Was wäre das für eine Regierung, die das größte Problem in der Verkehrspolitik nicht darin sähe, Warnschilder vor Radaranlagen aufzustellen,
sondern sich tatsächlich um den Dauerstau der Pendler im Rhein-Main-Gebiet kümmern und auf einen Ausbau des Bus- und Bahnverkehrs setzen würde; denn anders wird auch das Autofahren im Ballungsraum auf Dauer nicht mehr möglich sein. Ein Grund, zu wechseln, meine Damen und Herren.
Was wäre das für eine Regierung, die tatsächlich ein verlässliches soziales Netz für die Menschen in unserem Land knüpfen würde, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, die hingefallen sind, die Probleme haben, die Beratung in ihrer familiären Situation brauchen. Was wäre das für eine Landesregierung, die ein Sozialbudget hätte, die den vielen Initiativen Planungssicherheit gäbe und den Menschen in unserem Land, die Hilfe brauchen, Hilfe leistete. Da lohnt es doch, zu wechseln, meine Damen und Herren.
Was wäre das für eine Regierung, die zu einem wertschätzenden Umgang mit den Beschäftigten in unserem Land zurückfände, die in die Tarifgemeinschaft der Länder zurückkehrte, für die Beteiligungsrechte, Personalvertretungsrechte nicht lästige Pflicht wären, sondern die die Meinung der Beschäftigten in unserem Land ernst nähme und wertschätzte. Dafür lohnt es doch, zu wechseln, meine Damen und Herren.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was machen Sie in Ihren Ländern mit den Tariferhöhungen? – Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Aber keine Tariferhöhungen umsetzen! – Weitere lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)
Was wäre es für ein Fortschritt für unser Land, wenn Frau Kühne-Hörmann nicht mehr Wissenschaftsministerin wäre und wir endlich jemanden hätten, der sich für die Hochschulen wirklich interessiert. Ein weiterer Grund zum Wechseln.
Was wäre es für ein Fortschritt für unser Land, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr mit einer vor Arroganz triefenden Landesregierung konfrontiert wären,
sondern wenn wir eine Landesregierung hätten, die Bürgerbeteiligung und Transparenz organisierte. Dafür lohnt es zu wechseln, meine Damen und Herren.
Wir haben hier erlebt, dass Abgeordnete von CDU und FDP über das geredet haben, was ihrer Meinung nach in den Programmen der anderen steht.
Ich habe Ihnen beschrieben, was tatsächlich drinsteht. Jeder hat die Wahl. Sie haben nichts zu liefern; wir haben eine Idee für unser Land. Glück auf, Hessen wechselt!
Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Für die Landesregierung spricht Staatsminister Dr. Schäfer. Bitte schön.
Sehen Sie. – Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir nicht ganz sicher, ob uns dieser Setzpunkt nicht die Gelegenheit gibt, ein Stück weit über die Effektivität unserer politischen Arbeit nachzudenken.
Frau Wissler, Ihr Setzpunkt hat dazu geführt, dass Sie und die Kollegen aus nahezu allen anderen Fraktionen ihre Wahlkampfreden üben durften, allerdings vor einem besonderen Publikum. Die Öffentlichkeit war weitestgehend nicht vertreten, die Presse auch nicht. Es wird also niemand darüber schreiben. Sie haben die Rede vor einem Publikum gehalten – vor diesem Kreis –, bei dem die Chance, jemanden zu überzeugen, nicht so hoch war, wie sie es möglicherweise gewesen wäre, wenn Sie das zur selben Zeit auf der Straße gemacht hätten. Daran, dass uns die Auswahl dieses Setzpunkts wirklich weitergebracht hat, zweifele ich also ein wenig.
(Norbert Schmitt (SPD): Dann können Sie doch jetzt etwas dazu sagen! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt, wo wir unter uns sind!)
Sie wissen, dass wir über alle unsere Daten immer sehr transparent mit Ihnen diskutieren – bis an die Grenze Ihrer kognitiven Fähigkeiten. Deshalb ist es überhaupt kein Problem, hier darüber zu diskutieren.
