Aber dieses Rabattmärkchensystem,mit dem Sie sich hier loben, zeigt den traurigen Zustand dieser Landesregierung. Ich hätte versucht, es zu verschweigen, und hätte meine Unfähigkeit, gute Familienpolitik zu machen, nicht auch noch unterstrichen. Wenn ich mir diese gepriesene Karte mit ihren Angeboten näher anschaue, erfahre ich, dass Eltern und Kinder jetzt telefonisch bei Problemen beraten werden können.
Als Sozialpädagogin packt mich da das Grausen, denn ich weiß, dass telefonisch zwar eine Notfallintervention statt
Das ist schön. – Es hat etwas mit langfristigen Prozessen und damit zu tun, dass man Beratungsleistungen kontinuierlich annehmen kann, dass es dafür geschützte Räume und qualifiziertes Fachpersonal gibt.
(Anhaltende Unruhe – Florian Rentsch (FDP): Frau Schott, ich kann nichts dafür, dass Ihnen keiner zuhört!)
Ehrlich? – Ich habe auch noch einen praktischen Lerntipp für Schüler zur Frage gefunden: Wie lerne ich Vokabeln und baue dafür ein Karteikästchen? Also ich habe das in der Schule gelernt,
aber vielleicht verlagern wir bald auch noch den Unterricht auf diese Webseite und sparen da dann auch noch ein bisschen ein oder vergeben dafür Rabattmärkchen.
Familienpolitik geht jedenfalls anders, und Familienpolitik für Kinder erst recht. Der Nationale Aktionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland 2005 – 2010“ basiert auf der UN-Konvention für Kinderrechte.Art. 27 dieser Konvention schreibt fest:
...das Recht jedes Kindes auf einen seiner körperlichen, geistigen, seelischen, sittlichen und sozialen Entwicklung angemessenen Lebensstandard...
Die Vertragsstaaten... Maßnahmen [zu treffen], um den Eltern und anderen für das Kind verantwortlichen Personen bei der Verwirklichung dieses Rechts zu helfen...
Wenn die Landesregierung versucht, diese Aufgabe mit der Familienkarte zu erfüllen, sollten wir hier ernsthaft über den Zustand dieser Regierung diskutieren.
Auf der Webseite der Hessischen Landesregierung bekommen wir einen Babysitterdienst der ÖRAG Service GmbH angeboten. – Warum gerade diesen Servicedienst? Diese Frage meine ich nicht rhetorisch.Ich hätte gern eine ernsthafte Antwort. Wieso empfiehlt die Hessische Landesregierung diesen und keinen anderen Dienst? Auf der Seite der Hessischen Landesregierung macht sich dann eine Seite von Partnern auf, die aussieht wie die Werbebeilage in einer kostenlosen Wochenzeitung, die es allenthalben gibt: REWE, HIPP, Fraport, „Focus“.
Ist das die neue Wirtschaftsförderung der Landesregierung, für die sie jetzt den Werbepart übernimmt? – Herr Minister Hahn, Sie haben vorhin in die Rede von Herrn Bocklet hineingerufen: „keine Werbung“! – Ich wünsche mir, die Regierung würde sich an diese Aufforderung des Justizministers halten, denn sie macht auf einer Landesseite Werbung für diese Firmen.
Verantwortung für Kinder und ihre Familien im Sinne der UN-Kinderkonvention für Kinderrechte geht anders. Die Regelsätze der Bundesregierung für Kinder im Hartz-IV
Bezug beinhalten vom ersten bis zum sechsten Lebensjahr für Nahrung und Trinken täglich 2,72 c.Da würde ich auch Rabattmärkchen in Anspruch nehmen. Mit nicht einmal 3 c sollen Eltern ihr Kind satt bekommen, von einer gesunden Ernährung gar nicht zu sprechen. 6,09 c im Monat für die Gesundheitspflege von Kleinkindern sollen diesen einen „körperlichen“ und „sittlichen... Lebensstandard“ sichern. Mit 40 Cent am Tag für Verkehrsmittel für Jugendliche wollen Sie eine „körperliche, geistige, seelische, sittliche und soziale Entwicklung“ sicherstellen oder auch nur ermöglichen. Dass Sie sich angesichts dieser Wahrheiten dafür loben müssen, Rabattmärkchen zu verteilen, verstehe ich.
oder erklären Sie jetzt und hier, dass Sie diesem Verarmungsprogramm für Kinder und ihren erwerbslosen Eltern im Bundesrat nicht zustimmen werden.
