Die Gemeinden wollen es nicht, und die Fachleute wollen es auf gar keinen Fall. Deshalb ziehen Sie in Ihrem eigenen Interesse – die Menschen werden es Ihnen in diesem Jahr quittieren – diesen unsäglichen Gesetzentwurf zurück.
Dieses Spielzeug, das vor mir steht, ist kein Spielzeug, sondern es ist ein Geschenk an den Sozialminister, das ich ihm gerne überreichen möchte. Wir haben versucht, ein kleines transportables Essgeschirr zu kaufen. So etwas gibt es derzeit nicht mehr zu kaufen, etwas, mit dem Kinder eine warme Suppe in einen Kindergarten tragen können. Das gibt es nicht mehr zu kaufen, weil man das in diesem Land nicht mehr braucht.
In Zukunft wird man das wieder brauchen, Eltern werden es für ihre Kinder wieder brauchen. Herr Grüttner, falls sich Menschen Hilfe suchend an Sie wenden sollten, wie sie denn ihre Kinder mit einem Essen versorgen können, können Sie ihnen das als Musterbeispiel auf den Weg geben. Denn das wird die einzige Lösung sein, die den Eltern übrig bleibt und den Kindern, die in Zukunft in ihren Kitas kein warmes Mittagessen mehr bekommen.
(Die Rednerin überreicht Minister Stefan Grüttner das Geschenk. – Beifall bei der LINKEN – Hans- Jürgen Irmer (CDU): Das ist ein Witz, was hier abgeht! – Die Rednerin begibt sich wieder zum Rednerpult.)
Weil wir vereinbart haben, dass Sie am Ende Ihrer Rede das Geschenk weitergeben. Das war eine Zusage von Ihnen. Vielen Dank dafür.
(Holger Bellino (CDU): Was ist, wenn es nicht angenommen wird? Schmeiß das Ding doch weg! – Gegenruf des Ministers Stefan Grüttner: Nein, Herr Kriszeleit hat einen Enkel, der möchte das gern haben! Meine Enkelin ist noch zu jung! Das Spielzeug ist auch nicht umweltgerecht! Das färbt leider ab, das kann man Kindern nicht zumuten!)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es sehr schade, wie die Diskussion hier läuft, weil sie nicht das Verhältnis, das die Abgeordneten im Sozialausschuss haben, widerspiegelt.
Ich sage ausdrücklich, dass wir im Sozialausschuss immer versucht haben, vernünftig miteinander umzugehen. Allerdings stelle ich fest, dass die Situation, dass wir jetzt eine Wahl vor der Haustür haben, ein Stück weit dazu beigetragen hat, dass die gute Zusammenarbeit einigermaßen gelitten hat. Ich musste bei den Podiumsdiskussionen, bei denen ich saß, schon ein bisschen schlucken, was da zum Teil erzählt worden ist.
Ich muss auch sagen, manchmal fand ich schade, was ich in Zeitungen lesen musste, weil dem einen oder anderen und oftmals dem Fachmann aus dem Sozialausschuss des Hessischen Landtags klar sein musste, dass das nicht der Realität entspricht, was dort dargestellt worden ist.
Dabei weiß ich auch, dass nicht alles, was in der Zeitung steht, von jedem wirklich so gesagt worden ist. Von daher möchte ich das gerne als mildernden Umstand zurechnen.
Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich bis jetzt fachlich gut mit Herrn Merz und Herrn Bocklet zusammengearbeitet habe – mit Herrn Bocklet mit Abstrichen, weil er gerne zuspitzt. Ein gutes Beispiel ist die Kann- und die Mussregelung, wo Herr Bocklet mich nach der Ausschusssitzung gefragt hat, warum wir das gemacht haben. Ich habe es ihm erklärt, und dann lese ich in der „Bild“Zeitung eine zumindest interpretationswürdige Darstellung. Herr Bocklet, wie Sie es hier vorgetragen haben, ist es völlig an der Realität vorbei.
Ich möchte uns alle bitten: Es geht hier um Kinder und um Zukunftschancen von Kindern. Daher sollten wir zu Fakten zurückkehren, zur Realität zurückkehren. Wir sollten zu dem zurückkehren, was in diesem Gesetz geregelt ist.
Dazu möchte ich ein paar Ausführungen machen. Sie werden sich nicht nur auf den Gesetzentwurf beschränken, sondern auch auf das eingehen, was die Hessische Landesregierung, was FDP und CDU seit dieser Legislaturperiode ganz schlüssig aus einem Guss und vernünftig an Politik vertreten. Dazu möchte ich auf drei Themen eingehen.
Das Erste war die Mindestverordnung (neu), die ganz klar – ich glaube da gibt es keinen Widerspruch – Standards erhöht hat. Das ist eindeutig. Wir sind dafür eingetreten, Standards zu erhöhen. Wir haben uns auch bereit erklärt, für die Kommunen, die das zusätzlich machen, den Beitrag zu leisten, den das mehr kostet. Das war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube, das ist auch unstrittig.
