Protocol of the Session on February 2, 2011

Nicht nur ökologisch, sondern auch volkswirtschaftlich ist das eine ruinöse Politik. Wir subventionieren diese Massenproduktion. Wir müssen für die dadurch verursachten Umweltschäden aufkommen. Wir geben wiederum Geld aus, um die Bauern zu stützen, die durch diese Subventionswirtschaft verdrängt werden. Wir zahlen zur Kompensation der Klimaschäden. Wir zahlen, um Menschen in anderen Ländern vor dem Hungertod zu retten, und vieles mehr. Diese Bilanz kann nur negativ ausfallen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch Hessen hat bei den anstehenden Verhandlungen über die GAP nach 2013 ein gewichtiges Wort mitzureden. Wenn Sie nur einige der vorgebrachten Argumente teilen, müssen Sie in Land, Bund und EU für Änderungen eintreten. Grundsatz muss sein: Wer bei der Nahrungsmittelproduktion keine ökologischen und sozialen Leistungen erbringt, darf keine Subventionen erhalten. Die Landwirtschaft muss als öffentliches Gut verstanden werden.

(Michael Boddenberg (CDU): Auch noch verstaatlichen!)

Ich habe mit keinem Wort von Verstaatlichung geredet. Hören Sie mir doch einfach zu.

(Michael Boddenberg (CDU): Das machen wir gerade!)

Seit wann bedeutet denn die Art und Weise, wie man Subventionskriterien aussucht, Verstaatlichung? Versuchen Sie doch einfach einmal, im Duden ein paar Begriffe nachzuschlagen. Dann werden Sie es vielleicht verstehen.

(Beifall bei der LINKEN – Helmut von Zech (FDP): Ihr habt doch in der SED alles verstaatlicht! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der echte Boddenberg ist wieder da!)

Wenn man nicht all das gut findet, was Sie für richtig und zweckmäßig halten, schreien Sie: „Verstaatlichung!“, oder Sie verwenden andere Schlagworte, weil Sie keine inhaltliche Auseinandersetzung mehr auf die Reihe bringen. Inhaltlich argumentieren können Sie an dieser Stelle nicht. Deswegen bleiben Ihnen lediglich das Dazwischenquaken, Totschlagargumente und Schlagworte, die Sie nicht mit Inhalt füllen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn sich die Landesregierung nicht vehement für eine Neustrukturierung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU nach ökologischen und sozialen Kriterien einsetzt, werden alle Bemühungen zur Verbesserung der Lebensmittelproduktion ins Leere laufen. Mehr Kontrolle allein kann die Probleme nicht lösen. Das bedeutet nicht, dass

ich mich gegen mehr Kontrolle ausspreche. Natürlich brauchen wir auch mehr Kontrolle.

Der ökologisch orientierte Landbau hat sich als ein Weg empfohlen, der viele der angesprochenen Defizite vermeiden helfen kann. In Hessen liegt der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen immer noch unter 10 %.

Die Nachfrage nach ökologisch erzeugten Nahrungsmitteln kann schon lange nicht mehr aus heimischer Produktion gedeckt werden. Wir importieren also hochwertige Nahrungsmittel und stellen im Gegenzug billige Massenware her. Die Wertschöpfung findet in anderen Ländern statt.

Die Umstellungsförderung darf daher nicht zurückgefahren werden. Das Land Hessen könnte nun endlich mit gutem Beispiel vorangehen und all seine Betriebe umstellen. Diese Forderung wurde hier in den letzten Jahren schon mehrfach vorgetragen. Bis dato geschah dies ohne Erfolg.

Die Erzeugung unseres Essens muss vom Acker bis zum Teller oder zumindest bis zur Ladentheke nachvollziehbar sein und nach einheitlichen Regeln überwacht werden. Eine Volkswirtschaft, die sich den aktuellen Subventions-, Kompensations- und Reparaturwahnsinn der exportorientierten Agrarpolitik leisten kann, kann sich auch eine ökologische und sozial verträgliche Nahrungsmittelproduktion mit regional orientierten Wertschöpfungsketten leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Schott, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Das mache ich gerne. – Das ist keine Frage des Geldes. Vielmehr geht es um die Frage, wofür man bereit ist, es auszugeben. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort erhält nun Frau Abg. Judith Lannert für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man eben genau hingehört hat, was die Rednerinnen und Redner der Opposition gesagt haben, hat man den Eindruck gewinnen können, man sei im falschen Film.

(Zuruf von der SPD: Sie haben nicht richtig zuge- hört!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, Sie haben Ihren Setzpunkt im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt. Denn Ihr Antrag ist so leer, wie es Ihr Kommunalwahlkampfplakat sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Helmut von Zech (FDP) – Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): An dem Text hat sie tagelang gearbeitet!)

Es ist erstaunlich, was Frau Fuhrmann alles nicht weiß. Ich bin der Auffassung, Sie hätten sich besser an den Fakten orientieren sollen. Es ist aber kein Problem, heute einige Fakten zu nennen.

Die letzten Wochen haben schon gezeigt, dass wir uns damit auseinanderzusetzen haben, dass Lebensmittel mit dem Umweltgift Dioxin belastet sind. Das ist richtig. Aber der Grund für die Überschreitung des gesetzlich zulässigen Höchstwertes war verunreinigtes Futtermittel eines einzelnen Herstellers aus Niedersachsen. Das will ich hier schon betonen.

Glücklicherweise ist es so, dass alles weitgehend unter Kontrolle ist. Unzählige Proben wurden genommen, und unzählige Untersuchungen wurden durchgeführt. Nur in ganz wenigen Fällen lag letztendlich überhaupt eine Grenzwertüberschreitung vor. Betroffene Lebensmittel wurden umgehend aus dem Verkehr gezogen. Die verdächtigen Höfe wurden konsequent gesperrt.

