Lassen Sie sich gesagt sein: Unsere Schulen wollen an den Unterrichtsinhalten arbeiten und nicht wieder Kraft, Zeit und Nerven in einer neuen rot-grünen Reform verschleißen.
Genau deshalb setzen wir hier auf freie Wahlmöglichkeiten – und nicht auf die Einheitslösung für alle, die Sie in Ihren Programmen propagieren.
Der Landesregierung ist es ein wichtiges Anliegen, die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in der allgemeinen Schule Schritt für Schritt zu erhöhen. Dies bedarf jedoch eines behutsamen und schrittweisen Vorgehens. Eine „Hauruck-Inklusion“ wäre unverantwortlich. Wir können gerade in Bremen beobachten, wie diese grandios scheitert, und zwar auf dem Rücken der betroffenen Kinder.
Die Anzahl der inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler an allgemeinen Schulen in Hessen hat sich im Laufe der Legislaturperiode sehr deutlich erhöht; damit einhergehend wurde die Zahl der Förderschullehrerstellen in den allgemeinen Schulen auf über 1.650 angehoben. Wir wollen diese Zahl auch in den nächsten Schuljahren kontinuierlich erhöhen, jährlich um mindestens 40 zusätzliche Stellen. Das ist, mit Verlaub gesagt, mehr als das Doppelte von dem, was die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit 1 Million € Erhöhung für den letzten Haushalt beantragt hatte.
Um flächendeckend inklusive Strukturen im allgemeinen Schulsystem zu schaffen, werden verschiedene Regionen in Hessen als Modellregionen „Inklusive Bildung“ eingerichtet. Nach Wiesbaden zu Beginn dieses Jahres folgt nun der erste Flächenkreis, der Hochtaunuskreis. Weitere Re
gionen sollen folgen und sind mit uns bereits im Gespräch, baldmöglichst ebenfalls als Modellregionen zu starten.
Die Hessische Landesregierung wird gleichzeitig – das ist für viele Eltern wichtig – den Erhalt der Förderschulen garantieren, sodass Eltern auch weiterhin diesen Lernort für ihr Kind wählen können.
Ich sage das auch sehr persönlich: Ich möchte keine Situation haben wie z. B. in Rheinland-Pfalz, wo mir eine Mutter erzählt hat, dass sie jetzt gegen die Landesregierung klagen muss, weil sie gern möchte, dass ihr Kind in eine Förderschule geht und nicht in eine Schule am Ort, wo es nicht ausreichend gefördert wird.
Wichtig ist dabei vor allem – das wird leider in der politischen Debatte häufig vergessen –, dass die Umsetzung der Inklusion eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die nicht erst am Schultor beginnt oder endet. Das zentrale Ziel ist es, Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen die gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Deshalb gibt es auch den entsprechenden Aktionsplan, quasi von der Geburt bis ins hohe Alter. Dabei hat der schulische Bereich eine richtungsweisende Vorreiterrolle, die wir sehr verantwortungsbewusst ausfüllen.
Aber bei der Inklusion müssen alle mitgenommen werden, auch die Schülerinnen und Schüler ohne Beeinträchtigungen und Behinderungen sowie alle Eltern und alle Lehrkräfte. Man kann vermitteln, dass es für alle ein Gewinn ist. Dann muss man sich aber auch mit allen im Dialog auseinandersetzen.
Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung garantiert die Religionsfreiheit als Säule unseres Grundgesetzes. Das hat Tradition in Deutschland, das gibt es bei uns bereits seit der Integration der Hugenotten in Preußen. Religionsfreiheit ist ein Gewinn für jede freiheitliche Gesellschaft.
Deshalb haben wir den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht in 29 Klassen, verteilt auf 27 Grundschulen, landesweit eingeführt. Während in rot-grün regierten Ländern, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, fragwürdige Konstruktionen geschaffen wurden, die letztendlich die Akzeptanz für den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht aufs Spiel setzen, haben wir in Hessen, gerade im Interesse der muslimischgläubigen Schülerinnen und Schüler, einen verfassungsrechtlich sauberen Weg gewählt. Auch dafür steht diese Landesregierung.
In einer repräsentativen Studie des hessischen Integrationsministeriums konnten wir soeben lesen, dass sich dies auch auszahlt, dass nämlich Muslime die religiöse Toleranz gerade in unserem Bundesland, in Hessen, besonders hoch einschätzen.
Meine Damen und Herren, das ist erfreulich – und zwar für alle, denen eine gedeihliche Zukunft aller Religionen am Herzen liegt. Unser Ziel ist es, das Angebot des bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts sukzessive und bedarfsgerecht auszubauen. Lehrplanarbeit und Leh
rerausbildung gehen hiermit Hand in Hand – auch das ein Unterschied zu Nordrhein-Westfalen, nebenbei bemerkt.
