Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann leider in die traute Einigkeit, die hier zu diesem Thema herrscht, nicht einstimmen. Ich will versuchen, das an ein paar Punkten festzumachen.
Herr Kollege Klee hat vorhin schon gesagt, dass wir im Innenausschuss darüber inhaltlich sehr intensiv diskutiert haben. Herr Kollege Klee, ich hätte mir gut vorstellen können – wir haben damals einen Prozess angefangen, mit allen Fraktionen, mit dem Staatssekretär; es ging um die Frage Deckel oder Boden, über die wir über die Parteigrenzen hinweg diskutiert haben –, dass man hier zu einem Kompromiss hätte kommen können. Leider ist es nicht so gekommen. In den vergangenen Jahren ist immer versucht worden, dieses Thema im parteipolitischen Konsens in diesem Landtag zu organisieren. Leider ist dieses Thema in den Wahlkampf geschossen, und leider ist es im Wahlkampf instrumentalisiert worden. Deswegen will ich ein paar Dinge dazu sagen, die mir aufgefallen sind.
Erstens. Die Kollegen der SPD haben einen Vorschlag dazu gemacht. Warum man über diesen Vorschlag nicht ordentlich diskutiert und versucht hat, über die Parteigrenzen hinweg einen Konsens zu finden, das wundert mich schon. Man hat den Vorschlag über Wochen im Innenausschuss geschoben, und dann ist man auf einmal mit einem eigenen Vorschlag der CDU gekommen.
Vorher hat man noch groß argumentiert, dass man nicht wisse, wie man das, was die SPD vorschlägt, finanzieren solle. Aber dann kommt man mit einem Vorschlag, in dem man an keiner Stelle sagt, wie man die haushalterische Frage, wo das Geld herkommen soll, beantwortet. Das ist etwas zu kurz gegriffen.
Ein zweiter Punkt, den ich anmerken will. Herr Kollege Klee, was Sie bzw. CDU und FDP jetzt vorschlagen, ist bei der Finanzierung der Destinatäre ein Paradigmenwechsel. Vorher haben wir gesagt, die Ausschüttung an die Destinatäre hat etwas damit zu tun, wie hoch die Einnahmen bei Toto und Lotto sind. Dafür haben wir einen Deckel festgelegt. Wenn der erreicht ist, dann gibt es nicht mehr. Diese Regelung ersetzen Sie jetzt durch eine Festbetragsregelung. Das müssen Sie hier ganz deutlich sagen. Das heißt, egal, wie viel Geld auf der Einnahmenseite von Toto und Lotto an den Landeshaushalt überwiesen wird, werden immer diese Beträge fix an die Destinatäre weitergeleitet. Das ist in der Tat ein Paradigmenwechsel in dieser Frage.
Ich will es hier sehr deutlich sagen. Es geht um die Frage, welche Arbeit die Destinatäre leisten, also der Landessportbund als größte Organisation, die Liga der Freien Wohlfahrtspflege, der Hessische Jugendring, die Träger der außerschulischen Jugendbildung oder der Ring politischer Jugend. Sie leisten natürlich eine wichtige Arbeit. Man muss dazu aber auch sagen, dass sie per se in einer privilegierten Situation sind. Ich könnte Ihnen viele Verbände und Vereinigungen nennen, die gerne in der Situation der Destinatäre bei Toto und Lotto wären. Sie hätten dann Einnahmen, die ihnen zugesichert wären. Sie wären abgekoppelt von den Regelungen, die die Landeshaushaltsordnung vorgibt. Außerdem würden sie immer wieder finanziert, und es würde nicht jedes Jahr in jeder Haushaltsdebatte erneut darüber diskutiert, wie viel Geld sie bekommen oder ob unter Umständen gekürzt wird.
Diese privilegierte Situation ändern Sie jetzt noch einmal, indem Sie statt des Deckels, den wir vorher gehabt haben, im Gesetz einen Festbetrag festschreiben. Das ist wirklich ein Paradigmenwechsel, und den finde ich so nicht richtig.
Man muss dazu auch sagen: Wir haben bisher rund 31,77 Millionen € an realen Anteilen ausgeschüttet. Ihr Vorschlag mit den Fixbeträgen sagt, dass wir demnächst 34,76 Millionen € auszahlen. Das sind 3 Millionen € mehr als die bisherigen Beträge. Aber Sie sagen in Ihrem Gesetzentwurf an keiner Stelle, wo Sie dieses Geld hernehmen.