Eine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucher besteht, so die Aussage des Bundesinstituts für Risikobewertung, zum Glück nicht, selbst wenn in Einzelfällen belastete Lebensmittel vielleicht verzehrt worden sind. Das ist doch die zentrale Nachricht für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wir waren in Hessen glücklicherweise nur ganz am Rande betroffen. Alles in allem wurden gerade einmal zehn Höfe stillgelegt. Alle Fälle sind aufgeklärt. In Hessen liegt überhaupt kein Verdacht einer Belastung vor. Insgesamt kann man schon sagen, dass der Umgang mit der Krise sehr zufriedenstellend gelaufen ist.

Ich finde es unredlich, dass Sie sich heute hierhin gestellt haben und nichts anderes getan haben, als die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter zu belasten. Das ist diesem Thema überhaupt nicht angemessen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Die Zusammenarbeit mit den Behörden hat wunderbar funktioniert. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle den über 900 Lebensmittelkontrolleuren – es sind nicht, wie Sie, meine Damen und Herren der Opposition, immer behaupten, 135 Lebensmittelkontrolleure, nein, es sind über 900 –, die damit befasst sind, die Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen durchzuführen, und die mit ihrem persönlichen Einsatz ganz wesentlich dazu beigetragen haben, dass hier in Hessen schnell, konsequent und vor allem auch koordiniert und mit Augenmaß gehandelt wurde.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Ich begrüße dabei ausdrücklich, dass bei uns in Hessen wie auch in den anderen Ländern der Verbraucherschutz allerhöchste Priorität genießt und dass die Maßnahmen der Behörden nach den ersten Meldungen der Grenzwertüberschreitungen sehr konsequent und bei Verdachtsmomenten auch rigoros durchgeführt wurden. Unsere Landesregierung hat keinerlei Zweifel daran gelassen, dass der Schutz der Verbraucher vor belasteten Lebensmitteln oberste Priorität hat und dass jede Gefährdung ausgeschlossen werden muss. Wir alle haben doch ein Anrecht auf saubere und unbedenkliche Lebensmittel. Glauben Sie etwa, wir wollten das essen?

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hört sich so an!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, tun Sie doch nicht so, als ob uns das alles egal wäre. Auch wenn dieser Fall letztlich für die Verbraucher glimpflich verlaufen ist, müssen wir uns als Politiker logischerweise die Frage stellen, was wir tun können, um derartige Fälle in Zukunft zu vermeiden. Dieser Aufgabe haben wir uns intensiv gewidmet. Das werden Sie vielleicht aus den Medien erfahren haben. Vielleicht haben Sie das heute bei „dpa“ gelesen.

Zunächst muss man doch einmal feststellen, dass der Skandal auf die kriminellen Handlungen eines einzelnen Futtermittelbetriebes zurückzuführen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Er hat das wahrscheinlich aus Gewinnstrebe oder aus Gier – was immer es auch war – gemacht. Das mag sein.

Durch dieses rechtswidrige Panschen der Futtermittel hat er nicht nur sich selbst, sondern die gesamte Futtermittelindustrie in Misskredit gebracht. Er hat damit auch unzählige Landwirte in Mitleidenschaft gezogen. Unsere Landwirte sind in diesem Fall doch die Hauptleidtragenden. Da gebe ich Herrn Wiegel sehr recht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Es geht nicht nur um die vorübergehende Sperrung der Höfe, sondern es geht auch um den damit verbundenen Vertrauensverlust, der zu sinkenden Absatzzahlen und dann auch zum Verfall der Preise geführt hat. Die Folge waren erhebliche finanzielle Einbußen für alle Landwirte.

Ich sage es hier ganz deutlich: Diese Landwirte sind unverschuldet in diese Krise geraten. Sie sind die Betroffenen. Die Opposition sollte endlich einmal aufhören, sie als Schuldige darzustellen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)

Nicht zuletzt sind auch die Verbraucher geschädigt und tief verunsichert. All das ist geschehen, weil sich ein Unternehmen über die Gesetze hinweggesetzt hat. Ein solches Verhalten kann nicht toleriert werden, nicht von Ihnen und nicht von uns. Ich denke einmal, das gilt für uns alle.

Deswegen werden wir als eine der Konsequenzen auch den Strafrahmen überprüfen und deutlich nach oben anpassen müssen. Wer derart skrupellos die Gesundheit unzähliger Verbraucher aufs Spiel setzt und Tausenden Landwirten Einkommenseinbußen beschert, gehört bestraft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Wir sollten uns die Fragen stellen: Was können und was müssen wir als Politiker tun? Wo haben wir Fehler gemacht? Wie können wir diese Fehler ausmerzen? – Ich will da das 14-Punkte-Programm der Bundesministerin Aigner ansprechen, das zusammen mit den Landesministern erarbeitet wurde. Damit werden die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen gegeben. Mein Dank gilt hier in ganz besonderer Weise unserer Ministerin Puttrich, die maßgeblich an diesem Katalog mitgearbeitet hat und unsere Vorschläge aus Hessen durchgesetzt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Kollegin, weiß das auch die Ministerin?)

Es ist gut und richtig, dass man sich hier sehr schnell geeinigt hat. Das sind wir unseren Verbrauchern schuldig. Denn die kümmern sich nicht um Parteipolitik und Kompetenzgerangel, wie Sie es heute getan haben. Vielmehr wollen sie, dass es zu klaren Konsequenzen kommt. Sie wollen auch, dass das zeitnah umgesetzt wird.