Was sagt Herr Hahn selbst zu diesem Vorgang – Herr Hahn, der gesagt hat, es muss auf jeden Fall ausgeschrieben werden? Herr Hahn sagt zu diesem ganzen Vorgang – ich zitiere –: „Ich dachte immer, man sollte heimische Unternehmen unterstützen.“
Herr Minister Hahn, wir wollen heimische Unternehmen unterstützen – parteieigene aber wollen wir nicht unterstützen. Das ist der Unterschied.
Aus den Antworten des Ministers erfahren wir jetzt: Es gab nicht nur eine einzige freihändige Vergabe an diese Agentur, sondern es gab noch eine weitere freihändige Vergabe an diese Agentur, die sich im wesentlichen Besitz der FDP befindet, nämlich auch zur Vorbereitung der Wiesbadener Diskurse. Vorhin in der Aktuellen Stunde haben wir darüber geredet, das war die Veranstaltung mit Herrn Sarrazin.
Es gab einen weiteren Auftrag. Dieser wurde nicht etwa von der Fachabteilung vergeben, sondern der Minister antwortet uns dazu: Dieser Auftrag, freihändig, ohne Ausschreibung, wurde von dem Ministerbüro von Herrn Hahn vergeben. – Wieder hatte der Minister Kenntnis davon,und wieder hat er diesen Auftrag nicht gestoppt.Herr Hahn, was sind Ihre eigenen Ansprüche eigentlich wert, wenn Sie regieren?
Man darf auch einmal fragen, warum Ihre Partei eigentlich im Mitbesitz von Werbeagenturen ist. Der Sinn von Agenturen und Unternehmen in unserem Land ist es, Gewinne zu erzielen und diese Gewinne ihren Eigentümern zur Verfügung zu stellen.Also kann man schon überlegen, dass der einzige Grund, warum die FDP Agenturen besitzt,eben diese Gewinnerzielungsabsicht ist.Wenn die öffentlichen Aufträge, die Sie vergeben, dann Gewinne von FDP-eigenen Unternehmen produzieren, dann muss man wirklich vorsichtig sein, ob hier nicht Gelder indirekt in die Finanzierung von Parteien gelenkt werden.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Die FDP sagt immer gern: „Privat geht vor Staat“. Mit der Auftragsvergabe von Herrn Hahn wissen wir, dass es eine Ergänzung gibt: Partei geht vor Privat. – So darf es nicht sein. Herr Hahn, kommen Sie an dieses Pult. Sagen Sie, dass Ihre eigenen Ansprüche wieder gelten. Dann können wir die Sache beenden. Sagen Sie, dass es ein Fehler war, wie Sie das gemacht haben. Aber bitte wechseln Sie nicht, bloß weil Sie Minister sind, auf einmal die Ansprüche. So geht das nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen van Ooyen für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Ministerium von Herrn Minister Hahn hat im vergangenen Jahr zwei Aufträge zur Vorbereitung der Integrationskonferenz an eine Wiesbadener Agentur, wie es so schön heißt, die Cicero Gesellschaft für Werbung und Kommunikation vergeben.
Diese Agentur sei gewählt worden, so argumentieren Sie, weil sie in Integrationsfragen profiliert sei.Wir haben uns die Homepage noch einmal angesehen. Wir können die Kompetenz auf dem Fachgebiet Integration dort überhaupt nicht entdecken.
(Peter Beuth (CDU): Sie sind mit einem ganz anderen Auftrag hier ans Rednerpult getreten! Sie wollen hier einen Skandal machen!)
Herr Beuth, der Skandal ist doch schon passiert. Der Skandal ist längst da,ohne dass wir das bisher gemerkt haben. Das ist das Problem.
Die verantwortlichen Personen im Ministerium, die langjährigen FDP-Mitglieder wollen auch nicht gewusst haben, dass die eigene Partei mit der Universum Verlag GmbH und der Universum GmbH Berlin an der Agentur wirklich umfänglich beteiligt ist. Man fragt sich: Wer soll das glauben?
Herr Minister,ich darf Sie bitten,von der Regierungsbank aus keine Zwischenrufe zu machen. Herr van Ooyen hat das Wort.
Es geht darum, dass Sie in dieser Antwort, die Sie uns heute Morgen übergeben haben, sehr umfänglich im Grunde genommen nichtssagend dieses Problem behandeln.
Nein, ich würde gern zum Ende kommen. Herr Rentsch meldet sich sicherlich zum Thema selbst noch einmal.
