Protocol of the Session on April 24, 2013

Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren!

(Zuruf: Gibt es jetzt einen grünen Kugelschreiber?)

Ich habe jetzt keinen grünen Kugelschreiber für die Ausgewogenheit dabei, es tut mir leid.

Als ich den Antrag gelesen habe, den CDU und FDP hier zur Grundlage für ihren Setzpunkt gemacht haben, war mir nicht so ganz klar, was die Zielrichtung dieses Antrags war und worin seine zentrale Botschaft lag. Ich muss sagen – Herr Kollege Lenders, ich will Ihnen nicht zu nahe treten –: So richtig deutlich geworden ist mir das nach Ihrer Rede auch nicht, was Sie uns hier eigentlich mitteilen wollten und was die Botschaft dieses Setzpunktes sein sollte.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der LINKEN)

Ich habe einmal geschaut und gegoogelt, was sich zur Initiative Gesundheitsindustrie Hessen usw. finden lässt. Das gibt jetzt auch nicht so viel her. Herr Kollege Lenders, wenn ich es richtig verstanden habe, beziehen Sie sich auf diese Initiative, die im Februar dieses Jahres gegründet worden ist, aber erst im Herbst dieses Jahres Ergebnisse vorlegen will. Dass das so ist und die Landesregierung eine Initiative ins Leben gerufen hat, wird von Ihnen aber erst einmal begrüßt. Dazu, dass Sie sich mittlerweile schon mit

solchen bescheidenen Dingen zufriedengeben, um hier Jubel- und Begrüßungsanträge in den Landtag einzubringen, meine Damen und Herren von CDU und FDP, muss ich schon sagen, dass die Umfrageergebnisse, die wir im Moment erleben, vollkommen berechtigt sind.

(Beifall bei der SPD)

Das muss man hier einmal ganz salopp formulieren: Dann haben Sie anscheinend nicht mehr auf der Pfanne. Sie haben keine Erfolge vorzuweisen; denn zum wiederholten Male machen Sie hier substanzlose Jubelanträge zum Setzpunkt im Plenum, meine Damen und Herren von CDU und FDP. Wie Märchen immer mit den Worten beginnen: „Es war einmal“, so können wir uns im Landtag darauf verlassen, dass Jubel- und Begrüßungsanträge von CDU und FDP mit dem Anfang „Das Land begrüßt die von der Landesregierung beschlossene Initiative, Maßnahme …“ hier eingebracht werden. Das ist zu wenig, wenn man dieses Land regieren will.

(Beifall bei der SPD)

Bei der Gründung dieser Initiative, auf die sich der Antrag von CDU und FDP beruft, gab es einen großen Bahnhof. Gleich vier Kabinettsmitglieder wollten bei einem so bedeutenden Ereignis dabei sein:

(Petra Fuhrmann (SPD): Deshalb sind sie nie hier!)

Ministerpräsident, Wirtschaftsminister, Wissenschaftsministerin, Sozialminister. Dabei waren noch die Gewerkschaft IG BCE, Unternehmen der Gesundheitsindustrie und Vertreter aus Wissenschaft und Forschung. – Herr Staatsminister, ich weiß, dass Sie gelegentlich, obwohl es Ihnen nicht zusteht, Seitenrufe von der Regierungsbank machen. Ich gönne Ihnen das Vergnügen noch bis zum September dieses Jahres; dann ist das eh vorbei.

(Minister Jörg-Uwe Hahn: Nein, das geht noch wei- ter!)

Aber ich weise ausdrücklich zurück, dass Sie bei DGB-Gewerkschaften zwischen guten und weniger guten Gewerkschaften unterscheiden. Das steht Ihnen nämlich nicht zu.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Günter Ru- dolph (SPD): Ziemlich überheblich! – Hermann Schaus (DIE LINKE): So ist es! – Minister JörgUwe Hahn: Wieso?)

