Es ist etwas problematisch. Herr Kollege Bocklet, wissen Sie, Sie können mit Herrn Kuhn telefonieren. Ich war aber mehrere Tage mit ihm in Verhandlungen zusammen.
Das ist ein Unterschied. – Frau Fuhrmann, hören Sie einfach zu, auf Sie komme ich auch noch zu sprechen, auf Ihren Antrag – das Thema ist nämlich ganz speziell –, damit Sie sehen, welche Kompetenzen Sie in diesem Zusammenhang haben.
An dieser Stelle muss ich sagen: Wir haben tagelang verhandelt. Das war nicht vergnügungsteuerpflichtig.
Auch nächtelang. Aber nicht in einem einzigen Punkt ist seitens der GRÜNEN ein richtiger Vorschlag – oder ein Hinweis – zu den Regelsätzen unterbreitet worden. Ihr Hauptaugenmerk war auf das Bildungs- und Teilhabepaket gerichtet. Deswegen war Herr Kuhn auch ausschließlich in dieser Arbeitsgruppe, nicht aber in der Regelsatzarbeitsgruppe. Darüber wurde tagelang, wochenlang diskutiert, und daran hat er teilgenommen.
Am Ende, als er gemerkt hat, dass er nicht mehr herauskommt – weil das Vermittlungsergebnis relativ viel von dem beinhaltet hat, was Länderwunsch war, was über die Parteien hinweg diskutiert wurde und letztendlich in ei
nen Kompromiss gemündet hat –, hat er die Krücke mit dem Regelsatz gefunden, um den GRÜNEN eine Ausfluchtmöglichkeit zu bieten. So einfach ist das. Sie wollen keine Verantwortung übernehmen. Dort, wo es ernst wird, verkrümeln Sie sich, ziehen sich zurück und machen besserwisserische Anmerkungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann das einfach nicht verstehen.
Der Kollege Bocklet hat aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zitiert, vollkommen richtig zitiert. Dort ist Transparenz eingefordert und vor Zirkelschlüssen gewarnt worden. Jawohl: vor Zirkelschlüssen. Nun stellt sich die spannende Frage, welchen Teil wir nehmen und in welchem Bereich wir Aufstocker oder andere herausdifferenzieren.
Jetzt will ich zur Erklärung einfach einmal sagen, um welchen Personenkreis es sich dabei handelt. Wir haben – die Summe ist klar – ungefähr 1,4 Millionen Aufstocker. In der Terminologie der Bundesanstalt für Arbeit sind Aufstocker Menschen, die ergänzend zum Bezug von der Versicherungsleistung Arbeitslosengeld I noch aufstocken und Arbeitslosengeld II beziehen. Von diesen 1,4 Millionen Menschen sind 90 % unselbstständig, dementsprechend rund 10 % selbstständig. Ganz entscheidend ist aber: Nur gut 350.000 oder 27 % der abhängig Beschäftigten arbeiten in Vollzeit.
Letztendlich geht es darum, dass insbesondere bei den Aufstockern bundesweit 76.000 Singles sind. Von Singles können wir am ehesten erwarten – weil das nicht Alleinerziehende mit Kindern sind –, dass sie tatsächlich aus eigenen Kräften heraus eine Vollbeschäftigung anstreben und damit aus dem Aufstockerdasein herauskommen können.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber die gibt es doch gar nicht mehr, es gibt doch nur noch prekär Beschäftigte!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, alles was wir beim Thema Mindestlohn diskutiert haben – der bei der Leih- oder der Zeitarbeit notwendig ist, um insbesondere nach der Öffnung des Marktes am 1. Mai dieses Jahres Billiglohnanbieter aus dem Osten Europas zu verhindern –, kann verhindert werden, wenn wir versuchen, an dieser Stelle zielgerichtet zu arbeiten.
Deswegen aber rückzuschließen, die Berechnungsgrundlage für die Regelsätze sei nicht richtig, ist vollkommen fehl am Platze.
Das zeigt nur, dass erneut seitens der GRÜNEN Ausflüchte gesucht werden, damit man sich nicht in die Verantwortung begeben muss.
Meine Damen und Herren, wenn wir uns das Vermitt lungsergebnis anschauen, dann können wir feststellen, wir haben die kommunale Aufgabenverantwortung erreicht – d. h. die Aufgabenträgerschaft der Kreise und der kreisfreien Städte in den Jobcentern statt derjenigen der
Wir haben die kommunale Aufgabenverantwortung für das Bildungspaket erreicht und die Ausgestaltung der Aufgabe als Angelegenheit der eigenen Wirkungskreise der Kommunen statt als Bundesauftragsverwaltung. Wir haben die Absicherung und Finanzierung der Kosten der Unterkunft für das Bildungs- und Teilhabepaket über einen rechtlich einwandfreien Weg erreicht. Wir haben die Übernahme von Ausgaben für Warmwasserbereitung als Sockelregelung erreicht, die dauerhafte Übernahme der Verwaltungskosten für das Bildungspaket, die volle Übernahme der Zweckausgaben für das Bildungspaket nach SGB II und Bundeskindergeldgesetz, die Einführung einer zeitnahen Revisionsklausel, die Möglichkeit länderspezifischer Revisionsklauseln.
Wir haben eine Neustrukturierung der Kosten der Unterkunft erreicht, und, was nicht vergessen bleiben darf, wir haben die schrittweise Übernahme der Ausgaben für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erreicht. Die vollständige Übernahme – das wurde heute schon mehrfach gesagt – wird eine Entlastung alleine der hessischen Landkreise und kreisfreien Städte in den nächs ten drei Jahren in der Endstufe um ungefähr 1,2 Milliarden € bedeuten.