Wir haben uns weiterhin damit beschäftigt, die Schulen besser auszustatten. Wir haben uns auch weiter Gedanken gemacht, wie wir den Städten mehr Ressourcen zur Verfügung stellen können, damit diese in der ihnen zustehenden Verantwortung mit Blick auf die frühkindliche Bildung handeln können.
Wenn man nur einmal in den Einzelplan 08 des Haushalts des Landes Hessen hineinschaut, wenn man sich mindes
tens die Mühe macht, die erste Seite aufzuschlagen und hineinzuschauen, dann stellt man fest, dass der Sozialetat des Landes Hessen, Einzelplan 08, um 30 % erhöht worden ist. Wann hat es das schon einmal in diesem Land Hessen gegeben, egal wer regiert hat, dass der Sozialetat des Landes Hessen um 30 % – ich muss es immer wieder sagen – aufgestockt worden ist? Fast ausschließlich sind die Mehrausgaben in den Bereich frühkindliche Bildung, Ausbau der U-3-Plätze, Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegangen. Das ist die richtige politische Schwerpunktsetzung.
Die können Sie auch nicht negieren. Man braucht nur die erste Seite aufzuschlagen und nachzulesen. Wenn man sich dann fragt, welche Verbesserungen das Kinderförderungsgesetz regelt, dann müssen Sie nur in die Konnexitätsvereinbarung zwischen Land und Kommunen hineinschauen. Die haben sich die Grundzüge des Gesetzentwurfs angeschaut und gefragt: Was gibt es mehr an Qualität durch dieses Gesetz, und was müsst ihr uns bezahlen? Diese Konnexitätsvereinbarung ist öffentlich zugänglich. Die kann sich jeder anschauen. Dort ist gesagt: Das Land Hessen muss künftig 117,5 Millionen € mehr zahlen für das, was an Qualität in diesem Gesetz geregelt worden ist.
Damit ist auch klar, das ist Landesgeld, das wir zahlen müssen, und das müssen wir nur zahlen, weil wir diese Standards in das Gesetz geschrieben haben. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Das ist Realität, das sind Fakten, das ist nicht vom Tisch zu wischen. Das ist gut so, und daher machen wir hier die richtige Politik.
Ich will deutlich machen, wie die Situation in Hessen ist. Wir haben 4.000 Einrichtungen in Hessen. 1.600 Einrichtungen wurden nach Mindestverordnung (neu) gefördert, 2.400 Einrichtungen noch nicht, in denen diese Mindeststandards noch nicht vorgehalten worden sind oder die die Mindeststandards schon zuvor hatten und deshalb nicht mehr in den Genuss der Förderung gekommen sind.
Mit dem Kinderförderungsgesetz wird sich keine Einrichtung schlechterstellen, sondern es werden sich alle besserstellen. Die 2.400 Einrichtungen – über 60 % der Einrichtungen in Hessen – werden sich deutlich besserstellen. Das hat eine doppelte Auswirkung. Die einen Einrichtungen, die bisher die Mindeststandards nicht hatten, müssen die Standards erhöhen. Diejenigen, die sie schon hatten, z. B. Frankfurt oder Gießen, können das zusätzliche Geld dazu nutzen, um ihre Standards weiter anzuheben. Sie können das Geld nutzen, um die Qualität weiter zu verbessern.
Es ist ganz klar: Wenn 2.400 Einrichtungen mehr in den Genuss der höheren Zuweisungen kommen, die vorher nichts bekommen haben, dann ist es doch eine Verbesserung. Solche Fakten können Sie doch nicht einfach mit Ihren Worthülsen vom Tisch wischen.
Dann sage ich es noch einmal ganz kurz: Es gibt 15 % mehr Erzieherstunden. Wir haben auf die Mindestverordnung 15 % draufgesetzt. Wir haben die Gruppen so organisiert, dass sie selbst entscheiden können, was sie mit den 15 % machen. Ob sie damit eine kleinere Gruppe haben, ob sie damit mehr Erzieher haben, ob sie die Urlaubszeiten überbrücken, das können sie vor Ort entscheiden. Das wollen wir nicht entscheiden.
Wir haben die Elternrechte gestärkt, weil wir glauben, dass die Eltern wichtige Player in dem Bereich sind. Die sind die richtigen Leute, um die Qualitätsstandards umzusetzen. Wir haben diese gestärkt. Sie haben mittlerweile auch Möglichkeiten, in Organisationsfragen mitzureden. Wir haben die Bürokratie abgebaut. Wir haben eine gerechtere Mittelzuweisung organisiert durch die kindbezogene Zuweisung.
