Protocol of the Session on June 27, 2013

Herr Kollege Boddenberg, dann werden der Elternwille und der Sachverstand in der Bildungspolitik wieder etwas zählen. Wir werden keine Monsterbehörde wie das Landesschulamt errichten.

(Michael Boddenberg (CDU): Herr Wagner, jetzt nicht ausweichen! Sie sind bei der Einheitsschule!)

Wir werden für die Schulen vielmehr eine Unterstützungsstruktur schaffen, die ihnen tatsächlich helfen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie kann man einen solchen Schulfrieden in Hessen erreichen? Das geht, wenn sich die Politik ein Stück weit zurücknimmt und wenn wir alle ein Stück weit von dem wegkommen, was wir mit guten Argumenten für richtig halten und was in unseren Parteiprogrammen steht.

(Zuruf von der CDU: Dann fangen Sie einmal an!)

Jeder hat da seine Überzeugung. Aber keiner sollte die Hybris haben, seine Überzeugung über die Entscheidung der Eltern zu stellen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine solche Bildungspolitik setzt auf Ermöglichen statt Verordnen. Sie wird den Schulen, den Eltern, den Lehrerinnen und Lehrern und den Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten geben, sich pädagogisch weiterzuentwickeln. Sie wird sich aber davor hüten, allen Schulen vor

zuschreiben, was sie zu tun haben. Wohin das führt, haben wir in den vergangenen zehn Jahren gesehen. SchwarzGelb hat allen Schulen vorgeschrieben, dass sie jetzt G 8 machen müssen, unabhängig davon, ob sie es wollten oder nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine solche Bildungspolitik, die den Elternwillen respektiert, setzt auf Evolution statt Revolution. Sie vertraut den Schulen. Sie traut den Schulen etwas zu.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wer hat die selbstständigen Schulen eingeführt?)

Da wird in den Schulen gefragt: Welche Ideen und Konzepte habt ihr? – Sie wird diesen Ideen und Konzepten weitestmöglich Raum lassen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Herr Wagner, was sagt denn Ihr Partner dazu?)

Herr Boddenberg, wenn Sie damit nichts anfangen können, dass Ihnen Leute die Hand zu einem Schulfrieden reichen, ist das Ihr Problem.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich habe doch nur eine Frage gestellt!)

Aber nehmen Sie einfach zur Kenntnis: Wir machen Ihnen ein Angebot. – Ich nehme zur Kenntnis: Sie wollen es ausschlagen, bevor Sie überhaupt zugehört haben. – Herr Kollege Boddenberg, das zeigt, dass Sie kein Interesse an einem Schulfrieden haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Evolution statt Revolution bedeutet, dass wir an einigen Schulen manches ermöglichen, zulassen und ausprobieren werden, ob das gut funktioniert. Dann werden wir entscheiden, ob wir das auf andere Schulen übertragen werden oder ob wir das anderen Schulen ermöglichen werden.

Die Politik von Ihnen war: Wir wissen, was richtig ist, und alle müssen es machen, unabhängig davon, ob es in der Praxis funktioniert oder nicht.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wenn Sie Frieden wollen, sollten Sie diese Sprüche lassen!)

Herr Irmer, Herr ehemaliger bildungspolitischer Sprecher, Sie sind ein gutes Beispiel dafür, dass es mit Schwarz-Gelb keinen Schulfrieden gibt. Denn Sie waren doch das erste Opfer des Schulkampfes, der zwischen CDU und FDP tobt. Das Opfer war gut. Das kann ich wirklich nur sagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ermöglichen statt Verordnen bedeutet, dass die Eltern, die sich einen flexiblen Schulanfang wünschen, dieses Angebot dann auch endlich finden werden. Das bedeutet, dass die Eltern, die sich an der Grundschule ein verlässliches Bildungs- und Betreuungsangebot von 7:30 Uhr bis 17 Uhr wünschen, ein solches Angebot endlich finden werden. Sie werden nicht im Hickhack und aufgrund des Klein-Kleins von Schwarz-Gelb zerrieben werden.

Schulfrieden bedeutet, dass es echte Wahlfreiheit zwischen G 8 und G 9 gibt. Das bedeutet, dass die Landesregierung auch etwas dafür tut, dass alle Eltern, die für ihre Kinder ein G-9-Angebot haben wollen, tatsächlich auch eines finden. Wir werden nicht die Situation haben, wie sie jetzt ist,

dass nämlich viele Eltern zum kommenden Schuljahr dieses Angebot für ihre Kinder nicht haben werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Politik des Schulfriedens ermöglicht den Schulen längeres gemeinsames Lernen, aber nicht als Zwang und vorgeschrieben für alle, sondern für die Kinder, deren Eltern sich das wünschen.

