Protocol of the Session on December 15, 2010

Deshalb erheben wir gegen dieses Verfahren hier und heute klar Einspruch.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Das kann nicht sein. Es handelt sich hier nicht um ein gewöhnliches Gesetz.

(Zurufe der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Hier sollen Eckpunkte verabschiedet werden, es handelt sich hier nicht um einen gewöhnlichen Entschließungsantrag.

(Zuruf des Abg. Helmut Peuser (CDU))

Denn dieser Text beinhaltet nur Ihre Begründung.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Schreien Sie doch nicht so!)

Aus Steuermitteln finanziert soll das 4 Millionen Wahlberechtigten zugestellt werden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist eine Zumutung!)

Das ist undemokratisch. Das ist ein unmögliches Verfahren.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Es ist bezeichnend, dass Ihre vier Fraktionen weit von jedem demokratischen Bewusstsein entfernt sind.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie reden von Demokratie!)

Sie haben keine Skrupel, in dieser entscheidenden Frage ein solches Eilverfahren durchzuführen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Hans- Jürgen Irmer (CDU))

Seit Wochen sitzen Sie und feilen und feilschen an diesen Texten und Formulierungen herum – um sie uns heute hier auf den Tisch zu knallen und sie durchzudrücken.

(Zurufe von der CDU)

Sie wollen uns als Opposition ausschalten. Nur das kann Ihr Ziel sein.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Deshalb lehnen wir die Dringlichkeit ab. Wir beantragen, ein demokratisches Verfahren einzuhalten – d. h. eine ausführliche parlamentarische Beratung, in der auch wir die Möglichkeit haben, dazu Stellung zu nehmen und uns darauf vorzubereiten.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie wollen das doch gar nicht!)

Herr Kollege Schaus, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Frau Präsidentin, ich stelle meine Anträge.

Diese beiden neuen Tagesordnungspunkte können aus unserer Sicht nicht mit dem Tagesordnungspunkt 20 verbunden werden.

Sollten sie doch mit dem Tagesordnungspunkt 20 verbunden werden, dann beantragen wir die Absetzung des ge samten Tagesordnungspunktes 20 von dieser Tagesordnung.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie können beantragen, was Sie wollen!)

Gleichzeitig beantragen wir die direkte Überweisung dieser beiden Anträge an die zuständigen Ausschüsse, also an den Hauptausschuss, federführend, und mitberatend an den Haushaltsausschuss.

Das sind unsere Anträge. Ich bitte, ihnen zuzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Vielen Dank, Herr Schaus. – Herr Kollege Blum hat zur Geschäftsordnung das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich war mir eben einen Moment lang nicht sicher, ob ich mir mehr Sorgen um die Mikrofonanlage oder um die Gesichtsfarbe des Kollegen Schaus machen sollte.

(Beifall bei der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): Sie schaffen mich noch! – Hans-Jürgen Irmer (CDU), zur LINKEN gewandt: Ja, so was ist nicht zu fassen!)

Er hat seine Aufgabe hier vorne aber unbeschadet überstanden.

Herr Kollege Schaus, mit einem Blick in die Geschäftsordnung wüssten Sie, dass sich der eine oder andere Ihrer Anträge von selbst erledigt, weil er so gar nicht zulässig ist. Ich will an dieser Stelle aber etwas zur Dringlichkeit dieser Anträge sagen: Sie sind dringlich, und deswegen gehe ich fest davon aus, dass die Mehrheit dieses Hauses auch die entsprechende Dringlichkeit feststellen wird.

Wir haben heute den Gesetzentwurf zur Änderung der Hessischen Verfassung und zur Einführung einer Schuldenbremse in dritter Lesung. Diejenigen Fraktionen, die sich von Anfang an konstruktiv an diesem Prozess beteiligten – Herr Kollege Schaus, da gehört Ihre Fraktion nun einmal nicht dazu; Sie haben von Anfang an deutlich gemacht, dass Sie kein Interesse an diesem Verfahren, an der Einführung und Ausgestaltung einer Schuldenbremse haben –, haben bei diesem wichtigen Thema in der Tat bis zur letzten Minute gemeinsam darüber gesprochen und verhandelt, wie wir dieses Thema so aufbereiten können, dass wir es den Menschen in Hessen als gemeinsame Initiative vorlegen können, die von allen vier Parteien getragen wird, die bereit sind, für dieses Land Verantwortung zu übernehmen.