Dabei waren noch Unternehmen der Gesundheitsindustrie, Vertreter aus Wissenschaft und Forschung. Offenbar war Ihnen der öffentliche Ertrag nach dem 6. Februar 2013, als diese Initiative gegründet wurde, ein bisschen zu wenig, sodass Sie das hier noch zum Gegenstand eines Setzpunktes von Ihnen machen mussten. Aber ich finde es blamabel, dass Sie noch nicht einmal abgewartet haben, welche Ergebnisse denn diese Initiative bringt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Aber Sie haben schon mal begrüßt. – Dass sich der Landtag zum Pharma- und Chemiestandort Hessen bekennt, ist unter uns allen unstrittig, selbstverständlich. Aber dazu bedarf es keines Antrags von CDU und FDP, und dazu bedarf es auch nicht Ihrer Rede, Herr Kollege Lenders.

(Dr. Frank Blechschmidt (FDP): Die wird trotzdem kommen!)

Chemie- und Pharmaindustrie sind wichtige Industriezweige für die Wirtschaftsstruktur in Hessen.

Meine Damen und Herren, für uns kommt aber sowohl in Ihrem Antrag als auch in Ihren Ausführungen, Herr Kollege Lenders, ein bedeutender Bereich, der unmittelbar mit der Pharma- und der Chemieindustrie zusammenhängt, wesentlich zu kurz; das ist der Wissenschaftsbereich. Wenn wir über Chemie- und Pharmaindustrie reden, dann reden wir unwillkürlich auch über Forschung und Entwicklungen. Hier leisten die hessischen Hochschulen, der Wissenschaftsbereich, einen erheblichen Beitrag. Denn es ist doch unbestritten, dass gerade aus dem Transfer Hochschule – Wirtschaft letztendlich die nachhaltigsten Arbeitsplätze entstehen. Dazu finden wir in Ihrem Antrag leider nichts.

Es gibt keine erkennbare Strategie dieser Landesregierung, wie wir die Potenziale der Hochschulen, der Wissenschaft für den Wirtschaftsstandort Hessen und damit insbesondere für den wichtigen Bereich der Pharma- und Chemieindustrie besser zukunftsfähig ausschöpfen können. An den hessischen Hochschulen gibt es dazu viele Aktivitäten; denn dort wurde schon vor Längerem erkannt, welche Bedeutung der Technologie- und Wissenstransfer hat.

Allerdings wird diese Arbeit der Hochschulen von der Hessischen Landesregierung nicht in dem Maße gewürdigt, wie es notwendig wäre. Wer den Wissens- und Technologietransfer unterstützen will, der muss mehr bieten als diese Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Es gilt sowohl in finanzieller Hinsicht als auch in Bezug auf die mangelnde systematische Unterstützung, hier die notwendigen Strukturen zu schaffen. Dies gilt auch für die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie werden zwar im Antrag genannt – wir begrüßen das ausdrücklich –, aber in der Initiative Gesundheitsindustrie Hessen spielen sie kaum eine Rolle.

Meine Damen und Herren, im vorliegenden Antrag wird gefordert – das ist eher ein Gemeinplatz –, die Rahmenbedingungen für die Industrie weiter zu verbessern. Was das allerdings konkret heißt und für sie bedeutet, das wird nicht ausgeführt. Es ist zwar schön formuliert, aber das meine ich mit „substanzlos“.

Für Sozialdemokraten ist immer klar, dass verbesserte Rahmenbedingungen für die hessische Wirtschaft auch den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, den Unternehmen, aber auch den hessischen Bürgerinnen und Bürgern zugutekommen müssen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Gute Rahmenbedingungen für die Wirtschaft sind kein Selbstzweck. Aber ist es denn so, dass Hessen wirklich so gut dasteht? Ich will Ihnen dafür ein Beispiel nennen. Im Dynamikranking 2012 belegte Hessen den für das wirtschaftsstarke Bundesland Hessen blamablen 13. Platz.

(Petra Fuhrmann (SPD): Hört, hört!)

Ein wesentlicher Grund dafür war, dass die Jahreswirtschaftsleistung in Hessen um 0,6 % gesunken ist, während sie im Bundesmittel um 1,3 % gestiegen ist.

(Petra Fuhrmann (SPD): Aha!)

Davon ist in dem Antrag von CDU und FDP, wenn sie den Wirtschaftsstandort Hessen loben – in Wirklichkeit ist es ein Eigenlob –, nicht die Rede.