Entweder Sie nehmen es von denen, die auch an der Verteilung der Toto- und Lottomittel teilnehmen. Dann müssen Sie denen aber sagen, dass sie demnächst weniger Geld bekommen. Oder Sie sagen, es wird weniger Geld an den Landeshaushalt abgeführt. Dann müssen Sie aber auch sagen, wo Sie die Mindereinnahmen in der Größenordnung von 3 Millionen € für den Haushalt des Landes Hessen ausgleichen wollen.
An keiner Stelle sagen Sie, wo Sie das Geld hernehmen, und das ist nicht solide. Das ist kein solider Vorschlag, den Sie hier machen.
Ich will noch einmal an die Debatte erinnern, als es um den Vorschlag der SPD ging. Da ging es um 32,8 Millionen €. Bei Ihnen geht es jetzt um 34,7 Millionen €. Damals sagte der amtierende Innenminister, nachzulesen im Protokoll vom 30. Januar 2013:
nicht auf wundersame Art vermehrt, stellt sich zwangsläufig die entscheidende Frage: Wer soll das, was die SPD-Fraktion hier aufgeschrieben hat, bezahlen? Die exakte Antwort darauf ist uns die SPDFraktion in ihrem ersten Schritt schuldig geblieben. Wir mussten also auslegen, wer das bezahlen soll. Das haben wir getan. Ich will Ihnen sagen, wozu das führt.
Denn man kann das Problem entweder dadurch lösen, dass man zusätzliche Haushaltsmittel zur Verfügung stellt, oder dadurch, dass man bei den anderen, von der SPD-Fraktion nicht genannten Destinatären erheblich kürzt und einspart.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie sich noch einmal auf der Zunge zergehen, was dieser Innenminister, der für diesen Bereich zuständig ist, noch im Januar erklärt hat. Dann legen Sie uns heute einen Gesetzentwurf zu diesem Themenbereich vor, der noch mehr Ausgaben zeitigen wird. Aber Sie sagen an keiner Stelle, wie Sie das finanzieren wollen. Das finde ich in einem solchen Gesetzgebungsverfahren unredlich. Das sollte man nicht tun. Man sollte auch Finanzierungsvorschläge machen.
Damit wir noch die Möglichkeit haben, es mit Ihnen gemeinsam zu diskutieren, damit Sie uns auch sagen können, woher Sie das Geld nehmen wollen, beantrage ich für meine Fraktion die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will zunächst etwas zu dem Verfahren sagen, weil das durchaus nicht uninteressant ist. Es gab die jahrelange Übung und Praxis, diesen Bereich gemeinsam und konsensual zu lösen. Wir haben vor etwa zwei Jahren Diskussionen mit dem organisierten Sport, bei den Freunden des Sports, begonnen, also dort, wo alle Landtagsfraktionen eingeladen werden und vertreten sind. Vor zwei Jahren begann die Diskussion, weil das, was Kollege Klee sagt, richtig ist.
Die Einnahmen aus der Lotterie- und Sportwettensteuer sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Nach den prognostizierten Haushaltszahlen – nehmen wir einmal die Zahl der Einsätze – werden für 2013 Einnahmen von 638 Millionen € erwartet. Das ist der Ansatz im Haushaltsplan. Diese Ansätze sind in den letzten Jahren nie erreicht worden. Warum? Weil wir es mit einer Kannibalisierung des Marktes zu tun haben, wo private Wettanbieter, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben, auf dem Markt sind und damit weniger Toto, Lotto und Sportwetten in Deutschland gespielt werden. Weniger Einsätze heißt aber auch weniger Geld, das an die Destinatäre verteilt werden kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen gibt es Handlungsbedarf. Das haben wir gemeinsam erörtert. Ich will auch sehr deutlich sagen: Die Idee, dass wir endlich etwas im Landtag tun müssen, nämlich die Rahmenbedingungen ändern, kam von uns. Das darf ich für uns auch in Anspruch nehmen. Das war im letzten Jahr – da stand übrigens der Wahltermin noch gar nicht fest – eine Idee von uns.
Herr Bauer, weil Sie immer dazwischenrufen, auch beim Kollegen: Das kann man dann einmal großzügig anerkennen. Uns geht es wie Ihnen, ich unterstelle es zumindest Herrn Kollegen Klee, an der Stelle um die Sache, weil Handlungsbedarf besteht.
Ich rede für die sozialdemokratische Fraktion und für sonst niemanden. Jeder redet für seine Fraktion. Und das sollten wir respektieren.
Meine Damen und Herren, das, was heute in zweiter Lesung vorliegt, dann aber in dritter Lesung verabschiedet wird, ist ein Fortschritt für die fünf Destinatäre und ihre Gruppen. Die Beträge wurden genannt. In der Tat verändern wir die Struktur. Bisher war der Deckel 3,75 % der Einnahmen. Jetzt gibt es einen fixen Betrag, egal, wie hoch der Einsatz aus Sportwetten und Ähnliches ist.
Wir können aber auch warten, bis die Fraktionssitzung bei der CDU beendet ist. Dann fahre ich fort. Aber vielleicht interessiert es den einen oder anderen an der Stelle nicht.
Also ändern wir die Rahmenbedingungen. Ich will schon darauf hinweisen, dass es sicherlich berechtigt ist, wenn mir der Innenminister im Januar vorhält: Woher wollen Sie das nehmen? – Herr Innenminister, ich habe Sie im Innenausschuss dazu aufgefordert. Ich würde Sie heute noch einmal bitten, zu sagen, was die Konsequenzen sind. Ich bin im Ergebnis dafür, dass wir das machen – damit das klar ist. Aber Sie sollten fairerweise sagen, wenn das so ist, wenn wir die Beträge jetzt garantieren und die Einnahmen aus Sportwetten nicht erreicht werden – –
Hätte, hätte, Fahrradkette, klar. – Aber wir unterstellen einmal, das wäre so, dann bedeutet es weniger Abführung an den Landeshaushalt. Ich kann mit der Konsequenz leben. Man muss es redlicherweise nur sagen.
Wir wollen, dass Tausende ehrenamtlich Tätige im Sport, in den Jugendverbänden, bei der Liga der Wohlfahrtspflege und den anderen Destinatären Planungssicherheit bekommen. Es kann doch nicht sein, dass man im September nicht mehr weiß, ob man noch ein Projekt oder eine Fortbildung im November durchführen kann. Das muss verhindert werden. Deswegen ist es ein guter Tag für die Destinatäre.
Jetzt kann man natürlich die Diskussion führen, es gibt noch andere gesellschaftliche Gruppen, die möglicherweise auch partizipieren müssten. Die eine oder andere Anregung kam am Ende der Anhörung. Man muss sich entscheiden. Wir sind bereit, diesen Weg mitzugehen.
Kollege Dr. Blechschmidt, ich bin auch nicht so optimistisch, ob die Einnahmen aus Lotto/Toto, durch erhöhte Spieleinsätze tatsächlich um 15 bis 20 % steigen, wie es der Lotto-Chef von Hessen ankündigt. Abgerechnet wird am 31.12.2013. Wir wollen eben, dass die Destinatäre nicht mehr bis zur letzten Minute warten müssen, ob es mit einem Jackpot oder nicht weitergeht. Diese Arbeit muss es uns wert sein.
Wir stellen damit eine Garantiesumme von 34,766 Millionen € zur Verfügung. Das ist ein großer Betrag. Aber noch einmal: Dahinter stecken viel Engagement und ehrenamtliches Wissen und Tätigkeit. Ich finde, das muss es uns wert sein, weil das der Staat oder die kommunale Ebene mit Hauptamtlichen in der Form nicht leisten könnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen ist das ein guter Tag für diejenigen, die in den Destinatären organisiert sind. Ich will aber auch sagen, dass uns die Entwicklung insgesamt Sorgen machen muss, wie es mit Lotto/Toto und den Einnahmen weitergeht. Auch das, was im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages läuft, läuft nicht optimal. Wir wissen nicht, wie die Entwicklung weitergeht. Firmen, die ihren Steuersitz in Malta oder Gibraltar haben, können sich dort weiter auslassen, meinen aber, sie hätten für das Gemeinwesen in Deutschland keine Verantwortung. Das muss uns gemeinsam Sorge machen.
Herr Innenminister, nach dem, was wir in den Zeitungen lesen, geht die Umsetzung und Vergabe von Konzessionen eher schleppend voran. Ich könne auch sagen: Stillstand. Ich will jetzt nicht das Lied der FDP singen, das wussten Sie schon immer, weil wir den Raubbau an diesem Markt und Freiheit für alle wie die FDP ausdrücklich nicht wollen.
Wir wollen, dass das schon kontrolliert und reguliert wird. Wer in Deutschland tätig ist und Gewinne macht, der muss auch seinen steuerlichen Beitrag zur Finanzierung gemeinschaftspolitischer und gesellschaftspolitischer Aufgaben leisten. Dann sind wir wieder bei der Diskussion.