Dass diese beiden Anträge noch heute auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, ist nicht nur dringlich, sondern auch richtig, weil wir uns gemeinsam darauf verständigt und deutlich gemacht haben: Mit der Verfassungsänderung wollen wir den Menschen an die Hand geben, wie die konkrete Ausgestaltung eines notwendigen Begleitgesetzes aussehen soll und an welchen Eckpunkten wir uns orientieren wollen, damit sich die Bürgerinnen und Bürger, die am 27. März aufgerufen sein werden, für diese Verfassungsänderung ihre Stimmen abzugeben, ein klares Bild davon machen können, welche Wirkungen diese Schuldenbremse haben wird und auch haben soll.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Da kann man doch anderer Meinung sein!)

Insoweit ist es für uns selbstverständlich, dass wir das nicht nach der Verfassungsänderung, sondern im Vorfeld machen, und deshalb ist es unumgänglich, dass diese beiden Anträge heute beraten und beschlossen werden. Das ist weder undemokratisch noch in irgendeiner Weise nicht legitimiert, sondern ein Verfahren, das entsprechend den Gepflogenheiten dieses Hauses und der Geschäftsordnung vollkommen zulässig, vertretbar und gerade in diesem besonderen Falle auch absolut in Ordnung ist.

Herr Kollege Schaus, deswegen bin ich fest davon überzeugt, dass die Mehrheit dieses Hauses Ihrem Ansinnen

nicht folgen wird, sondern die Dringlichkeit der Anträge feststellt.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Blum. – Herr Kollege Al-Wazir, zur Geschäftsordnung.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schaus, ich sage ausdrücklich: Ich hätte mir auch gewünscht, dass wir damit früher fertig geworden wären. Wir sind damit allerdings nicht früher fertig geworden, und ich sage ausdrücklich, dass es mir leidtut. Ich habe in den internen Debatten auch immer gesagt, die Drucksache müsse schnell ins Verfahren, weil es hier auch noch sechs Abgeordnete gebe, die nicht in irgendeiner Form beteiligt sind. Insofern tut mir das ausdrücklich leid.

Lieber Herr Kollege Schaus, das ist aber weder undemokratisch noch verfassungswidrig, weil ein Blick ins Gesetz über die Volksabstimmung ausdrücklich besagt, dass der Landtag beschließen könne, dass zur Volksabstimmung auch eine Erläuterung geschickt wird – das ist in diesem Falle auch ausdrücklich richtig –,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Es gibt aber auch eine Minderheitenposition, Tarek!)

und es ist aus meiner Sicht auch deshalb richtig, weil der reine Verfassungstext natürlich einer Erläuterung bedarf. Wer sich einmal die Begründung des Antrags anschaut, sieht, dass es nicht helfen würde, wenn wir die juristisch gefasste Begründung mitschickten, sondern wir müssen schon erläutern, was das Ganze soll. Deswegen sage ich ausdrücklich: Wir wollen das heute beschließen, und wir müssen das auch gemeinsam tun, weil der Landeswahlleiter aus guten Gründen möchte, dass dieser Text bald da ist, weil er sonst nicht mehr mit verschickt werden kann.

Herr Kollege Schaus, wenn man jetzt absetzen würde, würde das natürlich bedeuten, dass es am 27. März keine Volksabstimmung gibt. Das ist aus Sicht der Linkspartei wünschenswert, weil sie sowieso gegen die Verfassungsänderung ist; aber Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass es, wenn man sich aus Sicht der antragstellenden Fraktionen darauf geeinigt hat, dass es am 27. März eine verfassungsändernde Volksabstimmung geben soll, zwingend ist, dann heute auch die Erläuterungstexte zu beschließen, sonst würden sie nicht mehr mit verschickt.

Ein letzter Punkt. Wenn es so wäre, dass wir, mit welcher Debatte auch immer, dafür sorgen würden, dass die Linksfraktion ihre Haltung verändert, wäre ich dazu bereit. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass Sie am Ende immer gegen die Verfassungsänderung sein werden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Man kann den Bürgerinnen und Bürgern doch mitteilen, dass man eine solche Position hat!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen sage ich ausdrücklich: Es wäre schöner gewesen, wenn wir es früher gehabt hätten. Es ging leider nicht anders, und deswegen müssen wir es jetzt so machen. – Vielen Dank.