Protocol of the Session on April 24, 2013

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rock. – Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Grüttner. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn seitens der Fraktion der SPD das Gleichstellungsgesetz oder Gleichstellungsfragen und entsprechende Berücksichtigungen in verschiedenen Funktionen von Frauen aufgegriffen wird – was durchaus berechtigt ist –, dann fällt mir immer die Diskussion ein, die intensiv und auch öffentlich in der SPD-Fraktion geführt worden ist, als es damals um die Besetzung einer Position ging, auf die die SPD ein Recht hatte, nämlich im Verwaltungsrat des Hessischen Rundfunks. Damals hat Frau Kollegin Pauly-Bender öffentlich ihren Anspruch erhoben, und die SPD-Fraktion hat Herrn Siebel entsandt.

(Holger Bellino (CDU): Hört, hört!)

Unter diesem Gesichtspunkt muss man sagen: Dort, wo man eine eigene Chance hat, selbst entsprechende Maßnahmen durchzuführen, ist das Wort das eine, die Tat das andere.

Das wird auch an dieser Stelle wieder deutlich, was diesen Gesetzentwurf anbelangt. Ich widerspreche Frau Kollegin Ravensburg ausgesprochen selten und ungerne, aber an einer Stelle ihrer Ausführungen heute muss ich es dennoch tun. Sie hat nämlich gesagt, Sie als SPD wollen regieren. – Wer einen solchen Gesetzentwurf vorlegt, der will nicht regieren; und er will es nicht nur nicht, er kann es gar nicht.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Bei dem hier vorgelegten Gesetzentwurf geht es schlicht und einfach ausschließlich um einen Entwurf, der in Wahlkampfzeiten eingebracht wird, um damit den Versuch zu unternehmen, ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit zu erzielen. Mehr ist das nicht. Das ist schlicht und einfach nur Aktionismus.

Wenn man diesen Gesetzentwurf liest, dann trägt zu diesem Eindruck natürlich auch folgende Feststellung bei: Das derzeitige Hessische Gleichberechtigungsgesetz hat 23 Paragrafen; der Entwurf, mit dem wir uns momentan auseinandersetzen, ist aufgebläht und hat 78 Paragrafen. Sieht man sich das näher an, dann zeigt sich, dass diese Aufblähung zu einem gewichtigen Teil dadurch zustande kommt, dass in diesem Entwurf eine Ausweitung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes auf Regelungsgegenstände stattfindet, die weit über die Fragen der Gleichberechti

gung von Frauen hinausgehen. So werden Sachverhalte behandelt, die primär in anderen Gesetzen geregelt werden müssen, z. B. in der Hessischen Laufbahnordnung oder im Hessischen Beamtengesetz. Auch die Grundsätze der Rechtsförmlichkeit werden in diesem Entwurf wiederholt über den Haufen geworfen: So werden bestehende Gesetzesbestimmungen und Richtlinien hinzugefügt, z. B. aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder aus den Richtlinien zur Integration und Teilhabe schwerbehinderter Angehöriger der hessischen Landesverwaltung – wie die Ausführungen zu den Zielen und den unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierungen, zur sexuellen Belästigung.

(Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Frau Kollegin Schulz-Asche, all diese Tatsachen sind schlicht und einfach schon längst in anderen Gesetzen geregelt.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Das beinhaltet nichts anderes als einen Aktionismus, um zu verdeutlichen, dass man etwas auf den Weg gebracht habe.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Es ist ganz spannend, und als es angesprochen worden ist, ist das auch durch Zwischenrufe zum Redebeitrag von Frau Ravensburg deutlich geworden: In diesem Gesetzentwurf werden Mehrkosten von 1,5 Millionen € angegeben. Natürlich sind das Mehrkosten, die sämtlich jährlich anfallen, die letztendlich aber ausschließlich für die Einrichtung einer zentralen unabhängigen Stelle verwendet werden sollen,

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

die die Gleichberechtigungs- und Gleichstellungspraxis in allen Bereichen des Landes Hessen auswerten soll. Dazu gehören unter anderem die Bekämpfung von Diskriminierungen von Frauen und schwerbehinderten Frauen, die Unterstützung einzelner Personen, die sich gegen eine Diskriminierung zur Wehr setzen wollen,

(Unruhe)

und die Erstellung von Gutachten und deren öffentliche Bekanntmachung. Also handelt es sich offenkundig um keine einmalige Summe, sondern um jährliche Aufwendungen, die letztendlich nicht alleine vom Land, sondern in ihren Ausführungen auch von den kommunalen Gebietskörperschaften zu tragen sind und die letztendlich auch unter Konnexitätsgesichtspunkten zu betrachten sind.

