Protocol of the Session on September 9, 2010

Zunächst zu dem Begrüßenswerten, zu § 5. Die Einführung des neuen gutachterlichen Planungsinstruments Bewirtschaftungsplan, die Zusammenführung der Pflegepläne für Naturschutzgebiete und der Maßnahmenpläne aus Natura-2000-Gebieten halten wir für sinnvoll und nachvollziehbar.Wir halten es auch für gut,außerhalb von Schutzgebieten solche Bewirtschaftungspläne zur Verbesserung des Artenschutzes aufzustellen, wie es auch im europäischen Recht vorgesehen ist.

Bei § 13, gesetzlicher Biotopschutz, erachten wir die Verbreiterung des Bundeskatalogs, Streuobstbestände und Alleen zusätzlich in den gesetzlichen Biotopschutz aufzunehmen,als durchaus richtig.– Damit ist aus unserer Sicht aber das erschöpft, was an positiven Punkten in diesem Gesetzentwurf zu sehen ist.

Kritik will ich deutlich an den nächsten Punkten üben, z. B. an § 6, Landschaftsplanung. Die Abweichung von den Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes sehen wir sehr kritisch. Landschaftsrahmenpläne hatten sich bewährt. Gerade in Zeiten, in denen es um räumliche Steuerung von Naturschutzmaßnahmen geht, insbesondere vor dem Hintergrund raumbedeutsamer Anlagen wie z.B. bei den erneuerbaren Energien, sind diese Landschaftsrahmenpläne dringend geboten. Deshalb fordern wir die Wiedereinführung der Landschaftsrahmenpläne mit der Pflicht,sie in den Landesentwicklungsplan und auch in die Regionalpläne einzubauen.

Damit gäbe es eine vernünftige Steuerung dieser Bereiche. Frau Ministerin, gerade in den Konflikten mit der Bevölkerung, worüber wir schon geredet haben, ist es wichtig, dass man die Planung durch die Rahmenpläne vorgeben kann. Damit könnte man im Vorhinein vieles ausräumen, was die erneuerbaren Energien und den Druck vor Ort angeht.

§ 7 ist einer der Punkte, die wir an dieser Stelle strikt ablehnen. Das Bundesnaturschutzgesetz behielt den Status quo, den wir bisher hatten, bei, nämlich den Dreiklang zwischen Vermeidung,Ausgleich und Ersatz. In § 7 Abs. 1 weichen Sie das auf. Sie sagen, Ersatzmaßnahmen sind Ausgleichsmaßnahmen, und das erscheint uns mit dem Bundesrecht nicht vereinbar. Das wird an dieser Stelle auch abgelehnt.

Die zusätzliche Aufweichung des Naturraumbezugs – auch darüber kann man diskutieren, dass man sagt: Es ist eine Flexibilisierung, dass man Ersatzmaßnahmen an anderer Stelle ohne den nahen Naturraumbezug herstellen kann. Dennoch sehe ich an dieser Stelle ein Problem, dass wir Ersatzmaßnahmen von Ballungsräumen nehmen und

in benachbarte ländliche Gebiete ausweichen,um dort die Ersatzmaßnahmen durchzuführen.

An dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, dass Sie den Naturraumbezug, wie im Bundesnaturschutzgesetz vorgegeben, beibehalten. Denn man muss ehrlich sein. Es kann nicht sein, dass an der einen Stelle Entwicklung zugelassen wird und man an der anderen Stelle Ersatzmaßnahmen für Entwicklung in den anderen Gebieten zulässt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der ländliche Raum wird damit ein Problem bekommen. Man könnte auch deutlicher sagen: Wir wollen nicht das Naturschutzgebiet für Frankfurt sein. Das sage ich ganz deutlich als jemand aus dem ländlichen Raum. Deshalb ist mir diese Ausweitung nicht recht.Wir werden an dieser Stelle nicht zustimmen.

§ 22, Naturschutzbeiräte. Das ist eine Forderung, die wir schon immer erhoben haben. Wir wollen die Wiedereinführung der Beiräte bei den oberen Naturschutzbehörden. Auch das sehen wir als eine vernünftige Möglichkeit an, den ehrenamtlichen Naturschutz dort als wichtig und hilfreich anzusiedeln.

