Zuwanderung ist eine der kontinuierlichen Herausforderungen und zugleich eine der wichtigen Bereicherungen
in unserem Land. Die Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Hessen wird auch in Zukunft eine Aufgabe sein, für die wir auf der Basis des Erfolges der Vergangenheit arbeiten. Dass wir bei der Integration von ausländischen Mitbürgern besonders erfolgreich sind, haben uns kürzlich wieder unabhängige Sachverständige bestätigt.In der Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung wird gesagt, dass wir dabei als bestes deutsches Flächenland abgeschnitten haben. Die umfangreiche Aufgabe der Koordinierung der Integrationsmaßnahmen in Hessen wird nun erstmals innerhalb der Landesregierung auf ein einziges Fachressort konzentriert. Sie taucht auch namentlich in der Ressortbezeichnung auf.
Mit dieser Bündelung von Kompetenzen wird die Hessische Landesregierung ihre Aktivitäten auf dem Gebiet der Integration weiter verstärken. Darum werden wir im Spätsommer 2009 erstmals zu einer Integrationskonferenz einladen.
Ein wesentlicher Schlüssel für die erfolgreiche Integration ist die Beherrschung der deutschen Sprache. In der Vermittlung von Deutschkenntnissen, insbesondere vor Eintritt in die Grundschule, liegt deshalb auch weiterhin ein großer Schwerpunkt unserer Integrationspolitik.
Wir werden uns außerdem erneut darum bemühen,mit legitimierten Ansprechpartnern eine Vereinbarung über die Erteilung islamischen Religionsunterrichts in deutscher Sprache zu erreichen.
(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD) – Günter Rudolph (SPD): Was sagt Herr Irmer dazu? Herr Irmer, aufpassen!)
Sodann müssen wir entscheiden, ob die Rahmenbedingungen für einen verfassungsgemäßen bekenntnisorientierten Religionsunterricht vorliegen oder ob wir eine verbindliche religionskundliche Unterweisung anbieten werden. Diese Entscheidung wird in dieser Legislaturperiode getroffen.
Die Hessische Landesregierung wird an dem im vergangenen Jahr von ihr eingeführten Prinzip festhalten, zentrale Herausforderungen, die eine herausgehobene Bedeutung haben, überparteilich und mit Experten zu diskutieren und einer konkreten Lösung zuzuführen. Zu diesen Projekten gehören die Arbeiten der Expertenkommission zur Strukturreform des Kommunalen Finanzausgleichs. Zu diesen Projekten gehört auch die Diskussion über eine Schaffung eines Hauses der Geschichte, wie es dem Hessischen Landtag schon in den ersten Ansätzen vorgelegt wurde. Zu diesen gemeinsamen Projekten gehört auch, dass wir Wege der Modernisierung des Dienstrechtes konsequent weiterverfolgen werden. Das gilt sowohl für das Recht der Beamtinnen und Beamten als auch für das Tarifrecht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Föderalismusreform hat unsere Gesetzgebungskompetenzen als Bundesland beim Laufbahn-, Besoldungsund Versorgungsrecht der Beamtinnen und Beamten ausgeweitet und ermöglicht es uns, durch die Stärkung des Leistungsprinzips und die Förderung von Flexibilität und Mobilität, aber auch durch eine Verbesserung der Familienfreundlichkeit der Arbeitsbedingungen, den öffentlichen Dienst auf die Herausforderungen der Zukunft vorzubereiten.
Voraussichtlich Mitte des Jahres wird die Mediatorengruppe einen Bericht vorlegen. Die daraus zu ziehenden gesetzgeberischen Konsequenzen werden wir im Dialog mit den Fraktionen sowie den beteiligten Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften auf eine möglichst breite Grundlage des Konsenses stellen.
Ich sage an dieser Stelle ausdrücklich: Selbstverständlich wird es viele Gesetze geben, die hart nach den Landtagsmehrheiten abgestimmt werden, danach, wer Regierung und wer Opposition ist. Es ist aber das nachdrückliche Interesse der Landesregierung, das neue grundlegende Beamtenrecht für unser Land mit einer Mehrheit zu verabschieden,die nicht davon geprägt ist,wer die Regierung und wer die Opposition stellt, wie das bei dem Beamtengesetz in der Vergangenheit auch der Fall war. Meine Damen und Herren, deswegen setzen wir große Erwartungen in die Arbeit der Mediatorengruppe, die aus allen politischen Kräften zusammengesetzt ist.
