Wir haben im Innenausschuss eine Anhörung durchgeführt – mit dem bemerkenswerten Ergebnis, dass die anzuhörenden Interessenverbände und die Gewerkschaften Ihren Gesetzentwurf verrissen haben, um es relativ freundlich und neutral zu formulieren.
Erstens. Die Erhöhung der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre ist mit den Interessenverbänden – so die klare Position – nicht zu machen.Wir stellen das in den Kontext, zu sagen: In Hessen gibt es bundesweit die längste Wochenarbeitszeit, nämlich 42 Stunden. Das Wort des damaligen Innenministers, es gebe keine weiteren Sonderopfer für Beamte, ist wieder einmal gebrochen worden; denn Sie, meine Damen und Herren, wollen beides, nämlich eine Lebensarbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr und eine Arbeitszeit von 42 Stunden pro Woche. Dazu sagen wir: Beides geht nicht. Das ist eine einseitige Belastung der Beamtinnen und Beamten im Landesdienst. Deswegen lehnen wir das ab.
Wir haben mehrere Änderungsanträge eingebracht. Ich will es Herrn Bauer zuschreiben, dem neuen innenpolitischen Sprecher, dass, anders als früher, Anträge der Opposition nicht ignoriert und die Ergebnisse der Anhörung nicht beiseitegewischt wurden.
Sie haben etwas geändert, was wir von Anfang an für notwendig gehalten haben, nämlich die besondere Altersgrenze für Schwerbehinderte bei 60 Jahren zu belassen. Wir fühlen uns hier durch die Anhörung bestätigt, und zwar deshalb, weil dieser Personenkreis durch gesundheitliche Beeinträchtigungen in seiner Leistungsfähigkeit bereits stark eingeschränkt ist.Deswegen ist es richtig und vernünftig, dass die Lebensarbeitszeitgrenze hier bei 60 Jahren bleibt. Sie haben die Voraussetzungen zwar etwas verschärft, aber im Kern ist es bei der Grenze von 60 Jahren geblieben.
Ein zweiter wichtiger Punkt in der Anhörung betraf die Personengruppen, die besonderen Belastungen ausgesetzt sind, z. B. Polizeibeamte, Vollzugsbeamte im Justizdienst und Berufsfeuerwehrbeamte. Man muss einmal zur Kenntnis nehmen, dass nur ein Drittel der Beamten der Berufsfeuerwehr die reguläre Altersgrenze erreicht. Deshalb ist eine pauschale Erhöhung der Lebensarbeitszeitgrenze von 60 auf 62 Jahre falsch. Wir haben ein Stufenmodell vorgeschlagen, das die Berücksichtigung solcher Dienste hervorhebt, auch wenn man eine Dienstzeit von 20 Jahren nicht erreicht. Ihr Modell ist schlechter als unser Modell und benachteiligt die Beamtinnen und Beamten.Deshalb ist es schade,dass Sie unseren Gesetzentwurf abgelehnt haben. Das wurde in der Anhörung deutlich.
Herr Reif, dass Sie vom öffentlichen Dienstrecht keine Ahnung haben,müssen Sie durch Ihre Zwischenrufe nicht auch noch belegen. Das ist hinlänglich bekannt.
Sie sollten sich einmal mit den Beschäftigten unterhalten, statt arrogant dazwischenzurufen, wie Sie es eben getan haben.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Sie ebenfalls leider ignoriert haben: Der Vertrauensschutz gegenüber Beamtinnen und Beamten, die sich in der Phase der Altersteilzeit befinden, findet bei Ihnen keine Berücksichtigung. Wer künftig mit dem Dienstherrn Vereinbarungen trifft, dem muss klar sein, dass der Vertragspartner diese Vereinbarungen in Zukunft durch Gesetzesänderungen aufkündigen kann.Dieses Signal ist fatal und falsch.CDU und FDP wollen keine Rechtssicherheit für Bedienstete. Wir bedauern das sehr.
Auch die Anrechnung von Teilzeittätigkeiten im Rahmen hauptberuflichen Frühdienstzeiten wird von Ihnen abgelehnt. Es gibt keine diesbezügliche Regelung im Dienstrechtsreformgesetz. Auch unser diesbezüglicher Änderungsantrag wurde leider abgelehnt.
