Protocol of the Session on June 24, 2010

(Dr.Thomas Spies (SPD):Wer hat die Aufträge vergeben?)

Allerdings wusste man jetzt, dass im Schwanheimer Wald nur ein einzelnes Männchen dieser possierlichen Art wohnt, das ausgerechnet auch noch sexuell inaktiv war. Meine Damen und Herren, das mag irgendwie ganz lustig klingen.Aber das ist eben bitterer Ernst.Wir geben Millionen Euro für so etwas aus, völlig ohne Nutzen. Mit dem gleichen Geld, das die Fledermausgutachten gekostet haben, könnte man über zehn Jahre das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön bezahlen. Hier zeigt sich sehr deutlich: Das hat nichts mehr mit sinnvollem Artenschutz zu tun, sondern ist unsinnige bürokratische Geldverschwendung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, ich sage es ganz klar:Wir wollen den Natur- und Umweltschutz nicht infrage stellen, sondern wir bekennen uns ausdrücklich dazu. Wir wollen aber einen intelligenten Natur- und Umweltschutz, der Menschen und Natur nicht gegeneinander ausspielt und auch die Interessen der Menschen wirklich berücksichtigt.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns auch über die Standards im Planungsrecht unterhalten und fragen, ob sie noch sachgerecht sind und ihre Ziele erreichen.

(Zuruf des Abg. Dr.Thomas Spies (SPD))

Wir wollen das Ersatzgeld für Eingriffe in die Natur so einsetzen, dass es aus Artenschutzgründen am sinnvollsten ist.Wir müssen Kompensationsleistungen und Ersatzgelder unabhängiger von den konkreten Infrastrukturprojekten machen und es ermöglichen, dass diese Mittel für einen integrierten Natur- und Artenschutz eingesetzt werden können, und zwar da, wo es am effektivsten ist. Dadurch wird die Biodiversität wirklich nachhaltig gestärkt und landwirtschaftlich wertvoller Boden erhalten. Dazu brauchen wir deutlich mehr Flexibilität. Deshalb muss das europäische Naturschutzrecht auf den Prüfstand gestellt werden. Dazu gehört es, dass wir den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einführen, so wie das in allen anderen Rechtsgebieten der Fall ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Um all diese Fragen umfassend und sachgerecht diskutieren zu können, wollen wir eine gemeinsame Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr und des Ausschusses für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, um eine gemeinsame tragfähige Lösung zu schaffen, die den Menschen und der Natur am Ende wirklich hilft und nicht schadet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Nun kommt Herr Kollege Frankenberger für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Verkürzung von Planungszeiten,Abbau eines vermeintlich überzogenen Naturschutzes: Das sind immer wieder populäre Forderungen, wenn es darum geht, dass Infrastrukturprojekte schneller als bisher umgesetzt werden müssen.

Die langen Planungs- und Bauzeiten, gerade bei dem Weiterbau der A 44 und der A 49, haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei der Umsetzung von großen Infrastrukturprojekten in den Mittelpunkt gerückt. Diese werden dann oft als Beispiele für einen vermeintlich überzogenen Naturschutz und ausufernde Beteiligungsrechte genannt. Der Kammmolch, die Bechsteinfledermaus: Sie stehen für viele Menschen als Synonym für einen Naturschutz im Planungsrecht, der die Umsetzung von wichtigen Infrastrukturmaßnahmen behindert und in die Länge zieht.

Oft wird der Naturschutz dann von Bedeutung, wenn eben eine Infrastrukturmaßnahme vor der eigenen Haustür verhindert werden soll, die aber eben von denselben Menschen an anderer Stelle als selbstverständlich akzeptiert wird. Ich denke, da kann jeder von uns eine Vielzahl von Beispielen nennen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau! – Petra Fuhrmann (SPD): Stimmt!)

Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten sind aber davon überzeugt, dass wir es uns zu einfach machen, wenn wir denen nachlaufen, die sagen: „Weg mit dem überzogenen Naturschutz“, denn, Herr Kollege Lenders, genau das verbirgt sich dahinter, wenn Sie von Bürokratieabbau sprechen. Dann wird vermeintlich alles einfacher.

(Zuruf von der CDU: Das ist nicht wahr!)

Aber damit auch eines klar ist – das geht in die Richtung meiner Kollegen aus dem Werra-Meißner-Kreis und dem Landkreis Kassel –: Ich kann mir an dieser Stelle eine Bemerkung an die Adresse des BUND auch nicht verkneifen.

(Zuruf von der FDP: Na also!)

Die Gerichtsverfahren, die die Mitglieder des BUND bei der A 44 durchgesetzt haben und weitere Klageandrohungen von ihnen tragen sicherlich nicht dazu bei, bei den Menschen die Akzeptanz für den Naturschutz zu erhöhen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Im Gegenteil, das Verhalten des BUND trägt hier eher dazu bei, dass Forderungen zum Abbau von naturschutzrechtlichen Vorschriften immer wieder populär werden. Ich glaube aber, wir würden dem armen Kammmolch sicherlich unrecht tun, wenn wir ihn als Verursacher für Pleiten, Pech und Pannen bei der Planung und dem Weiterbau der Autobahn in Nordhessen brandmarken würden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, nicht der Kammmolch ist die Ursache für die fehlerhafte Planung beim Weiterbau der A 44, die von Gerichten wieder einkassiert worden ist, sondern eine Landesregierung, die diese fehlerhaften Planungen vorgelegt hat und sich dabei nicht an die Rechtslage gehalten hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Wenn ich mir den vorliegenden Antrag von CDU und FDP anschaue, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Antrag eben auch zu dem Zweck eingebracht worden ist, um von diesen Planungsfehlern abzulenken.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Jürgen Lenders (FDP):Also „abzulenken“?)

Wir haben da eine ganz klare Haltung.

(Zuruf von der CDU: Ja, ja!)

Von einer Landesregierung kann man erwarten, dass sie Planungen vorlegt,die sich an bestehendes Recht und Gesetze halten und dann auch vor Gericht Bestand haben.

(Jürgen Lenders (FDP): Man muss erst vernünftige Vorgaben geben!)

Herr Kollege Lenders, selbstverständlich wird sich die SPD-Fraktion einer Anhörung zu diesem auch aus unserer Sicht wichtigen Thema nicht verschließen. Wir stimmen mit dem Duktus Ihres Antrags aber nicht überein, weil in Ihrem Antrag schon erkennbar ist, welches Ergebnis Sie von dieser Anhörung erwarten. In der „Wirtschaftswoche“ vom 07.06.2010 haben wir schon einmal einen Vorgeschmack davon bekommen, was der zuständige Minister vom Naturschutz hält:

Wir wollen... den Natur- und Umweltschutz auf ein volkswirtschaftlich akzeptables Niveau bringen.

(Jürgen Lenders (FDP):Was ist daran falsch?)

Herr Minister Posch, wenn Sie von einem „volkswirtschaftlich akzeptablen Niveau“ sprechen, und das wird in dem Artikel auch deutlich, meinen Sie nichts anderes als den Abbau von Natur- und Umweltschutzrechten.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Lenders (FDP): Das ist doch Quatsch!)

Der Minister sagt es ganz deutlich. Für ihn behindern Umwelt- und Naturschutz den Wirtschaftsstandort Hessen.Er wird damit zitiert,er sehe wegen des Kammmolchs den Wirtschaftsstandort Hessen in Gefahr.Wenn das alles doch nur so einfach wäre.

Herr Minister Posch, eigentlich wissen Sie doch auch, dass Ihre Forderungen nach europäischem Recht überhaupt nicht so einfach umzusetzen sind. Sie erwecken mit dem Antrag den Eindruck, als könnte man sich mit Leichtigkeit so einfach über europäische Vorschriften hinwegsetzen. In dem Antrag von CDU und FDP finden wir die Aussage, dass wir gerade angesichts leerer öffentlicher Kassen der Frage nachgehen sollten, „wie die Schutzbedürfnisse von Mensch, Natur und Umwelt immer sachgerecht abgewogen werden können“.

(Zuruf von der FDP:Was ist daran falsch?)

Das heißt doch nichts anderes, als dass Sie einem Naturund Umweltschutz nach Kassenlage das Wort reden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Bei allem Verständnis über den Ärger bei langen Planungs- und Bauzeiten: Wir Sozialdemokraten machen beim Umwelt- und Naturschutz eine Politik nach Kassenlage nicht mit. Sie wecken mit Ihrem Antrag Hoffnungen,

von denen Sie wissen, dass diese überhaupt nicht so einfach umzusetzen sind.Ich sage es noch einmal:Sie können sich nicht einfach über europäisches Recht hinwegsetzen. Auch wir haben unsere Zweifel, ob die eine oder andere Vorschrift, die uns Europa beschert hat, wirklich sinnhaft ist.

(Jürgen Lenders (FDP): Na also, Sie kapitulieren vor der Bürokratie! – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Na, endlich! Geht doch!)

Aber ich nehme es denjenigen ab, die für die europäischen naturschutzrechtlichen Vorgaben verantwortlich sind, dass sie diese nicht erlassen haben, um uns zu ärgern, sondern ernsthaft an dem Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen interessiert waren.

Die FFH-Richtlinie wurde eben genau mit dem Ziel erlassen, Schutzmaßnahmen zu etablieren, die sicherstellen, dass ökonomische Maßnahmen einen Nutzengewinn an Naturschutzzielen haben und dass eine akzeptable Balance zwischen ökonomischen Interessen und Naturschutz erreicht wird.

(Jürgen Lenders (FDP): Aber das Ziel ist doch nicht mehr gegeben!)

EU-Kommissionspräsident Barroso, nicht gerade ein ausgewiesener Sozialist,hat im Jahre 2009 festgestellt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –, dass es kein Beispiel gebe, dass EU-Richtlinien signifikant ökonomische Entwicklungen eines Mitgliedstaats der EU verhindert hätten.

(Dr.Thomas Spies (SPD): Hört, hört!)

Nach den Erfahrungen der Kommission könne die systematische Anwendung der Schutzregeln gemäß der FloraFauna-Habitat-Richtlinie bei der Entwicklung von Plänen und Projekten helfen,

(Beifall bei de SPD)