Entsprechendes zum Thema Fortentwicklung des Arbeitsrechts gilt auch und gerade für das Tarifrecht. Nach dem Austritt aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder können und werden wir selbständig und eigenverantwortlich mit den Gewerkschaften verhandeln. Dass wir mit den Gewerkschaften entgegen mancher öffentlichen Darstellung konstruktiv und zielorientiert verhandeln, haben wir mehrfach unter Beweis gestellt, so etwa im Tarifvertrag mit der Ärztegewerkschaft Marburger Bund aus dem Jahre 2006 – ohne dass es, wie in den übrigen Bundesländern, bei uns zu Streikmaßnahmen gekommen ist.
Ziel der Landesregierung in den laufenden Tarifverhandlungen ist es, zu sachgerechten tarifvertraglichen Lösungen zu gelangen, die mit den finanziellen Ressourcen des Landes vereinbar sind und zugleich den Interessen der Beschäftigten Rechnung tragen. Neben der reinen Einkommenserhöhung – die natürlich auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betrifft, wie alle anderen in Deutschland – spielen zusätzliche Aspekte, wie etwa die Schaffung familienfreundlicher Arbeitsbedingungen und leistungsgerechte Bezahlung, eine große Rolle.
Das wird für die innere Verwaltung und das Zusammenwirken der inneren Verwaltung genauso wichtig sein wie die Strukturen, die wir organisatorisch schaffen, etwa mit der neuen Verwaltungssteuerung, die wir gemeinsam mit dem Parlament zielgerichtet zu einem effizienten Steuerungs- und Kontrollmechanismus ausbauen wollen. Es wird dabei notwendig sein, Anpassungen und Vereinfachungen im System vorzunehmen und insbesondere das Controlling zu einem modernen Führungsinstrument weiterzuentwickeln. Das wird manche Diskussion zur Folge haben, weil jede Vereinfachung zunächst auch eine Verallgemeinerung und eine geringere Kontrolldichte des Parlaments bedeutet. Die Rechte der Verwaltung und die Rechte des Parlaments auf effiziente Kontrolle zu verbinden, ist eine der Herausforderungen der nächsten Jahre.
Wir halten es für entscheidend, dass die ein Jahrzehnt langen Vorbereitungen für die Erstellung einer Landesbilanz zur Herstellung eines nach kaufmännischen Gesichtspunkten transparenten Ausweises der Vermögenslage des Landes Hessen führen. Dazu werden wir in dieser Legislaturperiode in der Lage sein.Wir werden sie durch unabhängige Wirtschaftsprüfer kontrollieren lassen. Ich bin sicher: Sie werden in Zukunft einen wichtigen Beitrag zu der Diskussion über die Finanzpolitik und die finanziellen
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Dynamik des wirtschaftlichen Abschwungs, über den ich eingangs sprach, wird uns anhand der Meldungen des letzten Tages deutlich: eine um 10 % eingebrochene Industrieproduktion in den letzten zwölf Monaten; Auftragsrückgänge in der Industrie um mehr als 25 % im Jahresvergleich, bei manchen 50 %; der Rückgang des deutschen Bruttoinlandsprodukts um 2,1 % allein im vierten Quartal 2008 im Vergleich zum entsprechenden Vorquartal; ein zu erwartender Einbruch der gesamten Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2009, also jetzt, um mindestens 4 % im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres; und – trotz einer hoffentlich in der zweiten Jahreshälfte einsetzenden Erholung – ein Minus beim Bruttoinlandsprodukt, das wir im Augenblick in unseren Planungen mit 2,5 % veranschlagen.
Jedem in diesem Haus ist klar, dass in Anbetracht dieser Zahlen die mittelfristige Finanzplanung aller Haushalte in Bund und Ländern schlagartig über den Haufen geworfen ist. Einerseits sind wegbrechende Steuereinnahmen in beträchtlichem Ausmaß absehbar. Sie haben Hessen als einziges Bundesland bereits im letzten Jahr getroffen, weil sich die besondere Vernetzung des internationalen Standorts und die besondere Reaktionsgeschwindigkeit des Finanzplatzes in einer Finanzkrise insbesondere bei unseren Eingängen in der Körperschaftsteuer und bei unseren Rückforderungsansprüchen von Unternehmen an die Körperschaftsteuerkasse widerspiegeln.
