Ich sage Ihnen: Hier wird ein völlig unbegründetes Schreckgespenst an die Wand gemalt, für das es überhaupt keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe gibt. Ich will voraussagen: Sie werden überrascht sein, dass die Arbeit der Härtefallkommission auch in der neuen Zusammensetzung von großer Sachlichkeit geprägt sein wird
Insofern ist es überhaupt kein Problem, für eine solche Entscheidung der Härtefallkommission eine Mehrheit von zwei Dritteln zu verlangen. Sie tun gerade so, als ob wir uns ausschließlich Möglichkeiten ausdächten, viele Härtefälle abzulehnen.Dem ist nicht so.Das ist unredlich. Das wissen Sie selbst.
(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das ist Praxis! Sie wollen doch ablehnen! – Zuruf der Abg. Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die Härtefallkommission hat bisher eigentlich immer in großer Einvernehmlichkeit entschieden. Unabhängig von diesem Einvernehmen – das wissen Sie ebenso – liegt die letzte Entscheidung im Härtefall beim Innenminister. Die Zweidrittelmehrheit kann auch ein klares Votum an den Innenminister sein, der das letzte Wort bei der Aufenthaltsgenehmigung hat.
Wenn es unser Ziel wäre, die Härtefälle alle abzulehnen, könnten wir uns die Kommission sparen. Das tun wir aber ganz bewusst nicht. Es ist absurd, wenn Sie uns so etwas unterstellen wollen.
Dass der Innenminister auch bisher schon meistens dem Votum der Kommission gefolgt ist – wenn Sie mir nicht glauben, empfehle ich Ihnen die Lektüre der Antwort auf den Dringlichen Berichtsantrag der SPD. Darin steht es ganz eindeutig.
Neu ist, dass wir Ausschlussgründe eingeführt haben. Auch das hat große Unruhe auf Ihrer Seite hervorgerufen. Die Formulierung in § 6a: „Eine Behandlung als Härtefall ist ausgeschlossen …“, wurde aufgrund der Anhörung so geändert, dass eine Behandlung in der Regel ausgeschlossen ist, wenn in den letzten drei Jahren eine Jugend- oder Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen verhängt wurde.
Ich halte das für ein erhebliches Strafmaß, vor allem weil dieses Strafmaß nur dann verhängt wird, wenn es sich um vorsätzliche Straftaten handelt. Deswegen finden wir das richtig.Wir sehen die Notlage, in der sich die Härtefallsuchenden zumeist befinden, natürlich auch.Aber von einer Person, die in einer derartigen Notlage ist und weiß, dass Deutschland vielleicht die letzte Chance ist, können wir erwarten, dass sie die Rechtsordnung unseres Landes beachtet und befolgt.
Auch herausgenommen haben wir den Ausschlussgrund Täuschung über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände oder vorsätzliche Verzögerung behördlicher Maßnahmen.
Wir halten es für richtig und sinnvoll, das Petitionsverfahren selbst vorzuschalten; denn in einem Petitionsverfahren hat man ausreichend Zeit, einen Fall zu besprechen und zu behandeln.
Ein Härtefall ist erst dann ein Härtefall, wenn alle rechtlichen Möglichkeiten eines legalen Aufenthalts ausge
Bei der Lebensunterhaltssicherung und dem Krankenversicherungsschutz muss ich dazusagen, dass das wichtige Voraussetzungen für den weiteren Aufenthalt in der Bundesrepublik sind.
Ich komme zum Schluss. Wir haben hier einen guten Gesetzentwurf beraten. Wie Sie erkennen konnten, haben wir einige Anregungen aus der Anhörung und aus persönlichen Gesprächen mit aufgenommen. Damit werden wir konstruktiv in neuer Zusammensetzung Härtefälle weiter beraten und auch in Zukunft Härtefälle in Hessen mit der gebotenen Sachlichkeit und Fairness behandeln. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als Erstes freue ich mich, dass Schüler aus meiner Besuchergruppe unsere Diskussion dem Weihnachtsmarkt vorgezogen haben. Ich freue mich sehr, dass sie da sind.
