Protocol of the Session on February 1, 2011

(Heiterkeit)

Herr Minister Posch.

Herr Kollege Kaufmann, ich kann das bestätigen. Ich freue mich, dass wir das in diesem Zusammenhang gemeinsam machen können.

Herr Warnecke darf dann noch eine Zusatzfrage stellen.

Herr Staatsminister Posch, können Sie umgekehrt bestätigen, dass Sie mit einem Frostschutzmittel, das nur bis minus 20° C reicht, bei Temperaturen von minus 20 °C keinesfalls einen ausreichenden Frostschutz haben, und zwar wegen des Fahrtwindes?

Herr Staatsminister Posch.

(Zuruf von der CDU: Sie können ja einen Untersu- chungsausschuss beantragen!)

Herr Kollege Warnecke, diese Frage habe ich beantwortet. Im Kalender steht, wann Winter ist. Darauf kann man sich vorbereiten. Wenn man Frostschutzmittel verwendet, das nur bis minus 20 °C geeignet ist, dann muss man wissen, dass man ein Risiko eingeht. Dann fährt man von der Straße und bleibt mit dem Auto stehen. Fertig.

Vielen Dank. – Das sagt schon die Straßenverkehrsordnung.

Damit sind wir am Ende der heutigen Fragestunde angelangt.

(Die Fragen 412, 415 bis 417, 424 bis 426, 429, 431 bis 433, 436 bis 438 und die Antworten der Landesre- gierung sind als Anlage beigefügt. Die Fragen 413, 414, 418 bis 423, 427, 428, 430, 434 und 435 sollen auf Wunsch der Fragestellerinnen und Fragesteller in der nächsten Fragestunde beantwortet werden.)

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt der Dringliche Antrag der Fraktion der SPD betreffend Hessen in globaler Verantwortung, Drucks. 18/3682, vor. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Antrag Tagesordnungspunkt 64. Wir rufen diesen Tagesordnungspunkt gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 2 auf.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Nachwahl einer Schriftführerin

Mit Schreiben vom 14. Januar 2011 teilt die Abgeordnete Mürvet Öztürk mit, dass sie zum 31. Januar 2011 ihr Amt als Schriftführerin niederlegt. Somit ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung des Hessischen Landtags eine Nachwahl erforderlich. In der Ihnen vorliegenden Drucks. 18/3594 schlägt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Angela Dorn für die Nachwahl vor.

Werden weitere Vorschläge gemacht? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir darüber abstimmen.

Wer ist für die Wahl von Frau Dorn? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Somit ist Frau Dorn einstimmig gewählt und damit als Schriftführerin berufen. Die Premiere ist dann in der März-Sitzung.

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 2:

Regierungserklärung des Hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung betreffend „Außenwirtschaft sichert wirtschaftlichen Erfolg und Arbeitsplätze in Hessen“

zusammen mit dem Tagesordnungspunkt 26:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Hessens Wirtschaft wächst auch im Ausland – neue Aspekte hessischer Wirtschaftspolitik – Drucks. 18/3636 –

und mit dem Tagesordnungspunkt 60:

Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend außenwirtschaftliche Aktivitäten der Landesregierung – Drucks. 18/3678 –

und mit dem Tagesordnungspunkt 64:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Hessen in globaler Verantwortung – Drucks. 18/3682 –

Alle drei Anträge sollen nach der Beratung dem Wirtschaftsausschuss überwiesen werden.

Die vereinbarte Redezeit beträgt 30 Minuten je Fraktion. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 3,6 % gewachsen. Das war die höchste Rate seit 1991. Der Export hat die Einbrüche der Weltfinanzkrise

wieder aufgeholt. Die Bauinvestitionen steigen. Der private Konsum legt zu. Für 2011 können wir mit einem Wachstum zwischen 2,2 % und 2,5 % rechnen. Die Arbeitslosenquote sinkt, das Defizit der öffentlichen Haushalte ebenfalls.