Im Ergebnis stellen wir fest: Der vorliegende Gesetzentwurf von CDU und FDP – respektive des Innenministers Rhein – findet unsere Zustimmung nicht, weil er einseitig die Beamtinnen und Beamten in Hessen besonders belastet. Ein modernes Dienstrecht sieht anders aus. Es enthielte mehr Elemente. Sie haben ja eine weitere Novelle angekündigt. Der große Wurf ist das also nicht. Es geht auch um die Mitbestimmungsrechte, die Sie kontinuierlich abgebaut haben. Es geht um das Einbeziehen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, und es geht darum – das sage ich aus gegebenem Anlass, Herr Innenminister –, wie man mit seinen Mitarbeitern vernünftig und anständig umgeht.Im Bereich der Polizei erleben wir gerade,wie man es genau falsch machen kann. Der ehemalige Innenminister Bouffier ist leider ein beredtes Beispiel dafür. Es gibt Dinge, die kein Geld kosten, beispielsweise ein vernünftiger und anständiger Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Das ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Motivation im öffentlichen Dienst stimmt.
Das, was Sie auf den Weg gebracht haben, ist der falsche Ansatz. Sie wollen die Beamtinnen und Beamten aus fiskalischen Gründen belasten. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf in zweiter Lesung ab.Wir geben Ihnen Gelegenheit, unsere guten Argumente noch einmal zu überdenken. Deshalb beantragen wir eine dritte Lesung.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben heute so etwas wie ein Déjà-vu. Wir haben die Diskussion in der letzten Plenarwoche nach der Anhörung ja schon geführt. Die Argumente sind ausgetauscht. Gleichwohl sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich.
Ich bin sehr froh, dass die SPD-Fraktion den Antrag auf dritte Lesung gestellt hat,weil die Art, wie mit diesem Gesetzentwurf umgegangen worden ist, nach meiner Auffassung mustergültig und lehrbuchartig ist. Daran kann man leicht nachvollziehen, wie Gesetzberatungen erfolgen sollten: nach der ersten Lesung erfolgt eine Anhörung, nach der zweiten Lesung eine Nachbesserung – das wurde vom Vertreter der CDU-Fraktion hier deutlich gemacht –, die Parteien tauschen sich aus und gehen dann in die dritte Lesung. Die dritte Lesung werden wir am Donnerstag bestreiten. Deshalb meine ich, das war im Ergebnis ein Verfahren, das man als lehrbuchartig und mustergültig durchgeführt dokumentieren sollte.
Es entspricht im Übrigen auch unser aller demokratischem Verständnis, dass man aus einer Beratung das mitnimmt, was nachbesserungsbedürftig ist.
Ja, Herr Rudolph. – Ich bitte, einfach einmal zur Kenntnis zu nehmen – das erspare ich Ihnen nicht –, dass wir mit diesem Gesetzentwurf mit dem gleichziehen, was von der Großen Koalition auf Bundesebene beschlossen wurde, nämlich den Eintritt in den Ruhestand zum Ende des 67. Lebensjahrs voranzutreiben. Ich bitte, zu erkennen, dass das mit dem demografischen Wandel zu tun hat, aber auch eine dringende Notwendigkeit ist, um die öffentlichen Kassen zu konsolidieren. Davor sollte man die Augen auch am heutigen Tag nicht verschließen. Wir ziehen gleich mit dem, was uns die Große Koalition – und damit auch Ihre Partei,Herr Rudolph – vorgemacht hat und was dringend notwendig ist, wenn man zukunftsfähig bleiben will.
Es handelt sich dabei um keine starre Grenze, die wir als zwingend notwendig feststellen, sondern wir wollen dem Bürger die freie Wahl lassen.Wer freiwillig entsprechende Abschläge in Kauf nimmt, soll die Möglichkeit haben, bereits früher in den Ruhestand zu treten.All das haben wir schon in der Beratung deutlich gemacht.
Wenn ich das heute Gesagte mit dem vergleiche, was wir in der Diskussion anlässlich der ersten Lesung hier gehört haben, bleibt festzustellen, dass CDU und FDP ihr Wort halten,dort nachzubessern,wo wir Nachbesserungsbedarf sehen: im Vollzugsdienst, bei den Schwerbehinderten, und – das ist eine Erkenntnis, die wir nach der Beratung hatten und die im Gesetzentwurf bisher so nicht zu finden war – auch bei den Lehrern. Ich halte es für durchaus angebracht,sich das noch einmal vor Augen zu führen.Wenn man ganz ehrlich ist, muss man sagen, dass die SPD-Fraktion das abschreibt, was die Gewerkschaften vorgegeben haben, dass wir aber versuchen, die Nachbesserung so zu praktizieren, dass die Bestimmungen in die Praxis umgesetzt werden können.