(Beifall bei der CDU)

Insofern geht es nicht nur um den Aspekt der Mehrkosten, sondern letztendlich wird hier ein Bürokratiemonster mit einem nicht zu überblickenden Verwaltungsaufwand geschaffen, der noch hohe Mehrkosten nach sich zieht, in der Sache aber nichts bewirken wird. Denn verschiedene Regelungsbereiche unterliegen schlicht und einfach nicht der Zuständigkeit des Landes, beispielsweise die Rechtmäßigkeit verschiedener Regelungen in dem vorliegenden Gesetzentwurf.

Beispielhaft ist hier der in § 5 formulierte sachliche Geltungsbereich zu nennen. Da wird sozusagen bei privatisierten Unternehmen das Hessische Gleichberechtigungsgesetz als Anwendungsgesetz normiert, obwohl relativ klar ist, dass bei privatisierten Unternehmen öffentliches Recht überhaupt keine Anwendung findet. Insofern ist dieser Ge

setzentwurf an dieser Stelle nichts weiter als Aktionismus. Ich bin der festen Überzeugung, dass dies auch in den entsprechenden Diskussionen noch zum Ausdruck kommen wird.

Ich bin gespannt, wie Frau Pauly-Bender versuchen wird, in der Intervention ihre Ausführungen geradezustellen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit 19 Jahren entfaltet das Hessische Gleichberechtigungsgesetz ganz entscheidende Wirkungen im öffentlichen Dienst mit dem Ziel der Verwirklichung von Chancengleichheit von Frauen und Männern, der Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und überhaupt im öffentlichen Dienst.

An dieser Stelle möchte ich schon bemerken: Lassen Sie einfach einmal die Zeiten der SPD-geführten Landesregierung Revue passieren – es ist schon lange her –, in denen es keine einzige Abteilungsleitung, die mit einer Frau besetzt worden ist, beispielsweise in der Staatskanzlei, gab. In der Zwischenzeit ist das der Fall. Die Tatsache, dass eine obere Landesbehörde wie das Statistische Landesamt in der Zwischenzeit von einer Präsidentin geleitet wird und nicht mehr von einem Präsidenten, verdeutlicht, dass Frauen in der Hessischen Landesregierung in Führungspositionen nicht nur eine Chance haben, sondern auch repräsentiert sind. Das wird eindeutig klar. Da danke ich auch dem Chef der Staatskanzlei, der sich intensiv dafür eingesetzt hat.

Das heißt nicht, dass man sich darauf ausruhen darf. Es ist ein Zeichen dafür – an dieser Stelle werden wir über die Weiterführung dieses Gesetzes zu diskutieren haben –, dass schlicht und einfach eine große Bandbreite von Regelungen vorherrscht, die die Gleichberechtigung von Frauen und Männern berücksichtigt.

Was die kommunalen Frauenbeauftragten zu einem Klagerecht gesagt haben, hat Frau Kollegin Ravensburg schon ausgeführt. Letztendlich kann man sagen: Ihr Entwurf enthält Sachverhalte, die über Fragen der Gleichberechtigung weit hinausgehen. Er stellt insgesamt eine extrem detaillierte, bevormundende und entmündigende Überregulierung und exzessive Bürokratisierung dar, deren Umsetzung weder den Frauenbeauftragten noch den von ihnen betreuten Beschäftigten nützt, sondern ihnen vielmehr schadet und ihre Entfaltungsmöglichkeiten behindert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Ich habe noch eine Wortmeldung von Frau Kollegin Dr. Pauly-Bender.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ursprünglich wollte ich das Wort ergreifen, weil Herr Minister Grüttner vorgetragen hat, was er seinerzeit zur Besetzung des Rundfunkrats wahrgenommen hat. Dazu sage ich gleich noch etwas.