Die Lage ist also weit besser, als wir noch vor einem Jahr erwarten konnten. Meine Damen und Herren, das ist nicht nur, aber sicher auch das Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

An diesem Aufschwung der Bundesrepublik Deutschland hat Hessen seinen Anteil. 2011 dürfte die Wirtschaftsleistung in der gleichen Größenordnung wachsen wie in Deutschland insgesamt. Die Arbeitslosigkeit sinkt und hat den niedrigsten Stand seit 1992 erreicht. 2011 rechnen wir mit durchschnittlich 177.000 Erwerbslosen. Das wären 25.000 Erwerbslose weniger als im Jahr 2010.

Meine Damen und Herren, in einigen Arbeitsamtsbezirken können wir von Vollbeschäftigung reden. Auch das ist ein Ergebnis dieser Politik.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich will aber auch sehr deutlich sagen: An diesem Erfolg haben viele mitgewirkt, in erster Linie die Unternehmen und die Beschäftigten, die Tarifpartner, sicherlich aber auch die Arbeitsmarkt- und die Konjunkturpolitik. Möglich wurde dieser Aufschwung aber erst durch die wirtschaftliche Dynamik weit jenseits unserer Grenzen. Es ist die Nachfrage aus den großen Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien und China, die unsere Wirtschaftsmaschine nach der weltweiten Finanzkrise wieder gestartet hat und sie immer noch antreibt. Wenn Deutschland derzeit der Konjunkturmotor Europas ist, dann läuft dieser Motor mit Treibstoff aus den sogenannten BRIC-Staaten. Anders ausgedrückt: Wir exportieren Waren und Dienstleistungen. Wachstum müssen wir aber importieren; denn allein durch die Binnennachfrage wird unsere alternde und schrumpfende Gesellschaft nicht mehr auf Dauer Wachstum in ausreichendem Maß generieren können.

Dies gilt in Hessen in besonderem Maß; denn die hessische Wirtschaft ist überdurchschnittlich exportstark. Die Nachfrage nach hochwertigen Produkten und Dienstleistungen „Made in Hessen“ hat die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland stimuliert und zugleich die exportorientierten Unternehmen, die den Standort Hessen prägen, in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.

Diese Aussage ist gestützt auf eine Vergleichserhebung des Statistischen Landesamtes. Danach stieg im Jahr 2010 der Hessen-Export in die EU-Staaten gegenüber dem Vorjahr um 15 % auf einen Gesamtwert von nahezu 25 Milliarden €. Die hessische Ausfuhr in die sogenannten BRIC-Staaten wurde um 28 % gesteigert und summierte sich auf 3,6 Milliarden €.

Meine Damen und Herren, dies ist eine Erfolgsstory der hessischen Wirtschaft. Aber die Zahlen erzählen auch eine zweite Geschichte, und darauf möchte ich hinweisen. Es ist die Geschichte eines weltweiten Umbruchs, der bereits begonnen hat und mit dem wir uns intensiver auseinandersetzen müssen. Diese Veränderung der weltwirtschaftlichen Situation ist die Herausforderung, der sich die hessische Wirtschaft in Zukunft stellen muss.