Wir haben uns eben nicht entschlossen, im Vollzugsdienst – wie die Gewerkschaften vorgeschlagen haben – einjährige Abstufungen einzuführen.Wir haben sehr wohl überlegt, einen Fünfjahresrhythmus zu wählen, weil dies praktikabel und nachvollziehbar wäre. Das, was im SPD-Antrag steht, was auch die Gewerkschaften vorgetragen haben, ist aber nicht praktikabel. Unser Vorschlag zur Nachbesserung hingegen ist praktikabel und kann von der Verwaltung umgesetzt werden.
Wir haben sehr wohl Nachbesserungsbedarf bei den Schwerbehinderten gesehen. Das hat auch Herr Rudolph deutlich gemacht.Wir sehen durchaus,dass wir die Rechte der Schwerbehinderten – gegenüber den Bestimmungen im Änderungsantrag der SPD-Fraktion – gestärkt und auch hier Nachbesserungsbedarf erkannt haben. Warum und weshalb, wurde schon mehrfach deutlich gemacht.
Im Bereich der Lehrerschaft – darauf haben meine Vorredner schon hingewiesen – haben wir die Nachteile, die diese bisher zu tragen hatte, auf der Grundlage dessen, was vor der zweiten Lesung beraten wurde, so geändert, dass die Lehrer künftig mit den Beamten gleichgestellt sind, dass sie ab dem Tag, zu dem die Rente gezahlt wird, wie jeder andere Beamte in den verdienten Ruhestand gehen können. Sie werden jetzt gleich behandelt. Auch deshalb halten wir das für richtig, was in dem Gesetzentwurf zum Tragen kommt.
Ich möchte ganz deutlich machen – weil hier ein entsprechender Zungenschlag hereinkam –, wir sehen einen dringenden Handlungsbedarf, was die Lebensarbeitszeit angeht. Ich lasse mich nach wie vor an dem festhalten, was
ich in der letzten Debatte hier im Hause gesagt habe.Wir sehen es eben nicht so wie die SPD und andere, dass wir bei der Wochenarbeitszeit von 42 Stunden nachgeben können, sondern wir müssen, damit wir als Land Hessen handlungsfähig bleiben, die Regelung „67/42“ praktizieren, und zwar so nachgebessert und adäquat, wie wir das heute hier dargelegt haben, wie wir es beschließen sollten und wahrscheinlich am Donnerstag in dritter Lesung endgültig in Gesetzesform gießen können. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was hier gestaltet wird, ist eben nicht das Beamtengesetz der Zukunft, wie Kollege Bauer deutlich zu machen versucht hat, sondern hier wird ein ganz kleines Karo gestrickt. Einer der zentralen Kritikpunkte an diesem Gesetzentwurf ist, dass er nicht das aufgreift, was die Mediatoren – es waren nur Herren – vorgeschlagen haben, die der ehemalige Ministerpräsident Koch eingesetzt hat, um die Reform des öffentlichen Dienstes und des Beamtenrechts vorzubereiten. Herr Kollege Bauer, gerade die innovativen Elemente dieser Vorschläge sind nicht aufgegriffen worden, sondern es ist nur ein ganz kleines Karo gestrickt worden. Im Prinzip ist nur das umgesetzt worden, was das Renteneintrittsalter mit 67 Jahren und ein paar kleinere Veränderungen betrifft.
Man hat aber nicht versucht, mit den Beschäftigten in einen Dialog einzutreten. Es ist nicht versucht worden, im Rahmen eines breiten Dialogs ein zukunftsfähiges öffentliches Dienstrecht zu gestalten. Das haben Sie leider nicht gemacht. Das ist sehr schade. Da haben Sie wirklich eine Chance vertan.
Nach der Anhörung sind einige Änderungsanträge vorgelegt worden. Herr Kollege Blechschmidt hat gerade gesagt, welche Punkte die FDP-Fraktion aufgegriffen hat. Die Kollegen von der SPD, der CDU und der FDP haben nach der Anhörung Änderungsanträge eingereicht.Es gehört zu Gesetzgebungsverfahren dazu, dass man Änderungsvorschläge aufnimmt und nachbessert.