Qualität und Kontinuität finden ihren Ausdruck auch in dem weiteren Ausbau der Selbstständigkeit von Schulen. Freiheit ermöglichen, unterschiedliche Wege öffnen, Verantwortung dorthin verlagern, wo die Probleme am besten bekannt sind – das sind die Überlegungen, von denen wir uns bei der Ausgestaltung der selbstständigen Schulen haben leiten lassen. Auch das ist ein eingelöstes Versprechen. Wir vertrauen unseren Lehrern in unseren Schulen, dass sie genau mit diesem Instrumentarium noch besseren Unterricht machen.
Mit dem Schulfreiheitsgesetz haben wir weitreichende Gestaltungsspielräume für alle Schulen geschaffen. Damit haben wir Maßstäbe nicht nur in Hessen gesetzt, sondern sind auch bundesweit Vorbild für andere Bundesländer. Mittlerweile nutzen über 70 % der Schulen die Vorteile des kleinen Schulbudgets, 75 Schulen sind bereits auf dem Weg zur vollständigen Selbstständigkeit, und fünf berufliche Schulen stehen kurz davor, in eine rechtlich selbstständige berufliche Schule umgewandelt zu werden. Das zum 1. Januar 2013 errichtete Landesschulamt unterstützt die Schulen genau in diesem Prozess.
Mit der Lehrerzuweisung von 105 % im Landesdurchschnitt erhalten die Schulen nachhaltige Ressourcen, um die zunehmende Selbstständigkeit sowie ihre Unterrichtsgestaltung bestmöglich auf die Bedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler vor Ort zuzuschneiden. Hierzu zählt z. B. auch die Möglichkeit der unterrichtsunterstützenden sozialpädagogischen Förderung, die wir allen hessischen Schulen anbieten möchten. Dadurch schafft die Hessische Landesregierung erstmalig die Grundlage dafür, flächendeckend das zu organisieren, was in der Öffentlichkeit oft unter dem Begriff der Schulsozialarbeit diskutiert wird. Das bedeutet, dass wir zusätzliche Chancengerechtigkeit für Kinder in unserem Land schaffen.
Meine Damen und Herren, die Hessische Landesregierung ist und bleibt ein Garant für ein vielfältiges und begabungsgerechtes Schulsystem. Wir stellen das Kind und seine individuellen Lernbedürfnisse, seinen Wissenserwerb und seine Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt. Nur ein vielfältiges Schulsystem kann die bestmögliche individuelle Förderung aller Kinder garantieren. Individuelle Förderung, von Inklusion bis Hochbegabung, führt bei den vorhandenen Begabungsverschiedenheiten immer zu unterschiedlichen Resultaten. Wer unterschiedliche Resultate nur als Verstoß gegen Gleichheit zu interpretieren vermag, der ist prinzipiell auf dem falschen Weg. Ich glaube, genau diesen Fehler macht Rot-Grün.
Denn Individualisierung bedeutet immer Differenzierung, und das ist genau das Gegenteil der Einheitsschule, die Sie von Rot-Grün propagieren. In den rot-grün regierten Ländern – wir brauchen nur nach Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen zu schauen – werden aktuell Einheitsschulen im großen Stil eingeführt.
Die Kollegin Löhrmann hat sich hierfür noch in der letzten Woche in ihrer Pressekonferenz feiern lassen. Die Existenz der erfolgreich arbeitenden Haupt- und Realschulen wird damit auf dem ideologischen Altar des „längeren gemeinsamen Lernens“ geopfert.
Meine Damen und Herren, im nächsten Schritt beginnt das Ausbluten der Gymnasien. – Herr Kollege Al-Wazir, in Nordrhein-Westfalen sind die ersten beiden Gymnasien zu diesem Schuljahr schon geschlossen worden.
(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind eine Zwangsbeglückerin, das ist Ihr Problem!)
Genau das, was Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen oder Grün-Rot in Baden-Württemberg momentan in der Schulpolitik praktizieren, hat nichts, aber auch gar nichts mit Schulfrieden zu tun, und genau diese Zustände müssen wir in Hessen verhindern.
Im Gegensatz zu ideologiegetriebener Bildungspolitik setzen wir von CDU und FDP für die Zukunft unserer Kinder auf Kontinuität und Qualität, wobei wir unseren Fokus hierbei ganz bewusst vor allem auf die Grundschule legen; denn sie ist das Fundament jeder schulischen Laufbahn. In Zukunft gilt es, den Blick noch stärker auf den Übergang von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule zu richten, ebenso wie auf den Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule. Kindertageseinrichtung und Grundschule müssen im Sinne eines gemeinsamen Bildungsauftrages miteinander optimale Bildungsbiografien für Kinder bereits in den ersten Jahren ermöglichen.
