Noch einmal: Vertrauen ist das Fundament der neuen Landebahn, und dieses Vertrauen hat nicht die hessische Sozialdemokratie gebrochen, sondern der Ministerpräsident durch mehrfache Erklärung.
Ich habe eben gesagt, das Thema Infrastruktur erschöpft sich nicht mit dem Thema Flughafen.Ich sage Ihnen:Auch Ihre Antworten zum Thema Nordhessen bleiben deutlich hinter unseren Erwartungshaltungen zurück. Es gibt interessante Verweise aus den Auswertungen des Vergleichs des Koalitionsvertrages von Rot-Grün mit dem, was Sie vorgelegt haben. Interessant sind dabei insbesondere die Formulierungen zur A 44 und zur A 49. Noch im Jahr 1998 haben Sie erklärt, ab dem Tag Ihres Amtsantritts werden die Bagger rollen.
Die rollen dort bis heute nicht. Und ich bin nicht ganz zuversichtlich, dass sie bis zum Ende Ihrer jetzigen Amtszeit rollen werden.
Aber Sie haben nicht nur für Nordhessen – außer diesen beiden Autobahnprojekten und dem Projekt Kassel-Calden – keine Antwort, Sie haben vor allem für das RheinMain-Gebiet keine Antwort.
Es überrascht mich nicht, dass Sie zum Thema RheinMain und zu der Frage, wie sich diese Region neu aufstellt, sich neu positioniert, welche Rolle beispielsweise das Thema Internationale Bauausstellung dabei spielen kann, kein Wort gesagt haben.
Herr Milde, ich weiß, es steht in der Koalitionsvereinbarung. Sie sind ein engagierter Verfechter der Internationalen Bauausstellung, und wie Sie wissen, haben Sie darin meine absolute Unterstützung.
Aber es fällt auf. Viele in der Region sagen, das ist das große Projekt, oder das kann das große Projekt sein, das die Region ein Stück weit zusammenführt und eine neue Perspektive für die Region formuliert – und der Ministerpräsident erwähnt das mit keinem Wort. Auch die Internationale Bauausstellung hat für das Rhein-Main-Gebiet eine Geschichte.
Als ich das gestern im Koalitionsvertrag gelesen habe, musste ich ein bisschen grinsen. Dort steht, das Terminal 3 soll CO2-neutral und umweltbewusst gebaut werden. Ich musste deshalb grinsen, weil in der berühmt-berüchtigten Machbarkeitsstudie zur Internationalen Bauausstellung „der grüne Flughafen“ stand. Der ist dann ganz schnell verschwunden,denn das war ein Bild für etwas,was in dieser Form nicht umzusetzen ist.
Der entscheidende Punkt wird sein, ob Sie das wirklich ernst meinen, was Sie dort beschrieben haben. Mir fehlt der Glaube daran,dass Sie wirklich bereit sind,dieses Projekt der Rhein-Main-Region auch gegen die inneren Widerstände dort umzusetzen.
Sie haben Herrn Banzer als einen Ihrer Hauptkritiker ins Kabinett geholt, um ihn einzubinden. Jetzt haben Sie ihn in die nächste Rolle abserviert. – Herr Banzer wechselt schon den Platz. Herr Banzer, Sie dürfen ruhig hier vorne sitzen bleiben.
Auf das Thema Rhein-Main geben Sie keine Antwort.Die Formulierung im Koalitionsvertrag, dass Sie das Ballungsraumgesetz evaluieren wollen, halten wir nach den Erfahrungen der Evaluierungen der letzten fünf Jahre eher für eine Bedrohungslage.
Das wird wahrscheinlich getreu dem Motto: „Was mir nicht passt,das kommt nicht rein“,gleich wieder versenkt,
weil es nicht ernst gemeint ist.Das Ballungsraumgesetz ist gescheitert. Sie werden mit dem Durchwursteln auch in der Rhein-Main-Region nicht durchkommen.
Mit dem Begriff „Durchwursteln“ bin ich beim Punkt der Gerechtigkeit. Wir haben – schon auch mit Verbitterung, das will ich ohne Weiteres zugestehen – zur Kenntnis genommen, dass Sie nun sogar, nachdem Frau Lautenschläger mit der „Operation düstere Zukunft“ die Sozialpolitik des Landes nahezu vollständig abgewickelt hat,zumindest was Frauenhäuser, soziale Brennpunkte, Migrantenberatung und vieles andere mehr angeht, die Bezeichnung „Soziales“ aus dem Namen dieses Ministeriums gestrichen haben.
