Protocol of the Session on April 28, 2010

Diese 16 Milliarden c bedeuten bundesweit eine Belastung der öffentlichen Haushalte auf der Länderseite von 6,8 Milliarden c, etwa 600 Millionen c zusätzlich für den Landeshaushalt in Hessen, bei den kommunalen Haushalten noch einmal 2,4 Milliarden c, die in Hessen zusätzlich etwa 200 Millionen c direkte Belastung für die kommunalen Haushalte ausmachen.

Sie haben gerade beschlossen und entschieden, dass den Kommunen über den KFA 400 Millionen c schon einmal entzogen werden.Dazu kommen die 200 Millionen c plus die etwa 100 Millionen c, die Sie indirekt über die Landeshaushalte und die entsprechenden Zuweisungen über den KFA erneut ausgeben. Das nenne ich unverantwortlich in der Finanzsituation, in der wir im Moment sind.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Damit wir hier nicht nur über abstrakte Zahlen reden: 6,8 Milliarden c weniger für die Länder bedeuten in Umrechnung 112.000 Lehrerinnen und Lehrer weniger. Das ist die Umrechnung – 112.000 Lehrerinnen und Lehrer, damit die Bildung gestärkt werden könnte, könnten Sie mit diesen Mitteln finanzieren, die Sie mit Ihrem Vorschlag den öffentlichen Haushalten entziehen wollen. Den Kommunen fehlt durch die 2,4 Milliarden c die Finanzierung für – das Thema wird uns am morgigen Tag beschäftigen – 240.000 Kindergartenplätze.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Das, was Sie vorgelegt haben, ist angesichts der Finanzlage unverantwortlich. Wir erwarten vom Finanzminister, dass er hier und heute erklärt,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wie er, wenn die Union alles begrüßt, das eigentlich im Haushalt umsetzen will.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Milde, ich bin auch auf Ihre Antworten in dieser Frage sehr gespannt, wie Sie die 300 Millionen c angesichts von Schuldenbremse, Einsparungen und strukturellem Haushaltsdefizit in Höhe von 2 Milliarden c noch unterbringen wollen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Vielleicht sind Sie, anders als gestern Frau Lautenschläger, in der Lage, eine Antwort in einer Parlamentsdebatte dazu zu geben.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zu der fast religiös vorgetragenen Erklärung, dass sich das alles mit der unsichtbaren Hand wie von selbst finanziert.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Da hilft es, sich genauer anzuschauen, was der ökonomische Sachverstand zu Ihren Plänen gesagt hat, auch mit aktuellen Studien und im internationalen Vergleich.

(Clemens Reif (CDU): Ökonomischer Sachverstand!)

Ich sage Ihnen: Nach den Stellungnahmen aller Sachverständigen sind Sie mit Pauken und Trompeten mit dem durchgefallen, was Sie vorgeschlagen haben.

(Beifall bei der SPD)

Alle Ökonomen sagen: Es ist Unfug. Es ist unverantwortlich. Sie sind ein Zukunftsrisiko.

(Lachen bei der FDP)

Die Studien sagen zweitens, dass der Refinanzierungsanteil und die Möglichkeiten der Refinanzierung dieser Steuervorschläge bestenfalls bei 25 % liegen, Herr Rentsch.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Das heißt, den Ausfall von 75 %, selbst wenn Sie sich schönrechnen wollen, werden Sie irgendwie ausgleichen müssen.Was wir Ihnen nicht mehr durchgehen lassen, ist, dass Sie hier ständig erklären, dass das alles wie von selbst passiert, und die Zahlen, die Fakten und die Experten etwas völlig anderes sagen, was Sie alles ignorieren.

Die Realität sollte bei Ihnen endlich ankommen. Es hilft nichts, Showparteitage zu inszenieren, um über Wahltermine in den nächsten Wochen hinwegzukommen. Sie müssen die Realität zur Kenntnis nehmen. Wir erwarten von Ihnen Antworten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Motto des FDP-Parteitages am vergangenen Wochenende war: „Wir haben verstanden“. Das erklärt die FDP seit dem 27. September regelmäßig immer wieder. Die Antwort, die der Parteitag gegeben hat:„Ja,wir haben verstanden,und deswegen mit Vollgas in die Krise“. Anders lassen sich Ihre steuerpolitischen Vorschläge nicht vermitteln.

