weil sie einen Mechanismus biete, um potenzielle Konflikte zwischen ökonomischen und ökologischen Faktoren zu steuern. – So weit der Kommissionspräsident, meine Damen und Herren.
Auch für uns haben Planungsverfahren eine Ausgleichsfunktion zwischen den Schutzgütern und sich teilweise widersprechenden Interessen. Für uns ist es generell besser, im Prozess der Planung bereits viele Menschen einzubinden, als anschließend Klagen in Kauf zu nehmen.
Es ist besser, im Vorfeld vernünftige Kompromisse einzugehen, anstatt lange Gerichtsverfahren in Kauf zu nehmen, die die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen dann noch weiter verzögern.
Hier gibt es bestimmt noch einiges zu verbessern,über das wir miteinander reden können. Im Antrag fordern CDU und FDP, beim Ausgleich von Eingriffen in die Natur die bisher nachrangigen naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgaben anderen Kompensationsmaßnahmen gleichzustellen. Für uns bedeutet die Gleichstellung von Realkompensation und monetärem Ausgleich einen Abbau von Standards.
Meine Damen und Herren, dies haben Sozialdemokraten in der Großen Koalition in Berlin noch erfolgreich verhindern können. Jetzt hat sich die FDP im Koalitionsvertrag durchgesetzt.
Es ist überhaupt nicht sicher, ob das sogenannte Ersatzgeld überhaupt umsetzbar ist.Aus unserer Sicht gibt es da auch noch ganz viele Fragen zu beantworten. Wie wollen Sie einen Ausgleich für Bodenverlust schaffen, den Sie monetär beziffern wollen? Boden ist nicht beliebig vermehrbar. Da können Sie noch so viel Geld als Ausgleich zahlen.Was einmal weg ist, ist weg.
Wie kann sichergestellt werden, dass die monetären Ausgleichsabgaben dem Naturschutz zugutekommen? Nach welchen Kriterien wird festgelegt, wer Nutznießer dieser Ausgleichsabgabe ist?
Meine Damen und Herren, diese und andere Fragen werden uns in der geplanten Anhörung sicherlich beschäftigen, und darauf freuen wir uns. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Frankenberger. – Das Wort hat nun Frau Kollegin Hammann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem ich in der „Wirtschaftswoche“ vom 07.06. das Interview von Herrn Verkehrsminister Posch gelesen habe, war mir klar, dass uns das auch im Landtag beschäftigen wird.
Denn es war ganz klar, dass auch die FDP dies im Landtag diskutieren würde.Dass der Naturschutz noch niemals eine Herzensangelegenheit der FDP war und ist, ist uns schon lange bekannt, meine Damen und Herren.
Ich weiß noch ganz genau, wie Sie agiert haben, als das Hessische Naturschutzgesetz geändert wurde. Das ging immer nur zulasten von Natur und Umwelt.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der LINKEN – Zuruf von der FDP:Da lü- gen Sie jetzt!)
Neu für mich ist, dass ein Verkehrsminister solch einen haarsträubenden Unsinn in einem Interview von sich gibt. Seine Einstellung zum europäischen Naturschutzrecht ist katastrophal.Warum wurde denn das europäische Naturschutzrecht auf den Weg gebracht? Es beinhaltet die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, es beinhaltet die Vogelschutzrichtlinie, weil man erkannt hat, dass immer mehr Arten auf der Roten Liste stehen, dass immer mehr Lebensräume vernichtet werden und immer mehr Arten aussterben. Deshalb wurde auf EU-Ebene dieses Recht auf den Weg gebracht.
Zu der Aussage von Herrn Posch, dass der Naturschutz ein Hemmnis für Investitionen sei, muss man wirklich sa
gen: Naturschutz kostet Geld; deshalb muss man in den Vorplanungen den Naturschutz wirklich berücksichtigen und gegebenenfalls Alternativen finden.
Wieder einmal muss der arme Kammmolch herhalten, auch im Interview mit Herrn Posch. Die „Wirtschaftswoche“ schreibt:
Weil der Lurch just immer da siedelt, wo wichtige Verkehrsadern geplant sind, sieht der Liberale den Wirtschaftsstandort in Gefahr.
Posch ist es nun leid. Er plädiert dafür, die strengen Vorschriften zumindest für die Zeit der Etatskrise einfach auszusetzen. „Wenn im Bund ein Haushaltsstrukturgesetz in Leistungsgesetze eingreift, dann kann man auch diese Vorschriften suspendieren.“
Meine Damen und Herren, das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Recht und Gesetz sollen je nach Kassenlage suspendiert werden. Das ist abenteuerlich. Herr Posch, was Sie tun, ist gefährlich, denn Sie offenbaren ein sehr krudes Rechtsverständnis.