Ich habe das für die Stadt, aus der ich komme, heruntergerechnet. Alleine die Stadt Offenbach am Main wird durch dieses Vermittlungsergebnis in den nächsten zwei Jahren um 12.750.000 € Kosten, die bisher im Haushalt gewesen sind, entlastet. Für die Stadt Offenbach entspricht das einem Viertel ihrer Gewerbesteuereinnahmen. Das muss man schlicht und einfach ins Verhältnis setzen. Deswegen zitiere ich gerne aus einem Schreiben des Deutschen Landkreistages vom 24. Februar an mich, in dem es heißt:
Dass für die Kommunen ein solches Ergebnis erzielt werden konnte, wäre zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens für utopisch gehalten worden. Allen, die dazu einen Mitwirkungsbeitrag geleistet haben, ist aus kommunaler Sicht sehr herzlich zu danken.
Alle, die sich aus dieser Verantwortung gestohlen haben, wie beispielsweise die GRÜNEN und erst recht die LINKEN, haben an dieser Stelle nichts zu begrüßen; denn sie haben es nicht mitgemacht.
Wir werden ihnen sagen: Die GRÜNEN haben diese utopische Entlastung der Kommunen verweigert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist einfach so.
Da wir heute über verschiedene Anträge zu diskutieren haben – ich fand es spannend, wie Herr Decker zurückgerudert ist –, will ich zu den einzelnen Anträgen etwas sagen, insbesondere zu dem Antrag der SPD, in dem es heißt:
nen Kindern in der Grundsicherung auch ca. 500.000 Kinder von Geringverdienenden Anspruch auf das Bildungspaket haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es tut mir leid. 1,7 Millionen Kinder in der Grundsicherung nach SGB II sowie, nach Statistik 2010, 26.400 Kinder im Bereich SGB XII, die Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, und rund 300.000 Kinder, für die Kinderzuschlag gezahlt wird, waren schon im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalten. Das Einzige, was neu aufgenommen worden ist, sind Kinder, die Wohngeld beziehen. Das betrifft ungefähr 160.000 Kinder.
Ein Blick in das ursprünglich von Ihnen abgelehnte Gesetz hätte gezeigt, dass Sie diesen Antrag so nicht hätten formulieren dürfen. Er ist schlicht und einfach falsch.
Wenn Sie beispielsweise im Hinblick auf die Schulsozialarbeit von einem Erfolg sprechen, sage ich Ihnen: Ja, wir haben in diesem Vermittlungsergebnis festgelegt, befristet bis Ende 2013 für die kommunale Seite 400 Millionen € zusätzlich zur Verfügung zu stellen, aber mit der Wahlmöglichkeit, damit entweder Essen für Kinder anzubieten, die einen Hort besuchen, aber Schülerinnen und Schüler sind, oder Schulsozialarbeit einzusetzen. Das wollen wir, bitte schön, den Kommunen überlassen und nicht der Weisheit der SPD.
Ganz spannend finde ich insbesondere Ihren Punkt 5. Das hat Herr Decker schon bei der Antragsbegründung gemerkt, indem er gesagt hat: Da kann der Minister Aufklärung betreiben. – Aufklärung wäre nicht notwendig gewesen, wenn Sie gelesen hätten. Dann hätten Sie festgestellt, was als Ergebnis, das Ihre Bundestagsfraktion und die Bundesratsmehrheit mitgetragen haben, beschlossen wurde. Wenn Sie es gelesen hätten, hätten Sie keinen Antrag formuliert, der dort heißt:
Der Landtag hält es für erforderlich, die Übernahme von Fahrtkosten für Schülerinnen und Schüler aus Familien mit geringen Einkommen durch Landesregelung nachzubessern.
Da wollen Sie wahrscheinlich auf Ihr grandioses hessisches Ausbildungsförderungsgesetz hinweisen. – Es geht weiter im Antragstext:
Durch die Regelung in Sozialgesetzbuch II... wird es zukünftig zwar für Kinder aus Familien im Grundsicherungsbezug eine Kostenerstattung zur nächstgelegenen Schule geben können, für Kinder aus Familien mit geringem Einkommen gilt dies jedoch nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Formulierungen in diesem Antrag sind schlicht und einfach nicht nachvollziehbar. Soweit unter die Familien mit geringem Einkommen die Bezieher von Kinderzuschlag und Wohngeld gefasst werden, erhalten diese ohnehin die Erstattung von Fahrtkosten. Damit sind die Personengruppen erfasst, die die SPD im Entwurf ihres Gesetzes berücksichtigen will. Wir als Hessen haben es geschafft, dass es schon in das ursprüngliche Gesetz hineingekommen ist.
Herr Minister, Sie hatten angekündigt, dass Sie länger sprechen wollen. Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass
Es ist für die Mehrheit des Hauses schon spannend genug, zu erfahren, wie Anträge formuliert werden, dass wissentlich oder unwissentlich, was genauso schlimm ist, falsche Behauptungen in einem Antrag formuliert werden, dass man sich hierhin stellt und damit Stimmung macht und anschließend sagt, wenn man merkt, dass man langsam, aber sicher ertappt wird: Vielleicht kann man es aufklären.
Man kann es vielleicht auch vorher lesen oder nachvollziehen. Es ist schlicht und einfach falsch, was in diesem SPD-Antrag steht. Das muss man darlegen. Es ist auch falsch, was im Antrag der GRÜNEN steht.
Ich finde es schade im Interesse der Betroffenen, dass an dieser Stelle eine solche Stimmung mit falschen Behauptungen gemacht wird, mit Unterstellungen, mit denen nur Stimmung gemacht werden soll, mit denen abgelenkt werden soll im Hinblick auf die Flucht aus der eigenen Verantwortung, die SPD und GRÜNE in diesem Zusammenhang zu tragen haben.