Die Polizei ist bei ihren Tätigkeiten auch auf das Vertrauen und die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen. Herr Beuth, wir freuen uns, dass Sie uns an der Stelle unterstützen. Auch Polizeibeamte sind aber nur Menschen, und natürlich passieren auch ihnen Fehler. Es darf aber nicht sein, dass das Fehlverhalten einiger weniger das Ansehen der Polizeibeamten insgesamt beeinträchtigt.
(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Peter Beuth (CDU): Das machen Sie mit dem Gesetzentwurf aber! Das ist das Problem! Sie desavouieren die gesamte Polizei mit diesem Ding!)
In jedem Unternehmen, Herr Beuth, gibt es ein umfassendes Beschwerdemanagement. Bislang gibt es ein umfassendes Beschwerdemanagement bei der Polizei leider nur in den Bundesländern Berlin und Sachsen-Anhalt. Wir hätten hier und heute die Gelegenheit, eine unabhängige Stelle zu schaffen, an die sich die Bürgerinnen und Bürger wenden können. Das wäre einmalig in der Bundesrepublik.
Eine solche unabhängige Instanz würde auch dem Erhalt des Rechtsfriedens dienen. In manchen Fällen handelt es sich nämlich um Missverständnisse, die im Vorfeld gemeinschaftlich ausgeräumt werden können. Solche Ausgleichsmechanismen gibt es in der Justiz schon längst. Ich habe auch schon erwähnt, dass es in jedem Unternehmen ein Beschwerdemanagement gibt – nur nicht bei der hessischen Polizei. Deswegen weiß ich nicht, warum Sie sich gegen den Gesetzentwurf sperren.
Die Definition des Begriffs Beschwerde ist in unserem Gesetzentwurf weit zu fassen. Als Beschwerde gilt grundsätzlich eine artikulierte Unzufriedenheit, die darauf gerichtet ist, die Ursache der dargelegten Situation zu ergründen und so weit wie möglich abzustellen. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden und dass sie schnell eine Antwort erhalten, wenn sie unzufrieden sind. Auch soll das Instrumentarium der Mediation zu einem guten Ausgleich zwischen Bürgern und Polizei in Konfliktfällen dienen. All dies vermögen die klassischen Mittel der Dienstaufsichtsbeschwerde, des zivilrechtlichen Klageverfahrens oder des Strafrechts nach den zurückliegenden Erfahrungen leider nicht. Deswegen brauchen wir eine solche unabhängige Stelle.
Der Landesbeauftragte für die Polizei soll direkt beim Landtag angesiedelt werden, analog dem Datenschutzbeauftragten. Damit sollen seine Unabhängigkeit und Neutralität gewährleistet werden. Der Landespolizeibeauftragte soll aber auch – ich hoffe, das nehmen Sie zur Kenntnis, Herr Beuth – eine unabhängige Anlaufstelle für die Polizeibeamtinnen und -beamten darstellen. Oftmals trauen sich nämlich die Beamtinnen und Beamten in Hessen innerhalb der Polizeihierarchie nicht, ihre Anliegen vorzutragen. Deswegen wäre es gut, wenn sie sich an einen unabhängigen Beauftragten wenden könnten. Das hat der Innenminister vor ein paar Jahren erkannt und die Stelle eines Landesbeauftragten der hessischen Polizei geschaffen. Landesbeauftragter für die hessische Polizei ist Herr Möller. Wir streiten nicht über Herrn Möller. Er macht gute Arbeit. Wir streiten nur darüber, dass diese Stelle unabhängig angebunden sein sollte – nämlich beim Landtag, nicht beim Innenministerium.
Für einige Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte ist die Anbindung beim Ministerium eine Hürde. Deswegen wollen wir für die Unabhängigkeit des Landesbeauftragten streiten. Wir haben es nach wie vor mit einer sehr schwierigen Führungskultur innerhalb der Polizei zu tun. Schließlich haben sich die Führungspersonen und der Führungsstil in der Polizei in den letzten zwei Jahren nicht verändert.
Außerdem ist zu bedenken, dass das System, wenn es Hinweise auf ein Fehlverhalten eines Polizeibeamten gibt, nun einmal so ist, dass der Dienstvorgesetzte gar nicht anders handeln kann, als ein Disziplinarverfahren einzuleiten oder möglicherweise sogar ein Strafverfahren in Gang zu setzen. Auch deshalb wäre es gut, wenn man die Konflikte vorweg lösen könnte und es möglicherweise einen anderen
Die einzelne Beamtin bzw. der einzelne Beamte können sich also unabhängig von Dienstweg und Dienstrang an diese neutrale Stelle wenden. Dabei soll der Landesbeauftragte für die Polizei im Wesentlichen folgende Befugnisse haben. Er soll Auskunft von allen Polizeidienststellen oder dem Innenministerium verlangen können. Er gibt den Dienststellen Gelegenheit zur Stellungnahme. Er kann den jeweiligen Vorgang an die für die Einleitung eines Disziplinar- oder Strafverfahrens zuständige Stelle weiterleiten. Er soll ein Recht zu unangemeldeten Besuchen auf den Dienststellen erhalten, und er kann Berichte des Innenministeriums zu einzelnen Vorgängen anfordern. Er soll auch an den Sitzungen des Innenausschusses und des Landtags teilnehmen und jährlich einen Bericht erteilen, damit wir auch politisch darauf reagieren können, wenn irgendwo Fehlentwicklungen zu beobachten sind.
Der neu zu schaffende Landespolizeibeauftragte kann sich also aufgrund seiner besonderen Stellung zeitnah und effizient mit den Einzelfällen und sogar mit den strukturellen Problemen innerhalb der Polizei beschäftigen.