Bei der FDP gibt es aber erkennbar andere Prioritäten. Auf der Roten Liste der FDP stehen andere schützenswerte Arten, so z. B. die seltene Gattung der Hoteliers.
Trotz der eminent hohen Schulden, die wir auf Bundesund Landesebene haben, ist der FDP der Schutz der Hoteliers in den nächsten Jahren Milliarden Euro wert. Das ist eine Tatsache.
Herr Lenders,ich weiß ja,warum Sie sich ereifern.– Passen Sie auf, Herr Posch, dass die Wählerinnen und Wähler die FDP nicht ebenfalls auf eine Rote Liste setzen. Mit Umfrageergebnissen von 3 % ist Ihnen ein Platz in der Bedeutungslosigkeit schon fast sicher.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Lebhafte Zurufe von der FDP)
Herr Minister, Sie sprechen hier von der Aussetzung einer europäischen Gesetzesnorm bei schlechter Kassenlage.
Ich sage es noch einmal: Es handelt sich um eine der bedeutendsten rechtlichen Regelungen auf EU-Ebene, die für alle Mitgliedstaaten bindend ist. Auch Deutschland hat gesagt, dass die Richtlinien anerkannt werden. Es ist schon ein starkes Stück,dass CDU und FDP solch ein Anliegen auf der Grundlage eines Antrags – und auch noch als Setzpunkt – hier im Plenum behandeln wollen. Sie wollen sogar eine Anhörung dazu durchführen. Ich frage Sie:Was soll Ihnen die Anhörung denn bringen? Auf EUEbene gibt es gesetzlichen Regelungen,und wir in Hessen
Sie haben immer noch nicht begriffen, dass Naturschutz nicht umsonst zu haben ist. Frau Bundeskanzlerin Merkel musste dies bereits erkennen. Sie hat anlässlich der Festveranstaltung zum Auftakt des Internationalen Jahrs der Biodiversität am 11. Januar 2010 in Berlin gesagt:
Eigentlich war es so,dass das Jahr 2010 dafür stehen sollte, dass wir bis dahin eine deutliche Reduktion des Biodiversitätsverlustes erzielen. Dieses Ziel werden wir nicht erreichen. Ich glaube, wir dürfen den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern wir müssen es ganz klar so benennen, wie es ist. Deshalb muss dieses Jahr der Biodiversität, dieses Jahr der Artenvielfalt genutzt werden, um neuen Schwung zu holen und zur Kenntnis zu nehmen, dass die Verluste an Lebensräumen und Arten dramatisch sind und dass vor allen Dingen die Geschwindigkeit,in der dieser Prozess abläuft,beängstigend ist....
Wir müssen in den Schutz und die Erhaltung von Ökosystemen finanziell investieren, weil es Investitionen sind, die sich bezahlt machen.
Frau Merkel fordert Sensibilität ein. Diese Sensibilität haben Sie nicht, meine Damen und Herren von CDU und FDP.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Die haben Sie nicht! – Unruhe)
Ich bitte, die Kommentare von der Regierungsbank zu unterlassen. Wir sind hier im Plenum, und ich als Abgeordnete habe die Möglichkeit, die Sachlage darzustellen.
Gestern hat Frau Ministerin Lautenschläger erneut auf die Nachhaltigkeitskonferenz der Landesregierung hingewiesen. Dort werden zwei Projekte verfolgt: Reduktion des Flächenverbrauchs und Erhalt der Biodiversität. Die Äußerungen auf einer Nachhaltigkeitskonferenz dürfen doch keine leeren Worte sein, sondern Sie müssen doch auch entsprechend handeln. Das vermissen wir aber; was Sie tun, ist kontraproduktiv.Wir vermissen auch eine Biodiversitätsstrategie des Landes Hessen; sie ist schon seit Langem überfällig. Sie von der Landesregierung stehen immer noch für eine dichtere Straßeninfrastruktur. Insbesondere die flächenintensiven Bundesautobahnen führen zu einer Verinselung der Naturräume und Ökosysteme, wodurch die Biodiversität gefährdet wird, und dies im Jahr von „Countdown 2010“, dem Jahr der Biodiversität. Damit setzen CDU und FDP ein absolut falsches Zeichen. Es wird suggeriert, dass das Umsetzen von gewaltigen Straßenverkehrsprojekten – im Wesentlichen Autobahnen, zum Teil Bundesstraßen – strukturelle und finanzielle Probleme des Landes und der Regionen lösen könnte.
Der Naturschutz steht Ihnen dabei substanziell im Wege. Das haben wir dem Interview leider entnehmen müssen. Das ist die falsche Vorgehensweise. Der Arten- und Naturschutz muss bei allen Bauvorhaben zu seinem Recht kommen, sonst ist alles eine Farce. Es nutzt nichts, von der EU-Ebene bis zur Länderebene eine Naturschutzgebung auf den Weg bringen, wenn wir nicht entsprechend handeln.