Noch einmal: Die Verbraucherberatungsstellen sind sehr wichtig, um die Verbraucher aus der Verschuldung und der Arbeitslosigkeit zu führen. Das lohnt sich doch für uns. Wenn Sie schon den sozialen Aspekt darin nicht sehen wollen, dann denken Sie doch wenigstens an die Investitionen.
Herr Banzer, ich kritisiere auch Sie. Sie haben zwar den Mehraufwand deutlich gemacht und betont, dass es gerade die Schuldnerberatungsstellen treffen wird, aber Sie haben auch gesagt, dass der Haushalt dafür keine Mittel bereitstellen werde. Sie haben zwar gesagt, dass das Parlament im Rahmen der Haushaltsberatungen darüber diskutieren könne, aber ich meine, dass auch Sie als Sozialminister angesichts eines solchen objektiv feststellbaren Mehraufwands in der Pflicht sind.
Ganz wichtig finde ich es, Folgendes noch einmal zu betonen: Es gibt einen großen Zusammenhang zwischen Überschuldung, Arbeitslosigkeit und Schwarzarbeit. Die Schuldnerberatungsstellen können es bewerkstelligen, geordnete Insolvenzverfahren auf die Beine zu bringen, damit die Menschen wirtschaftlich und sozial wieder auf die Füße kommen. Es gibt eine Studie der Berliner Re
gierung – diese finde ich ganz spannend, und da sieht man es schwarz auf weiß –, die belegt, dass 1 c für die Schuldnerberatungsstellen mittelfristig 2 c an Ersparnis für den Staat, für die Gesellschaft bringt. Insofern ist es eine Investition für uns, für unser Land, und daher kann ich auch nicht verstehen, warum Sie sich querstellen.
Wir werden den Antrag der SPD auf jeden Fall unterstützen, und ich hoffe, dass wir auch noch im Ausschuss darüber beraten werden. Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich diese Studie der Berliner Regierung – wir können sie Ihnen auch zur Verfügung stellen – zu Gemüte führen.Vielleicht lassen Sie sich noch davon überzeugen, dass unser Anliegen durchaus sinnvoll ist. Ich würde mich freuen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dorn. – Für die Landesregierung hat nun der zuständige Minister Banzer das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt Anträge, die man als typische Oppositionsanträge bezeichnen kann. Das sind Anträge, die etwas Positives und Wünschenswertes enthalten, was eigentlich unterstützungswürdig ist und wogegen eigentlich kein Mensch sein kann.
Dieser Antrag würde aber zu Kosten von 4 Millionen c führen. Ich wäre ja bereit, mit Ihnen in eine ernsthafte Diskussion darüber einzutreten,wenn nicht Ihr haushaltspolitischer Sprecher regelmäßig bei jeder Haushaltsdebatte damit anfangen würde, das Defizit des Landes, die völlig zukunftsunorientierte Finanzpolitik und all das zu beklagen.
(Ernst-Ewald Roth (SPD): Herr Minister, der Finanzminister ist heute nicht da! Wir könnten es heute machen!)
Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt.
Es wird vorgeschlagen, den Antrag zur weiteren Beratung an den Umweltausschuss zu überweisen. – Da ich keinen Widerspruch sehe, verfahren wir so.
Bevor ich jetzt zu Tagesordnungspunkt 11 komme, möchte ich auf einen Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Chancengleichheit und gesellschaftliche Beteiligung von Kindern sichern,Drucks.18/2286, hinweisen;dieser ist verteilt und liegt auf Ihren Plätzen.
Wird hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 71 und kann, wenn dem hier nicht widersprochen wird, mit Tagesordnungspunkt 13 aufgerufen werden. – Hier wird nicht widersprochen. Dann verfahren wir so.
Ein bisschen widersprochen? Das sieht die Geschäftsordnung nicht vor. Entweder wird ganz oder gar nicht widersprochen. – Also wird gar nicht widersprochen.
Antrag der Abg. Dr. Spies, Decker, Merz, Müller (Schwalmstadt) , Roth (SPD) und Fraktion betreffend Missbrauch der Leiharbeit verhindern – Drucks. 18/2091 –
Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Leiharbeit und Lohndumping bekämpfen – Spaltung der Belegschaft beenden – Drucks. 18/2153 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Arbeitnehmerüberlassung ist ein wichtiger Stützpfeiler der deutschen Wirtschaft und dient als Brücke in den Arbeitsmarkt – Drucks. 18/2274 –
Die vereinbarte Redezeit zu diesen Tagesordnungspunkten beträgt fünf Minuten. Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Decker für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der deutsche Arbeitsmarkt und der europäische Arbeitsmarkt sind härter und in vielen Bereichen auch unfairer geworden. Der globale Wettbewerb und die Wirtschafts- und Finanzkrise bringen die Arbeitsmärkte enorm unter Druck: Wir verzeichnen eine steigende Arbeitslosigkeit und eine zunehmende Ausbreitung von Armutslöhnen. 20 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten im Niedriglohnsektor. Über 5 Millionen arbeiten für weniger als 8 c, und mindestens 1,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten für weniger als 5 c. Mindestens 1,3 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhalten neben dem Lohn staatliche Hilfen.
