Protocol of the Session on November 17, 2010

Wir ziehen das vor. – Zum einen werden die Kommunen den Zinsgewinn haben. Zum anderen kann ich mich nicht daran erinnern, dass das vor unserer Regierung jemand schon einmal gemacht hätte. Wir werden das machen. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Wenn Sie das für falsch halten, können Sie sich dazu äußern. Ich kann Ihnen nur sagen: Die Kommunen werden in den nächsten Jahren 300 Millionen € mehr haben. Das ist eine beachtliche Summe.

Das ist uns auch nicht leichtgefallen. Auch wir könnten das für viele andere Dinge benutzen. Aber wir haben ganz bewusst so entschieden, wie wir entschieden haben. Deshalb trage ich das vor. Wir möchten, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ganz konkret vor Ort an die

sem Aufschwung möglichst rasch partizipieren. Denn wir wollen nicht, dass Schwimmbäder geschlossen werden. Denn wir wollen nicht, dass die Infrastruktur kaputtgeht. Das ist der Grund, weswegen wir uns für diese mehr als außergewöhnliche Maßnahme entschieden haben. Ich bin froh, dass die Koalitionsfraktionen dem beistehen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Angesichts der Vielzahl dessen, was Sie bei Ihrer Tour d’Horizon angesprochen haben, kann ich nicht auf alles eingehen. Ich will also versuchen, mich ein wenig auf einige Themen zu konzentrieren.

Wenn wir über die Verfassungsabstimmung sprechen, kann ich sagen, dass ich sehr zuversichtlich bin, dass die Bürger so entscheiden werden, wie man es den Umfragen entnehmen kann. Das ist für uns eine Verpflichtung. Das macht uns die Aufgabe nicht leichter. Aber das zeigt, dass die Grundrichtung stimmt, in die unser Kompass zeigt. Denn Zukunft kann man nur gewinnen, wenn man zukunftsfähig ist. Zukunftsfähigkeit gewinnt man nur, wenn man heute nicht etwas verspricht, was niemand halten kann.

Genau deshalb kommen wir zu ein paar Punkten.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Herr Engels!)

Sie haben über das Schulgesetz gesprochen. Wir haben in diesem Jahr zusätzlich 600 neue Lehrer eingestellt. Wir werden im nächsten Jahr 500 Lehrer zusätzlich einstellen. Wir werden das Ganztagsangebot ausbauen. Wir verkleinern nach wie vor die Klassenstärken. Das ist konsequente Bildungspolitik für die Kinder und keine Ideologie.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielleicht sei so viel erlaubt, wenn wir hier über Inhalte sprechen: Wenn ich mir das Schulgesetz mit Ihren Inhalten anschaue, kommen die mir teilweise wie Forderungen von 1968 vor, wenn es um Notengebung, Versetzung und vieles geht. Ich will auf einen Punkt hinaus, der uns gemeinsam sehr beschäftigen muss.

Ich habe gelesen, dass sich alle Fraktionen mit großer Aufmerksamkeit dem Thema widmen – Stichwort: Inklusion. Es geht um die spannende Frage, wie wir Menschen, die behindert sind, die es schwerer als andere haben, in der Schule so fördern können, dass sie auch ihr Lebensglück nach besten Möglichkeiten finden. Das ist für mich keine Frage der parteipolitischen Leitlinien. Das ist keine Frage der Ideologie. Das ist eine Frage unserer Verpflichtung gerade gegenüber Schwachen im Lande.

Meine Damen und Herren, aber eines will ich auch sagen: Man enttäuscht Menschen durch nichts mehr, als wenn man ihnen Hoffnungen macht, die anschließend niemand erfüllen kann. Ich halte die Aufgabe von Förderschulen und die Vorstellung, man könne jeden Menschen im normalen Regelschulsystem zu Erfolgen führen, für nicht realistisch. Ich stehe dazu.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich weiß, welche Hoffnungen gerade Eltern haben. Sie werden das wieder als „Sowohl-als-auch“ bezeichnen. Die Klugheit der Politik ist in der Regel der Kompromiss – auch der Kompromiss in der Sache. Deshalb ist es richtig, wenn wir versuchen, soweit es geht, behinderten Schülerinnen und Schülern ihre Schulkarriere im „normalen“ Schulbetrieb zu ermöglichen.

Wir sollten aber nicht vergessen, dass durch ständige Frustrationen, ständige Versagensängste, ständiges Vergleichen mit anderen in einem Vergleich, den sie nicht bestehen können, in dieser kindlichen Seele mehr kaputt gemacht wird, als wenn wir sie in einem angemessenen System in der Förderschule fördern.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, beides gehört zusammen. Ich biete Ihnen ausdrücklich an: Lassen Sie uns über diese Punkte intensiv sprechen. Lassen Sie uns abwägen. Ich glaube, es lohnt sich. Wir werden in einigen Punkten in diesem Schulgesetz nie zusammenkommen, jedenfalls glaube ich das. Aber vielleicht gibt es die Chance, zusammenzukommen. Dann werbe ich gerade für diejenigen, die unsere besondere Fürsorge brauchen. Ich lade Sie dazu ein, und dann werden wir einmal schauen, ob Sie auf dieses Angebot eingehen.

Meine Damen, meine Herren, ich will die Gelegenheit nutzen – da viele Kolleginnen und Kollegen von meiner Redezeit nachher betroffen sind, muss ich das überschaubar machen –, zu sagen: Ich bin stolz darauf, wenn wir z. B. die Betreuungsquote U 3 nehmen, dass das Land Hessen auf dem zweiten Platz aller westdeutschen Bundesländer liegt. Da haben wir uns gewaltig verbessert. Dort werden wir uns weiter engagieren. Wir wissen, dass dort der Weg noch ein ganzes Stück zu gehen ist.