Als Land Hessen sind uns alle Kinder in Hessen gleich viel wert. Kein Kind ist mehr oder weniger wert. Alle werden gleich gefördert. Das ist doch einmal eine wichtige Botschaft, dass das Land Hessen mehr Geld gibt, dass alle Kinder in den gleichen Genuss dieser Förderung kommen. Das ist die richtige Politik, und das ist auch die zukunftsgewandte Politik. Darum ist das Gesetz gut, und ich stehe weiter dazu.
Ich kann Ihnen noch sagen, wir haben uns auch für die Chancengerechtigkeit eingesetzt. Der erste Schwerpunkt ist, das Geld geht dorthin, wo die Kinder sind. Ein zweiter Schwerpunkt des Gesetzes ist, dass wir uns des Themas Integration angenommen haben. Wir haben die Förderung der Einrichtungen für Kinder mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwachen Familien vervierfacht.
Da ist richtig viel Geld im System, um dort zu arbeiten, sich vor Ort besser aufstellen zu können, vor Ort entscheiden zu können, wie man das Geld optimal einsetzt. Das ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt in diesem Gesetz. Der ist gut so. Und er wird die Zukunft von Kindern verbessern. Er wird ihre Chancen verbessern, wird Chancengerechtigkeit in unserem Land fördern – ein ganz wichtiger Bestandteil dieses Gesetzes.
Leider reicht die Zeit nicht, um die ganzen Vorteile dieses Gesetzes aufzuzählen. Darum noch einmal ein Punkt zum Thema Inklusion. Ich kann es mittlerweile nicht mehr gut vertragen: Wir alle wissen, dass die UN-Konvention nicht nur für den Bund gilt. Sie gilt nicht nur für die Länder. Sie gilt auch für die kommunale Ebene. Das ist ganz klar. Sie stellen doch mittlerweile wahrscheinlich mehr Landräte als die CDU. Wenn die Landräte auf Kosten der behinderten Kinder sparen wollen, dann werde ich einer der Ersten sein, der diesen Landräten auf die Finger haut.
Wenn Sie diese Diskussion hier reinziehen, dann frage ich mich, ob Sie nicht wirklich wissen, wer in diesem Bereich zuständig ist, und ob Sie sich nicht mit den Fakten beschäftigt haben. Ich weiß, dass da die Leute sind, zu denen ich inhaltlich Vertrauen habe, und ich weiß, dass Sie es eigentlich manchmal besser wissen als das, was Sie hier von sich geben. Dann kämpfen Sie doch lieber mit uns an der Baustelle Landräte, und sorgen Sie dafür, dass dort etwas passiert.
Ich kann es auch nicht mehr hören, wenn hier an diesem Gesetz herumkritisiert wird. Ich frage mich immer, wenn Sie alles besser wissen, wenn Sie genau wissen, wie das alles besser zu organisieren ist, wenn Sie wirklich wüssten, wo das Geld dann herkommt, wie Sie alles besser, gerechter und klüger machen als wir: Wo ist Ihr Gesetzentwurf, Herr Bocklet? Wo ist Ihr Gesetzentwurf, Frau Schott? Wo ist Ihr Gesetzentwurf, Herr Merz?
Sie rennen draußen herum und erzählen den Leuten komische Dinge. Aber wo sind die Fakten? Wo sind Ihre konkreten Vorschläge, an denen wir Sie dann messen können und wo wir feststellen können, wo Sie Ihre Schwerpunkte setzen? Da haben Sie nichts vorzuweisen. Da liefern Sie nichts. Bis dahin sollten Sie ein bisschen zurückhaltender mit Ihren Äußerungen sein. – Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Das Kinderförderungsgesetz ist ein gutes Gesetz, ist ein zukunftsweisendes Gesetz. Es wird die Betreuung von Kindern inhaltlich weiterbringen. Es wird die Träger von Kindertageseinrichtungen in Zukunft weiter massiv unterstützen und entlasten.
Das wird auch an der Diskussion und an der gesamten Genese dieses Gesetzes sehr deutlich. Ich will gern versuchen, auf einiges einzugehen, was in der Diskussion gesagt worden ist, und versuchen, dies in unterschiedliche Bereiche aufzugliedern. Dabei gehe ich nicht auf Selbstgefälligkeiten in der Darstellung ein. Ich gehe auch nicht auf die bewusste Verunsicherung ein. Aber ich versuche, Ihnen einmal einige Fakten darzustellen.
Ich finde – das ist zumindest in vielen Bereichen von Beteiligten noch nicht einmal bestritten worden –, dass die Frage des Gesetzgebungsverfahrens, die hier angesprochen worden ist, ausgesprochen vorbildlich geregelt war. Seit August 2011 sind in parlamentarischen Besprechungen alle Beteiligten – seien es die kirchlichen Träger, die verbandlichen Träger oder die kommunalen Träger – in die Erarbeitung und in jeden Schritt der Erarbeitung der Gesetzesvorlage einbezogen worden.