Bisher stellen wir also fest, dass nach und nach im öffentlichen Bereich in den zentralen Verwaltungen, in der Finanzverwaltung der Personalabbau vorrangig betrieben wird und dass nur die Staatskanzlei und der Verfassungsschutz davon ausgenommen werden. Dieser Personalabbau findet vor dem Hintergrund einer zunehmenden Verbetriebswirtschaftlichung des staatlichen Handelns statt. Sie soll, so die Argumente der Befürworter, zu höherer Effizienz und letztlich auch zur Einsparung wichtiger Ressourcen führen. Nun zeigt sich immer häufiger – der vorliegende Fall scheint uns das auch noch einmal zu belegen –, dass diese auf einen einzelbetrieblichen Erfolg beschränkte Effizienzdenke nur zu einem Preis zu haben ist. In der Wirtschaftstheorie würde man von externen Kosten sprechen. Öffentliche Stellen, die mit Steuergeldern arbeiten, haben wachsende Schwierigkeiten, mit dem erhöhten Verwaltungsaufwand, der mit wachsender externer Auftragsvergabe verbunden ist, zurechtzukommen. Sie verlieren das Know-how, um die Ausschreibungen selbst zu gestalten oder die Angebote zu beurteilen. Selbst die Auftragsvergabe wird bereits an externe Dienstleister vergeben. Wir halten das für einen falschen Weg.Wir laden Sie ein,meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Lassen Sie uns die Landesverwaltung so mit Personal ausstatten,dass für kleinere Aufträge kein externes Vergabepersonal vonnöten ist.
Nun würden wir uns freuen, wenn so etwas nicht im Ministerbüro,sondern in einer vernünftig ausgestatteten Abteilung Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums erfolgen würde. Aber über solche Detailfragen können wir dann reden, wenn Sie, Herr Minister Hahn, die entsprechenden Stellen eingerichtet haben.
Wir fordern, falls erforderlich, die Einstellung von Personal im öffentlichen Dienst und den Verzicht auf die Vergabe öffentlicher Aufträge an Agenturen, die neben dem Dienstleistungshonorar auch den Profit abkassieren. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege van Ooyen. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Beuth von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist etwas ungewöhnlich, dass die Antragsteller nicht zuerst reden. Aber ich nehme das hin, Frau Präsidentin, dass Sie das entsprechend gemischt haben.
Die Skandalisierung auch dieses Vorgangs finden wir als CDU-Fraktion – ich glaube, ich kann das für die FDP auch sagen – wieder einmal völlig maßlos. Ihnen ist bei solchen Fragen jedes Mittel recht.
Die Unabhängigkeit von Richtern und die Rechtsstaatsprinzipien, so haben wir heute Morgen in einer anderen Debatte von Kollegen Rudolph und Kollegen Jürgens gehört, spielen keine Rolle. Zweck ist bei solchen Debatten, die Sie hier vollführen, nur der vermeintliche kurzfristige Vorteil. Es dient der Schlagzeile. Das ist konsequent. Sie handeln und reden hier im Landtag konsequent inkonsequent. Darauf komme ich gleich zurück. Das Einzige, was konsequent hier passiert, ist, dass das immer zum Schaden der Politik und unserer Demokratie insgesamt geschieht, was Sie hier vollziehen.
Weil bisher noch keiner zur Sache gesprochen hat, lassen Sie mich wenigstens einmal dem Haus und der Öffentlichkeit ganz kurz den Sachverhalt darstellen.
Es gab eine Auftragsvergabe für die Durchführung einer Integrationskonferenz, für eine Veranstaltungsreihe. Da war Eile geboten, weil natürlich diese Fragen für unsere Arbeit im Hessischen Landtag wichtig sind. Sie werden durch das Ministerium begleitet.
Die Eilbedürftigkeit hat sich ergeben. Das Hessische Competence Center für neue Verwaltungssteuerung, HCC, und die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main haben diese unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten geprüft und haben das für in Ordnung befunden. Deswegen haben wir, wenn wir den Sachverhalt betrachten, hier nichts zu beklagen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist nicht zum Aushalten!)
Die Auftragsvergabe sei anrüchig. – Das ist absurd. Ich sage auch dazu: Es ist eine unerträgliche Heuchelei, die Sie an dieser Stelle mit diesem Vorgang wieder in dieses Parlament ziehen.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wollen Sie so weitermachen?)