Protocol of the Session on November 19, 2009

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das stimmt!)

Ich könnte noch viele andere Dinge nennen. Es wurde die Körperschaftsteuer gesenkt. Da muss ich sagen, das hat in der Tat den Kommunen und vor allem den Ländern wehgetan.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deswegen nehmt ihr jetzt noch etwas weg!)

Wenn nicht Karlheinz Weimar und Roland Koch dafür gesorgt hätten, dass die Körperschaftsteuerreform geändert worden wäre, wären wir nicht nur in den Ländern pleitegegangen, sondern hätten auch den Kommunen einen Bärendienst erwiesen.

Deswegen lassen Sie mich zum Schluss sagen:Das,was wir jetzt in der Krise machen, nämlich investieren und den Menschen Entlastung verschaffen, damit die Menschen investieren, ist der richtige Weg, um aus der Krise herauszukommen. Es wird zu höheren Steuereinnahmen in den nächsten Jahren führen, und es wird den Kommunen helfen und nicht den Kommunen schaden. Deswegen glaube ich, dass die Kommunen gerade bei dieser Regierung bestens aufgehoben sind. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Milde. – Nächster Redner ist Herr Kollege Noll für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wissen Sie, meine Herren und Damen von den GRÜNEN,

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir haben wenigstens Damen in der Fraktion! – Heiterkeit)

immer bei dem Thema Steuern haben Sie so eine Art Zugreifreflex. Es ist doch sehr eigenartig: Bei Ihnen sind Steuern eine Einbahnstraße, die ständig nach oben führt. Das war einmal anders; der Kollege hat es eben zitiert. Nur vergessen Sie dabei voll und ganz: Wir sitzen doch nicht in den Parlamenten, um die Parlamente und die Staatsetats zu stärken. Wir sitzen hier, vom Bürger entsandt, letztlich für den Bürger. Deswegen sollten wir uns auch in der Steuerdiskussion immer wieder darauf besinnen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Zuruf des Abg.Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Sie beklagen, dass es den Kommunen schlechter gehe. Es ist unbestritten, dass bei der Steuerverteilung sicherlich eine Schieflage zulasten der Landkreise vorhanden ist. Aber genau das soll im Rahmen der Reformierung des Kommunalen Finanzausgleichs in Hessen untersucht und repariert werden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Noch schlimmer werden, heißt das!)

Aber der Ruf nach mehr Steuern oder gar der Ruf, die Steuern ganz und gar aus dem Blickwinkel einer Veränderung heraus zu lassen, ist doch nicht der richtige Weg. Wie schaffen wir denn zusätzliches Wachstum? Wir schaffen Wachstum dadurch, dass wir den Menschen dort Geld lassen, wo sie es verdienen, damit sie dieses Geld einsetzen, um in diesem Land das zu erfüllen, was sie selbst für richtig halten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE): Sie meinen die Grundsicherung!)

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, der Satz, den ihr Kollege Schmitt vorhin geäußert hat, ist inzwischen ein deutliches Zeichen dafür, wie sich Ihre Vorstellungswelt gewandelt hat. Herr Schmitt hat vorhin gefragt: Wem können wir noch mehr Belastungen zumuten? – Das ist die Mentalität, mit der Sie an die Staatsfinanzierung herangehen. Wir haben da ein ganz anderes Bild.Im Mittelpunkt des Staates steht der Bürger.Er weiß am allerbesten, wofür er sein Geld ausgibt, was er damit anfängt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Er möchte nicht in eine Bevormundungsmaschinerie von Glücksbringern hineingesetzt werden,die erst vordenken, was der Bürger machen soll, ihm das Geld abnehmen und dann, wenn er recht artig ist und dies auch noch vollzieht, möglicherweise zurückgeben. – Meine Damen und Herren, so kann Staat nicht funktionieren.

(Norbert Schmitt (SPD) und Petra Fuhrmann (SPD): Steuern null!)

Die Kommunen betreiben eine Spielwiese. Ich will es Ihnen nur einmal sagen: Solange in den Kommunen solche Dinge wie die Schulobstgeschichte möglich sind, wie wir sie heute morgen erlebt haben, und sich Kommunen nicht im Wesentlichen auf das beschränken, was ihr Auftrag ist, so lange sind Reserven da, die zugunsten des Bürgers ausgenutzt werden müssen und letztendlich dazu führen müssen, dass Steuern gesenkt werden.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren,die Aktuelle Stunde zu diesem Thema ist zutiefst populistisch. Sie trägt überhaupt nichts dazu bei, dass das Thema im Sinne des Bürgers diskutiert wird, sondern sie trägt nur dazu bei, den Eindruck zu erwecken, der Staat müsse noch mehr Geld in seinen Taschen belassen. So kann die Lösung nicht aussehen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU – Willi van Ooyen (DIE LINKE):Ausgeben!)

Deswegen werden wir unseren Weg der Steuersenkung weiter vorangehen und dafür sorgen, dass die Bürger das, was sie mit ihrer Arbeit erwirtschaften, auch selbst ver

wenden können. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Für die Landesregierung hat nun Herr Finanzminister Weimar das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir diskutieren in einer Aktuellen Stunde zwei ganz unterschiedliche Punkte. Der eine ist jetzt aktuell das Wachstumsbeschleunigungsgesetz; darüber haben wir schon gesprochen. Ich will nur noch einmal darauf hinweisen: 60 % des Volumens ist für Familien wegen der Kinderentlastung. Ich frage mich, ob Sie dagegen sind. Es wäre einmal ganz spannend, wenn Sie außerhalb der allgemeinen Bemerkungen zu Steuersenkungen etwas dazu sagen würden, ob Sie die Entlastung der Familien für gut oder schlecht halten.

Der zweite Punkt ist, dass hier Dinge korrigiert werden, die unter Fachleuten völlig unstreitig sind: dass in der Krise bestimmte steuerliche Regelungen krisenverschärfend gewirkt haben. Dazu gehört die Frage des Mantelkaufs, was wir 2010 sicherlich in besonderer Weise benötigen werden. Wir wollen die Zinsschranke anpassen, sodass kleine und mittlere Unternehmen in der Phase der allgemeinen wirtschaftlichen Probleme eine Überlebenschance haben. Auch die Verringerung der Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer hat einen guten Grund. Sie kommt den Kommunen übrigens in besonderer Weise zugute, weil gerade die kleinen und mittleren Geschäfte – nicht die Ketten – innerhalb einer Gemeinde, die wir im Stadtkern haben wollen, mit der jetzigen Anrechnungshöhe von 65 % der Mieten auf die Gewerbesteuer Probleme haben. Deswegen wird der Satz auf 50 % reduziert.

Meine Damen und Herren,das alles sind vernünftige,rentierliche Investitionen in eine positive wirtschaftliche Zukunft und keine Verschleuderung von Mitteln.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Über den anderen Punkt muss ich mich wirklich wundern. Wie Landtagsabgeordnete dazu kommen können, hier solche Reden über die Finanzausstattung der Kommunen im Verhältnis zum Land zu halten, kann ich nicht verstehen. Ich habe schon mehrfach vorgetragen, und das war auch Gegenstand der letzten Haushaltsausschusssitzung, als wir mit den Kommunalen Spitzenverbänden gesprochen haben: Das Bundesfinanzministerium hat für 2008 festgestellt, dass die hessischen Kommunen Einnahmen von 1.218 c pro Kopf der Bevölkerung haben. Der Bundesschnitt ist 924 c. Nur ein großes Land als Beispiel: Bayern hat 1.050 c pro Kopf. Das heißt, die hessischen Kommunen haben ein enorm höheres Einkommen pro Kopf der Bevölkerung als jedes andere Bundesland in Deutschland.

(Mürvet Öztürk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da hat sich nichts geändert!)

Das ändert sich in der Relation natürlich gar nicht. Der Zwischenruf war doch völlig falsch. Natürlich haben auch die anderen Steuereinbrüche,deswegen wird sich das Verhältnis überhaupt nicht ändern, sondern es wird nur in ab

soluten Zahlen nach unten gehen. Aber insgesamt wird die Relation weiter so bleiben, dass die hessischen Kommunen die höchsten Einnahmen in Deutschland haben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Und jetzt einmal ohne Frankfurt!)

Zweiter Punkt, auch darauf weise ich hin: Hessen ist vor dem Länderfinanzausgleich das finanzstärkste Land und hat nach dem Länderfinanzausgleich das wenigste Geld von allen Bundesländern in der Kasse. Das liegt unter anderem und in erster Linie daran,dass die hessischen Kommunen einen wesentlich höheren Anteil an den in Hessen verbleibenden Steuern bekommen als in jedem anderen Bundesland. In Hessen verbleiben 50,5 % der eingehenden Steuern beim Land und 49,5 % bei den Kommunen. In anderen Ländern beträgt die Relation 60 : 40. Das würde das Land Hessen um 2 Milliarden c besser stellen.

Es ist doch eine Riesenleistung des Landes, dass wir bisher gegenüber den Kommunen diese ungerechte Steuerverteilung, die in keinem anderen Bundesland so ist, akzeptiert haben, gerade weil wir an der Stelle kommunalfreundlich sind.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Meine Damen und Herren, hier haben alle gefordert, wir sollten etwas am Länderfinanzausgleich machen. Wenn wir sagen, wir sind überbelastet, müssen wir das Verhältnis zu den hessischen Kommunen in Relation zu den Kommunen in den anderen Bundesländern doch auch klären.Wir können doch nicht behaupten, dass wir zu wenig Geld in der Kasse haben, wenn gleichzeitig die hessischen Kommunen durch die Zuwendungen, die wir ihnen geben, die höchsten Einnahmen aller Gebietskörperschaften auf Bundesebene haben. Dann werden wir doch notleidend in dieser Frage. Deswegen muss diese Frage geklärt werden.

Im Übrigen habe ich Ihnen auch schon mehrfach gesagt, dass wir durch die hohen Gewerbesteuereinnahmen der hessischen Kommunen außergewöhnlich hohe Leistungen in den Länderfinanzausgleich zahlen. Im letzten Jahr waren es 399,5 Millionen c, die das Land Hessen gezahlt hat, wofür die Kommunen aber Steuern eingenommen haben.

Deswegen ist das Problem nicht einfach nach dem Motto vom Tisch zu wischen, jetzt geht es den Kommunen schlecht, jetzt ist dort nichts zu machen. – Meine Damen und Herren, geht es denn dem Land Hessen gut? Das ist doch die große Frage. Es ist auch in der Krise immer eine Frage der Relationen. Dass es in der Krise schwieriger ist, Verteilungskämpfe durchzuführen, gehört mit zu den Wahrheiten. Aber wir sind in der Diskussion mit den Kommunalen Spitzenverbänden dabei, wie wir dieses auch von den Kommunen erkannte Problem gemeinsam lösen können.

Herr Finanzminister, entschuldigen Sie bitte ganz kurz. Zunächst möchte ich ganz freundlich den Finanzminister darauf hinweisen, dass die für die Fraktionen vereinbarte Redezeit abgelaufen ist.

Ein ganz klein wenig weniger freundlich möchte ich den gesamten Saal darauf hinweisen, dass der Geräuschpegel doch enorm angestiegen ist. Ich bitte Sie nochmals, hier ein bisschen ruhiger zu sein und, wenn Sie unbedingt Ge

spräche führen wollen, hinauszugehen. – Herzlichen Dank.

Ich bedanke mich, Frau Präsidentin. Das liegt aber ein Stück weit daran, dass wir uns in dem Thema so festgefahren haben, dass jeder seine tagespolitischen Haltungen zum Ausdruck bringt und die Zahlen schlicht ignoriert.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Strategische Fragen!)

Ich werde sie immer wieder vortragen, und ich bin als Finanzminister des Landes Hessen verpflichtet, auf diese ungerechte Verteilung der Mittel in Hessen hinzuweisen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, darum kommen wir als Hessischer Landtag nicht herum. Wer seine Verantwortung für das Land Hessen wahrnehmen will, muss sich mit diesen Zahlen auseinandersetzen. Dass das einvernehmlich mit den Kommunen gehen muss unter dem Gesichtspunkt, dass wir versuchen, in den Gesprächen eine weitgehende Einigung herbeizuführen, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber am Ende müssen wir entscheiden; denn auch das Land Hessen hat Daseinsvorsorge zu betreiben, auch das Land Hessen hat Zukunftsvorsorge zu betreiben. Wenn wir notleidend werden und andere erklären, dass sie nichts abgeben können, muss ich sagen, das geht so nicht. Wir brauchen in Hessen eine gerechte Steuerverteilung, und darüber werden wir in der nächsten Zeit zu diskutieren haben. – Danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)