Protocol of the Session on February 18, 2009

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das wollte ich damit nicht sagen.– Aber an dem Beispiel sehen Sie:Wenn der Staat entscheidet,sucht er sich immer besondere Gruppen heraus und bevorzugt diese Gruppen. Wir wollen, dass der Bürger entscheidet, welche Waren er bevorzugt. Der Bürger entscheidet immer am fairsten darüber, was er einkauft und was er nicht einkauft. Das ist nicht die Aufgabe des Staates. Deshalb glaube ich felsenfest daran, dass eine wirkliche Steuerentlastung in diesem Land das beste Konjunkturprogramm ist, das man auflegen kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Da geht es nicht nur um niedrigere Sätze von 10 %, 25 % oder 35 %. Da geht es nicht nur darum, dass wir höhere Steuerfreibeträge für Familienmitglieder wollen – es ist Familienförderung pur, für jedes Kind 8.000 c einzuräumen –,sondern es geht vor allem darum,dass wir ein gerechtes und einfaches Steuersystem brauchen.

Ich habe zwischen den Jahren meine Steuererklärung gemacht; es geht Kollegen vielleicht ähnlich. Ich muss Ihnen ehrlich sagen – meine Frau ist auch Juristin –, wir sind an die Grenzen unserer juristischen Möglichkeiten gekommen, weil es einfach nicht mehr zu beherrschen ist. – Es ist aber alles in Ordnung. Ich darf das sagen. Ich habe es gegenlesen lassen, nicht, dass Sie den Eindruck gewinnen, wir hätten da etwas gemacht.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Es gibt aber Spezialisten, die einem helfen!)

Herr Kollege Frömmrich, genau das möchte ich nicht. Ich möchte nicht, dass der Bürger Spezialisten braucht, die ihm dort helfen. Ich möchte, dass der Bürger es selbst machen kann. Der Bürger muss doch wissen, was er dort ausfüllt. – Vielen Dank für den Zwischenruf.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Es gibt in dieser Debatte Menschen, die sagen: Wenn wir eine Steuererleichterung machen, dann legen die Leute das Geld auf die hohe Kante, dann erhöht sich nur die Sparquote im Land. – Kollegen, ich glaube, dass es, wenn wir die Sparquote erhöhen, zur Folge hat, dass die Mittel, die dem Kapitalmarkt zur Verfügung gestellt werden, größer werden. Damit verbilligt sich bei den Banken die Refinanzierung. Auch das ist ein Effekt, wenn er kommt, der nicht schlecht ist. Gerade in Zeiten wie diesen, wo die Banken sich untereinander nicht mehr vertrauen, ist es wichtig, wenn auch Bürger etwas auf die hohe Kante legen. Das dürfen wir den Bürgern auch nicht vorschreiben.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Eine Steuerentlastung – ich weiß, dass es in der Union viele Kolleginnen und Kollegen gibt, die das genauso sehen – ist in diesem Umfang in dem Konjunkturpaket nicht enthalten. Das haben wir kritisiert.Aber Sie erinnern sich vielleicht daran, Herr Kollege Schäfer-Gümbel

(Manfred Görig (SPD): Sie haben mobilisiert, dass es viele Schulden gibt!)

vielleicht telefoniert er gerade mit Herrn Steinmeier, ich weiß es nicht –, dass wir im Wahlkampf immer gesagt haben, wir werden den Bundesrat nicht zu Blockadezwecken instrumentalisieren. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wir haben nämlich erlebt, was passiert, wenn der Bundesrat zu Blockadezwecken instrumentalisiert wird.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das haben wir bei Roland Koch erlebt!)

Es war vor allem 1997, Herr Kollege Al-Wazir, als eine Bundesratsmehrheit unter der Führung von Oskar Lafontaine, damals noch SPD, gemeinsam mit Hans Eichel eine Steuerreform in Deutschland verhindert hat. Diese Steuerreform wäre damals dringend nötig gewesen. Wir leiden heute noch darunter, dass das nicht gekommen ist. Das haben Sie mit Ihren Truppen, gemeinsam mit der Sozialdemokratie und heute auch der LINKEN, zu verantworten.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deshalb lassen Sie einmal das parteipolitische KleinKlein mit Ihrem Antrag. Das ist alles in Ordnung, das kann ich auch verstehen. Es ist auch in Ordnung, dass Sie das schon so „früh“ genutzt haben. Klar ist aber, dass wir als Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen gemeinsam entscheiden werden und diesen Spagat gehen werden. Ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden werden. Sie brauchen sich keine Sorgen um uns zu machen. Ich finde das sehr nett von Ihnen, aber das machen wir schon selbst.Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Manfred Görig (SPD): Mal gucken, was herauskommt!)