Jetzt aber zurück zu dem Thema. Wir lehnen jede Veränderung des guten und auch in der Praxis bewährten Härtefallkommissionsgesetzes von 2008 ab, auch den etwas weichgespülteren, jetzt vorgelegten Antrag von FDP und CDU.
(Beifall bei der LINKEN – Leif Blum (FDP): Sie müssen sich etwas Mühe geben, wenn Ihre Besuchergruppe da ist!)
Wir sehen die weitgehende Rücknahme des bisherigen und die Wiedereinsetzung des alten Rechtes als einen weiteren Schritt im Gesamtrollback. Sie wollen das ungeschehen machen, was 2008 von vielen Seiten begrüßt wurde: Eine Öffnung des Landtags hin zu mehr Bürgernähe, zu mehr offener und fachlicher Diskussion im eigenen Haus, zu mehr Verantwortungsabgabe an die engagierten Bürgerinnen und Bürger in den Vereinen, den NGOs, also den Vertretungen unserer Bürgergesellschaft – einer Bürgergesellschaft, die die ach, so liberalen Herren der FDP immer wieder hochzuhalten vorgeben.
Wir haben immer wieder kritisiert, dass Sie mit keinem Wort die einwandfrei funktionierende Arbeit der seit November 2008 arbeitenden Härtefallkommission erwähnen. – Jetzt ist es zum Teil ein bisschen passiert.
Sie warten noch nicht einmal auf einen ersten Tätigkeitsbericht der Kommission.Auch Sie haben zumindest nicht
bestritten, dass die im letzten Jahr eingesetzte Kommission in ihrer Zusammensetzung konstruktiv,blockfrei und dialogisch im Interesse der auf gesicherten Aufenthalt hoffenden Menschen zusammenarbeitet.
Auch Sie haben in der öffentlichen Anhörung die überwiegend eindeutig positiven Stellungnahmen der Experten gehört. Dennoch haben Sie diese bis auf zwei kleine Änderungsvorschläge nicht aufgegriffen, auch Sie von der FDP, wovon ich besonders enttäuscht bin, weiß ich doch von einer ganzen Reihe von FDP-Mitgliedern und -Funktionsträgern, dass es ihnen sehr wichtig ist, dass Minderheitenrechte gewahrt sind und humanitäre Anliegen in unserer Gesellschaft eine Bedeutung behalten.
Diese Entwicklung ist sehr bedauerlich, und man möchte angesichts dieser anhaltenden Ignoranz manches Mal schier verzweifeln. Ich habe mit vielen dieser Flüchtlingsfamilien, aber auch mit alleinstehenden, alten und kranken Frauen, die sich nicht selbst versorgen können, Kontakt und bin auch im Petitionsausschuss als Vorsitzende und als Berichterstatterin immer wieder mit dem Flüchtlingselend befasst.
Sie wissen, dass der Petitionsausschuss nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten hat, individuelle Bedingungen zu berücksichtigen.Daher wäre es mir und uns allen in der Fraktion und vielen anderen hier im Hause so wichtig gewesen, den Betroffenen weiterhin eine individuelle und offene, non-restriktive Behandlung in einer Härtefallkommission, die den Namen auch verdient, anbieten zu können. – Nun, dieses Kapitel ist mit Ihrer Novellierung wohl endgültig abgeschlossen.
Noch kurz zu einigen Neuregelungen. § 6a sieht vor, was in keinem anderen Bundesland vorgesehen ist: dass eine Petition eingereicht und im Ausschuss bearbeitet worden sein muss,bevor der Fall von der Härtefallkommission behandelt werden kann. Wir wissen, dass für Petitionsausschuss und Härtefallkommission jeweils andere Bedingungen für eine Berücksichtigung vorliegen müssen, und so macht eine zwingende Abfolge – erst Petitionsausschuss mit Beschluss zur Sach- und Rechtslage, dann erst Härtefallkommission – meines Erachtens keinen Sinn. Dies haben wir auch im Petitionsausschuss immer wieder erfahren müssen.
