Ja, das aus meinem Munde, Herr Ministerpräsident. – Ich frage mich: Wo waren Sie da eigentlich? Sie sitzen doch jeden Montag im Präsidium neben der Kanzlerin, Sie sind doch stellvertretender CDU-Vorsitzender. Was haben Sie da eigentlich diskutiert? Es ist doch peinlich, wenn man als Deutscher in Europa unterwegs ist und die anderen Europapolitiker einen fragen: Wann ist denn endlich eure komische Regionalwahl vorbei, damit wir
Herr Europaminister, wo war eigentlich der Europaminister Hahn, oder wo war der Riesenstaatsmann Koch, als die Pinkwarts und Brüderles angefangen haben, zu zündeln,und noch vor drei Wochen erklärt haben:„Wir geben überhaupt nichts“? Das war die Einladung an alle Spekulanten dieser Erde, sich gegen den Euro zusammenzutun.
Nicht andersherum wird ein Schuh daraus. Ich meine, Florian Rentsch hat gesagt, die GRÜNEN hätten immer ein Patentrezept, für alles.
Manchmal muss man es auch probieren, muss man sich herantasten. Aber wir wissen auf jeden Fall, was nicht geht. Ich zitiere jetzt einmal einen GRÜNEN, nämlich Joschka Fischer.
Die Finanzzusagen der Bundesregierung hat er ausdrücklich gelobt. „Das war die Entscheidung: Jawohl, wir sind die Feuerwehr.“ Aber er hat dann hinzugefügt: „Warum die Feuerwehr über Wochen dasteht und sich am Kopf kratzt, anstatt die Pumpe zu bedienen, das verstehe ich beim besten Willen nicht.... Ein Zimmerbrand wird zum Dachstuhlbrand, und am Ende steht das ganze Haus in Flammen.“ Genau das ist passiert, weil Sie sich nämlich von der „Bild“-Zeitung haben treiben lassen,
anstatt ein bisschen weniger Stammtisch und ein bisschen mehr Helmut Kohl zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP.
Kollege Rentsch, ich verstehe, dass die FDP das Gefühl hat, dass sie sozusagen in der falschen Sekunde der Geschichte an die Bundesregierung gekommen ist.
Wir haben 18 Jahre in der Opposition verbracht und kamen im Herbst 1998 an die Bundesregierung. Auf einmal waren wir in einer Situation, dass Deutschland ein paar Monate später eine Krieg führende Macht auf dem Balkan war. Das ist für eine Partei, die aus der Friedensbewegung kommt, etwas gewesen, das können Sie sich jetzt vielleicht vorstellen: Auf einmal passt alles das, was man wollte, nicht mehr mit dem zusammen, was die Wirklichkeit erzwingt.
Was ist denn jetzt mit der FDP? Die ist jetzt seit elf Jahren, wenn man den Zeitpunkt, als Guido Westerwelle Generalsekretär wurde, nimmt, 15 Jahre unterwegs und verengt sich auf einen einzigen Punkt, nämlich Steuersenkung. Das ist keine liberale Partei mehr im Sinne von Gesellschaftsliberalität, sondern sie ist nur noch auf einen einzigen Punkt verengt: Steuersenkung. Dann auf einmal kommt man an die Regierung, und um einen herum brechen alle Haushalte zusammen. Man macht Riesenpakete und pumpt unglaublich viel Geld hinein.
ja, liebe Janine Wissler; die Wirklichkeit steht euch übrigens auch noch bevor – unsere Situation an die Wirklichkeit, damals des Jahres 1999, angepasst haben.
Die lieben Kolleginnen und Kollegen,eher die lieben Kollegen von der FDP, denn Frau Henzler ist draußen, es sind nur noch Männer da,
haben auf ihrem ersten Parteitag, nachdem sie Teil der Bundesregierung waren, nicht wie wir diese heftige Debatte geführt – genau das ist der Unterschied –,
sondern sie haben sich noch vor drei Wochen hingestellt – ich habe diesen Pinkwart noch vor Augen – und so getan, als wäre überhaupt nichts um einen herum passiert, als könnte man weiter munter Steuern senken, obwohl man Schulden über Schulden macht. Das ist euer Problem.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. René Rock (FDP))
In dem Punkt gilt dann wieder, dass man eine GRÜNE zitieren kann, nämlich Renate Künast in der besagten Debatte im Deutschen Bundestag.
Sie hat gesagt, an die FDP gerichtet, aber auch an die marktradikalen Teile der CDU, die aber kleiner werden:
Luther hat gesagt: Wenn morgen die Welt unterginge,würde ich noch ein Apfelbäumchen pflanzen. – Ich habe langsam den Eindruck, dass für die FDP und Teile der CDU/CSU gilt: Wenn morgen die Welt unterginge, würden sie als Letztes die Koalitionsvereinbarung mit der Seite „Steuersenkungen“ hochhalten und sagen: Könnte ich doch noch eine Steuersenkung haben!
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zurufe der Abg. Leif Blum und Wolfgang Greilich (FDP))
Deswegen ist es einmal an der Zeit, dass Sie sich ehrlich machen und die Wirklichkeit wahrnehmen. Denn die Tatsache, dass Sie die ganzen letzten Monate versucht haben, die Wirklichkeit nicht wahrzunehmen, hat dazu geführt, dass diese Rettungspakete jetzt so teuer geworden sind.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Wolfgang Greilich (FDP), eine Münze hochhaltend: Darum geht es!)
Das ist doch genau das Thema:dass man in der Welt unterwegs ist, dass man in Japan gefragt wird, dass man in Singapur gefragt wird und dass diese Leute auf die Bundesregierung schauen und einen Außenminister Westerwelle und einen Wirtschaftsminister Brüderle sehen. Auch die Bevölkerung in Deutschland hat das Gefühl, dass sie von Leichtmatrosen regiert wird. Das ist doch die Einladung zu Spekulationen.