Nein, meine Damen und Herren, es verbietet sich schlicht und einfach, ohne diese fachlichen Grundlagen eine Änderung am Kommunalen Finanzausgleich vorzunehmen.
Aber all das schert Sie auf dieser Seite des Hauses nicht im Geringsten. Es gibt noch etwas, was Sie nicht im Geringsten schert – das halten wir für hoch fahrlässig –: Ich rede noch einmal von dem bekannten Urteil des Staatsgerichtshofs, das Sie völlig ausblenden, als ob es das überhaupt nicht gäbe. Davon abgesehen, dass dieses Urteil eine höchstrichterliche Bestätigung der Kommunalfeindlichkeit dieser Landesregierung ist, beinhaltet es noch ein entscheidendes materielles Faktum.
Der Staatsgerichtshof hat der Landesregierung unter anderem bescheinigt, dass sie mit der Veränderung der Steuerverbundmasse verfassungswidrig gehandelt und das Selbstverwaltungsrecht der klagenden Stadt Alsfeld verletzt hat. Damit ändert sich eine wichtige Grundlage im KFA-Gesetz. Mit anderen Worten: Mit seinem Urteil hat der Staatsgerichtshof die Ausgangslage für den KFA schlichtweg verändert.
Deswegen sagen wir heute noch einmal ganz deutlich: Wenn der Staatsgerichtshof den KFA für verfassungswidrig erklärt, ist eine Änderung des KFA, die die vom Staatsgerichtshof formulierten Anforderungen und Vorgaben nicht berücksichtigt, ebenfalls verfassungswidrig.
Deshalb fordert die SPD-Fraktion die Landesregierung noch einmal klar und unmissverständlich auf, den Kommunalen Finanzausgleich nach den Vorgaben des Staatsgerichtshofs verfassungsmäßig auszugestalten.
Dabei müssen selbstverständlich die Änderungen der Finanzströme aufgrund des Zensus eingearbeitet werden. Aber ich glaube, zumindest in dem Punkt sind wir uns einig. Solange dies nicht geschieht, können wir einer Änderung des Kommunalen Finanzausgleichs, so, wie sie jetzt vorliegt, nicht zustimmen.
Uns ist klar, dass Sie das auch heute nicht weiter jucken wird. Wir gehen davon aus, dass Sie das Änderungsgesetz mit Ihrer Mehrheit durchwinken werden. Auch an dieser Stelle will ich ab sofort Pep Guardiola heißen, wenn Sie sich doch noch eines Besseren belehren lassen.
Aber ich werde wohl weiterhin Wolfgang Decker heißen und feststellen, dass Sie mit demselben Kopf nacheinander an verschiedene Bäume fahren. Das ist dann nicht zu än
dern. Der 344-Millionen-€-Raubzug ist schiefgegangen. Wir haben ein dickes Finanzloch im Haushalt, der schon längst Makulatur ist. Die Klage gegen den Länderfinanzausgleich, vor der wir gewarnt haben, droht zum Bumerang zu werden. Aber Hauptsache, Sie haben damals im Bundesrat den Steuerermäßigungen für Mövenpick zugestimmt. Dann passt das alles ins Bild. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den sehr sachlichen Diskussionen im Haushaltsausschuss in Berlin hat mich der polemische Beitrag des Kollegen Decker doch sehr überrascht.
(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Dann hätten Sie mich erst einmal hören müssen, wenn ich geredet hätte! – Zurufe von der SPD: Das ist nicht polemisch!)
Sehen wir uns also – weil er das hauptsächlich angesprochen hat – das Urteil des Staatsgerichtshofs an. Der Staatsgerichtshof hat den Kommunalen Finanzausgleich aus einem einzigen Grund für verfassungswidrig erklärt. Er hat festgestellt, es fehlt eine Bedarfsanalyse.
Ihm fehlt eine Bedarfsanalyse, bezogen auf die vertikale Verteilung zwischen Land und Kommunen. Das ist der erste Punkt.