Herr Minister, Sie sind ja der Frauenminister des Landes, auch wenn die CDU vergessen gemacht hat, dass dieses Ministerium einmal unter anderem auch Ministerium für Frauen hieß. Das haben Sie in Hessen vergessen gemacht,

und zwar sehr bewusst. Ich finde es gut, dass jüngere Frauen wieder an die guten frauenpolitischen Zeiten anknüpfen wollen, die den öffentlichen Dienst des Landes Hessen auch sehr stark gemacht haben. Es waren sozialdemokratische Ministerinnen, die diesen guten Weg damals geebnet haben. Sie haben ein Frauengleichstellungsgesetz geschaffen, das in der Bundesrepublik Deutschland seinesgleichen gesucht hat.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, das waren die starken Jahre, auch von hessischen Behörden. Unsere junge Kollegin Gnadl hat begründet, warum sie einen neuen Gesetzentwurf einbringen will. Er hat wirklich sehr viel aufzuarbeiten, und zwar 14 schlechte Jahre zu diesem Thema.

(Beifall bei der SPD)

Es ist eine Bundesstatistik, die die Kollegin mitgebracht hat. Ich weiß nicht, ob Sie Gelegenheit hatten, diese Statistik wahrzunehmen. Was die Zahlen in Deutschland betrifft, ist Hessen Schwanzmeister.

(Unruhe bei der CDU und der FDP)

Hessen kann nur 9 % Frauenförderung aufweisen.

(Unruhe bei der CDU und der FDP – Glockenzei- chen der Präsidentin)

Wir haben kein Wort der Legitimation dazu gehört.

Frau Kollegin, einen Moment, bitte. – Ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe. Hier wird auch kein Mann diskriminiert, Sie diskriminieren eine Kollegin, wenn Sie dazwischenrufen. Frau Pauly-Bender hat jetzt das Wort.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Der hessische Frauenminister hat kein Wort dazu gesagt, wie sich diese Statistik erklärt. Die CDU-Sprecherin hat kein Wort dazu gesagt, wie sich diese Statistik erklärt. Der FDP-Sprecher hat kein Wort dazu vorgetragen, wie sich diese Statistik erklärt. Das hätte an diesem Tag hierhin gehört.

Wir wissen, wenn wir durch die Regionen Hessens gehen, dass es nicht irrelevant ist, welche Chancen auch junge Frauen in den einzelnen Regionen Hessens sehen, und es ist auch eine Standortentscheidung, dass der öffentliche Dienst in allen Bereichen Flagge zeigt.

Herr Frauenminister Grüttner, jetzt komme ich kurz zu dem Anlass, weshalb ich mich überhaupt zu Wort gemeldet habe, nämlich zur Besetzung des Rundfunkrats. Niemand, der länger in diesem Haus ist, vergisst, dass die SPD-Fraktion seinerzeit mit Frau Breithaupt die erste Repräsentantin einer politischen Partei in den hessischen Rundfunkrat benannt hat. In dem Fall, den Sie versucht haben anzuführen, hat es ganz andere Hintergründe gegeben. Die hessische SPD hat an anderer Stelle auch mit zwei Frauen im hessischen Rundfunkrat gesessen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das bei Ihnen jemals der Fall gewesen wäre, Herr Minister.

(Beifall bei der SPD)

Sie sollten sich heute vielmehr zu den Angelegenheiten der Bundes-CDU, der hessischen CDU und auch Ihrer Amtsschaft in dieser Frage geäußert haben. Das wäre zur allgemeinen Aufklärung besser gewesen.

Meine Damen und Herren, ich wünsche den Frauenpolitikerinnen in Zukunft einen neuen Auftakt in dieser Angelegenheit. Sie haben ein gutes Gesetz vorgelegt. Bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfs wurden sie von einem der prominentesten Juristen Deutschlands in diesem Fachgebiet beraten. Sie haben ihn nachgefragt, das wird auch die Anhörung zeigen.

Meine Damen und Herren von der CDU, ich glaube nicht, dass die Wählerinnen, auf die Sie sich beziehen, alle Ihrer Auffassung sind. Als Frau Fuhrmann und ich die Frauenpolitik in Hessen vertreten haben, haben wir uns regelmäßig mit den hessischen Beamtinnen getroffen, wir haben uns mit den Frauenorganisationen getroffen, wir hatten im Büro für Staatsbürgerliche Frauenarbeit mit Vertreterinnen aller politischen Parteien in Hessen Kontakt, im Übrigen auch mit den FDP-Frauen.