziel. Das gilt vielleicht für die Linkspartei, aber nicht für die Sozialdemokraten.Das Ziel ist vielmehr die Rettung von Opel. Aber auf diesem Weg kann die staatliche Beteiligung eine Brücke sein, um die Wegstrecke erfolgreich zu gehen. Deswegen sollten Sie an dieser Stelle nichts ausschließen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Am Ende werden wir die Zeit überbrücken müssen,damit diese Zeit genutzt wird, um private Investoren zu finden,

die momentan – ich sage: noch – nicht dazu bereit sind. Diese Strecke muss überbrückt werden.

(Dr.Walter Arnold (CDU):Abwarten!)

„Abwarten“, das höre ich gerne. Herr Dr. Arnold, das wäre gut. Ich glaube, da sind wir sogar der gleichen Meinung. Ich sehe, dass an dieser Stelle die ideologischen Unterschiede zwischen CDU und SPD geringer sind als die zwischen CDU und FDP.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Das stimmt!)

„Das stimmt“, sagt der Kollege Hahn.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die CDU hat doch jetzt eine große Chance. Sie haben für morgen früh einen Antrag auf eine Aktuelle Stunde gestellt, wo es um die Frage der Wahrnehmung des Abgeordnetenmandats, der Unabhängigkeit des Mandats geht. Sie haben bei der Abstimmung über unseren Antrag endlich einmal die Gelegenheit, zu beweisen, wie das bei Ihnen aussieht. Sie brauchen nur unserem Antrag zuzustimmen und Ihrem Gewissen zu folgen.

(Beifall bei der SPD)