In 590 Tandems arbeiten Kindertageseinrichtungen und Grundschulen hessenweit bereits erfolgreich zusammen. In Kooperation mit dem Hessischen Sozialministerium haben wir in dieser Legislaturperiode zudem das Modellprojekt „Qualifizierte Schulvorbereitung“ ins Leben gerufen, das derzeit an 29 Standorten durchgeführt wird. Hinzu kommen knapp 700 Grundschulen, die den „Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren in Hessen“ für ihre Arbeit nutzen. Während die SPD mitgeteilt hat, alle diese Qualitätsaspekte zukünftig abschaffen zu wollen, setzen wir als Landesregierung gerade darauf, diesen Ansatz weiter zu stärken und zugleich ein breiteres gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedeutung der Arbeit in unseren Grundschulen zu schaffen.
Für mich ist dies auch eine Frage von Respekt und Wertschätzung für die Arbeit, die tagtäglich in unseren Grundschulen geleistet wird.
Von übergeordneter Bedeutung und unabhängig von der Schulform ein zentrales Anliegen ist es, die Kompetenzen der Lehrkräfte weiterzuentwickeln und zu stärken. Die konkrete Unterrichtsarbeit hat die höchste Wirksamkeit auf den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern. Genau darum muss es gehen: dass sich der Einzelne sowohl in sei
nem Fachwissen als auch in seiner Persönlichkeit weiterentwickeln kann. Die zentralen Bezugspersonen sind hierbei die Lehrkräfte, die jeden Tag in unseren Schulen, in den Klassenzimmern mit den jungen Menschen arbeiten.
Die Hessische Landesregierung hält daher an der bildungsgangbezogenen Lehrerausbildung fest und erteilt dem Experiment des Einheitslehrers eine klare Absage.
Wir wollen, dass sich der Leistungsstand der hessischen Schülerinnen und Schüler jedes Jahr entscheidend verbessert. Das bedeutet, dass wir ein noch größeres Gewicht auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung unserer Lehrkräfte legen wollen. Selbstständigkeit von Schule, individuelle Förderung – und zwar von Inklusion bis zur Hochbegabung, also die Heterogenität der Zusammensetzung in einer Klasse – sowie die Fragen der Schul- und Unterrichtsentwicklung müssen Bausteine sein, die es in der Lehreraus- und -fortbildung zu verstärken gilt. Genau das haben wir bereits vorbereitet.
In diesem Zusammenhang sollen die Erkenntnisse aus Prof. Hatties Forschung über besonders wirksame Lehrund Lernprozesse einfließen, beispielsweise durch eine kontinuierliche Feedbackkultur in unseren Schulen, die auch in die Unterrichtsentwicklung einfließen soll. Schülerinnen und Schüler sollen dazu ermutigt werden, ihren Lehrkräften konstruktive Rückmeldungen über die Qualität des Unterrichts zu geben und zurückzumelden, welche weiteren Schritte sie aus ihren Augen jeweils benötigen; denn nicht nur das Lern-, sondern auch das Lehrverhalten ist maßgeblich für den Bildungserfolg unserer Kinder. Umgekehrt ist es ebenso notwendig, die kontinuierliche Rückmeldung des Lehrers an jeden seiner Schüler zu gewährleisten; denn auch dies ist notwendige Voraussetzung für individuellen Lernerfolg.
Um genau dies noch einmal mit unseren Lehrerinnen und Lehrern zu diskutieren, werden wir im November eine große und hochkarätig besetzte Tagung in Frankfurt durchführen, zu der Prof. Hattie erscheinen und einen entsprechenden Vortrag halten wird.
Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist aber immer auch das Ergebnis der eigenen Leistungsbereitschaft. Mit den nun erreichten Rahmenbedingungen des hessischen Bildungssystems schaffen wir gute Voraussetzungen für die gesellschaftliche Teilhabe und den Aufstieg aller unserer Kinder. Ob dieser Aufstieg jeweils gelingt, ist allerdings auch davon abhängig, ob diejenigen, die aufsteigen wollen, mit eigener Anstrengung dazu beitragen. Einen anstrengungslosen Aufstieg gibt es nicht, das ist reine Illusion. Leistungsorientierung als Rüstzeug für eine nach demokratischen Prinzipien organisierte freie Gesellschaft muss daher auch in der Schule vermittelt und gefördert werden. Deshalb bleiben die pädagogischen Instrumente der Notengebung und der Hausaufgaben, aber auch die Möglichkeit der Nichtversetzung, erhalten. Jeder Versuch einer Aufweichung aus ideologiegetriebenen Gründen ist einer konsequenten und gelingenden Bildung abträglich.