Diese unabhängige Stelle war schon einmal Gegenstand der Beratungen in diesem Hause, zumindest was die Polizei betrifft. Sie wurde in der Anhörung, die damals stattgefunden hat, von allen gelobt, weil sie nämlich mit der Anbindung an den Landtag die notwendige Neutralität und Diskretion am besten gewährleisten kann. Das haben übrigens alle Polizeigewerkschaften damals einmütig bestätigt.
Insgesamt gesehen bietet deshalb der von uns vorgelegte Gesetzentwurf ein umfassendes System zur Konfliktbewältigung im Interesse der hessischen Polizei, sodass ich davon ausgehe, dass unser Gesetzentwurf die Zustimmung dieses Hauses finden wird.
Vielen Dank, Frau Kollegin Faeser. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Bauer von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Bauer, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein weiterer Beleg von Rot-Grün dafür, beinahe bei jeder Gelegenheit Misstrauen gegenüber den Strukturen, Leistungen und der Kompetenz der hessischen Polizei zu streuen.
Dieser Gesetzentwurf sät Misstrauen gegen existierende Verfahrenswege und bereits bestehende Hilfemöglichkeiten.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist unbestritten, wichtig und unverzichtbar, dass Beamtinnen und Beamte unserer Polizei und die Bürgerinnen und Bürger vertrauenswürdige und zuverlässige Möglichkeiten der Beschwerde haben. Ich darf feststellen: Hierfür bestehen bereits zahlreiche Gelegenheiten und Möglichkeiten. Neben den rechtstaatlich umfänglich geregelten innerdienstlichen Wegen, wie z. B. Disziplinarverfahren, besteht die Möglichkeit, die Staatsanwaltschaft einzuschalten oder zivilrechtlich vorzugehen. Auch besteht die Möglichkeit, sich an Interessenvertretungen zu wenden, beispielsweise an Mitarbeitervertreter und Gewerkschaften.
Der Gesetzentwurf sieht 1 Million € an Haushaltsmitteln als finanziellen Mehraufwand für die Schaffung eines Polizeibeauftragten vor. Das ist für eine weitere Beschwerdestelle schlicht nicht vertretbar.
Es ist zudem auch noch schöngerechnet; denn Sie kalkulieren zwar Einsparungen durch die unterstellte Verkürzung und die effiziente Abwicklung von Verfahren sowie durch die Eingliederung ein, können das aber nicht belegen. Glauben Sie wirklich, dass, wenn es eine weitere Beschwerdestelle gibt, alles besser, einfacher und schneller geht? Meine Damen und Herren, diese 1 Million € sind schlecht ausgegebenes Geld.
Die Verfahrensdauer hängt in der Regel von der Komplexität des Einzelfalls und den konkreten örtlichen Umständen ab, nicht aber davon, wer die Beschwerde entgegennimmt.
Wir haben für den internen Bereich der Polizei eine gute Lösung gefunden. Vor gut zwei Jahren wurde die bundesweit einmalige Stelle eines unabhängigen Ansprechpartners für die Beschwerden und Anliegen der Polizeibeamten in Hessen geschaffen. In einer Einrichtung mit über 18.000 Beschäftigten gibt es immer wieder Schwierigkeiten; das ist keine Frage. Sie sind bei einer solch großen Behörde unvermeidbar. Da ist ein solcher Ansprechpartner von großem Nutzen.
Diese Aufgabe wird, wie Sie erwähnt haben, von Henning Möller erfolgreich wahrgenommen. Er ist unabhängig; das hat er gezeigt. Er ist ein echter Kümmerer, dem die Polizisten vertrauen. Darauf kommt es an.
Er genießt großes Vertrauen bei den Mitarbeitern der Polizei, die auch seine Unabhängigkeit schätzen. Seine Arbeit wurde auch von der Opposition anerkannt und gelobt. Sein Bericht im Innenausschuss hat deutlich gemacht, dass es keine Anhaltspunkte für weitere Beschwerden gibt. Im September 2011 war der Ansprechpartner zu Gast im Innenausschuss. Im Protokoll der Sitzung ist nachzulesen, dass sich die Mitglieder aller Fraktionen darüber freuten, wie positiv Herr Möller berichtete, und dass sie seine Arbeit wertschätzten.
Auch für den externen Bereich – für etwaige Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern – haben wir bereits Mittel und Wege gefunden.
Ich stelle mir ernstlich die Frage: Woher rührt das Misstrauen der SPD und der GRÜNEN gegenüber der Funktionsweise unseres Rechtsstaats?
Bürgerinnen und Bürger, Beamtinnen und Beamte, sie alle können auf den von unserer Rechtsordnung seit Jahrzehnten vorgesehenen und bewährten Wegen ihre Rechte einfordern. Warum wollen Sie das in Abrede stellen?
Ein neues Hilfsorgan zu schaffen, das dem Landtag untersteht, ist auch verfassungsrechtlich problematisch.
Wenn es bei der Polizei Probleme mit der inneren Führung gäbe, sollten die Vertreter der Opposition das klar belegen und nicht nur behaupten. Hier sind übrigens auch die Gewerkschaften in der Pflicht.
Meine Damen und Herren, es ist auch nicht zu erkennen, dass in Hessen eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Bürgerbeschwerden gegen die Polizei vorliegt. Es sind doch Ammenmärchen, die Sie hier erzählen.
Es ist ganz klar: Die existierenden Beschwerdemöglichkeiten um eine weitere zu ergänzen ist nicht sinnvoll und nicht zielführend.
Es zeugt von einem ganz tief verwurzelten Misstrauen gegen die existierenden rechtsstaatlichen Verfahrenswege und Hilfsmöglichkeiten.