Aber ich weiß, dass Sie es besser wissen. – Frau Faeser, Sie haben eben in einem Zwischenruf sinngemäß gesagt, das hätte man dann damals auch so sagen müssen. Meine Damen und Herren, Herr Boddenberg und ich waren bei dem ehemaligen parlamentarischen Geschäftsführer, der dort sitzt. In den Begleitbeschlüssen zum Landesentwicklungsplan gibt es Formulierungen, die wir gemeinsam gefunden haben – Sozialdemokraten, Christdemokraten und Freie Demokraten –, indem wir gesagt haben, die
Kompetenz der Planfeststellungsbehörde wird durch die Beschlüsse des Hessischen Landtags nicht tangiert. – Die Sozialdemokraten haben damals eindeutig gesagt: Es gibt etwas, was wir politisch wollen, das Nachtflugverbot.
Aber Sie haben auch respektiert, dass die Planfeststellungsbehörde aus eigenem Recht eine Entscheidung zu treffen hat. Davon wollen Sie heute nichts mehr wissen.
Herr Kollege Frankenberger, ich habe gesagt: „Wir machen unsere Hausaufgaben.“ Ich habe eben auch gesagt: „Wir machen diese Hausaufgaben im Interesse des wirtschaftlichen Wohlstands dieses Landes.“ Dabei geht es nicht nur um eine Region,dabei geht es auch nicht nur um Hessen, sondern es geht um ganz Deutschland. Denn dieser Flughafen hat Bedeutung für die wirtschaftliche Prosperität Deutschlands in der Mitte Europas.
Wir haben zugegebenermaßen die Quadratur des Kreises zu bewerkstelligen, nämlich auf der anderen Seite den Lärmschutz sicherzustellen. Ja. Deswegen will ich noch einmal wiederholen, was ich hier am 22. Dezember gesagt habe. Es geht in der Tat um Rechtssicherheit, und es geht um zwei Fragen, die in dieser Revision zu entscheiden sind.
Erstens geht es um die Frage: Gibt es eine Bindungswirkung der Begründung des Landesentwicklungsplans? – Am 22. Dezember habe ich Ihnen dargestellt, dass diese Frage ganz unabhängig von dem Ausbau des Frankfurter Flughafens für eine Vielzahl von Investitionen und Infrastrukturmaßnahmen in diesem Land von Bedeutung ist. Diese Frage wollen wir geklärt wissen.
Ich sage Ihnen sehr deutlich: Ich bin dort anderer Auffassung als der Hessische Verwaltungsgerichtshof. Diese Frage muss geklärt werden.
Deswegen noch eines. Herr Kollege Frankenberger, der VGH hat die Revision zwar zugelassen. Der VGH hat aber auch genau auf das Verhältnis von Fachplanungsrecht zum Landesplanungsrecht hingewiesen und gesagt: Es besteht die Möglichkeit, diese Frage vor dem Bundesverwaltungsgericht entscheiden zu lassen.
Der zweite Punkt ist in der Tat folgender – Herr Kollege Dr. Arnold hat das eben noch einmal sehr detailliert dargestellt –: Natürlich hat der VGH in einer Entscheidung gesagt, es bestehe ein Bedarf für Nachtflüge. Allerdings müsse der zahlenmäßig bilanziert werden.
Es geht darum, zu diesen beiden Rechtsfragen eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu haben. Meine Damen und Herren, die Ausgangssituation bei der Entscheidung zu Berlin-Schönefeld und Leipzig ist eine andere als zum Frankfurter Flughafen. Deswegen haben wir am 22. Dezember schon einmal dargestellt: Wenn ich auf der Grundlage einer Entscheidung, die „nahezu null“ heißt, einen Änderungsbeschluss gemacht hätte, hätte das dazu geführt, dass dieser wieder beklagt wird, und zwar durch die Instanzen. Die Entscheidung, eine Revision herbeizuführen, führt zur Beschleunigung im Interesse derer, die von dem Lärm betroffen sind, weil wir dann wissen, auf welcher Grundlage wir zu entscheiden haben.