Wenn Sie jetzt wieder ruhig werden, ist alles gut. – Zu einem Punkt will ich noch eine Bemerkung machen: In der Überschrift des Setzpunktes findet sich das Stichwort „UmFairTeilen“. Ich unterstelle jetzt einmal für eine Sekunde, die Zielvorgabe, die Sie machen, nämlich in der Gesellschaft zusätzlich Geld umzuverteilen, ist notwendig und richtig. Ich stelle diese Hypothese nur eine Sekunde lang auf, um das an dem zu messen, was Sie am Ende wirklich vorhaben, und zu sehen, ob man das damit erreichen kann.
Wenn Sie in Ihren steuerlichen Plänen beispielsweise das Ehegattensplitting für bereits bestehende Ehen angreifen, gehen Sie das Risiko ein, dass Sie damit nicht nur die Spitzenverdiener treffen, wie Sie es zu tun vorgeben, sondern auch diejenigen, die die Mitte der Gesellschaft ausmachen, und vor allem die Niedrigverdiener. Wenn Sie die Beitragsbemessungsgrenzen der Kranken- und der Pflegeversicherung anheben, treffen Sie Menschen, die sicherlich noch nicht zum Kreis der Spitzenverdiener gehören, sondern eher die Mitte der Gesellschaft ausmachen.
Im Zusammenhang mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz formulieren Sie diesen schönen Satz: Was man essen und lesen kann, soll ermäßigt besteuert werden, alles andere nicht. – Das führt im Umkehrschluss dazu, dass der öffentliche Personennahverkehr plötzlich unter der Last eines vollen Mehrwertsteuersatzes leidet. Dann sind die, die behaupten, sie setzten sich für den öffentlichen Personennahverkehr besonders ein, plötzlich diejenigen, die für eine massive Verteuerung sorgen. Das trifft wieder in besonderer Weise Menschen mit niedrigem Einkommen.
Ich will die gestrige Debatte über die 450-€-Jobs und darüber, wen das in besonderer Weise treffen würde, gar nicht wiederholen. Ich will nur darauf hinweisen, das Hauptrisiko ist, dass, wenn diejenigen, die vorgeben, sie wollten die Umverteilung von oben nach unten realisieren, die Chance bekämen – beachten Sie die Aneinanderreihung von Konjunktiven –, das umzusetzen, am Ende ein Schaden in der Mitte der Gesellschaft angerichtet würde, vor allem bei den Menschen, die wenig haben. Es war mir wichtig, darauf hinzuweisen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Staatsminister Schäfer. – Herr Dr. Wilken von der Fraktion DIE LINKE hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Minister, die Entscheidung darüber, worüber wir in diesem Parlament diskutieren, können Sie ruhig uns überlassen.
Mir und meiner Fraktion geht es nicht nur in diesem Punkt, sondern immer darum, dass wir sowohl in diesem Haus als auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern klar und deutlich sagen, was ist und wo wir, die Partei und die Fraktion, stehen.
Ich will mich nicht an der Wahlarithmetik, die von einigen meiner Vorredner in diesem Teil der Debatte betrieben worden ist, beteiligen. Aber ich will auf eine Gefahr aufmerksam machen. Dieser Gedanke ist mir durch den Kopf geschossen, als ich Herrn Wagner von den GRÜNEN hier vollmundig habe sagen hören, das Schlimmste, was dem Land passieren könne, sei, dass Bouffier Ministerpräsident bleibt. Meine Damen und Herren und auch die Bürgerinnen und Bürger draußen im Land, was wäre denn, wenn Bouffier nicht mehr Ministerpräsident wäre, diese Politik aber genauso weiterginge? Das wäre doch mindestens genauso schlimm.
Ich erinnere Sie daran, dass Rot-Grün Deutschland zum ersten Mal seit dem Ende des Faschismus in einen Angriffskrieg geführt hat. Ich erinnere Sie an die Agenda 2010. All das stand selbstverständlich nicht in den Wahlprogrammen von SPD und GRÜNEN.
Ich erinnere Sie an das, was Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen macht, nachdem die Wählerinnen und Wähler uns nicht wieder in den Landtag gewählt haben. Dort verweigert nämlich Rot-Grün den Beamten die Tarifanpassung.
Oder ich erinnere Sie daran, wie in meiner Heimatstadt Frankfurt am Main die GRÜNEN in der Stadtregierung mit den ach, so fluglärmgeplagten Menschen umgehen. Offensichtlich braucht eine – eventuell gewählte – rot-grüne Landesregierung Druck von links, damit sie nach dem Wahltag nicht vergisst, warum die Menschen für sie gestimmt haben.