Aber man muss sich zu Herzen nehmen, dass die Generalkritik und die Kritik derer, die für die Beschäftigten sprachen, sehr massiv waren. Herr Kollege Blechschmidt, man kann sich die Argumente nicht immer so zurechtlegen, wie man sie gerade braucht.Wenn man auf der einen Seite argumentiert, wie Sie das gerade gemacht haben, bei der gesetzlichen Rente habe man ein Renteneintrittsalter von 67 Jahren verabschiedet, und deshalb müssten die Beamten nachziehen – das ist auch meine Auffassung –,muss man auf der anderen Seite sagen, und diesem alten Prinzip folgt meine Fraktion, dass der Beamtenbereich dem Tarifbereich folgt. Das heißt dann auch, dass sie von der brutalstmöglichen Arbeitszeit von 42 Wochenstunden wegkommen müssen und dass stattdessen die 40-Stunden-Woche umgesetzt werden muss.
Herr Kollege Blechschmidt, da ist Ihre Argumentation und die Argumentation Ihrer Kollegen nicht ganz nachzuvollziehen. Man kann nicht mit ein und demselben Argument zwei unterschiedliche Wege begründen. Das zieht nicht.
Wir haben in der ersten Lesung und auch in der Anhörung gesagt, wir glauben, dass man im Beamtenrecht das nachvollziehen muss, was für die gesetzliche Rentenversicherung beschlossen worden ist. Ich glaube auch, dass man den Beamten damit keinen Gefallen tut; denn die gesellschaftliche Diskussion, die dann folgen würde, würden sie nicht aushalten. Es wird dann wieder eine Neiddiskussion geben: Wir müssen bis 67 Jahre bleiben, und ihr dürft schon mit 65 Jahren gehen. – Das ist nicht zielführend.An dieser Stelle braucht man eine Gleichbehandlung.
Aber, Herr Kollege Blechschmidt, wenn man die Menschen gleich behandelt, muss man das auch in Bezug auf die Arbeitszeit machen. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der zum Ziel hat, die brutalstmögliche Wochenarbeitszeit von 42 Stunden, die unter Roland Koch eingeführt worden ist, auf 40 Stunden zu reduzieren. Im Übrigen ist das mittlerweile in fast allen Bundesländern wieder so. Das würde auch zu einem anderen Betriebsklima führen.
Deswegen haben wir an Sie appelliert, diesem Vorschlag zuzustimmen. Das haben Sie nicht gemacht. Deswegen werden Sie es uns nachsehen, dass wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen.
Ich will noch ein paar Anmerkungen zu unseren Gründen machen.Wir wollen die Rente mit 67 Jahren oder die Pension mit 67 Jahren nicht einführen, um irgendwelche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verärgern. Wir machen das auch nicht, um die Leute in den Verwaltungen auf die Barrikaden zu bringen.Vielmehr glaube ich in Anbetracht der Zahlen, die uns vorliegen, dass dies notwendig ist.
Ich will ein paar Fakten nennen, die für die Debatte vielleicht wichtig sind. Wir hatten im Jahr 1999 Personalausgaben in Höhe von 7 Milliarden c. 2010 haben wir Personalausgaben in Höhe von 7,8 Milliarden c. Für die Pensionen haben wir 1999 1,3 Milliarden c ausgegeben; 2010 werden es 1,969 Milliarden c sein.
In der Beihilfe sieht es nicht anders aus. 1993 lagen die Beihilfekosten bei 369 Millionen c. 2009 waren es über 100 Millionen c mehr, nämlich 496 Millionen c. Bei den Versorgungsempfängern sieht es auch nicht anders aus – das sage ich insbesondere an Herrn Schaus gerichtet –: Wir haben zurzeit 63.000 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Wir werden im Jahr 2020 85.000 Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger haben.
Wenn man sich diese Zahlen vor Augen führt, erkennt man, dass man so nicht weitermachen kann. Vielmehr muss man sich überlegen, wie man diese Systeme zukunftsfähig und generationengerecht macht.
Deswegen stehlen wir uns nicht still und heimlich aus der Debatte, sondern sagen: Das ist nachvollziehbar, und wir wollen diese Systeme zukunftsfähig machen.
Nun kann man natürlich wie Sie sagen: Im Himmel ist Jahrmarkt, wir versprechen allen alles, und bei diesen Änderungen wollen wir nicht mitmachen.