Gerade bei den Entscheidungen der oberen Naturschutzbehörde für großflächige Schutzgegenstände ist deren Rat und Hilfe richtig und notwendig. Es wäre auch wichtig, ein Signal der Wertschätzung für den ehrenamtlichen Naturschutz an dieser Stelle abzugeben. Das haben Sie bisher nicht getan.

(Beifall bei der SPD)

Das Gleiche gilt für die Mitwirkung. In § 23 Abs. 1 schränken Sie die Mitwirkungsrechte des ehrenamtlichen Naturschutzes ein. Es hilft uns nichts, die Mitwirkungsrechte einzuschränken. Sie wissen, dass dann viel schneller Rechtsmittel eingelegt werden. So bekommen wir an anderer Stelle mehr Probleme.

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich bin beim letzten Satz. – Meine Damen und Herren, der Entwurf ist so, wie er uns vorliegt, nicht zustimmungsfähig. Wir werden ihm nicht zustimmen. Ich hoffe, dass die Anhörung noch das eine oder andere bringen wird. Ich habe herausgehört, dass Sie selbst noch auf das eine oder andere aus der Anhörung warten. Ich wünsche mir, dass in der Anhörung herauskommt, dass die Punkte, die wir als kritisch erachten, verändert werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung,: Frau Kollegin Hammann, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kritisieren, dass die Landesregierung im Jahr der Biodiversität, das ist die Artenvielfalt, bei der Umsetzung des Bundesnaturschutzgesetzes ins Landesrecht die Chance

für eine deutliche Verbesserung des hessischen Gesetzes nicht genutzt hat. Es ist wirklich bedauerlich, dass kein Wille erkennbar ist, die Landeskompetenz, die das Land unzweifelhaft hat, in bestimmten Bereichen zugunsten des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszuschöpfen und abweichende Regelungen zu treffen. Sicher haben wir eine ganze Reihe von Bestimmungen, die übernommen werden müssen. Sie haben aber auch einen Freiraum, in dem Sie entscheiden können, wie es künftig in der Natur und der Landschaft in Hessen auszusehen hat.

Ich bedauere das deshalb so sehr,weil wir im Jahr der Biodiversität sind. Alle müssen dazu beitragen, dass sich etwas ändert, wir brauchen mehr Natur und Landschaft, und diese sind auch zu schützen. Wir haben im Jahr 2008 einen Antrag eingebracht, der im Hessischen Landtag eine Mehrheit gefunden hat. Es war ein Antrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Hessen. Wir haben mit diesem Antrag getroffen, dass eine eigene Biodiversitätsstrategie auf den Weg gebracht wird. Bisher gibt es diese nicht. Wir haben unglaublich viele schöne Prospekte, wir haben einzelne Maßnahmen, die unzweifelhaft auch nicht falsch sind, aber es fehlt für Hessen eine Biodiversitätsstrategie, die alles umfassend regeln kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Frau Ministerin Puttrich, deshalb wäre es schön, wenn Sie uns sagen könnten, bis wann mit einer Vorlage zu rechnen ist.Wir haben in diesem Antrag auch die Entscheidung gefasst, dass das Parlament jährlich über die bereits ergriffenen und geplanten Maßnahmen zum Erhalt der biologischen Vielfalt zu informieren ist.Das ist Ihre Aufgabe,und wir erwarten von Ihnen, dass diese Aufgabe auch erfüllt wird.

Wenn man dieses Jahr der Biodiversität hat und diese Spielräume nicht nutzt, dann ist das etwas, was wir sehr deutlich kritisieren. Ich komme auch auf die Bereiche zurück, in denen Sie durchaus in der Lage gewesen wären, mehr in Hessen für die Landschaftspflege und den Naturschutz zu tun.

Wir haben in Hessen bestimmte landestypische Biotope. Zwei davon haben Sie in Ihrem Gesetzentwurf mit aufgeführt, das sind die Alleen und die Streuobstwiesen. Wir hatten vor dem Jahr 2006 bereits andere landestypische Biotope, die leider unter der CDU-Regierungsverantwortung gestrichen wurden. Ich nenne nur Hohlwege, Trockenmauern,Feldgehölz und landschaftsprägende Einzelbäume.