Meine Damen und Herren,ich komme zu dem Kernpunkt der heutigen Debatte. Die Leih- und Zeitarbeit, die ursprünglich dazu dienen sollte, Überstunden abzubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und Unternehmen eine unkomplizierte Möglichkeit geben sollte, Arbeitsspitzen zu bewältigen und vorübergehenden Personalersatz zu finden, gefährdet inzwischen immer mehr normale tarifgebundene Arbeitsplätze und fördert gleichzeitig ungewollte Lohndrückerei.
Das sind für uns zwei zwingende Gründe, aus denen wir auf dem deutschen Arbeitsmarkt wieder Ordnung schaffen müssen. Dazu gehört nicht nur die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes, sondern auch die Verhinderung der Missbräuche bei Leiharbeit. Noch sind die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Gott sei Dank, in unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Aber immer
mehr Beschäftigte haben mit unsicheren Arbeitsplätzen zu kämpfen. Das hat vor allem auch mit Leiharbeit und mit befristeter Beschäftigung zu tun.
Arbeitsplatzsicherheit hat für die Arbeitnehmerschaft elementare Bedeutung und ist für eine halbwegs verlässliche Lebensplanung unerlässlich. Das muss ich hier nicht begründen. Das weiß jeder selbst. Deshalb ist es notwendig, das klassische unbefristete Arbeitsverhältnis zu stärken. Meine Damen und Herren, wir wollen wieder Normalität in der Arbeitswelt.
Die Leiharbeit ist also heute weniger ein Instrument der Flexibilität als der Lohndrückerei. Deshalb halten wir es für vernünftig, die Arbeitnehmerüberlassung wieder auf ihre eigentliche Funktion als Instrument für mehr Flexibilität bei Auftragsspitzen zu beschränken.
Meine Damen und Herren, für die SPD gilt ein weiterer, sehr einfacher Grundsatz. Er lautet: Nach kurzer Einarbeitungszeit muss gleiches Geld für gleiche Arbeit gezahlt werden.
Um den schlimmsten Lohnmissbräuchen zu begegnen, halten wir eine Lohnuntergrenze für unabdingbar. Es wäre richtig, die Leiharbeit in das Arbeitnehmerentsendegesetz aufzunehmen.
Noch etwas muss dringend begrenzt werden: die zunehmend verbreitete konzerninterne Verleihung durch eigene Leiharbeitsgesellschaften der Unternehmen.
An der Stelle sagen wir ganz klar:Der gezielten Ersetzung von Stammbelegschaften durch Leiharbeiter muss ein Riegel vorgeschoben werden.
Meine Damen und Herren, dies alles bedingt unter anderem auch mehr Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in den Entleihbetrieben, damit der ordnungsgemäße Einsatz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besser kontrolliert werden kann, auch und vor allem im Hinblick auf den Umfang und die Dauer der Leiharbeit.Vor allem muss aber wieder der Grundsatz gelten, dass Leiharbeitnehmer zwar bei wechselnden Unternehmen eingesetzt werden, aber bei den Leiharbeitsfirmen unbefristet beschäftigt werden. Deshalb sollen die Befristung eines Leiharbeitsverhältnisses und die Kopplung der Befristung an einen Arbeitsplatz – ich meine damit die Synchronisation – außerhalb der Probezeit künftig unzulässig sein.
Der Gesetzgeber muss die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen wieder abschaffen; denn sie führt offensichtlich zunehmend dazu, dass nur befristete Verträge angeboten werden, nicht weil es unternehmerisches Handeln gebietet, sondern weil schlicht die rechtliche Gelegenheit dazu besteht.
Die Bundesregierung muss endlich handeln. Das erwartet nicht nur die SPD. Das erwarten auch Millionen betroffener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. Von der Landesregierung erwarten wir, dass sie
ebenfalls handelt. Deshalb fordern wir eine Bundesratsinitiative des Landes Hessen zur Beseitigung der Missbräuche bei Leiharbeit.