Protocol of the Session on January 28, 2010

Ich bin mir sehr sicher, dass alle diejenigen, die diese Debatte jetzt verfolgen, die richtigen Schlüsse ziehen werden.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP – Vol- ker Hoff (CDU): Unwürdig!)

Ich sage: Ja, die Erklärungen, die Aussagen, der Stil, alles, was im „Wetzlar Kurier“ steht, wird von der Landesregierung nicht bewertet. Das ist Aufgabe des Abgeordneten, und das ist nicht Aufgabe der Landesregierung.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber die Landesregierung bewertet die Äußerung von Frau Wissler? – Gegenrufe von der FDP)

Ich sage Ihnen genauso offen – –

(Lebhafte Zurufe)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Hahn hat das Wort. Alle anderen darf ich bitten, hier Ruhe zu bewahren.

(Fortgesetzte lebhafte Zurufe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, ich darf nochmals das ganze Parlament inklusive Teilen der Regierung bitten, hier Ruhe zu bewahren. Herr Minister Hahn hat das Wort.

Ich darf noch einmal beginnen. Die Äußerungen des Landtagsabgeordneten, die nicht hier im Hause gefallen sind,

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)

die in einem anderen Zusammenhang gefallen sind, bewertet die Landesregierung nicht. Die Landesregierung bewertet aber die Frage, die im Antrag der GRÜNEN unter Nr. 3 formuliert worden ist, ob es entsprechende Auswirkungen auf die Integrationspolitik des Landes Hessen hat.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Ihnen sagen, dass diese Äußerungen keinerlei negative Auswirkungen auf die von allen Seiten unterstützte Integrationspolitik der Hessischen Landesregierung haben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Der Ministerpräsident, der stellvertretende Ministerpräsident und die Kollegen im Kabinett sind der festen Überzeugung, dass wir eine große Aufgabe in unserem Land zu bewältigen haben: 350.000 bis 500.000 Menschen mit aktuellem Migrationshintergrund,die in Hessen leben,die in Hessen ihr Zuhause gefunden haben, so in unsere Gesellschaft zu integrieren, dass wir zu einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr von „denen da“ und „denen dort“, sondern von „uns Hessen“ sprechen. Das ist unsere Arbeit, und die werden wir auch weiterhin leisten.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Der Beschluss des Hessischen Landtags bzw. des Rechtsund Integrationsausschusses zu diesem Thema ist auch weiterhin Grundlage unserer Arbeit.

Herr Minister, ich darf Sie darauf hinweisen, dass die für die Fraktionen vereinbarte Redezeit bereits überschritten ist.

Wir brauchen deshalb keine weitere Bestätigung eines Beschlusses, der im Hessischen Landtag und im Rechtsund Integrationsausschuss gefasst worden ist.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben Sie nicht zu beurteilen!)

Sie haben in Nr. 3 danach gefragt.Wir wurden eben von Ihrer Kollegin Öztürk gefragt, ob wir noch dahinterstehen. Herr Wagner, Sie müssen sich entscheiden.Wenn Sie Fragen stellen und eine Antwort bekommen, dann sollten Sie damit zufrieden sein, dass Sie eine Antwort bekommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Dr. Thomas Spies (SPD): Stehen Sie noch dahinter,oder nicht? – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie sollten doch zufrieden sein, dass die Antwort das bestätigt, was Sie gefragt haben. Die Antwort lautet: Ja, das ist und bleibt Grundlage unserer Arbeit.

Es war gut, dass Frau Öztürk den Satz gesagt hat – lassen Sie mich zitieren –:Wir sollten eine Kultur des Hinschauens und keine Kultur des Wegschauens leben.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Genau das macht die Landesregierung.

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Dr. Thomas Spies (SPD): Wann schauen Sie auf Herrn Irmer? – Janine Wissler (DIE LINKE): Sie schauen in die falsche Richtung, Herr Hahn!)

Wir schauen auf alle, die an diesem Prozess beteiligt sind. Wir sind doch inhaltlich fast gar nicht auseinander. Frau Öztürk hat eben die Griechisch-Orthodoxen angesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich empfehle jedem, der hier moralisch den Finger hebt und sagt, wir müssen das, das und das im Hinblick auf die Muslime tun, einmal die Ängste abzufragen, die in der griechischorthodoxen Gemeinschaft in Hessen bestehen.Fragen Sie diese Ängste einmal ab. Dann können Sie die Vorwürfe, die Sie eben erhoben haben, nicht mehr mit der Inbrunst vortragen, mit der Sie hier aufgetreten sind.