(Zurufe von der CDU)

Schauen Sie sich doch bitte das Gesetz an, diese Biotope haben Sie nicht mehr mit aufgenommen. Im Bundesgesetz stehen diese Biotope auch nicht. Deshalb sind diese landestypischen Biotope nicht mehr unter Schutz, und sie bleiben auch nicht unter Schutz, wenn Sie sie nicht mit hineinnehmen.

Wenn man durch die Landschaft geht, kann man erkennen, dass sich seit 2006 unglaublich viel verändert hat. Hecken sind weggenommen worden, und sehr schöne alte Bäume sind gefällt worden.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Das wäre, wenn der Schutz aufrechterhalten worden wäre, nicht passiert. Deswegen sage ich: Sie haben hier eine Chance, noch einmal nachzubessern und dazu beizutragen, dass solche Biotope künftig erhalten bleiben,

wenn sie unter den Schutz des Landesrechts genommen werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Wenn Sie diese Biotope nicht aufnehmen, laufen Sie Gefahr, dass diese Lebensräume gestört bleiben und zerstört werden. Die bereits bedrängte Tierwelt wird dadurch weiterhin nachteilig beeinflusst.

Ein Erlebniswert für Erholung suchende Menschen wird auch dadurch weiter verschlechtert. Wer in einem Ballungsgebiet wohnt, weiß das Grüne um ihn herum zu schätzen und sieht, wie wichtig dessen Erhalt ist. Jeder gefällte Baum, der sehr schön in dieser Landschaft stand, ist ein unmittelbarer Verlust für diesen Erholung suchenden Menschen.

Meine Damen und Herren, kritisch sehen wir aber auch die Vorrangregelung für den Vertragsnaturschutz. Es muss möglich sein, dass die Naturschutzbehörden aufgrund der jeweiligen Sachlagen eine eigenständige fachliche Entscheidungsfreiheit haben. Sie sind allein in der Lage,zu entscheiden,was falsch und richtig ist.Sie kennen die Situation im Einzelnen. Es muss für sie möglich sein, einen Schutz herbeizuführen, ohne eine vertragliche Regelung. Eine vertragliche Regelung beinhaltet auch eine Regelung nach Kassenlage. Es muss von ihnen entschieden werden, ob eine vertragliche Regelung nötig ist oder ob z. B. über die Ausweisung eines Naturschutzgebietes bedrohte Tiere und Pflanzen zu schützen sind.

Mit Ihrer Ausführungsgesetzregelung hätten Sie aber noch ein Weiteres tun können. Sie hätten durch die Wiedereinführung der oberen Naturschutzbeiräte auch ein Friedensangebot an die ehrenamtlichen Naturschutzverbände machen können. Sie haben in Ihrem Gesetz die oberen und die unteren Naturschutzbeiräte,aber nicht die Beiräte auf mittlerer der Ebene. Gerade diese Beiräte haben in der Vergangenheit unglaublich gute Arbeit geleistet, sie haben bei Planungen zur Investitionssicherheit beigetragen. Sie haben dafür gesorgt, dass Natur und Umwelt geschützt wurden, sie haben sich aktiv in diesen Bereich eingemischt. Zahlreiche gute Stellungnahmen beweisen dies. Sie liegen auch in Ihrem Ministerium vor.

Bitte kommen Sie zum Schluss, Frau Kollegin.

Ich bedauere es ausdrücklich, dass Sie in Ihrem Gesetzentwurf wieder sagen, Naturschutzbeiräte sollen Verwaltungs- und Entscheidungsverfahren nicht über das nötige Maß hinaus verzögern. Ich finde es bedauerlich, dass Sie die Chancen nicht genutzt haben. Es ist ein Treppenwitz, dass das unzureichende Bundesnaturschutzgesetz in diesem Gesetz noch deutliche Verbesserung gebracht hat. Unsere kritischen Punkte, die wir damals angemeldet haben, finden wir jetzt wieder, dazu zähle ich auch den 10prozentigen Biotopverbund.