Also, so toll, wie es CDU und FDP uns seit mehreren Monaten mit ihren Jubelanträgen weismachen wollen, ist das Ganze nicht. Dabei ist klar: Hessen ist ein wirtschaftlich starkes Land. Aber was Schwarz-Gelb uns hier vorlegt, lässt bei Ihnen das notwendige Fingerspitzengefühl und das Problembewusstsein für gewisse Entwicklungen einfach vermissen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Stillstand zu bejubeln ersetzt keine Politik.

Zum Schluss noch eine Anmerkung, weil Sie in Ihrem Antrag auf die so hervorragende Infrastruktur in Hessen eingegangen sind. Das ist ein typisches Beispiel dafür, wie man Probleme wegschieben kann. Wir haben in Hessen eine seit Jahren vollkommen unterfinanzierte Infrastruktur sowohl bei der Straßen- wie auch der Schieneninfrastruktur. Das wurde erst Ende vergangenen Jahres durch die sogenannte Daehre-Kommission bestätigt. Damit wir uns einig sind: Das ist keine Erfindung der Sozialdemokraten.

Ich finde es gerade von CDU und FDP, die sich immer damit hervortun, wenn es um Infrastruktur geht, blamabel, dass sie diese Entwicklung nicht zur Kenntnis nehmen, geschweige denn, Konzepte auflegen, wie sie das in Zukunft besser machen wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Schönen Dank, Herr Kollege Frankenberger. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Pentz das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Frankenberger, zunächst einmal ganz kurz zu Ihnen. Statt hier eine Rede des NegativeCampaignings darzustellen, hätte ich mir von Ihnen gewünscht, dass Sie uns gesagt hätten, wenn Sie immer den Regierungsanspruch darstellen, was Sie denn tun wollen, um die Unternehmen und die Arbeitnehmer in Hessen in der Chemie- und Pharmabranche zu unterstützen. Das sind Sie uns schuldig, Herr Frankenberger.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Hessen ist die Apotheke Deutschlands. Heute sind in der hessischen Pharma- und Chemieindustrie mehr als 57.000 Menschen beschäftigt. Vom Lagerarbeiter bis zum hoch qualifizierten Forscher bietet Hessens Gesundheitsindustrie zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wir können in Hessen auf eine jahrhundertelange Tradition als Pharmastandort zurückblicken. In Hessen haben viele kleine und mittelständische Unternehmen eine Heimat.

Auch global tätige Unternehmen haben in Hessen ihren Sitz. Sie nutzen die Nähe von Frankfurt, Darmstadt oder Wiesbaden zum weltweit bedeutendsten Luftdrehkreuz, dem Frankfurter Flughafen. 64 % der Produkte aus der Gesundheitsindustrie werden für den Export hergestellt. Bei

einigen Firmen gehen sogar 90 % der Produkte in den Export. Hessische Produkte aus der Gesundheitsindustrie genießen weltweit einen guten Ruf und sind anerkannt.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Der Standort Hessen als Apotheke Deutschlands ist kein reiner Selbstläufer. Wir stehen bei der Pharma- und Chemieindustrie im Wettbewerb mit allen Regionen dieser Welt. Um Hessens Attraktivität weiter auszubauen, wurde unter der Führung unseres Ministerpräsidenten Volker Bouffier die Initiative Gesundheitsindustrie Hessen auf den Weg gebracht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Der Initiative gehören kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch die Global Player an. Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, der Verband der Chemischen Industrie, die Hessische Landesregierung und auch Vertreter aus Wissenschaft und Forschung haben sich zusammengefunden, um Hessen als Pharma- und Chemiestandort auszubauen und zukunftsfest zu gestalten.

Ministerpräsident Bouffier hat es geschafft, dass mit der Initiative alle Beteiligten in Chemie und Pharma zusammengeführt worden sind. Ziel der Initiative ist es, die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern und neue, hoch qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen, Hessens Attraktivität für Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion weiter zu steigern, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern, die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbaren, qualitativ hochwertigen Arzneimitteln und Medizinprodukten zu sichern.