Meine Damen und Herren, hinsichtlich des Konjunkturprogramms haben wir für unser Bundesland vor allem ein Ziel. Das will ich auch im Zusammenhang mit der Entschuldung und dem Abbau des Schuldenberges sagen:Wir werden jetzt Investitionen vorziehen, die wir dann aber in drei oder vier Jahren nicht machen können. Ich will es noch einmal klar sagen. Ich merke bei unseren Fachpolitikern parteiübergreifend, dass zurzeit der Wunsch besteht, dass wir das Investitionsvolumen weiter fahren können. Aber klar ist, dass das, was wir jetzt machen, eine einmalige Aktion ist.

Wir wollen die Konjunktur beleben. Wir wollen, dass in diesem Jahr der Konjunkturfaden nicht abreißt. Wir wissen, dass viele Wirtschaftszweige vor erheblichen Problemen stehen. Diese Konjunkturbelebung muss jetzt stattfinden.

Herr Kollege Al-Wazir, da bin ich wieder bei Ihnen. Sie haben gerade groß verkündet, man müsse lange über dieses Programm reden. Dieses Programm ist mittlerweile ein Selbstläufer geworden, auch in Kommunen, in denen die GRÜNEN mit in der Verantwortung sind, z. B. in Wiesbaden. Erklären Sie einmal Ihren Wiesbadener Kollegen, warum Sie noch monatelang debattieren wollen, während sie schon die Planungen machen. Das ist unehrlich und unredlich. Lassen Sie das sein.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wenn dieses Programm einen Sinn haben soll, dann muss es jetzt passieren.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Der Finanzminister hat in den vergangenen Tagen Gespräche mit den Kommunalen Spitzenverbänden geführt. Es ist nicht einfach, dort einen Mechanismus, einen Schlüssel zu finden, wie das Geld verwendet wird. Natürlich hat jeder eigene Interessen.Aber wir sagen zum größten Teil, dass wir in die Bildung, in die öffentliche Infrastruktur, auch in die Krankenhäuser – hier sind wir doch einer Meinung – investieren wollen. Das kann uns niemand vorwerfen. Wir haben in den Kommunen einen erheblichen Investitionsstau. Den versuchen wir mit diesem Programm zu beheben. Aber der zweite Schritt ist genauso klar wie der erste: Danach müssen wir das Geld wieder einsparen.Wir können es nicht zweimal ausgeben, und das ist das Motto dieser Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Aber neben der Tatsache, dass viele Marktwirtschaftler, auch soziale Marktwirtschaftler, bei diesem Konjunkturpaket Bauchschmerzen haben, weil man natürlich nur die Hoffnung haben kann, dass es die notwendigen Effekte

erzielt, müssen wir alles dafür tun – Stichwort: Hausaufgaben –, dass wir unsere eigenen Projekte vorantreiben. Das ist ein ganz zentraler Punkt, Herr Kollege SchäferGümbel; er betrifft den Ausbau des Frankfurter Flughafens.

Ich weiß und stelle das hier auch ausdrücklich fest, dass es drei Fraktionen in diesem Hause gibt – dazu zähle ich grundsätzlich auch die Sozialdemokraten –, die den Ausbau dieses Flughafens wollen. Wir wollen diesen Ausbau, weil wir wissen, dass der Staat eine Investition in Höhe von 7 Milliarden c – ich wiederhole es: 7 Milliarden c – überhaupt nicht stemmen könnte. Dieser Flughafen ist d e r Jobmotor in unserem Land.Auch wenn es die GRÜNEN nicht begreifen: Wir wären mit dem Klammersack gepudert, dieses Projekt zum Scheitern zu bringen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Die Menschen können sich darauf verlassen – das ist einer der positiven Nebeneffekte des Wahlausgangs –, dass wir mit dem Flughafenausbau Arbeitsplätze sichern und dass weitere Arbeitsplätze dazukommen werden. Das ist der Effekt, den diese Landesregierung erzielen will. Wir wissen, dass hier nach Recht und Gesetz gehandelt wird – wir werden nachher noch über die Frage reden, was „nach Recht und Gesetz“ bedeutet, Frau Kollegin Wissler –,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Unverschämtheit, Herr Rentsch!)

und wir wissen auch, dass diese Investition nach Recht und Gesetz umgesetzt wird. Deshalb sage ich: Die Entscheidung des VGH, dass mit dem Bau begonnen werden kann, ist, auch wenn es eine vorläufige Entscheidung ist, ein Ausfluss des Rechtsstaats. Das ist eben der Unterschied zur Anarchie: In Deutschland und in Hessen entscheiden Gott sei Dank immer noch Gerichte und nicht außerparlamentarische Gruppen, die meinen, sie wüssten alles besser.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Recht und Gesetz sind für diese Landesregierung Maßstab ihres Handelns. Herr Kollege Schäfer-Gümbel, ich denke, dass Sie sich dieser Feststellung uneingeschränkt anschließen können, denn ich weiß, dass Sie das genauso sehen. Ich hoffe, dass wir auch dann eine Mehrheit in diesem Hause finden, wenn es darum geht, das klarzustellen.