Ich sage deshalb: Frau Kollegin Öztürk, die Politik dieser Landesregierung, die Politik des Integrationsministers ist es, die Kultur des Wegschauens durch die Kultur des Hinschauens zu ersetzen.Das gilt aber für alle Augen,die man im Gesicht hat. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich erkläre Folgendes, damit Sie mein Vorgehen verstehen. Es ist in einer Aktuellen Stunde nicht üblich, eine zweite Runde zu eröffnen. Der Herr Minister hat die Redezeit aber um über vier Minuten überschritten. Deshalb lasse ich eine zweite Runde zu.

(Florian Rentsch (FDP): Er hat sie überschritten, weil hier so ein Krach war!)

Herr Kollege Rentsch, deswegen lasse ich eine zweite Runde zu. – Erste Wortmeldung, Herr Kollege SchäferGümbel für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Wortbeitrag des Integrationsministers ist es erforderlich, die Debatte auf ihren Kern zurückzuführen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Ich will mich, auch für meine Fraktion, für den sehr angemessenen, sehr klugen, weitsichtigen und auch richtigen Wortbeitrag des Kollegen Mick von der FDP-Fraktion ausdrücklich und herzlich bedanken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Eigentlich habe ich erwartet, dass sich der Integrationsminister, der in der Vergangenheit immer wieder sehr klar Position bezogen hat – an vielen Stellen mit unserer ausdrücklichen Unterstützung –, diesen Worten seines Fraktionskollegen Mick anschließen würde. Das wäre angemessen gewesen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN – Zurufe von der FDP)

Stattdessen hat sich der Integrationsminister – –

(Wolfgang Greilich (FDP): Das ist nicht zu glauben! – Zuruf des Ministers Jörg-Uwe Hahn)

Herr Hahn, solche Zwischenrufe disqualifizieren Sie. Das Wort „Hassprediger“ habe ich nicht verwendet, und ich würde es nicht verwenden, schon gar nicht im Zusammenhang mit einem Abgeordneten oder einem Minister dieses Hauses. Insofern weise ich Ihren Zwischenruf entschieden zurück.

(Beifall bei SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Es wäre angemessen gewesen, wenn das, was Herr Irmer zum wiederholten Mal an Hetze gegen Minderheiten, gegen Religionsgemeinschaften formuliert hat, entschieden und entschlossen nicht nur von Ihrem Fraktionskollegen Mick und der Fraktion der SPD, von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und den LINKEN, sondern auch von der Union und von Ihnen zurückgewiesen worden wäre.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Das wäre auch im Lichte der gestrigen Gedenkstunde angemessen gewesen. Herr Prof. Müller hat alle, die zuhören wollten, zuhören konnten und ihn verstanden haben, sehr deutlich auf die Grenzlinien hingewiesen.

(Norbert Kartmann (CDU): Sie sind heute ganz schön arrogant!)

Herr Kartmann, auch Sie waren gestern bei der Gedenkstunde. Herr Prof. Müller hat sehr deutlich auf die sehr feinen Grenzlinien hingewiesen, die eine zivilgesellschaftliche und politische Intervention erforderlich machen, wenn die erste Grenze – zur Ausgrenzung hin – überschritten wird. Herr Irmer hat das wiederholt und in dem angesprochenen Artikel ganz dezidiert getan. Deshalb ist es notwendig, an dieser Stelle zu sagen: Stopp, es ist ein Gebot des politischen Anstands, Herrn Irmer in die Schranken zu weisen. – Das fordere ich hier ein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN – Zurufe von der CDU)

Herr Kartmann, der entscheidende Punkt ist doch, dass Teile der Union, ganz offensichtlich angeführt von Dr. Christean Wagner und Herrn Irmer, nicht die Kraft aufbringen, sich mit den gesellschaftlichen Realitäten nicht nur auseinanderzusetzen, sondern auch die notwendigen Grenzlinien zu ziehen. Das Verhalten des Abg. Irmer ist unwürdig, und es hilft nichts, Herr Hahn, wenn Sie versuchen, eine Grenzlinie nach dem Motto „Es gibt unangemessene Formulierungen auch hier im Haus“ zu ziehen. Es gibt in Hessen keine temporären Abgeordneten. Es gibt in Hessen niemanden, der nur während Plenarsitzungen Abgeordneter ist. Herr Irmer ist – wie wir alle – immer Landtagsabgeordneter. Wenn er in seinem Blatt erneut hetzt, dann ist das eines Abgeordneten des Hessischen Landtags unwürdig. Das festzuhalten ist das Gebot der Stunde und dieser Debatte. Das hätte ich auch von Ihnen erwartet.