Antrag der Landesregierung betreffend Zweite Verordnung über die Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen 2000 – Vorgaben zur Nutzung der Windenergie; hier: Zustimmung durch den Hessischen Landtag – Drucks. 18/7123 –
Eigentlich müsste die Landesregierung den Antrag erst begründen. Herr Kollege Rentsch, würden Sie das machen? – Das ist lieb von Ihnen. Herr Kollege Rentsch, dann dürfen Sie das auch; der Staatsminister hat das Wort.
(Timon Gremmels (SPD): Ich hätte auch für die Landesregierung gesprochen; an mir hätte es nicht gelegen!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Herr Kollege Gremmels, genau das wollen wir verhindern, dass Sie für die Landesregierung reden. Insofern habe ich gleich das Wort ergriffen.
Nicht „Na ja“, so ist es. Wir wollen nicht, dass der Kollege Gremmels für die Landesregierung redet, und wir werden weiterhin versuchen, dass das in diesem Land so bleibt.
Der Landesentwicklungsplan, Teilplan Energie, ist die Umsetzung dessen, was wir zugesagt haben: Wir treiben die Energiewende in Hessen voran.
Was haben wir in den letzten Monaten nicht alles gehört? Das würde nicht funktionieren, wir würden es nicht schaffen, und diese wirklich starren und sehr engen Vorgaben, die wir gemacht haben, würden dazu führen, dass die Energiewende nicht kommt.
Jetzt haben wir einen Landesentwicklungsplan vorgelegt, der genau das ermöglicht, der genau diesen Bereich forciert. Ich glaube, das zeigt, dass wir die Energiewende wollen, sie aber nicht nur mit heißem Herzen, sondern ordentlich, mit kühlem Verstand durchsetzen. Dass wir dieses Thema mit so viel Sachverstand umgesetzt haben, ist etwas, worauf wir in Hessen stolz sein können.
Der runde Tisch des Ministerpräsidenten ist ein gesamtgesellschaftlicher Konsens gewesen. Ich glaube, dass wir uns sehr bewusst auf die Seite 9 des Energiegipfelpapiers beziehen können, in dem es heißt – ich zitiere –:
Je effizienter und innovativer die benötigte Energiemenge von Windenergieerzeugungsanlagen erreicht werden kann, umso geringer wird der Anteil an der Landesfläche ausfallen können.
Genau dieses Ziel haben wir umgesetzt: Wir wollten, dass die Energiewende passiert, dass sie aber so passiert, dass sie auch unter Effizienzgesichtspunkten den richtigen Weg geht. Das bedeutet bei der Windenergie, dass wir auf Flächen setzen, wo Wind weht, wo es sich lohnt, ein Windrad hinzustellen. Wir verteilen nicht aus ideologischen Gründen Windräder über das Land, wo gar kein Wind weht.
Meine Damen und Herren, deshalb haben wir dies am 11. März mit der Änderung des Landesentwicklungsplans 2000 als Rechtsverordnung beschlossen. Sie ist jetzt im Landtag, weil wir wissen, dass der Landesentwicklungsplan in Hessen vom Landtag mit Gesetzeskraft versehen wird.
Wir haben damit die wesentlichen landesplanerischen Grundlagen geschaffen, damit jetzt Standorte für Windenergieanlagen ausgewiesen werden können. Wir regeln, dass vor allen Dingen auch die Flächen Ausschlussflächen sind, die nicht als Windenergievorranggebiete festgelegt werden, d. h. dass diese Flächen langfristig von Windenergieanlagen freigehalten werden müssen.
Wir haben diesen Prozess gehabt, in dem alle Anhörungen und Offenlegungen zuumfassenden Stellungnahmen animiert haben, z. B. die Stellungnahmen der drei Regionalversammlungen, der Regierungspräsidien, von über 100 Gemeinden und 13 Landkreisen. Diese sind ausgewertet worden. An dieser Stelle kann ich zusammenfassend sagen, dass die Auswertung keinen Änderungs- und Ergänzungsbedarf bei der Festlegung hat erkennen lassen.