Gemeinsam mit den Kommunen, mit den freien Trägern, mit den Eltern gibt es keinen Zweifel – ich wiederhole das, was ich in meiner Regierungserklärung gesagt habe –, wenn es um die Frage geht: Wie entwickeln wir junge Menschen so, dass sie Zukunft haben? Beginnen wir nicht bei der Schule, sondern bei der frühkindlichen Förderung, so, wie wir das können, und so, wie wir glauben, dass es sinnvoll ist – nicht gegen die Eltern, mit den Eltern.

Dort, wo es Eltern allein nicht können, wollen wir durch Gesundheitszentren, durch Beratungszentren helfen. Auch das finden Sie in dem Haushalt. Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Zum Stichwort Landesstiftung zur Ermutigung von Bürgergemeinschaften etc. – ich sage es nur einmal, weil Sie in Ihrer knappen Redezeit keine Chance hatten, auf neue Dinge einzugehen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir werden morgen Gelegenheit haben – das war auch der Grund, warum Sie gestern diese Geschäftsordnungsdebatte vom Zaun gezogen haben –, über das System Bouffier zu reden. Das nehme ich an. Herr Kollege Rudolph oder, ich weiß nicht, wer spricht, wird in bewährter Weise dieses Haus mit seinen Erkenntnissen überziehen. Ich sage Ihnen nur eines: Ich war elfeinhalb Jahre Innenminister, die längste Amtszeit in dieser Republik.

(Günter Rudolph (SPD): Das holt Sie jetzt ein!)

Das holt mich ein, jawohl. Deshalb sage ich Ihnen: Ich werde nicht zulassen, dass die hessische Polizei ins Gerede kommt. Sie leistet hervorragende Arbeit

(Günter Rudolph (SPD): Ja, trotz Ihres Zutuns!)

und ist unter meiner Amtszeit von ganz hinten für Hessen auf die höchsten Prozentzahlen der Aufklärungsquote gekommen. Es gibt heute weniger Straftaten als damals. Sie ist die bestausgebildete, bestausgerüstete und ganz nebenbei die bestbezahlte Polizei. Das sind Erfolge, die sind nachweisbar. Die lassen wir uns nicht ausreden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich weiß doch, dass Sie das mit großer Freude verfolgen. Ich bin in jeder Hinsicht über diese zwei Vorgänge betrübt, um die es geht. Das eine ist der Landespolizeipräsident.

(Günter Rudolph (SPD): Es geht um mehr! – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das andere sind Auseinandersetzungen um die Präsidentin des Landeskriminalamtes. Meine Damen und Herren, das eine ist eine politische Entscheidung, die ausdrücklich vom Kollegen Rhein und mir vorher so besprochen war. Das Zweite ist eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung, der ich hier nicht vorgreife. Ich bedauere das für alle Beteiligten. Aber bei 20.000 Beschäftigten der hessischen Polizei sage ich Ihnen in aller Offenheit:

(Zurufe von der SPD und der LINKEN)

Gemessen an der Arbeit, gemessen an dem, was dort stattfindet, sind die Dinge völlig überzeichnet. Nehmen Sie einmal wenigstens eines auf. Die hessische Polizei wäre nie so erfolgreich, wenn sie lauter Duckmäuser hätte, wenn sie nicht bereit wäre, ihre Meinung zu sagen, wenn sie im finsteren Kubus der Diktatur von mir gelebt hätte. Das sind hervorragend ausgebildete Leute, die kritikfähig sind. Die sind meinungsfähig. Die sind mutig.

(Günter Rudolph (SPD): Sie müssen sie lassen!)

Sie haben unter meiner Verantwortung eine hervorragende Arbeit gemacht. Das muss auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich möchte noch eine kleine Bemerkung zu Ihnen, lieber Herr Schäfer-Gümbel, und zu Ihren Ausführungen zum Weltgeschehen machen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Sie haben eigentlich nichts ausgelassen, was alles falsch läuft. Ich glaube, dass Ihnen an einem Punkt die Kompetenz komplett fehlt. Sie sind nicht zukunftsfähig.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Warum kommt Ihre Truppe nicht auf die Beine? Sie haben gerade jetzt wieder alles das versenkt, was Sie vor Kurzem noch für richtig gehalten haben. Es muss doch einen Grund haben, warum Ihre Vorstellungen nicht tragen – ganz anders als teilweise die GRÜNEN. Dazu komme ich nachher noch.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Ja, es gibt Unterschiede. Damit niemand glaubt, ich suche einen neuen Koalitionspartner, werde ich deutlich machen, wo die Grenzen liegen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es ist mehr als eindrucksvoll, wenn die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Verband Hessen, im Antrag vom 2. November dieses Jahres in der Drucks. 18/3007 ihr finanzpolitisches Glaubensbekenntnis vorlegt. Das müssen wir dem Hause doch noch einmal zur Kenntnis bringen. Was fordern Sie?

1. Die Landesregierung wird aufgefordert, sich auf Bundesebene für eine nationale Börsenumsatzsteuer einzusetzen, …

(Demonstrativer Beifall bei der SPD und der LIN- KEN)

Ja, klatschen Sie nur.

2.... für die sofortige Rücknahme der Steuerbegünstigungen aus dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz