Protocol of the Session on June 24, 2010

Nein, bei uns eben gerade nicht zu spät. Das ist genau nicht der Fall.Wir gehen ja sogar noch weiter und überlegen, was man an diesen Stellen tun kann. Wir haben es sehr frühzeitig öffentlich gemacht.Wir müssen sehen,dass das in Zukunft erst gar nicht mehr passieren kann, dass es zu einer Verweigerung der Datenherausgabe kommt oder Hersteller um die Beprobungen herumkommen.

Frau Ministerin, ich möchte Sie nur ganz kurz darauf hinweisen, dass die vereinbarte Redezeit für die Fraktionen bereits abgelaufen ist.

Ich beeile mich, ich will aber wenigstens den Sachverhalt noch einmal richtig darstellen. – Das inländische Saatgut können wir sehr gut kontrollieren. Beim inländisch aufbereiteten Saatgut finden wir fast überhaupt nichts, also beim Raps. Beim Mais haben wir einen Importanteil von 75 %. Genau dort treten jeweils die Probleme auf. Die Eigenkontrolle der Unternehmen vor Inverkehrbringen funktioniert bisher überhaupt noch nicht, sonst hätten wir

nicht so viele Proben, die dann bei den Landwirten negativ aufschlagen.

Wir wollen daraus Konsequenzen ziehen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auf nationaler Ebene einen Saatgutgipfel brauchen. Wir müssen die Unternehmen an einen Tisch setzen.Wir müssen sie in die Pflicht nehmen. Es kann nicht sein, dass zum Schluss der Landwirt auf dem Schaden sitzen bleibt,wenn mehrere Hundert Hektar vernichtet werden müssen. Er muss diesen Ausfall ersetzt bekommen. Dafür sind die Saatguthersteller verantwortlich. Sie müssen frühzeitig beproben, bevor das Saatgut in den Handel kommt.

Wir wollen ein weiter gehendes Qualitätsmanagementsystem für die Saatgutindustrie. Wir brauchen einen unbürokratischen Entschädigungsfonds für die Landwirte, der sofort eingerichtet werden muss.Wir wollen auch,dass eine Partie Saatgut von den Erzeugern vor der Abgabe in den Handel beprobt wird. Es sollte die Möglichkeit eingerichtet werden, über Zertifikate die Beprobung vor dem Inverkehrbringen nachzuweisen.

Dann kann man überhaupt erst über die Frage der Koexistenz und der vielen unterschiedlichen Auffassungen, die es im Landtag sicher geben wird, wie man mit gentechnisch veränderten Pflanzen umgeht, sprechen. Richtig ist, wenn man sich dafür einsetzt, dass diese Koexistenz besteht, dass es eine klare Transparenz für den Verbraucher und den Landwirt gibt; dann muss an den Kontrollen angesetzt werden.

Wir werden uns dafür einsetzen,dass dieses Thema auf die bundespolitische Tagesordnung kommt und ein Fonds zur Entschädigung der Landwirte eingerichtet wird.Wenn wir dabei an einem Strang ziehen würden, würde mich das sehr freuen. Das ist das, was den Landwirten, aber auch den Verbrauchern bei der Transparenz helfen wird.

(Beifall bei der CDU,der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Mir liegen nun keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit hat die Aussprache zu dieser Aktuellen Stunde stattgefunden.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 50:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend sachgerechte Abwägung von Schutzbedürfnissen im Planungsrecht – Drucks. 18/2537 –

Es wurden zehn Minuten Redezeit vereinbart. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Lenders für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es mag sein,dass unser Antrag einen etwas sperrigen Titel trägt und der eine oder andere dahinter eine rein fachpolitische Fragestellung vermutet. Tatsächlich geht es aber um mehr. Es geht um etwas Elementares, nämlich darum, ob wir wieder in der Lage sind, für die Entwicklung unseres Landes wichtige Investitionen in die Infrastruktur zu ermöglichen, oder ob wir durch ausufernde bürokratische Hürden, durch unendliche Verfahren und durch kaum noch handhabbare Auflagen den Ausbau der Infrastruktur quasi zum Stillstand bringen

und unter einem Berg von Papier, von Gutachtern und Gerichtsurteilen begraben.

Meine Damen und Herren, die ständig wachsenden Anforderungen aus dem Umwelt- und Naturschutzrecht an Infrastrukturprojekte der letzten Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Planungszeiten ins Unerträgliche gestiegen sind. Die reinen Planungs- und Bürokratiekosten verschlingen einen immer größeren Teil der Gesamtinvestitionssumme, ohne dass ein wirklicher Zusatznutzen zu erkennen ist.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt nicht!)

Vielleicht einmal ein Beispiel: die A 49,Abschnitt Stadtallendorf Nord – Autobahndreieck Münden.Die Planungen waren hier bereits abgeschlossen. Durch Nennung des FFH-Gebiets Herrenwald im Jahre 2004 und des Kammmolchvorkommens musste eine komplett neue Planung der Trasse erfolgen. Die alte Planung hatte bereits 8 Millionen c gekostet. Für die neue Planung sind dann noch einmal 4,4 Millionen c aufgelaufen. Meine Damen und Herren, dadurch gab es eine Zeitverzögerung von fünf Jahren.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Wer hat es geplant? Wer war Verkehrsminister?)

