Protocol of the Session on September 28, 2010

setzen und führen die Budgets für Fortbildung, Vertretungsunterricht und das Projekt „Verlässliche Schule“ zusammen. Das ist lobenswert. Das ist die konsequente Aufkündigung eines Irrwegs, der von Anfang an eingeschlagen worden ist. Ich will aber davor warnen, Frau Henzler, dass Sie der Auffassung sein könnten, dass die zusammengeführten Budgets in den kommenden Haushaltsjahren Möglichkeiten für Kürzungen bieten.Wir werden sehr genau darauf achten, dass diese Mittel bei den Schulen verbleiben und nicht weiteren Konsolidierungsmaßnahmen zum Opfer fallen.

(Beifall bei der SPD)

Was ist mit dem von Ihnen so genannten „großen Budget“? In der Debatte vom 15. September 2009 haben Sie angekündigt – ich zitiere –:

In einem intensiven Dialog mit den Schulträgern wollen wir Kooperationsverträge erarbeiten mit dem Ziel, auch deren Finanzmittel in Form eines Gesamtbudgets der Schule zur Bewirtschaftung anzuvertrauen.

Ein Jahr später sprechen Sie jetzt vage von „konstruktiven Gesprächen mit den Schulträgern“. Ich stelle fest: Offensichtlich ist dieser Prozess noch nicht sehr weit gediehen. Wir stehen am gleichen Punkt wie im vergangenen Jahr. Deswegen sind Ihre Aussagen dazu auch für uns völlig unbefriedigend.

(Beifall bei der SPD)

Vieles von dem, was Sie heute gesagt haben, z. B. was die Flexibilität von Gruppengrößen betrifft, was pädagogische Freiräume betrifft, konnten Sie bereits vor vier Jahren im „Haus der Bildung“ der SPD nachlesen.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Da hat sie es auch her!)

Frau Henzler, es ist enttäuschend, dass über diese Konzeption hinaus in Ihrem Regierungshandeln inzwischen nichts zustande gekommen ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LINKEN – Wolfgang Greilich (FDP): Sie sollten einmal in die Schulen gehen und sich anschauen, was da los ist! – Gegenrufe von der SPD)

Ich will meine Redezeit von 30 Minuten nicht vollständig nutzen, weil ich glaube, dass wir morgen früh eine gute Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren, wie eine gute Bildungspolitik in diesem Lande zukünftig aussehen kann.

(Beifall bei der SPD)

Die Kritik an Ihnen, Frau Henzler, will ich wirklich nicht über Gebühr und über die gesamte halbe Stunde ausdehnen.

Ich will mit dem Bild schließen, das Sie uns im vorigen Jahr vermittelt haben. Sie haben von einem Zug gesprochen. In einer Art autosuggestivem Überschwang haben Sie uns dargestellt, dass die hessische Bildungspolitik ein Zug sei, der Fahrt aufnehme, und dass Sie als Kultusministerin diesen Zug in Fahrt bringen und ihn beschleunigen werden.Ich will heute konstatieren:Der Zug steht immer noch im Bahnhof. Die Schulen wissen nicht so recht, ob sie überhaupt einsteigen sollen;denn sie kennen weder den Fahrplan noch das Ziel. Immer stärker werden auch die Zweifel an der Fahrtüchtigkeit der Lokführerin.

(Zurufe von der CDU)

Diese hat zu allem Überfluss auch noch den schulpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im Führerstand, der sich nicht entscheiden kann, ob er als Heizer oder als Bremser fungiert.

(Heiterkeit bei der SPD)

So fährt die hessische Bildungspolitik mit großer Sicherheit an die Wand.

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Das Wort hat der Abg. Irmer für die Fraktion der CDU.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Bremst oder heizt er?)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die moderne Volkspartei SPD kann man daran erkennen, dass sie Heizer und Bremser benötigt, während wir schon im Hightech-Zeitalter sind, was die Züge angeht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Wer hat in diesem Land den Zug gegen die Wand gefahren? Der dafür Verantwortliche sitzt hier am linken Flügel. Ich werde Ihnen das noch darstellen.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Geschichten von vorgestern!)

Nein, das sind keine Geschichten von vorgestern, sondern Geschichten von gestern,deren Auswirkungen leider in die Gegenwart herüberreichen. Denn das, was wir heute machen, ist Reparatur an dem, was Sie versaubeutelt haben, um es etwas salopp zu formulieren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Frau Habermann, es wundert mich nicht, dass Sie heute wieder Ihre Standardrede gehalten haben. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Aussprachen zu den Regierungserklärungen der letzten Jahre anzuschauen und nachzulesen,was Sie da alles gesagt haben.Ich erspare mir jetzt,die Jahre hinzuzufügen.Aber genau das, was Sie heute gesagt haben, können Sie in den Protokollen aus den letzten fünf bis sechs Jahren nachlesen. The same procedure as every year – die Miss Sophie der SPD, Frau Kollegin Habermann.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Ihre Vorwürfe lauten – wie immer –: zu wenige Ganztagsangebote, fehlende Schulsozialarbeit, nicht ausreichender Bildungs- und Erziehungsplan, Verharren der Landesregierung im Stillstand, fehlende Inklusion, keine echten Ganztagsschulen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was sagen Sie zur Inklusion, Herr Irmer?)

Ich sage etwas dazu, selbstverständlich. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich habe theoretisch 30 Minuten Redezeit. Sie haben viel Zeit, um mir mit Genuss zuzuhören. Ich versuche, es Ihnen zu erklären, auch was das Thema Inklusion angeht.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Da bin ich zuversichtlich!)