Ich bin gespannt, wie die Anhörung sein wird, und hoffe, dass sich viele Regelungen am Ende in diesem Ausführungsgesetz wiederfinden, die tatsächlich den Zustand von Natur und Landschaft in Hessen verbessern.– Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Dietz für die Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung löst zum einen das Hessische Naturschutzgesetz und zum anderen die Naturschutzzuständigkeitsverordnung ab. Um es gleich sehr deutlich zu machen:Trotz dieser Namensänderung sichert der Gesetzentwurf Stabilität und Kontinuität im hessischen Naturschutz. Zudem reagiert er auf Notwendigkeiten, die im Rahmen der Föderalismusreform aufgetaucht sind. Hier wurde der Naturschutz in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes überführt. Das ist richtig und sinnvoll, um bundesweit einheitliche Naturschutzstandards durchsetzen zu können.

Bundesweit einheitliche Regelungen im Naturschutz sorgen für Rechtsklarheit, Verwaltungsvereinfachung und vor allem für einen besseren, umfassenderen und leichter nachvollziehbaren Naturschutz.

Das Bundesnaturschutzgesetz,das inzwischen in Kraft getreten ist, regelt vieles einheitlich, lässt den Ländern aber auch Spielräume. Es gilt, diese Spielräume klug auszugestalten, um den erfolgreichen hessischen Naturschutz mit größtmöglicher Kontinuität für die handelnden Personen fortführen zu können. Daher ist es wichtig, zu betonen, dass es im Gesetz vornehmlich um eine Fortsetzung der geltenden Regeln im nötig gewordenen neuen Rechtsrahmen geht.

Wir haben vor Ort eine große Zustimmung zum bisherigen Regelwerk. Diese gilt es zu bewahren. Damit schaffen wir Rechtssicherheit und Rechtsstabilität für die vielen engagierten Naturschützer und für die Verwaltungsverantwortlichen.

Dazu gilt es auch,Abweichungsbefugnisse so auszuschöpfen, dass bewährte hessische Regelungen weitgehend erhalten bleiben können, auch wenn sie nicht ausdrücklich im Bundesgesetz vorgesehen sind. So sorgt der Gesetzentwurf z. B. dafür, dass die bewährten hessischen Grünbestandssatzungen, die zum Schutz der Naturräume innerhalb der Städte beitragen, aber im Bundesgesetz nicht mehr vorgesehen sind, zumindest in ähnlicher Form bestehen bleiben können. Damit können weiterhin schützenswerte Landschaftsteile innerhalb der Städte per Satzungen geschützt werden. Das ist nur eines der Beispiele, die belegen:Die Hessische Landesregierung sorgt mit diesem Gesetz für eine umfassende Beibehaltung des Naturschutzes in Hessen, wo er sich bewährt hat und wo er Akzeptanz vor Ort findet.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die außergewöhnlich erfolgreiche Umsetzung der Natura-2000-Verordnung in Kooperation mit den Land- und Forstwirten, die der NABU Hessen als Jahrhundertwerk für den Naturschutz gelobt hat, oder an die Stiftungen Hessischer Naturschutz und Natura 2000. Die CDU steht auch weiterhin für einen umfassenden Natur- und Artenschutz zum Erhalt der Schöpfung,zur Schonung von Flächen und Ressourcen und zum Erhalt der Kulturlandschaft Hessen.

(Beifall bei der CDU)

Dazu setzen wir auf das Prinzip Kooperation statt Konfrontation. Wir sind einen erfolgreichen Weg gegangen und werden diesen in aller Kontinuität weitergehen. Gleichwohl gilt es,vorhandene Schwierigkeiten auszuräumen. Dazu wird durch das Ausführungsgesetz an einigen Stellen nachgearbeitet,um den Natur- und Artenschutz zu optimieren und dabei auch konkurrierende Ansprüche nicht aus den Augen zu verlieren.Es muss uns auch darum gehen, den Vollzug zu vereinfachen und effizient zu gestalten.

Hier steht vor allem der Ökopunktehandel für eine funktionierende Eingriffs- und Ausgleichsplanung im Mittelpunkt. Dies ist ein gutes und richtiges Instrument, um Natur- und Artenschutz z. B. mit Infrastrukturprojekten vereinbaren zu können. Durch einen funktionierenden Ökopunktehandel können Flächen geschont, Naturschutz optimiert und dabei Land- und Forstwirte entlastet werden.