Auch das zeigt: Die Festlegungen der Landesentwicklungsplanänderung, die auf den Empfehlungen des Hessischen Energiegipfels basieren, stellen sicher, dass wir für die Windenergienutzung jetzt Flächen ermitteln können, die erstens die höchste Akzeptanz in der Bevölkerung haben, zweitens wirtschaftlich am effizientesten sind und drittens – in der Reihenfolge steht dies bestimmt nicht an dritter Stelle, sondern ist genauso wichtig wie die anderen beiden Punkte – für Natur und Landschaft am verträglichsten sind. Das ist ein Erfolg, auf den wir im Landtag gemeinsam stolz sein können, meine Damen und Herren.
Die Akzeptanz der Bevölkerung ist einer der wesentlichen Punkte. Die Energiewende wird uns nicht gelingen, wenn die Menschen nicht mittragen, was wir hier machen. Die Diskussion in Wiesbaden und im Rheingau-Taunus-Kreis über Windkrafträder auf den Taunushöhen ist ein Thema, das Menschen mobilisiert. Deshalb haben wir gerade bei der Frage des Mindestabstands der Windvorranggebiete von 1.000 m zu Siedlungsgebieten eine eher starre und harte Grenze eingezogen. Das stimmt. Wir machen dies auch deshalb, weil wir die Akzeptanz der Bevölkerung für diese Energiewende nicht verlieren wollen, nicht weil wir die Energiewende nicht wollen.
Es gab im Beteiligungsverfahren, so will ich den Zwischenruf von vorhin werten, natürlich auch Stellungnahmen, die geringere Abstände gefordert haben. Während insbesondere Privatpersonen die Mindestabstände hierfür als zu gering ansehen, dass also die 1.000 m nicht ausreichen, ist vor allen Dingen von Kommunen, aber auch von Verbänden Kritik geübt bzw. gefordert worden, die Abstände zu verringern.
Meine Damen und Herren, wir halten an den Mindestabständen fest, denn es ist ein Prinzip der vorsorgenden Konfliktbewältigung, wenn wir den 1.000-m-Abstand weiterhin beibehalten. Auf der anderen Seite sehen wir, dass wir auch mit diesen restriktiven Vorgaben über 2 % der Landesfläche für Windkraft werden zur Verfügung stellen können.
Zweites Thema: wirtschaftlich effizienteste Flächen. Zu geringe Windgeschwindigkeiten bergen die Gefahr, dass Anlagen unwirtschaftlich sind, dass es eine mangelnde Effizienz und somit auch einen Wertschöpfungsausfall gibt. Eines will ich ganz konkret sagen: Diese Energiewende wird auch dann nicht funktionieren, wenn die regenerativen Energien nicht wirtschaftlich eingesetzt werden können. Auch daran haben wir gemeinsam ein Interesse – nämlich dass das, was wir aufstellen, auch volkswirtschaftlich effizient ist.
Deshalb haben wir mit der Mindestwindgeschwindigkeit von 5,75 m/s in 140 m Höhe eine Effizienzvorgabe gemacht, die von Ihnen auch scharf kritisiert worden ist. Aber wir halten sie weiterhin für absolut richtig. Wir wollen, dass Windenergieanlagen dort aufgestellt werden, wo Wind weht, und nicht dort, wo kein Wind weht, meine sehr geehrten Damen und Herren. Diesem Maßstab sind wir gefolgt.
Eine Ausnahme gilt für bestehende Windenergiestandorte. Diese Standorte können auch bei Windgeschwindigkeiten von 5,5 m/s aufgrund der sogenannten Repowering-Maßnahmen berücksichtigt werden. Auch damit würdigen wir die großen Anstrengungen, die in den letzten Jahren beim Thema Energiewende in diesem Land unternommen worden sind.
Ich glaube, dass wir damit Kriterien festgelegt haben, die dazu beitragen werden – Herr Al-Wazir, ich glaube, dar
über können wir uns gemeinsam freuen –, dass dieses Thema zum Schluss auch den volkswirtschaftlichen Nutzen erreicht, den wir brauchen; denn für ein Industrieland ist diese Energiewende nur dann ein Erfolg, wenn sie wirtschaftlich passiert – es darf nicht unwirtschaftlich werden.
Ich bin der Umweltministerin sehr dankbar, dass wir im Bereich von Natur und Landschaft nur auf die verträglichsten Flächen setzen. Das ist ein sehr, sehr schwieriger Punkt. Mit dem Ausschluss der für Natur und Landschaft besonders wertvollen Flächen unterstützt dieser Landesentwicklungsplan die Realisierung einer besonders umweltverträglichen Windenergienutzung.