Werfen Sie einen kurzen Blick auf die sechs Kernpunkte des Nationalen Aktionsplans „Für ein kindergerechtes Deutschland...“ und lassen Sie uns dabei fragen, bei welchen Bevölkerungsgruppen es jeweils am meisten Probleme gibt,um zu erreichen:Chancengleichheit durch Bildung, frühe individuelle Förderung, Überwindung der Selektivität des Bildungssystems usw., ein Aufwachsen ohne Gewalt, Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingungen – das finde ich im Umfeld des Frankfurter Flughafens in Bezug auf Kinder eine ganz spannende Frage –, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, die Entwicklung von Qualitätsstandards für die Beteiligten, die Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards für alle Kinder, und dazu gehört für mich auch die Bekämpfung der Ursachen von Kinderarmut als internationale Verpflichtung.
was wir in erster Linie brauchen. Wir brauchen ein Programm zur Bekämpfung von Kinderarmut, ein Programm zur Unterstützung arbeitsloser Eltern und der mit niedrigem Einkommen, und das gilt auch für Hessen.
Das aktuelle Kinderbarometer Hessen erfasst im Auftrag des ehemaligen Ministers Banzer unter anderem, dass 18 % der Kinder in Hessen von Arbeitslosigkeit in der Familie berichten. Ich finde, das sind die Punkte, denen wir uns annehmen und für die wir ein Programm entwickeln müssen.
Denn Kinder sind in Deutschland leider noch immer ein Armutsrisiko. Vermutlich ist auch das einer der Gründe, weshalb zwar der Kinderwunsch gewachsen ist, die Zahl der Kinder andererseits tatsächlich nicht wirklich wächst, sondern im Gegenteil eher rückläufig ist.
An der Stelle, denke ich, sollten Sie sich endlich einmal überlegen, was Sie wirklich für Kinder tun wollen, statt diese ausgesprochen peinliche Nummer hier auch noch mit einem Setzpunkt in den Vordergrund zu stellen.
Ich glaube, man muss genau schauen: Was bietet man an Frauenförderung an? Was tut die Landesregierung dafür, dass wir endlich eine Angleichung der Löhne von Männern und Frauen bekommen? Was tut die Landesregierung dafür, dass wir endlich mehr Frauen in Chefetagen haben? Was tut die Landesregierung an diesen Stellen? Das müssen Sie sich fragen lassen.
Ich denke, es gäbe viele Punkte, wo wir sinnvoll etwas für Familien tun könnten. Ich möchte auch, ehrlich gesagt, diese Karte nicht weiterentwickeln.
Über eine Karte können wir reden. Aber dieses kleine Werbeprogramm weiterzuentwickeln, damit Menschen sich dann auch noch Bildung,Teilhabe an kulturellen Dingen einkaufen können – ich weiß nicht, ob ich das ernsthaft weiterentwickeln möchte. Ich glaube, eher nicht.
(Helmut Peuser (CDU): Ihr habt eine schöne Koalition! – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja, sie hat es schon schwer!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist heute mein Schicksal, dass ich aufgrund einer Fehlinformation und schlechter Orientierung meinerseits die Rednerreihenfolge durcheinandergebracht habe. Das tut mir ausdrücklich leid.
Familie ist auch Schicksal. Familie ist Schicksal für jeden von uns, die wir mindestens einmal von Eltern erzogen, geprägt, geliebt und geleitet wurden. Wo das alles nicht stattgefunden hat, ist es auch eine Prägung. Schicksal ist Familie aber auch für uns alle zusammen. Sie ist der Kern einer jeden sozialen Ordnung. In ihr beginnt das Zusammenleben mit anderen. Sie ist die erste Erfahrung von Abhängigkeit und Geborgenheit, von Ähnlichsein und Anderssein, von allein und gemeinsam, von Freiheit und Zwang. Sie ist die erste und wichtigste Schule für Gemeinschaft. In ihr wurzelt fast alles, was uns wert ist: Nächstenliebe, Fürsorge, Verantwortungsbewusstsein, Mitmenschlichkeit.