(Zuruf von der FDP: Das ist Quatsch!)

Sie sind die Partei der Klientelbefriedigung. Leistung heißt bei Ihnen nichts anderes als Herkunft. Sie sind die Partei des Staatsbankrotts.Vernunft ist mit Ihnen auf dem Parteitag nicht gelaufen. Herr Rentsch,Vernunft ist mehr, als sich auf Parteitagen zu inszenieren.

Wir geben allerdings die Hoffnung nicht auf,dass Sie nach dem 9. Mai 2010 endlich anfangen, sich nicht nur selbst zu inszenieren, sondern auch zu lernen und die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.Ihre Steuerpläne sind ungerecht, ökonomischer Unfug, sozial unverträglich und angesichts der Finanzlage der Haushalte einfach illusionär. Kommen

Sie zurück in die Realität, und machen Sie endlich vernünftige Politik. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Schäfer-Gümbel. – Jetzt hat Herr Milde Gelegenheit, für die CDU-Fraktion zu reden.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoffentlich hat sich jetzt die SPD nicht für den heutigen Tag verausgabt; es stehen noch ein paar Themen an. Kollege Schäfer-Gümbel, ich habe festgestellt, dieses Thema Wirtschafts- und Finanzpolitik ist einfach nicht Ihr Ding.

(Beifall bei der CDU)

Es war der Versuch,hier kurz vor der NRW-Wahl noch ein paar Punkte zu sammeln. Ich muss sagen: Es ist billig, das Thema hier in den Landtag mit dem Versuch einzubringen, zwischen FDP und CDU einen Keil zu treiben.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Dazu sage ich Ihnen voraus, dieser Versuch wird natürlich scheitern. Das wird nicht gelingen. Wir werden heute, auch wenn so charmant danach gefragt wurde, dem Versuch nicht unterliegen, ein Programm einer anderen Partei zu kommentieren. – Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu.

Denn wir haben in Berlin einen guten Koalitionsvertrag. Wir werden die Vorschläge, die von der FDP und von der CDU eingehen, in Berlin sehr gelassen miteinander diskutieren.

(Florian Rentsch (FDP): Und von der CSU!)

Auch die,die von der CSU eingehen.– Dabei werden wir zu einem sehr vernünftigen Ergebnis kommen. Wenn das Ergebnis, das zuvor auch in Wiesbaden diskutiert wurde, auf dem Tisch liegt,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Habt ihr noch eine Arbeitsgruppe, oder was?)

dann sind wir natürlich auch bereit, Herr Schäfer-Gümbel, dieses Ergebnis im Hessischen Landtag gemeinsam mit Ihnen zu diskutieren.

Es kann aber doch gar kein Zweifel daran bestehen, dass es in Deutschland eine Notwendigkeit für eine Steuerreform gibt. Deutschland hat mit Abstand das komplizierteste Steuersystem der ganzen Welt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wenn die Frau Fuhrmann gerade dazwischenruft, dann muss ich sagen: Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat gesagt, was die FDP hier vorhat, sei unsozial. Dazu muss ich Ihnen sagen: Unsozial ist das heutige Steuersystem, denn es ist für niemanden durchschaubar und damit ungerecht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie können sagen, was Sie wollen: Der kleine Mann, den Sie immer zitieren,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wir zitieren auch die kleine Frau!)

hat es doch sicherlich schwerer, durch dieses Steuersystem durchzublicken, als der Unternehmer oder der Reiche, der sich einen Steuerberater leisten und dann möglicherweise aus dem Steuersystem mehr herausholen kann, als es der einfache Mensch tun kann. Das ist aber doch nicht gerecht. Ein solches Steuersystem muss geändert werden.

So viel kann man auch zu dem Steuerkonzept der FDP heute sagen: In diesem Konzept sind sehr viele sehr interessante Ansätze enthalten, die genau dieses Thema einer Vereinfachung des Steuerrechts in Deutschland aufgreifen und damit zu einem gerechteren Steuersystem führen werden.