Zweiter Punkt. Der Staatsgerichtshof hat ausdrücklich festgestellt, dass das zurzeit gültige Gesetz zum Kommunalen Finanzausgleich bis einschließlich 31.12.2015 weiterhin angewendet werden darf.
Er hat sogar erklärt, dass dies zur Sicherstellung einer geordneten Haushaltsführung zwingend notwendig ist.
Er hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.12.2015 einen neuen Kommunalen Finanzausgleich unter dem Gesichtspunkt der Bedarfsanalyse und weiterer Punkte, die in dem Urteil aufgeführt sind, zu erarbeiten. Das wird zu Beginn der neuen Legislaturperiode – natürlich fängt es bereits jetzt an – für das neu gewählte Parlament die dringlichste Aufgabe im Finanzbereich sein: gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbänden und nach Möglichkeit auch gemeinsam mit allen Fraktionen in diesem Haus einen Kommunalen Finanzausgleich zu erarbeiten, der den Anforderungen des Staatsgerichtshofs gerecht wird.
Davon losgelöst haben wir uns entschieden – darüber haben wir im Haushaltsausschuss sehr sachlich diskutiert –, dass wir das, was wir in einer Kommission in mehr als einem Jahr gemeinsam mit den Kommunalen Spitzenverbän
den und den Fraktionen in diesem Haus erarbeitet haben, nun auch umsetzen, vor allem weil es nicht um die vertikale Verteilung, sondern in erster Linie um eine horizontale Verteilung der Mittel im Kommunalen Finanzausgleich geht.
Ich erinnere daran, dass dies von allen – mit „allen“ meine ich die Kommunalen Spitzenverbände – als Minimalkonsens bei einer Strukturreform, so wie wir sie in der Vergangenheit diskutiert haben, angesehen worden ist. Deswegen glaube ich, dass es richtig ist, dass wir heute in dritter Lesung dieses Gesetz verabschieden und damit im Wesentlichen zwei Dinge regeln.
Zum einen führen wir einen demografischen Faktor dahin gehend ein – bisher gab es den demografischen Faktor, aber in die andere Richtung –, dass wir eine Abmilderung bei Einwohnerrückgängen in den Kommunen einarbeiten. Bisher gab es den in anderer Richtung nur bei einem Zuwachs. Das war auch die Situation in den letzten Jahren.
Als zweiten wesentlichen Punkt haben wir die Stärkung der ländlich geprägten Mittelzentren durch Infrastrukturund Investitionsmittel neu in das Gesetz aufgenommen.
Zu guter Letzt – auch das gehört zur Vollständigkeit hinzu – haben wir mit unserem Änderungsantrag gemeinsam mit der FDP in den Gesetzentwurf ausdrücklich eingefügt, dass das Gesetz bis zum 31.12.2015 befristet ist, um deutlich zu machen und als klares Signal nach außen zu geben, dass das Urteil des Staatsgerichtshofs uns eine Aufgabe gestellt hat, die bis zum 31.12.2015 zu erfüllen ist.
Unter dem Strich glaube ich, dass das, was wir hier machen, sinnvoll ist und dass es auch verfassungskonform ist, weil es die horizontale Verteilung innerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs beinhaltet. Unter dem Strich werden ca. 260 Kommunen bessergestellt, und – auch das wissen Sie; das haben wir Ihnen lange genug vorgerechnet und dargestellt – keine Kommune wird schlechtergestellt als zurzeit. Insofern ist es ein gutes Gesetz. Ich bitte ausdrücklich um die Zustimmung aller Fraktionen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir den Kommunalen Finanzausgleich vom Kopf auf die Füße stellen müssen. Aber das, was heute an Veränderungen für den KFA vorliegt, ist nicht nur ein Minimalkonsens, sondern sind Miniaturveränderungen am KFA, die nicht wesentlich und nicht substanziell sind.
