Protocol of the Session on April 29, 2010

Dann reden Sie doch einmal mit VW. VW ist einer der größten Arbeitgeber in Nordhessen.Was die brauchen, ist Unterstützung bei der E-Mobilität. Dieses Geld aber geht nach Südhessen, nicht nach Nordhessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Sie wollen den Bau dieses Flughafens durchziehen, koste es, was es wolle. Dafür stellt diese Landesregierung auch noch einen Blankoscheck aus, weil alle beteiligten Kommunen gesagt haben: Jetzt ist Schluss. Die 13,5 % sind für uns ein guter Deal, das Land zahlt ja.

Vergraben Sie das Geld doch wirklich, machen Sie Nordhessen wirklich zum Märchenland – dann kann jeder bei der Sababurg auf Schatzsuche gehen und schauen, ob er noch Geld vom Regionalflughafen Nordhessen findet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE))

Noch einmal ganz kurz zu Herrn Rentsch, zum Kasseler Haushalt, denn das scheint nicht angekommen zu sein.

Im Jahr 2006 haben wir uns innerparteilich in einem transparenten Verfahren damit auseinandergesetzt, ob wir in

Nordhessen in den nächsten 20 Jahren Symbolpolitik machen sollen oder nicht.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Dabei sind wir einvernehmlich zu dem Ergebnis gekommen: Wir wollen Verantwortung übernehmen und Sachpolitik machen anstatt Symbolpolitik. Wenn wir diesen Haushalt ablehnen würden, würde das nichts ändern – aber der Kämmerer könnte dann seine Maßnahmen so durchsetzen, wie er will, und der Flughafen käme trotzdem.

(Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Wenn es Ihnen also um die Region Nordhessen geht,dann halten Sie dort noch einmal inne. Reden Sie noch einmal mit den Unternehmen der Region. Reden Sie mit den Menschen vor Ort. Fragen Sie, was Nordhessen wirklich braucht. Das sind Investitionen in erneuerbare Energien und Tourismus – aber nicht in den Flugverkehr,sondern in den sanften Tourismus; dort steigen die Zahlen, wie Sie alle wissen.

Wenn Sie es mit Nordhessen und mit Hessen insgesamt wirklich ernst meinen, dann denken Sie bitte noch einmal darüber nach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Marjana Schott (DIE LINKE) – Zuruf des Abg.Wolfgang Greilich (FDP))

Schönen Dank, Frau Müller. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Schäfer-Gümbel gemeldet.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nach einer ganzen Reihe von Wortmeldungen habe ich mich motiviert gefühlt, in dieser Debatte noch ein paar Bemerkungen aus meiner Sicht zu machen.

Das Erste ist: Der Grad an Beliebigkeit der Argumente, die in diese Debatte eingeführt werden, ist schon sehr erstaunlich. Das gilt erstens für die GRÜNEN. Jetzt wird BARIG zum zentralen Argumentationsmoment, warum man den Fluglandeplatz in Kassel-Calden nicht will. Dieselben Positionen, die BARIG beispielsweise zum Frankfurter Flughafen formuliert, werden völlig ignoriert.

(Beifall bei der SPD – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Ach!)

Das ist ein Beispiel.

Das zweite Beispiel betrifft die FDP. In diesem Kontext redet sie gerne über volkswirtschaftliche Zusammenhänge,über die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und die strukturpolitische Bedeutung – während in vielen anderen Fragen ausschließlich betriebswirtschaftliche Sichtweisen zur Geltung kommen.

(Beifall bei der SPD – Jürgen Lenders (FDP): Wo zum Beispiel?)

Deswegen sage ich: Die Debatte ist hier in weiten Teilen beliebig. – Das war meine erste Bemerkung.

Zweite Bemerkung. Frau Müller, wenn Sie in einer solchen Debatte schon versuchen, mich in Ihren Konflikt mit der FDP hineinzurühren, dann machen Sie das richtig. Meine Bemerkung in der Pressekonferenz in Ihre Rich

tung war: Ich halte es nicht für sehr glaubwürdig, wenn Sie 14 Tage vor Ihrer Pressekonferenz aus, ich sage jetzt einmal, machtpolitisch vernünftig erklärbaren Gründen dem Haushalt zugestimmt haben, nachdem Sie zuvor symbolisch dagegen gestimmt haben, im Übrigen aber zu Recht der FDP vorhalten,dass sie,nachdem sie den Haushalt abgelehnt hat, jetzt vielleicht als Flughafengegner angesehen werden könnte. 14 Tage später profilieren Sie sich im Hessischen Landtag vor der Landespressekonferenz als diejenigen, die erklären, wie schlimm das alles ist.

Wenn Sie das nämlich so sehen und es auf jeden Fall aufhalten wollten, dann hätten Sie in der Stadtverordnetenversammlung Kassel die Möglichkeit dazu gehabt. Deswegen halte ich es nicht für sehr glaubwürdig, sich hier im Landtag hinzustellen und zu erklären, Sie wollen das nicht, in Kassel aber dabei zu sein.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

So einfach lassen wir Sie da nicht raus.