Da bin ich beruhigt. – Meine Damen und Herren, ich möchte zunächst auf das eingehen, was Frau Kollegin Habermann gesagt hat, indem sie uns – der Union, der FDP, der Regierung – vorwirft, das Versprechen einer Lehrerversorgung in Höhe von 105 % werde nicht erfüllt, das Versprechen werde gebrochen. Frau Kollegin Habermann,Sie haben in Ihrer Koalitionsvereinbarung der SPD und der GRÜNEN aus dem November 2008 davon gesprochen, dass Sie eine 105-prozentige Lehrerversorgung haben wollen.Sie haben das umgerechnet und gesagt:Das sind umgerechnet 2.400 Stellen.

(Heike Habermann (SPD):Das stimmt nicht,nein!)

Wir haben gesagt: Wir investieren in dieser Legislaturperiode in 2.500 Stellen. – Wir haben also ziemlich ähnlich gedacht. Sie haben aber gleichzeitig gesagt, bei dieser 105prozentigen Erhöhung, umgerechnet 2.400 Stellen, seien die Mittel für die „verlässliche Schule“ inklusive.

(Heike Habermann (SPD): Nein, das ist unrichtig!)

Das sind 30 Millionen c oder umgerechnet 600 Lehrerstellen. Diese 600 Lehrerstellen müssen Sie von den 2.400 Stellen, die Sie theoretisch schaffen wollten, abziehen. Das heißt, Sie wollten in dieser Legislaturperiode unter einer rot-grünen Regierung 1.800 Lehrerstellen netto zur Verfügung stellen.Gleichzeitig haben Sie gesagt,dass jede Grundschule eine zusätzliche Deputatstunde erhalten soll und dass das Schuldeputat erhöht werden soll. Eine Erhöhung des Schuldeputats bedeutet, grob gerechnet, mindestens 200 zusätzliche Stellen.

Die Kooperation zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten würde bedeuten, dass Sie weitere 350 Lehrerstellen benötigen. Sie haben gesagt, Sie wollen in allen Schuleingangsstufen Sozialpädagogen einsetzen. Das ergibt umgerechnet 500 Lehrerstellen. Das heißt, wir liegen jetzt bei 850 Lehrerstellen. Gleichzeitig haben Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung geschrieben, 50 % der Schulen, die Sie zu einer Art Gemeinschaftsschule weiterentwickeln wollten, bekämen zusätzliche Stellen. Umgerechnet sind das noch einmal 500 Stellen.

(Vizepräsident Lothar Quanz übernimmt den Vor- sitz.)

Sie haben weiterhin gesagt – darauf kommen wir gleich noch einmal zurück –, die Ganztagsschulen sollten weiterentwickelt werden. Das, was wir haben, nämlich die sogenannte pädagogische Mittagsbetreuung, reicht Ihnen nicht. Darüber kann man streiten. Aber diese pädagogische Mittagsetreuung, die wir als „Ganztagsangebot“ oder „Ganztagsschule“ bezeichnen, ist mit dem identisch, was in Rheinland-Pfalz unter dem Begriff „Ganztagsschule“ läuft. Das reicht Ihnen nicht; die Auffassung kann man teilen. Sie wollen tendenziell eine gebundene Schule haben. Das heißt, Sie müssen, oppositionsfreundlich gerechnet, dafür mindestens 2.500 Stellen zur Verfügung stellen.

Sie wollten – wie auch wir, wir haben das eingeleitet – die Sternchenregelung abschaffen.Sie benötigen dafür umgerechnet 1.600 Stellen. Außerdem fordern Sie einen Verzicht auf das Sitzenbleiben. Die Schulen, die darauf verzichten, sollen zusätzliche Stellen bekommen: umgerechnet rund 200 zusätzliche Stellen.

Außerdem haben Sie gesagt, Sie wollten den integrativen Unterricht sukzessive – wohlgemerkt: sukzessive – ausbauen. Ich bin freundlich zu Ihnen und sage, das sind mindestens 500 weitere Stellen. Das heißt im Klartext, Sie haben 1.800 Stellen netto hinterlegt, aber gleichzeitig die

Schaffung von 6.500 Stellen beschlossen. Das war vorprogrammierter Wahlbetrug, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Frau Kollegin Habermann, Ihr famoser Generalsekretär hat jetzt erklärt, 50 SPD-Ortsverbände protestierten gegen die Rotstiftpolitik dieser schrecklichen Landesregierung zum Schuljahresbeginn 2010/2011. Im letzten Jahr haben Sie die Proteste von 100 SPD-Ortsverbänden angekündigt. In diesem Jahr sind es nur noch 50. Aber gehört hat man von keinem Einzigen etwas,und auch von der Öffentlichkeit hat man nichts gehört.

(Beifall bei der CDU)

Schweigen im Walde, das ist Ihre selektive Wahrnehmung. Ich stelle Ihnen einmal dar, wie die Lebenswirklichkeit in Hessen aussieht. Das Staatliche Schulamt DarmstadtDieburg erklärt: Lehrerversorgung 100 %. Schulamt für den Landkreis Bergstraße und den Odenwaldkreis: Lehrerversorgung 99 %. Das war am 17.August dieses Jahres. Von 2.668 Stellen, die neu besetzt werden sollten, waren vier Stellen nicht besetzt. Heute sind sie besetzt: Lehrerversorgung 100 %.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Thorsten Schä- fer-Gümbel (SPD): Hat das irgendjemand bestritten, Herr Irmer?)

Staatliches Schulamt Werra-Meißner-Kreis: die Stundentafel komplett abgedeckt,darüber hinaus zusätzliche Lehrer für Fördermaßnahmen.

(Zuruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))