Zum Quorum.Um einen Härtefall in der Kommission positiv zu entscheiden, hatte sich in der Praxis die bisherige Regelung der einfachen Mehrheit der gesetzlich bestimmten Mitglieder äußerst gut bewährt. Dazu hat Frau Öztürk schon einiges gesagt.
Von den etwa 44 entschiedenen Fällen wurde fast die Hälfte der Fälle einstimmig entschieden. Die anderen Entscheidungen wurden fast ausschließlich mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Wenn Sie nun argumentieren, meine Damen und Herren, dass es somit auch gleich gesetzlich festgeschrieben werden könne – das habe ich eben so verstanden –, so liefe das meines Erachtens den Zielen der Kommission zuwider. Denn auch dann, wenn in solchen Fällen mehr als die Hälfte der Mitglieder der Härtefallkommission der Überzeugung wäre, dass man hier einen individuellen Härtefall sehen muss und dass dieser Mensch unter humanitären Aspekten unsere Unterstützung verdient, würde abgelehnt werden und wären all seine Hoffnungen umsonst.
Zur Zahl der Mitglieder der Härtefallkommission. Wenn diese auf 23 ansteigen und damit übrigens die größte der Republik werden soll, dann bedeutet eine Zweidrittelmehrheit, dass mindestens 16 Menschen zur gleichen Entscheidung kommen müssen. Dazu hat Frau Öztürk schon sehr viel gesagt. Ich werde das nicht weiter ausführen.
Sie scheinen zu befürchten, dass mit einfachen Mehrheiten mehr positive Entscheidungen zugunsten der Hilfesuchenden gefällt würden. Wir haben ein Gegenbeispiel – das wissen Sie vielleicht auch –: die Härtefallkommission in Nordrhein-Westfalen. Trotz Entscheidung mit einfacher Mehrheit steht diese Härtefallkommission an letzter Stelle hinsichtlich positiver Entscheidungen in Relation zu den vorgenommenen Beratungen.
Ich sehe es so:Die Entscheidung,ob ein Härtefall vorliegt, ist für jedes Mitglied der Kommission eine sehr sensible, individuelle und auch subjektive Entscheidung und hat vielleicht sogar mit den eigenen Lebenserfahrungen eine Menge zu tun. Diese müssen nun für eine Zweidrittelentscheidung zurechtgestutzt werden. Sie werden sehen, dass Sie damit einer holzschnittartigen Beurteilung das Wort reden.
Die Wiederhereinnahme von fünf Abgeordneten und dadurch ein weiteres Aufblähen sind unserer Meinung nach nicht zielführend. Denn das Urteil, ob ein Härtefall vorliegt, hat zunächst einmal nichts mit Parteipolitik zu tun.
DIE LINKE mit dem Trick der Fraktionsstärke wieder einmal auszugrenzen bedeutet außerdem, dass Sie sich zwar für ein paar weitere Jahre nicht mit den Voten unserer Abgeordneten in der Härtefallkommission konfrontieren lassen müssen, aber es bedeutet nicht, dass Sie sich nicht mit den von uns vertretenen Positionen gerade zum Flüchtlingselend und auch zu dessen politischer Verantwortung auseinandersetzen müssen.
Gerade diese inhaltlichen Positionen können sich in einer engagierten Arbeit in der Härtefallkommission als eine Art persönlicher Verantwortungsübernahme widerspiegeln und werden so von vielen Härtefallkommissionsmitgliedern der Kirchen und NGOs genauso konsequent wie von uns vertreten.
Zu den Regelausschlussgründen möchte ich Ihnen offen sagen: Was ein Härtefall ist, das regelt unseres Erachtens das Leben. Wir können Härtefälle nicht abstrakt vorausschauend formulieren; denn es geht immer um Einzelfallentscheidungen. Deshalb haben wir es als LINKE von Anfang an für falsch gehalten, Ausschlussgründe in das Gesetz aufzunehmen; denn das wird bereits durch das Bundesgesetz geregelt. Wir Hessen müssen keine zusätzliche Verschärfung hineinbringen.