Protocol of the Session on September 5, 2013

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Das ist aber völlig misslungen!)

Wie sieht es nach der Wahl mit Koalitionen und mit der Regierungsbildung aus?

Herr Dr. Wagner, dann frage ich Sie: Schließen Sie Schwarz-Grün in Hessen aus? Schließt die CDU eine schwarz-grüne Koalition aus?

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Keine Ablenkung von Ihren linken Touren mit der Linkspartei! – Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Also halten wir im Protokoll der Sitzung des Hessischen Landtags fest: Dr. Wagner, ausscheidender Fraktionsvorsitzender der CDU, schließt Schwarz-Grün nicht aus.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Glatte Unwahrheit!)

Sie haben es nicht dementiert.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Etwas mehr Respekt! – Unruhe)

Meine Herren, ein bisschen mehr Ruhe. – Herr Kollege Rudolph, Sie haben jetzt das Wort.

Ich halte erneut für das Protokoll fest: Herr Dr. Wagner schließt Schwarz-Grün nicht aus.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Er sagt die Unwahrheit! Ausdrücklich!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir überlassen es den Wählerinnen und Wählern, am 22. September zu entscheiden, wie die Regierungsbildung in Hessen aussehen wird.

Der nicht anwesende Abg. Pentz der CDU-Fraktion hat gesagt: Wir wollen eine andere Politik. – Das will ich für die sozialdemokratische Fraktion ausdrücklich begrüßen. Zu dem ebenfalls nicht anwesenden FDP-Wirtschaftsminister, der etwas Ähnliches angedacht hat, will ich sagen: Wer regiert denn seit knapp 15 Jahren in Hessen? Sind das die GRÜNEN? Ist das die SPD? Sind das die LINKEN? Es regieren CDU und FDP.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Er behauptet nun, es müsse sich etwas ändern. Das ist eine sehr merkwürdige Haltung.

Meine Damen und Herren, uns unterscheidet schon etwas

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Zum Glück!)

von den LINKEN. Der nicht anwesende Abg. Pentz der CDU-Fraktion hat vollkommen recht, wenn er sagt, dass Herr Steinbrück gesagt habe, dass es keine Übereinstimmung mit den Thesen der LINKEN, des Manifests oder der kommunistischen Plattform gebe.

(Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Aber Sie werden mit denen zusammenarbeiten!)

Das wollen wir nicht. Deswegen hat er an dieser Stelle vollkommen recht. Wir sind klar positioniert. Wir stehen für eine sozialdemokratische Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir wollen, dass es in dieser Gesellschaft wieder gerechter und sozialer zugeht.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Günter Rudolph (SPD): Ja!)

Herr Kollege Rudolph, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass der Kollege Pentz gerade eine Besuchergruppe betreut? Wir sollten doch froh sein, wenn unsere Landtagsabgeordneten dies neben ihrem normalen Pensum noch machen, damit unsere Politik parteiübergreifend transportiert wird.

Ich nehme zur Kenntnis, dass auch andere Kollegen Besuchergruppen betreuen. Eigentlich hätte ich um 13 Uhr eine Besuchergruppe zu betreuen. Ich habe jedoch eine Kollegin gebeten, mich zu vertreten. Wenn ich hier rede, muss ich der Debatte folgen. Das ist eine Frage des Umgangs miteinander. Das kann ich auch von einem Herrn Pentz erwarten. Das ist aber Ihr Stil und nicht mein Stil.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir wollen in diesem Land etwas verändern. Beginnen wir zunächst mit der Frage, wie diese Gesellschaft aufgestellt ist.

Herr Noll, die Bundesregierung gibt regelmäßig einen Armuts- und Reichtumsbericht heraus. Dabei hat das von Ihnen geführte Wirtschaftsministerium versucht, Dinge zu verändern, die Ihnen nicht passen. Natürlich gibt es viele Menschen, denen es gut geht. Es gibt aber auch nicht wenige Menschen in diesem Land, denen es nicht gut geht. Wenn 7 Millionen Menschen in Deutschland von einem Lohn von weniger als 8,50 € in der Stunde leben müssen, wenn 2 Millionen Menschen weniger als 5 € in der Stunde bekommen, dann stimmt etwas nicht in dieser Gesellschaft. Von der Arbeit muss man auch leben können, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das kann man zwar ausblenden, aber wir tun das nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Schauen Sie sich die Entwicklung der Zahl der oberen 5 % der Vermögenden an, die ein hohes Vermögen angehäuft haben. Deswegen wollen wir natürlich in der Steuerpolitik etwas verändern. Zu Zeiten eines gewissen Bundeskanzlers Helmut Kohl, bis 1998, betrug der Spitzensteuersatz 53 %. Waren das damals kommunistische Verhältnisse, oder war das die Wirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland?

Wir wollen, dass es mehr Steuereinnahmen gibt, damit der Staat seine Aufgaben wahrnehmen kann. Wir wollen einen handlungsfähigen Staat. Kein Raum für Steuersenkungen à la FDP, meine sehr verehrten Damen und Herren. Kein Raum für solche abstrusen Diskussionen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN- KEN)

Herr Kollege Noll, das hat Ihnen auch der Kollege Pipa gesagt, den ich sehr schätze und der ein guter und erfolgreicher Landrat ist. Sie wollten auch einmal Landrat werden. Das hat aber nicht ganz geklappt.