Zusätzlich zu diesen konjunkturbedingten Steuermindereinnahmen, die sich für die Jahre 2009 und 2010 – immer noch unter dem Risiko einer schlechter werdenden Steuerschätzung im Mai – auf mehr als 1 Milliarde c gegenüber der Steuerschätzung vom Mai letzten Jahres belaufen werden, unterliegt der Haushalt weiteren Belastungen: durch geringere Einnahmen infolge der Konjunkturpakete I und II des Bundes, durch die Folgen des Urteils zur Pendlerpauschale sowie durch das Urteil zur steuerlichen Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge ab dem Jahr 2010. Dadurch werden erneut beachtliche Löcher nicht nur in die Bundeskasse, sondern auch in die Landeskassen gerissen.
Zudem sprechen wir gerade heute auch darüber, dass wir, nicht zuletzt um die Folgen dieser Krise zu mildern und sie kürzer werden zu lassen, aufgrund unserer eigenen fiskalischen Interessen zusätzliche Konjunkturpakete und Sonderinvestitionsmaßnahmen beschließen,die sicherlich parteiübergreifend Zustimmung finden, die aber trotzdem Geld kosten.
Das zusammengenommen führt dazu, dass ein ausgeglichener Haushalt einschließlich des Jahres 2011 nicht mehr möglich ist.
Ungeachtet dieser, durch die weltweite Wirtschaftskrise ausgelösten und unvorhersehbaren Belastungen haben die Fraktionen von CDU und FDP in ihrer Koalitionsvereinbarung grundsätzliche Weichenstellungen in der Haushalts- und Finanzpolitik des kommenden Jahres verabredet. Es geht, nicht zuletzt auch im Rahmen der Beratungen der Föderalismuskommission der letzten Tage, um einen Paradigmenwechsel in den nächsten fünf Jahren in allen öffentlichen Haushalten in Deutschland, aber eben nicht nur bei anderen, sondern auch und möglicherweise in besonderer Weise bei uns.
Die außergewöhnlichen Defizite der kommenden Jahre dürfen nichts daran ändern, das Ziel aufrechtzuerhalten, die Neuverschuldung so schnell wie möglich zu beenden.
(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) – FrankPeter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein Hohn! – Gegenruf von der CDU: Dass Sie das sagen!)
Auf die Bemerkungen aus den Reihen der Opposition habe ich in einer gewissen Weise gewartet;das gebe ich zu.
(Günter Rudolph (SPD):Weil sonst nichts los ist! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dass Sie die Opposition für lebendige Reden brauchen, ist klar!)
Sehr verehrter, sehr lauter Herr parlamentarischer Geschäftsführer Rudolph, ich habe das eingangs erwähnt:
Sie haben die besondere Chance gehabt, schon vor einer Landtagswahl den Bürgerinnen und Bürgern den Entwurf einer Koalitionsvereinbarung vorzulegen.
(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das war ein großer Vorteil für uns! – Günter Rudolph (SPD):Wenn man versteht, was darin steht!)
Das gibt manchmal wirklich eine gute Vergleichsmöglichkeit. Zu den geschichtlichen Besonderheiten dieser Koalitionsvereinbarung wird gehören, dass Sie sich zwar bei den Ausgaben vergleichsweise kreativ bewegt haben, dass Sie aber den Teil der Finanzpolitik und der Konsolidierung des Haushaltes, auch nur die Frage, wie Sie die Jahre 2009 und 2010 bestehen wollen, vollständig ausgeblendet haben.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Nichts gesagt! – Norbert Schmitt (SPD): Schlicht unwahr, typisch Koch!)
Der Unterschied zwischen Ihrer programmatischen Vorbereitung der gescheiterten Regierungsübernahme und dieser Regierungserklärung, die ich im Namen der gewählten Regierung abgebe, ist nicht der, dass wir beide vor gewaltigen finanzpolitischen Herausforderungen stehen. Der Unterschied ist, dass Sie sich weggeduckt haben und wir uns diesen Herausforderungen stellen.