(Zuruf von der SPD: Sie haben die Mehrheit!)

Eine Mehrheit, die Sie gerne ergänzen können. Das zu tun wäre in dieser Frage sinnvoll, auch um zu zeigen, dass die Sozialdemokraten weiterhin hinter dem Flughafenausbau stehen und solche Spielchen, wie sie die LINKEN hier heute machen, nicht unterstützen. Das wäre eindeutig das richtige Zeichen, Herr Kollege Schäfer-Gümbel.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Der Bereich Bildung ist ein zentraler Punkt der Landespolitik. Die Bildungspolitik hat in Hessen Wahlen entschieden – so oder so.Wir sind sehr sicher, dass es mit Dorothea Henzler in der Bildungspolitik aufwärtsgeht. Ich glaube, dass die Landesregierung weiß, wie wichtig der Bereich Bildung ist. Das sieht man an den Investitionen im Rahmen von HEUREKA, das sieht man an den Schulprogrammen, die wir umsetzen wollen. Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Schulpolitik vornehmen. Man sieht es aber auch daran, dass wir Leistungen und Modelle, die unüblich sind, unterstützen. Ein Beispiel: Die

Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben Ja dazu gesagt, die European Business School nach Hamburger Vorbild mit einer Law School zu unterstützen. Das halte ich für richtig.

Ich glaube, dass wir auch andere Wege gehen müssen. Ich glaube außerdem, dass es richtig ist, dass wir nicht nur auf öffentliche Hochschulen, sondern auch auf private Hochschulen setzen. Diesen Mix brauchen wir. Das zeichnet Hessen aus.

Beim Thema Schule habe ich Ihnen angeboten, nicht mehr über Hartmut Holzapfel zu sprechen. Das liegt auch daran, dass ich unter seiner Ägide Abitur gemacht habe.

(Günter Rudolph (SPD): Das macht ja nichts! – Heiterkeit)

Die einen sagen so, die anderen so. Daher bin ich vorsichtig und möchte das nicht selber beurteilen.

(Heiterkeit – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):Was heißt das jetzt?)

Die Diskussion um Hartmut Holzapfel zeigt eines: Wir führen seit Hartmut Holzapfel – seine Vorstellungen finden sich auch in dem Koalitionsvertrag, den Rot-RotGrün abgeschlossen hat –, einen Schulkampf. Ich fordere Sie offen auf: Beenden Sie endlich den Schulkampf in Hessen. Die Eltern, die Schüler und die Lehrer sind es leid,

(Beifall bei der FDP und der CDU)

dass wir immer wieder in diese ideologische Kiste einsteigen und den Menschen erklären wollen: Das ist das falsche Modell, wir brauchen ein ganz anderes. – Sie hatten vor, die Gemeinschaftsschule finanziell zu füttern und andere Schulsysteme dadurch ausbluten zu lassen. Das ist ein alter Trick. Das haben wir bei Ihnen schon einmal erlebt. Das ist nichts Neues. Ich bin froh, dass das nicht Realität geworden ist. Wir können gerne über das debattieren, was wir hier machen, wir können über die richtigen Wege inhaltlich streiten. Aber akzeptieren Sie, dass wir zwei unterschiedliche Schulformen in Hessen haben, die wir erhalten wollen. Wir wollen keinen neuen Schulkampf. Der ist mit uns beendet.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Die Eltern können sich darauf verlassen, dass beide Systeme Bestand haben, dass sie sich entscheiden können, welches System ihnen besser gefällt. Sie bekommen von uns auch die Garantie, dass diese Systeme in ihrer Grundstruktur nicht verändert werden.

Für uns Liberale ist entscheidend – das gilt für die gesamte Landesregierung –, dass alle Kinder am Anfang ihrer Schullaufbahn die Möglichkeit bekommen, ihre Startchancen zu nutzen. Wir wissen, dass diese Startchancen aufgrund des familiären Umfelds häufig sehr unterschiedlich sind. Die Kinder können nichts dafür, wenn ihre Eltern nicht bildungsaffin sind, wenn diese vielleicht nicht die Zeit haben, sich um die Förderung ihrer Kinder zu kümmern. Deshalb wollen wir gerade die frühkindliche Bildung verbessern und den Schritt in die Grundschule vereinfachen.