Es ist deshalb unstreitig, dass der KFA auf eine neue Grundlage gestellt werden muss. Ebenfalls ist unstrittig, dass der demografische Wandel dabei ein Element zu sein hat. Spätestens aber mit der erfolgreichen Klage der Stadt Alsfeld gegen die Kürzung des KFA um 344 Millionen € ist klar, dass eine kleine Reform des KFA nicht ausreichen wird. Hier muss eine andere, grundsätzliche Debatte im Vorfeld stattfinden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir dies in diesem Haus einheitlich so sehen.
Aber wir können diesem Gesetzentwurf heute nicht zustimmen. Wir haben schon damals gesagt, dass uns das nicht ausreichend ist, dass es nicht grundsätzlich ist. Herr Minister Schäfer, es reicht eben nicht aus, eine Reform des KFA anzugehen, nachdem den Kommunen für das Jahr 2013 344 Millionen € entzogen worden sind. Die Bergstraße schreibt, es sei inzwischen auf 400 Millionen € arrondiert.
Das kann nicht hingenommen werden. Die Feststellung des Gerichts muss noch einmal deutlich gemacht werden. Herr Schork, unabhängig davon, dass wir das Gesetz bis 2015 ändern müssen: Das Gesetz, das den KFA bisher ausgemacht hat, ist verfassungswidrig.
Ich kann die Kommunen verstehen, denen das Wasser zum Teil schon nicht mehr nur bis zum Hals, sondern vielmehr bis Oberkante Unterlippe steht. Sie wollen keine Reform des KFA, bei der sie möglicherweise auch nur einen Cent verlieren. Herr Minister, oder anders gesagt: Ihre große Reform des KFA ist nicht an den Kommunen gescheitert. Sie haben erst versucht, den Kuchen kleiner zu machen, und erwarten dann, dass die Kommunen sich darüber freuen, dass sie jetzt darüber verhandeln dürfen, wer von ihnen den letzten Krümel bekommt. Das konnte nicht klappen und ist letztlich auch vor dem Staatsgerichtshof gescheitert.
Sie können es immer wieder wiederholen. Ja, der Staatsgerichtshof hat gefordert, dass die Landesregierung eine überzeugende Bedarfsanalyse vorlegt, um zu begründen, wie hoch die Zuwendungen des Landes ausfallen sollen.
Herr Schäfer, wenn Sie in Zukunft aber überhaupt vernünftig mit den Kommunen reden wollen, dann ist es keine gute Idee, nach dem Urteil des Staatgerichtshofs zu poltern und gleich anzukündigen, dass die Kommunen noch weniger Geld vom Land bekommen könnten. So bereitet man sicher keinen Konsens vor. Aus dieser Haltung heraus kann eine Reform des KFA nicht gelingen.
Ihre Bilanz im KFA ist jedenfalls verheerend. Eigentlich waren Sie angetreten, eine breite Debatte über die Neuordnung des KFA zu organisieren. Eigentlich wollten Sie die Finanzverteilung zwischen Land und Kommunen im breiten Konsens dauerhaft und umfassend neu regeln. Was dabei herausgekommen ist, ist ein Desaster.
Die Kommunen haben erfolgreich gegen Ihren KFA geklagt. Das Diskussionsklima zwischen Land und Kommunen ist vergiftet, und das Schlimmste ist: Hessen hat als reiches Bundesland die ärmsten Kommunen.
Wir fordern daher, dass man sofort die Kürzung des KFA zurücknimmt und schnellstmöglich zu einer verfassungskonformen Neuregelung des KFA kommt. Am Ende wird es zu dieser aber nur dann kommen, wenn die Kommunen mehr Geld bekommen; denn so langsam wird auch dem letzten Kommunalpolitiker klar, dass diese kommunalfeindliche Landesregierung mit Kürzungen und sogenannten Schutzschirmen die soziale Infrastruktur in den Kommunen in der Substanz gefährdet. Geben Sie den Kommunen also ihr Geld zurück, und ordnen Sie dann mit uns gemeinsam den KFA neu. – Vielen Dank.