Deswegen erfülle ich diese Aufgabe sehr gerne, obwohl das schwierig ist. Denn ich weiß, dass wir eine Paralleldiskussion zwischen politischem Wollen einerseits und rechtlichen Möglichkeiten andererseits haben. Sie wissen, dass ich auf diese Diskussion immer wieder hingewiesen habe. Das ist schwer zu vermitteln.Aber ich sage, als hessischer Wirtschaftsminister fühle ich mich verpflichtet, diese grundlegenden Fragen zu klären, um eine Entscheidungsgrundlage dafür zu haben, was möglicherweise geändert werden muss, und um eine Entscheidungsgrundlage für das gesamte deutsche Planungsrecht in Zukunft zu haben. Diese Bundesrepublik Deutschland lebt davon, dass Infrastrukturentscheidungen nicht nur überhaupt realisiert werden, sondern dass sie auch schnell realisiert werden. Deswegen ist diese Entscheidung für den Wirtschaftsstandort Deutschland unglaublich wichtig, unabhängig von der Frage, dass es um einen Flughafen geht.
Deswegen werden wir die Klärung dieser Frage herbeiführen. Da hilft Ihnen auch der Hinweis auf § 29b nichts. Auch das erkläre ich noch einmal. Sie haben hier den Gesetzeswortlaut sinngemäß dargestellt. In der Rechtsprechung wird mittlerweile versucht, diese Generalklausel zu spezifizieren. Daher wissen wir, in welche Richtung das Bundesverwaltungsgericht tendiert. Wenn jetzt gesagt wird: „Wir wollen das spezifizieren und konkretisieren“, dann geht es eben gerade nicht darum, eine Priorität zugunsten des einen oder des anderen Belangs zu formulieren. Denn dort heißt es: „eine Abwägung dieser unterschiedlichen Rechtsgüter in den Abwägungsprozess einzubeziehen“. Meine Damen und Herren, das ist richtig; denn das Luftverkehrsgesetz ist seinerseits davon ausgegangen, dass diese allgemeine Formulierung ausreichend ist. Das glauben wir nicht.
Ich fasse noch einmal zusammen. Herr Kollege Kaufmann, ich schätze Ihre Beiträge wirklich. Wir haben viele Diskussionen geführt.Aber wenn Sie sich auf das Niveau begeben, zu sagen, hier beginge einer vorsätzlichen Betrug, und er solle endlich einmal die Wahrheit sagen, dann ist das Ihrem bisherigen Niveau nicht angemessen. Damit verlassen Sie die Dialogbereitschaft, die es zwischen demokratischen Parteien eigentlich geben sollte.
Schönen Dank, Herr Minister Posch. – Es hat sich jetzt für die SPD-Fraktion Herr Abg. Kahl gemeldet. Herr Kahl, Sie haben das Wort. Fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister,in den ersten beiden Punkten stimmen wir sicherlich voll überein:Es gab einen politischen Willen dieses Parlaments,der heißt Ausbau und Nachtflugverbot. Das haben wir in vielen Beschlüssen dieses Parlaments zum Ausdruck gebracht.Der zweite Punkt ist,dass alle anerkannt haben, dass es eine Eigenständigkeit der Planfeststellungsbehörde gibt. Das haben wir in diesem Begleitbeschluss auch gemeinsam festgelegt.
Jetzt hat die Planfeststellungsbehörde einen Beschluss erlassen,in dem sie von der Notwendigkeit von Nachtflügen ausgeht. In diesem Zusammenhang kann ich sagen: Ich bedauere diesen Beschluss, aber das ist die Eigenständigkeit im Abwägungsprozess der jeweiligen Behörde. Das muss ich akzeptieren.
Anschließend hat das Gericht eindeutige Aussagen gemacht, und zwar ist es eine Aussage, die Sie auch immer unter den Tisch wischen. Das Gericht hat auch zum Ausdruck gebracht, dass der politische Willensbildungsprozess dieses Parlaments einen erheblichen Einfluss auf das hat, was die Planfeststellungsbehörde dann entscheiden muss.