Es gibt einen schönen Satz, der lautet: Was interessiert es mich, wenn in China ein Sack Reis umfällt? – Dieser Satz ist immer verwandt worden, wenn man sagen wollte: Kümmere dich nicht um die Probleme irgendwo in der Welt, sondern kümmere dich um die Probleme in unserem Land. – Heute hat dieser Satz eine ganz andere Bedeutung. Wenn in Shanghai die Kfz-Zulassungszahlen um 50 % reduziert werden, hat das Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in Rüsselsheim und in Baunatal. Das sind die Zusammenhänge.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einige Zahlen eingehen. Im Jahr 2009, das in den Industriestaaten von der internationalen Finanzkrise geprägt war, haben die Schwellen- und Entwicklungsländer erstmals die Wirtschaftsleistung der Industrienationen überholt. Ein Viertel der globalen Wirtschaftsleistung entfällt auf die von mir schon genannten vier Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Was haben São Paulo, die indische Metropole Mumbai, die Küstenregionen Chinas und der Großraum Moskau miteinander gemein? Diese Regionen können zu Recht als Länder der unbegrenzten Möglichkeiten bezeichnet werden. Die Schwelle zur industriell geprägten Volkswirtschaft ist dort längst überschritten. Es gibt einen Wettlauf in diese so dynamischen Märkte, und in diesem Wettlauf werden wir die hessischen Unternehmen optimal unterstützen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unsere Außenwirtschaftsinitiative, die ich in den letzten sechs Monaten im Dialog mit Wirtschaft und Politik im In- und Ausland vorgestellt und weiterentwickelt habe, zielt darauf ab, aus dieser Situation das Beste für Hessen herauszuholen. Unsere Strategie heißt, auf die knappste Formel gebracht, Konzentration, und zwar Konzentration in dreifacher Hinsicht: erstens Konzentration auf dynamische und bevölkerungsreiche Regionen, also die Schwellenländer, zweitens Konzentration auf Branchen, in denen die hessische Wirtschaft stark ist und deren Erzeugnisse in diesen Ländern nachgefragt werden, und drittens Konzentration auf Unternehmen, die unserer Unterstützung wirklich bedürfen. Da geht es insbesondere um die kleinen und mittleren Unternehmen. Die brauchen unsere Unterstützung bei der Eroberung neuer Auslandsmärkte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Konzentration auf die großen Schwellenländer bedeutet nicht, dass wir unsere etablierten Kooperationen in Europa oder in den USA zurückstellen. Deswegen in diesem Zusammenhang auch eine Zahl: Mehr als 60 % des hessischen Außenhandels werden innerhalb der Europäischen Union abgewickelt. Ich sage das deswegen, weil wir manchmal, gerade in den letzten Tagen und Wochen, wenn es um die Frage des Euro geht, manche fahrlässige Bemerkung zur Kenntnis nehmen. Wer weiß, dass 60 % unserer Exporte im europäischen Raum stattfinden, weiß auch, welche Bedeutung der Euro für uns hat.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Auch die USA sind ein ganz bedeutender Partner – aus einem ganz anderen Grund, nämlich deswegen, weil große Direktinvestitionen amerikanischer Firmen bei uns stattfinden. Deshalb verbinden wir die Konzentration der Aktivitäten auf die starken Schwellenländer mit der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit europäischen und amerikanischen Partnern.

Besondere Wachstumsimpulse versprechen wir uns aber von den jungen bevölkerungsstarken Ländern und ihrer Nachfrage nach hochwertigen Technologieprodukten. Hält der Trend der ersten drei Quartale des Jahres 2010 an, werden die hessischen Exporteure für das Gesamtjahr neue Rekordzahlen verzeichnen können. Es lohnt sich gerade deshalb, Messeauftritte dort zu fördern, wo diese Voraussetzungen erfüllt sind, oder Wirtschaftstage in Hessen abzuhalten. Wir tun dies gerade aktuell bei der Pflege unserer Beziehungen nach Russland und mit unseren brasilianischen Partnern.

Meine Damen und Herren, das klassische Mittel der Außenwirtschaftspolitik sind natürlich Delegationsreisen. Unsere Ziele sind in diesem Jahr Russland, China, Brasilien sowie Saudi-Arabien und Libyen. Allerdings: Wir werden die aktuelle politische Entwicklung in Nordafrika beobachten und gegebenenfalls später entscheiden müssen, ob die beabsichtigten Delegationsbesuche in Algerien und Marokko tatsächlich stattfinden können. Auch hier zeigt sich, wie aktuelle politische Entwicklungen auf unsere Planung Einfluss nehmen.

Meine Damen und Herren, das Zusammenwachsen der weltweiten Märkte birgt große Chancen für eine export orientierte Wirtschaft wie die unsere. Es ist allerdings meine feste Überzeugung – lassen Sie mich auch diesen Punkt ansprechen –, dass es eben nicht mehr nur um Exporte geht, sondern dass der Ausfuhr im zweiten Schritt auch Investitionen in den Auslandsmärkten folgen müssen. Dabei geht es nicht um niedrigere Arbeitskosten und schon gar nicht um den Export von Arbeitsplätzen, sondern es geht um Marktnähe, es geht um den Aufbau von Vertriebsstrukturen in anderen Ländern, es geht um Vorteile bei den Transportkosten, um die Überwindung von Handelshemmnissen wie Importquoten, Einfuhrzölle und Wechselkursrisiken. All das lässt sich mit Investitionen in den Zielmärkten überwinden oder minimieren.