Herr Dr. Spies, klatschen kann man an der Stelle eigentlich nicht. – Es stellt sich die Frage, ob die Schutzbedürfnisse und Interessen des Menschen einerseits und die Belange des Natur- und Umweltschutzes anderseits wirklich immer sachgerecht abgewogen werden.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Gleichzeitig werden durch EU-Recht die Anforderungen an die Planungsbehörden massiv verschärft.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vor dem Hintergrund des Vorsorgeprinzips sollen die Behörden Methoden anwenden und Erkenntnisse über Auswirkungen auf den Naturraum liefern, die oft gar nicht geliefert werden können, weil dafür schlichtweg das wissenschaftliche Instrumentarium und fachliche Konventionen noch fehlen.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

In der Praxis können bei vielen Planungsverfahren die Behörden keine naturschutzfachlichen Erkenntnisse anwenden, sondern müssen diese selbst schaffen. Dann nehmen diese eine Gestalt von überdimensionierten Feldstudien an. Das ist weder zielführend noch die Aufgabe von Planungsbehörden.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Der strenge Gebietsschutz macht etwa FFH- und Vogelschutzgebiete zu Tabuzonen, und alle Infrastrukturprojekte stehen automatisch im Verdacht, den Gebietsschutz zu beeinträchtigen. Der Gegenbeweis kann in der Regel aufgrund der extrem hohen Anforderungen kaum erbracht werden.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Direkt ins Mittelalter!)

Regen Sie sich doch nicht auf.Hören Sie doch lieber einmal zu.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Um mich aufzuregen, braucht es sehr viel mehr!)

Diese Art der Beweisführung führt zu unverhältnismäßig hohen Kosten. Meine Damen und Herren, in diesen Vorgaben gibt es keine Rücksichtnahme auf andere Schutzgüter.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was ein Blödsinn! – Dr. Thomas Spies (SPD):Was ein Unsinn!)

Herr Dr. Spies, es gibt keine Rücksicht auf das Schutzgut Mensch. Der Mensch gilt hier nicht als schützenswert.

Vielleicht ein weiteres Beispiel:A 44,Abschnitt Helsa Ost – Hessisch Lichtenau West. Hier waren bereits Tunnelbauten geplant, die einen 90-prozentigen Erhalt der Lebensraumverbindungen ermöglichten. Das reichte dann aber wieder nicht aus. Es wurden weitere Tunnelbauten notwendig.Es gab Mehrkosten für die FFH-bedingte Tunnelverlängerung von 50 Millionen c und eine Bauverzögerung von sechs Jahren.

(Zurufe der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Dr.Thomas Spies (SPD))

Meine Damen und Herren, das gesamte Bauvolumen für alle finanzierten hessischen Straßenbauprojekte des Bundesverkehrswegeplans beläuft sich auf 3 Milliarden c. Allein aufgrund der seit 2000 geltenden EU-Vorgaben im Artenschutz kommen auf das Land zusätzliche Planungskosten in Höhe von 44 Millionen c zu. 44 Millionen c zusätzliche Planungskosten für den Artenschutz:Da ist noch nicht 1 m Straße gebaut.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Lärmschutz!)

Das EU-Recht treibt aber nicht nur die Planungskosten in die Höhe, sondern auch die realen Baukosten. Wir haben uns zehn Straßenbauprojekte in Hessen genauer angeschaut.Das eigentliche Bauvolumen betrug 580 Millionen c. Für Maßnahmen des Artenschutzes mussten nochmals 71,5 Millionen c aufgewendet werden.Meine Damen und Herren, das versteht draußen kein Mensch mehr.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Leif Blum (FDP))

Herr Dr. Spies versteht es auch nicht. Es ist auch ein schwer verständliches Thema.

(Dr. Thomas Spies (SPD): Ich verstehe das gut, im Unterschied zu Ihnen!)

Nicht genauer bezifferbar sind die zusätzlichen volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund der jahrelangen Verschiebung der Bauprojekte. Diese Verzögerung kostet Bürger und Unternehmen viel Geld und gefährdet die Entwicklung der Region.

Vielleicht noch ein Beispiel gefällig?

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

B 249, Ortsumfahrung Eschwege. Wegen der Umsetzung des EU-Rechts haben sich hier die Baukosten von 8 Millionen c auf 11 Millionen c erhöht.

Oder ein Beispiel vom Frankfurter Flughafen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Kassel-Calden!)

Hier mussten umfangreiche Untersuchungen den biologischen Bestand im Umfeld darlegen. Dabei wurden Fle

dermäuse erfasst, unter anderem die Bechsteinfledermaus, ein possierliches Tierchen. Meine Damen und Herren, insgesamt wurden zwölf wissenschaftliche Untersuchungen dazu in Auftrag gegeben.Allein diese Gutachten kosteten 3 Millionen c, ohne dass man wirklich etwas damit hätte anfangen können.

(Dr.Thomas Spies (SPD):Wer hat die Aufträge vergeben?)