Das ist der erste Punkt.Wenn wir diesen Beschluss schon gekannt hätten, hätten wir im Begleitbeschluss zum Landesentwicklungsplan vielleicht andere Formulierungen finden können. Das ist der erste Punkt, den das Gericht entschieden hat.
Der zweite Punkt ist, dass der Abwägungsprozess zwischen der Frage des Ausbaus des Flughafens und des Lärms für die Anwohner für das Gericht eben eine falsche Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde ist. Das heißt mit anderen Worten:Was hat das Gericht denn dann entschieden? – Das Gericht hat entschieden, dass erstens klar ist, dass die Einflussnahme des Parlaments viel höher anzusetzen ist, als wir das vorher gemeinsam gesehen haben, meine Damen und Herren. Der zweite Punkt ist in diesem Zusammenhang eindeutig, dass das Gericht eben genau das bestätigt hat, wo wir politisch eigentlich einer Meinung waren. Das ist doch der Punkt.
Herr Kollege Dr. Arnold, das Gericht hat bestätigt, dass das, was im rot-grünen Koalitionsvertrag vorgesehen war, eben möglich ist, die Abkopplung der Genehmigung des Flughafens von der Frage der Nachtflüge. Genau das hat auch das Gericht bestätigt.
Selbstverständlich hat das Gericht bestätigt, dass man diese Bereiche, den Ausbau und die Betriebsgenehmigung des Flughafens, auseinandernehmen kann. Das ist genau der Punkt gewesen, den wir an dieser Stelle hatten. Darin sind wir vom Gericht voll bestätigt worden, meine Damen und Herren. Das ist die Realität.
Jetzt müssen Sie erklären, Herr Minister – das ist die entscheidende Frage –, warum Sie jetzt, aufgrund des Beschlusses des obersten Verwaltungsgerichts des Landes Hessen, genau von der Position, die wir vorher politisch gemeinsam vertreten haben, abweichen wollen. Das ist genau der Kernpunkt, um den Sie sich immer drücken.
Dann kommt noch eine einzige Bemerkung, auf die ich auch noch eingehen will.Das ist die Frage,ob die Revision vor dem obersten Bundesgericht in diesem Zusammenhang zu einer Beschleunigung des Prozesses beiträgt.
Über diese Frage kann ich erst einmal diskutieren. Was passiert denn an der Stelle? – Wenn das oberste Gericht bestätigt, was in Kassel beschlossen worden ist, dann muss die Planfeststellungsbehörde einen neuen Planfeststellungsbeschluss erlassen.Auch der ist wieder beklagbar.
Auf der anderen Seite müssen wir feststellen: Wenn das Gericht zu einer anderen Entscheidung kommt, muss gegebenenfalls auch ein neuer Planfeststellungsbeschluss erlassen werden, der auch immer wieder zu beklagen ist. Die Frage, ob Sie damit zu einer Beschleunigung des Prozesses kommen,hängt nicht nur von der Entscheidung des Gerichts ab, sondern von der Frage, ob ein erneuter Beschluss auch wieder dazu führt, dass er beklagt wird.
Meine Damen und Herren, deswegen geht auch der Hinweis auf die Beschleunigung des Prozesses,den Sie an dieser Stelle immer wieder anführen, im Grunde genommen ins Leere.Aber die entscheidende politische Frage ist, warum Sie durch die Bestätigung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs jetzt politisch nicht mehr das wollen, was wir vorher eigentlich gemeinsam wollten.Das müssen Sie der Bevölkerung in diesem Zusammenhang eindeutig erklären.
Meine Damen und Herren, um es ganz klar zu sagen – das ist der entscheidende Punkt –:Wenn das Gericht einen anderen Beschluss gefasst hätte, dann wäre die Frage ganz anders zu diskutieren. Aber es hat uns genau in dem bestätigt, was wir vorher politisch gemeinsam festgelegt hatten. Davon weichen Sie jetzt ab, und das ist in diesem Zusammenhang Ihr Problem – um es ganz klar und deutlich auf einen Punkt zu bringen.
Vielen Dank, Herr Kollege Kahl. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kaufmann das Wort. Bitte schön, Herr Kaufmann.