Meine dritte Bemerkung zur Beliebigkeit und zum Niveau dieser Debatte. Das ist der Punkt, weswegen ich mich mit der Zwischenfrage zum Thema „Ahle Worscht“ gemeldet habe. Ich habe nichts gegen „Ahle Worscht“ – sonst würde ich mit meinem Schwiegervater ziemlichen Ärger bekommen. Es geht aber nicht, dass Sie versuchen – wenn wir über eine Infrastrukturentscheidung reden, über die man auch kritisch diskutieren kann –, diese Infrastrukturentscheidung vor dem Hintergrund des Solarclusters Nordhessen und des Logistikclusters Nordhessen mit dem Hinweis lächerlich zu machen, es gehe um den Vertriebsweg von „Ahler Worscht“. Das finde ich bei diesem Thema unangemessen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Dr.Walter Arnold (CDU))

Jetzt komme ich zu den schwierigen Fragen, den auch objektiv schwierigen Fragen bei dem Thema Kassel-Calden.

Diese Kostensteigerungen sind für niemanden einfach zu schultern. Wir haben eine sehr offene, sehr kritische Debatte in der Fraktion,in der Partei darüber gehabt,wie wir mit diesen Kostensteigerungen um 75 Millionen c umgehen. Da braucht sich doch niemand etwas vorzumachen, das ist doch in allen Fraktionen so. Natürlich stehen wir vor dem Hintergrund dieser Kostensteigerung vor der Frage:Was machen wir mit diesem Thema?

In der Endabwägung sind wir aber zu dem Ergebnis gekommen:Wir können diesen Fluglandeplatz nicht auf die Startbahn und ein paar Geschäftsflieger reduzieren, sondern wir müssen fragen: Was können wir im Bereich Forschung und Entwicklung machen, bei der Mobilitätsforschung,

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

was können wir dort technologisch entwickeln? Können wir das Projekt vielleicht zu einem Aufhänger machen,um das zu einem stärkeren Erfolg, zu einer anderen Bedeutung zu führen? Die Lage ist eine gute Möglichkeit dazu.

Damals – 2008 –wurde das ziemlich denunziert. Die Debatte am heutigen Tag verstehe ich etwas anders. Ganz offensichtlich gibt es eine zunehmende Bereitschaft dafür, zu sagen, das, was an anderer Stelle entwickelt wurde, war vielleicht nicht so dumm. Vielleicht kann das eine tragfähige Lösung sein, um dieses Projekt aus einem reinen Flughafenprojekt herauszuführen, es zu erweitern und es

damit auch wirklich zu einer Erfolgsgeschichte zu machen. Denn das ist wichtig.

Deswegen haben wir unseren Antrag eingebracht. Wir sind fest davon überzeugt, dass es solche infrastrukturpolitischen Anker, solche Projekte geben muss.

Im Übrigen war BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor 25 Jahren ganz vehement und entschieden gegen den ICEHaltebahnhof in Kassel.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube,heute sind wir gemeinsam der Auffassung,dass das eine gute Idee war.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Deswegen mahne ich alle, in dieser Debatte gegenseitig weniger Glaubensbekenntnisse auszutauschen, sondern in dieser Sache,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht die GRÜNEN! – Gegenruf des Abg. Karlheinz Weimar (CDU):Aber ja, ich habe alle Artikel davon!)

mein lieber Kollege Tarek Al-Wazir, ernsthaft über die Chancen und Risiken zu reden, bewusst mit den Problemen umzugehen und dieses Projekt zu einem guten Ergebnis zu führen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Für die FDP-Fraktion Herr Rentsch.

Herr Präsident! Herr Kollege Al-Wazir, das war gerade wieder ein Musterbeispiel dafür, wie Sie versuchen, in einer bestimmten Form Geschichtsklitterung zu betreiben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich habe doch gar nichts gesagt!)

Das ärgert mich, das ärgert mich richtig. In den letzten Jahren und Jahrzehnten waren Sie für verschiedene Entscheidungen verantwortlich. Das Beispiel ICE-Halt in Kassel kenne ich deshalb so gut,weil ich in Kassel groß geworden bin und dort Abitur gemacht habe. Damals waren die GRÜNEN der Running Gag, nach dem Motto: Die wollen noch nicht einmal einen Zug durch Kassel fahren lassen. – Heute können Sie noch nicht einmal zu dieser Entscheidung stehen, die Sie damals vertreten haben. Herr Kollege Al-Wazir, stehen Sie doch wenigstens zu dem, was Sie damals vertreten haben.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich habe mich aus zwei Gründen zu der Frage betriebswirtschaftlich/volkswirtschaftlich gemeldet.