Sie sind wenigstens an diesem Punkt konsequent und ehrlich, weil die Themen Soziales und Armutsbekämpfung für Sie nicht einmal gedanklich eine Rolle spielen. Insofern sind Sie sehr konsequent. Ich sage Ihnen dennoch: Das, was Sie hier treiben, ist nicht in Ordnung. Ich habe mir gestern Abend noch einmal die Entwicklung der Tafel-Projekte in Hessen angeschaut. Sie wissen, dass dieses Thema zwei-, dreimal eine Rolle gespielt hat; und die Tafeln sind sozusagen der brutalstmögliche Hinweis darauf, wie wir in diesem Land mit Armut umgehen
In den letzten 13 Monaten sind in Hessen sieben weitere Tafel-Projekte entstanden. Es gibt in Hessen nun insgesamt 54 Tafel-Projekte. Das sind 54 Stellen in Hessen, die uns dokumentieren – damit meine ich uns alle –, dass es in diesem Land eine Entwicklung gibt,vor der wir die Augen nicht verschließen dürfen.
Es gibt eine Gerechtigkeitslücke; und Armutsbekämpfung ist auch eine Landesaufgabe. Dazu müssen Sie sich endlich bekennen.
Herr Banzer, da hilft es nichts – wie wir das in den letzten fünf Jahren erlebt haben,und das formuliere ich jetzt auch als Erwartungshaltung an Sie –, lediglich über die PR-Abteilung mit paar schönen neuen Wettbewerben, ein paar schönen neuen Flyern und der einen oder anderen Stiftungsinitiative zu versuchen, Aktivität zumindest darzustellen. Sie werden das Thema Armutsbekämpfung in Hessen offensiv angehen müssen, weil Armut auch in Hessen stattfindet.
Herr Koch hat vor sechs Jahren in seiner Regierungserklärung gesagt, dass die Familienpolitik einen neuen Stellenwert bekomme und dass Hessen das Land der Tagesmütter werde. Heute haben Sie wieder angekündigt, dass das Thema Familie erneut eine große Rolle spielen wird. Das Problem Ihrer Bilanz ist wiederum, dass wir von Ihnen nicht immer nur schöne Worte in Regierungserklärungen hören wollen.Wir wollen, dass Ihren Worten endlich Taten folgen.
Entschuldigung, Herr Rentsch, familienpolitisch hat Hessen nichts vorzuweisen. – Sie hinken im Vergleich zu allen anderen hinterher; und ich bin sehr gespannt, ob Sie das in der Zukunft abstellen werden.
Zur Gerechtigkeitsfrage sage ich Ihnen – das ist eine wichtige Überleitung zum Thema Haushalt und Finanzen –: Wir werden am Ende des Tages irgendwann auch über die Frage reden müssen, wer diese Dinge eigentlich bezahlt, über die wir hier reden.
Das ist in der Tat die schwierigste Variante, denn an dieser Stelle kann man sich nicht immer nur durchmogeln. Die Kommentare über die Finanzpolitik von Herrn Weimar in der „FAZ“ sind schon legendär. Aber man wird sich am Ende des Tages als Land nicht darum herummogeln können, zu erklären, woher das Geld kommen kann.
Ich sage Ihnen: Mir reichen die vier Grundrechenarten aus, um festzustellen, dass das, was Sie in Ihrem Koalitionsvertrag stehen haben und was in den letzten Tagen auch die Intention für die Frage des Umgangs mit dem Konjunkturprogramm war, nicht funktioniert. Sie können nicht einerseits sagen, dass die Steuern runter müssten, und die Ausgaben andererseits verbleiben auf hohem Niveau. Das funktioniert nicht.
Wenn das gleichzeitig bedeutet, dass Sie die Steuertarife für bestimmte Berufsgruppen absenken wollen und dass es da die eine oder andere Übereinstimmung geben könnte, dann werden Sie am Ende des Tages eben auch die Fragen beantworten müssen: Was heißt das denn für die Besteuerung höherer Einkommen? Was heißt das denn für die Solidarbeiträge derjenigen, die in den letzten Jahren gut, noch viel besser oder am meisten verdient haben? Müssen sich auch diejenigen, die die Profiteure dieser Situation waren, an den Auswirkungen finanziell beteiligen?
Hierzu sind Sie bisher – auch im Wahlkampf – jede Antwort schuldig geblieben. Sie haben immer nur gesagt: Nein, das wollen wir nicht; wir machen das über die Verschuldung.– Auch das ist Gegenstand des Konjunkturprogramms.Auch im Hinblick auf das Stichwort „Generationengerechtigkeit“ bleiben Sie in der Tat die Antwort schuldig, wie es weitergehen soll.Auch zur Börsenumsatzsteuer und vielem anderen mehr höre ich aus Ihren Reihen immer nur: Nein, das geht nicht. Das wollen wir nicht. – Hierzu gibt es interessante Zitate. Fakt ist, dass die vier Grundrechenarten ausreichen, um festzustellen, dass das, was wir hier alle miteinander veranstalten, am Ende des Tages nicht aufgeht.
Herr Koch, Sie haben während Ihrer Amtszeit in Hessen mindestens fünf Haushalte vorgelegt – fünf Haushalte,die alle verfassungswidrig waren.