Deshalb sage ich in der gebotenen Klarheit: Es steht völlig außer Frage, dass ein zu erwartendes Defizit von mehr als 2 Milliarden c in dem Haushalt dieses und des nächsten Jahres besondere und einschneidende Maßnahmen erfordert, die insbesondere die Ausgabenseite betreffen. Neue Steuern und Abgaben werden wir nicht einführen. Mit CDU und FDP soll es keine zusätzliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger geben.
Meine Damen und Herren,wir begrüßen ausdrücklich die grundsätzliche Einigung in der Föderalismuskommission II über die Schuldenbremse und werden diese mittragen. Wir gehen davon aus, dass es zu dieser Einigung und damit auch zu einer entsprechenden Änderung der Normen im Grundgesetz kommt. Das enthebt uns nicht davon, sondern es motiviert uns geradezu dazu, dass wir das auch in unserer Verfassung anpassen müssen. Eine Änderung unserer Hessischen Verfassung bedeutet nicht nur eine Beratung im Parlament, sondern auch das Abstimmen
Wir werden dabei als Landesregierung sehr offen alle Aspekte der Folgen eines solchen Verschuldensverbotes kommunizieren. Es bedeutet eben auch die Bereitschaft, vermeintlich oder tatsächlich für notwendig gehaltene Konsumausgaben in einer Generation dann nicht vorzunehmen, wenn man nicht gleichzeitig bereit ist, mehr dafür zu bezahlen, aber jedenfalls nicht, indem man die nächste Generation damit belastet. Jede Bürgerin und jeder Bürger in Hessen werden mit ihrer Entscheidung mitbestimmen, wie wir den künftigen Generationen diesen Handlungsspielraum gewährleisten.
Ich will ausdrücklich sagen, und ich komme sofort darauf: Wir müssen dabei eine Menge eigener Hausaufgaben lösen. Aber im Zusammenhang mit der Verschuldensfrage wird das Bundesland Hessen auch die besonderen Bedingungen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erörtern müssen.
Wir haben größere Aufwendungen, um das Bruttosozialprodukt pro Kopf zu erarbeiten, etwa an den Randbedingungen der Wissenschaft. Wir bekommen keine zusätzlichen Möglichkeiten, das zu finanzieren, aber geben den Mehrwert, aus dem wir das finanzieren sollen, in erheblichem Umfang an andere ab.Wir werden das überprüfen – bis hin zu der Frage, ob am Ende der Überprüfung die Verfassungsgemäßheit der Regelung infrage steht.
Aber das ist nicht der erste Schritt, sondern der erste Schritt ist,sich mit einem Maßnahmenbündel in der Haushalts- und Finanzpolitik, mit einer strikten Ausgabenbegrenzung um unseren eigenen Haushalt vor Ort zu kümmern.
Dazu zählt z. B., und das ist nicht nur mit Vergnügen verbunden, dass wir im Rahmen unserer politischen Schwerpunktsetzungen zusätzliche Personalstellen in den Bereichen Bildung und innere Sicherheit schaffen, zugleich aber verbindlich verabredet haben, die Zahl der Stellen im Landeshaushalt im Verlauf der Legislaturperiode insgesamt nicht zu erhöhen. Ohne die Begrenzung der Personalkostenquote werden wir jeder künftigen Generation den Spielraum nehmen, Investitionen in die Zukunft des Landes unter ihren Bedingungen zu treffen. Deshalb werden wir langfristig diese Personalkostenquote reduzieren müssen.
Genauso klar muss man sagen: Die hessischen Sonderinvestitionsprogramme, die wir jetzt auflegen, die Konjunkturpakete I und II sind der Einstieg in eine antizyklische Investitionspolitik des Landes. Das bedeutet aber auch: Wenn es denn besser wird, muss die Investitionsquote sinken.Wir können jetzt nicht einen Maßstab setzen, an dem wir uns jedes Jahr messen lassen.Das Jahr der Krise ist ein besonderes Jahr, und wir müssen danach wieder ein Stück zurücksparen; sonst sind alle Sätze, die wir als Begründung dieser Programme sagen, hohle Phrasen gewesen. Das wollen wir nicht, und das werden wir in der Politik dieser Landesregierung nicht verantworten.