Aufgrund ihres besonderen Schutzniveaus sollen vor allem Flächen von Nationalparks, Naturschutzgebiete, der Nahbereich von Naturdenkmälern, nach Forstrecht gesicherte Schutz- und Bannwälder, Kern- und Pflegezonen, Biosphärenreservate sowie die Kernzonen der Welterbestätten von Windenergieanlagen frei gehalten werden. Ich glaube, wenn Sie die Menschen hier im Saal fragen, die uns heute als Zuschauer besuchen, werden es alle richtig finden, dass wir an dieser Stelle so handeln.
Eine besondere Bedeutung kommt aus landesweiter Sicht natürlich den Räumen mit Schwerpunkten oder seltenen Einzelvorkommen der gegenüber der Windkraftnutzung besonders empfindlichen Vogel- und Fledermausarten zu.
Vielen Dank. – Dieses Thema hat für uns eine besondere Bedeutung. Die entsprechenden Räume dokumentiert der Landesentwicklungsplan. Anregungen und Bedenken wurden unter anderem dahin gehend vorgebracht, dass einzelne, aus Sicht der Stellungnehmenden besonders wertvolle Naturräume im Landesentwicklungsplan nicht als Ausschluss definiert wurden.
Kritisiert wurde auch, dass Auswirkungen von Windenergieanlagen auf das Landschaftsbild nicht hinreichend ermittelt worden sind. Ich gebe zu bedenken, dass der Landesentwicklungsplan nur Kriterien zur Ermittlung von Vorranggebieten festlegt. Die räumliche Ermittlung der Vorranggebiete erfolgt dann durch die nachfolgenden Planungsebenen bzw. durch die Regionalplanung auf der einen und die regionale Flächennutzungsplanung auf der anderen Seite. Deshalb werden wir diese Ebene der Beeinträchtigung erst auf dieser zweiten Ebene konkret ermitteln können. Auch das zeigt, dass diese Grundlage des Landesentwicklungsplans richtig ist. Die Detailarbeit wird aber noch weitergeführt werden müssen.
Abschließend habe ich mich gefreut, als ich etwas gelesen habe. Wir haben in Hessen mit einer schwarz-gelben Landesregierung dieses Thema an einem runden Tisch vorangetrieben, dann ist die Opposition ein bisschen ausgebüxt.
Trotzdem haben wir uns von unserem Weg nicht abbringen lassen, die Energiewende in Hessen voranzutreiben.
Dann gibt es einen Brief, in dem steht: „Landesregierung macht sich lächerlich“. Das bezieht sich nicht auf Hessen, sondern auf Baden-Württemberg. Allerdings nicht von der Opposition in Baden-Württemberg, sondern vom SPDFraktionsvorsitzenden Schmiedel. Dazu wurde vor Kurzem geschrieben:
Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden Schmiedel droht die Energiewende im Südwesten zu scheitern. Mit dem Bau von „acht bis zehn“ Windrädern mache sich die Landesregierung lächerlich, schreibt er an Ministerpräsident Kretschmann. … Der Fraktionsvorsitzende der baden-württembergischen SPD … hat in einem Brandbrief an Ministerpräsident Kretschmann (GRÜNE) vor einem Scheitern der Energiewende – vor allem beim Ausbau der Windenergie – gewarnt. Der Aufbruch, der zum Ausbau der Windenergie nötig sei, bleibe in einem „Stacheldrahtverhau aus Bedenken und Ausschlussgründen“ stecken, schreibt Schmiedel... Mit dem Bau von „acht bis zehn Anlagen“, so der SPD-Politiker, mache sich die grün-rote Landesregierung lächerlich. Schmiedel verlangt von Kretschmann und auch der grünen Landtagsfraktion weitere Gesetzesänderungen im Naturschutzrecht …
Meine Damen und Herren, da sieht man einmal, was passiert, wenn Grün-Rot regiert, viel von der Energiewende redet, sie aber nicht durchsetzt. Deshalb kann man sagen, die besseren Grünen wohnen auf jeden Fall in dieser schwarz-gelben Landesregierung; wir setzen die Energiewende durch. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Als nächster Redner hat sich Herr Gremmels von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Gremmels, Sie haben das Wort.