(Zuruf)

Herr Kollege Döweling, nein, wir haben das nicht. Aufgrund Ihrer Politik haben wir nach wie vor zu wenige integrierte Gesamtschulen in unserem Land. Es werden nach wie vor Schülerinnen und Schüler, die integrierte Gesamtschulen besuchen wollen, abgewiesen. Denn es gibt nicht genug Plätze. Wegen Ihrer Politik nutzen wir die Spielräume nicht, die es seit Jahren für längeres gemeinsames Lernen in den integrierten Gesamtschulen gibt. Die nutzen wir wegen Ihrer Politik nicht. Herr Kollege Döweling, ich danke Ihnen für diesen Zwischenruf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage ganz deutlich dazu, dass wir selbstverständlich auch die Eltern respektieren, akzeptieren und wertschätzen, die sagen: Wir wollen für unsere Kinder eine Schule des gegliederten Schulwesens. – Wir GRÜNE haben da eine andere Überzeugung. Wir glauben, dass man mit längerem gemeinsamen Lernen bessern fördern könnte.

Jetzt kommt der wichtige Unterschied. Jetzt kommt das, was den Kern des Schulfriedens ausmacht. Wir stellen unsere Überzeugung nicht über die der Eltern. Denn die Eltern können am besten entscheiden, was für ihre Kinder richtig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist an diesem Ansatz eigentlich falsch?

Herr Kollege, Sie müssten zum Ende kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Wir reichen aus der Opposition die Hand zu diesem Schulfrieden. Ihre Reaktionen zeigen, dass Sie weit im Kalten Krieg verhaftet sind. Wenn Sie es von der Opposition nicht annehmen, verspreche ich Ihnen, das beeindruckt uns wenig. Wir bieten es Ihnen dann aus der Regierung noch einmal an, und dann schauen wir mal.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz (CDU): Hochmut kommt vor dem Fall!)

Zu einer Kurzintervention hat sich Kollege Noll gemeldet.

(Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bis auf Abg. Mathias Wagner (Taunus) und die Fraktion DIE LINKE verlassen während der Rede des Abg. Alexander Noll (FDP) den Plenarsaal. – Zurufe von der CDU und der FDP: Kindergarten! – Gegenruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie haben recht! Er soll sich entschuldigen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wagner, Sie reden von Schulfrieden und mehr Wahlmöglichkeiten. Schauen Sie sich doch die Schullandschaft in Hessen an. Wir haben neben dem traditionell gegliederten Schulsystem auch die Möglichkeit, auf eine integrierte Gesamtschule zu gehen. Genau dort können Sie das machen, was Sie gerne wollen, nämlich längeres gemeinsames Lernen.

Wer ist denn zunächst einmal für die Schulentwicklungsplanung verantwortlich und soll ein breit gefächertes System der unterschiedlichen Systeme in der Fläche vorhalten? Das sind die Landkreise. Das Thema hatten wir ja schon einmal. Wenn Sie entscheiden, wie der Schulfrieden aussieht, dann müssen Sie auf der anderen Seite die Schulträger zwingen, ihre Schulentwicklungsplanung so auszurichten, wie Sie es gerne hätten. Das ist doch wahrscheinlich Ihr System des Schulfriedens. Dann müssen Sie aber auch beantworten, wie Sie am Ende die Konsequenzen aus dieser Verpflichtung der Kommunen finanzieren. Herr Wagner, dazu haben Sie keinen einzigen Ton gesagt. Es ist schäbig, wenn Sie sich hier der Verantwortung entziehen und einfach den Saal verlassen, zumal es Ihr Setzpunkt ist.

Erklären Sie doch auch, wie Sie Ihren Schulfrieden finanzieren wollen. Das ist doch ein vergiftetes Angebot, das Sie hier unterbreiten. Alles, was nicht Ihrer Intention entspricht, wird von Ihnen nicht als Schulfrieden bezeichnet. Was ist das für eine Geisteshaltung? – Entschuldigung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Noll. – Nächster Redner ist Kollege Schork für die CDU-Fraktion. – Vielleicht schaffen wir es dann auch, wenn alle wieder sitzen, dass man dem Redner zuhören kann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die GRÜNEN und der Kollege Wagner bieten einen Schulfrieden an und sagen, die Zeiten des Schulkampfes müssten vorbei sein.

(Demonstrativer Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollen alle Fraktionen und Akteure einbinden. Dazu hätten Sie in den letzten 15 Jahren bereits Gelegenheit gehabt. Sie haben diese nicht genutzt.

Ich stelle diese Aussage bewusst an den Anfang, um eines deutlich zu machen. Was ist denn die Grundlage Ihres Angebots? Welches schulpolitische Programm legen Sie denn zugrunde? – Ich will Ihnen an einigen Beispielen deutlich machen, dass das, was Sie hier mit wohlfeilen Worten ankündigen, der Realität nicht standhält. Es scheitert schon daran, dass Sie in wesentlichen Punkten völlig anderer Auffassung sind als Ihr Möchtegern- oder Wunschkoalitionspartner SPD.

Ich fange bewusst bei G 8 und G 9 an. Sie haben in Ihren Ausführungen gesagt, das Prinzip der Freiwilligkeit steht