Nun zum Kommunalen Schutzschirm. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie feiern sich für etwas, was Sie als gigantische Mogelpackung auf den Weg gebracht haben. Sie schließen Verträge mit den Kommunen, die übrigens jetzt schon alle ankommen und sagen: Wenn die Regierung wechselt, müssen wir über die Verträge reden.

Meine Damen und Herren, wenn es bei den 30 Jahren bleibt, dann unterstützt das Land Hessen die Kommunen mit etwa 2,9 Milliarden €. Jedes Jahr nimmt das Land Steuereinnahmen von den Kommunen in Höhe von 350 Millionen € ein. Auf 30 Jahre hochgerechnet sind das ungefähr 10,5 Milliarden €. Wenn man davon 2,9 Milliarden € abzieht, dann stellt man fest, dass den Kommunen über 7 Milliarden € weggenommen – ich könnte auch sagen: geklaut – werden.

Das soll eine Wohltat des Landes sein? Leidtragende sind die Städte und Gemeinden sowie die Bürgerinnen und Bürger, die dort wohnen. Das müssen wir ändern. Das wollen und das werden wir ändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Alexander Noll (FDP): Das ist doch Äpfel mit Birnen verglichen!)

Wir wollen einen handlungsfähigen Staat. Wir wollen Städte und Gemeinden unterstützen, wenn es darum geht, Betreuung zu organisieren und die frühkindliche Bildung zu stärken. Das ist ein wichtiger Baustein in der Bildungspolitik, weil die Voraussetzungen für ein lebenslanges Lernen in den ersten Jahren geschaffen werden. In dieser Woche haben wir unser Programm für die frühkindliche Bildung auf den Weg gebracht. Das entspricht dem, was die Menschen erwarten, nämlich dass wir uns um die Kinder kümmern, dass die Erzieherinnen und Erzieher die Möglichkeit haben, sich pädagogisch sinnvoll um die Kinder zu kümmern. Diese Aufgabe müssen die Städte und Gemeinden finanziell schultern können. Außerdem brauchen wir einen ordentlichen Personalschlüssel.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen, dass sich das Land mittelfristig an der Finanzierung der Betriebskosten beteiligt, wie es die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern heute schon machen. Auch dafür braucht der Staat Steuereinnahmen.

Eine Möglichkeit, dies zu finanzieren, besteht darin, die „Herdprämie“ abzuschaffen. Die „Herdprämie“ wollen Sie doch auch nicht, Herr Noll. Sie wollen doch auch kein Betreuungsgeld. Wenn man diese 2 Milliarden € an dieser Stelle streichen und den Städten und Gemeinden geben würde, würde das rund 130 Millionen € für Hessen bedeuten. Das wären Investitionen in die frühkindliche Bildung. Das wollen wir Sozialdemokraten, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Wir wollen, dass die Kommunen in der Lage sind, die Energiewende vor Ort umzusetzen. Wir wollen, dass Kommunen Netze übernehmen und in diesem Bereich wirt

schaftlich tätig werden können. Deswegen müssen wir die Hessische Gemeindeordnung ändern. Wir wollen, dass mehr Wertschöpfung vor Ort generiert wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen brauchen wir den Politikwechsel in Hessen. Wir brauchen eine andere Politik, bei der Gerechtigkeit und Solidarität im Vordergrund stehen. Das Auseinanderdriften der Gesellschaft muss endlich beendet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN)

Sie haben das doch im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ gemacht. Sie haben die soziale Infrastruktur plattgemacht, und viele, die ehrenamtlich tätig waren, konnten diese Aufgabe nicht mehr erfüllen. Die Stärke eines Landes ist es, sich auch um diejenigen zu kümmern, die Hilfe brauchen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Machen Sie ruhig so weiter!)

Herr Dr. Wagner, unsere besten Wahlhelfer sind Leute wie Sie. Machen Sie ruhig weiter so. Sie haben SchwarzGrün nicht ausgeschlossen. Das ist die Botschaft des heutigen Tages, meine sehr verehrten Damen und Herren.

So wichtig und richtig die Arbeit der Tafeln auch ist, aber es kann nicht sein, dass eine Gesellschaft nicht in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können, dass Kinder ein Pausenbrot mit in die Schule bekommen. Es ist etwas aus dem Lot geraten in der Gesellschaft. Es lohnt sich, dafür zu streiten, das zu verändern. Das wollen wir. Dafür werben wir, und dafür treten wir ein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, 15 Jahre Schwarz-Gelb haben dieses Land verändert. Auf den 112 Seiten unseres Wahlprogramms mit dem Titel „Gerechtigkeit macht stark“ kann man das Angebot der Sozialdemokratischen Partei nachlesen. Letztlich entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Sie können sicher sein: Wir wollen eine gerechtere, eine solidarischere Politik. Schluss mit der Ellenbogenmentalität à la CDU und FDP nach dem Motto: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht.