Protocol of the Session on March 20, 2013

(Holger Bellino (CDU): Die Volkspartei!)

die zur Frage des Flughafenausbaus in den letzten Jahren ziemlich dezidiert andere Auffassungen vertreten haben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erinnere mich daran, dass jemand, der einmal versucht hat, in Frankfurt Oberbürgermeister zu werden, auf den letzten Metern erklärt hat, warum das mit dem Flughafen alles ganz schwierig ist und man es anders machen muss.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Frömm- rich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dann kam jemand von der anderen Seite – aus Offenbach –, der auch erklärt hat: Wir haben das alles völlig unterschätzt. – Wir alle müssten zumindest so ehrlich miteinander umgehen, dass die Debatte über die Frage, wie man mit den Belastungen und den Erträgen aus dem Frankfurter Flughafen umgeht, in allen Parteien umstritten ist. Das gilt auch für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – da gab es in Frankfurt Möglichkeiten, Sachen zu beeinflussen, die in der schwarz-grünen Koalition nicht gemacht wurden. Das gilt für die Debatten innerhalb der Region.

(Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Das gilt sogar gelegentlich für einzelne Stimmen aus der FDP. Die LINKE muss ich jetzt ausnehmen. Die haben an der Stelle eine klare Position. Ich weiß nicht, wie sie das umsetzen wollen, was sie da erzählen. Das ist das Perfide. Da bin ich sehr bei all denen, die sagen: Hoffnungen zu wecken, wo man vorher weiß, dass sie nicht realisierbar sind, das halte ich nicht für zulässig.

(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Sagen Sie das Ihrem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN!)

Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen, Herr Kollege.

Deswegen bleibt es dabei – Frau Präsidentin –, wie ich vorhin gesagt habe und wie ich es seit Jahren sage: Ich verspreche der Region nichts, wovon ich nicht überzeugt bin, dass es umsetzbar ist. – Und das haben wir auf dem Parteitag beschlossen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dr. Christean Wagner (Lahn- tal) (CDU): Dann lassen Sie es! – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Der Oberbürgermeister war anders!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schäfer-Gümbel. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

(Zurufe von der SPD – Glockenzeichen der Präsi- dentin)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich finde, Ihr Auftritt hat ein bisschen gezeigt, dass Ihnen offensichtlich die Dimension des Problems, über das wir hier reden, nämlich die Verlärmung einer gesamten Region, nicht so ganz deutlich geworden ist. Sie haben die meiste Zeit Ihrer Redezeit dafür gebraucht, über die Führungsqualitäten oder Nichtführungsqualitäten des Landesvorsitzenden der SPD zu reden. Aber das ist hier nicht die Frage, und das ist auch nicht das Problem, das die Menschen in der Region haben.

(Minister Florian Rentsch: Was halten Sie denn von den Führungsqualitäten?)

Das ist weder Ihre noch meine Aufgabe, es zu beurteilen. Ich finde, dass die SPD ihre innerparteilichen Debatten dort führen muss. – Ich möchte darüber reden, was die Landesregierung tun kann, um dieses Lärmproblem zu beseitigen. Deswegen finde ich es schon ein bisschen armselig, dass Sie dazu gar nichts sagen

(Beifall bei der LINKEN)

und stattdessen hier nur über die SPD reden. Wir hätten diesen ganzen Antrag nicht gehabt, wenn die SPD hier innerparteilich nicht ein bisschen Zoff gehabt hätte.

(Minister Florian Rentsch legt der Rednerin Papiere auf das Rednerpult.)

Vielen Dank. Ich sage gleich etwas zu Ihren Maßnahmen, Herr Minister.

(Minister Florian Rentsch: Was ist das für eine Art?)

Ich finde, dass Sie zu einigen Fragen doch einiges hätten sagen können. Herr Minister, ich frage Sie noch einmal: Was ist mit dem Problem mit den Wirbelschleppen? Was muss da passieren, bevor das Ministerium handelt? Es kann doch nicht angehen, dass in Flörsheim Dachziegel durch die Gegend fliegen. Dort spielen draußen Kinder. Da gehen Leute über die Straße.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Frau Lannert, ja, das kann doch wohl nicht wahr sein. Wann tun Sie dagegen etwas? Das ist doch wirklich ein Problem, dessen Sie sich annehmen müssten.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt zu Ihren Maßnahmen, die Sie mir gerade freundlicherweise hingelegt haben. Herr Minister, Ihre Lärmschutzmaßnahmen – Sie haben von 265 Millionen € gesprochen. Wie viel zahlt davon die Fraport? Wie viel ist es denn? – Ich brauche nicht nachzusehen, ich weiß es. Es sind 15 bis 20 Millionen €.

Das heißt also: 100 % Verursacher, 8 % der Kosten. Das ist, finde ich, eine Politik, Verluste zu sozialisieren und Gewinne zu privatisieren. – Es kann doch nicht sein, dass die Anwohner für die Lärmschutzmaßnahmen auch noch selber blechen müssen, nämlich über die Steuergelder.

Deswegen bin ich nicht der Meinung, dass Sie sehr stolz auf diese Lärmschutzmaßnahmen sein müssen, sondern das Mindeste wäre, die Kosten zu 100 % der Fraport in Rechnung zu stellen, denn die verursacht auch den Lärm.

(Beifall bei der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): 4.350 €!)

Das ist genau der Punkt: Der maximale Betrag, den man überhaupt bekommen kann, beträgt 4.350 €. – Herr Minister, das reicht nicht einmal für zwei Lärmschutzfenster. Das ist doch lächerlich, was Sie über Maßnahmen erzählen. Wie soll denn das den Menschen helfen, ganz davon abgesehen, dass die Menschen natürlich nicht eingepfercht in ihren Häusern sein wollen, sondern dass sie ihre Gärten und Terrassen benutzen und sich vielleicht auch im Freien aufhalten wollen?

Sie streuen den Menschen doch Sand in die Augen. Sie versuchen hier, kosmetische Korrekturen vorzunehmen. Mehr ist es nicht.

Wir sagen: Wir müssen an der Lärmquelle ansetzen. – Da frage ich einmal ganz ehrlich: Was ist denn die Alternative zur Stilllegung der Landebahn? – Es kann doch nicht so bleiben, wie es ist. Die Alternative kann doch nicht darin bestehen, dass man ganze Gemeinden entvölkert.

Ich sage Ihnen: Laut dem Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetz können Verwaltungsakte widerrufen werden. Sie können widerrufen werden, wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet wäre, wenn neue Tatsachen bekannt werden, oder um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu beseitigen.

Wir reden hier über permanenten Lärm. Wir reden über Schadstoffe und herumfliegende Dachziegel. Das alles ist hochgradig gesundheitsgefährdend. Da frage ich Sie: Wann, wenn nicht in diesem Fall, liegt denn ein schwerer Nachteil für das Gemeinwohl vor? Wann, wenn nicht in dieser Situation, muss eingegriffen werden, um diese Risiken zu vermeiden?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, man muss auch noch einmal vor allem an den Planfeststellungsbeschluss und an die Gutachten herangehen. Es ist doch klar, dass beispielsweise die Frage des Vogelschlagrisikos überhaupt nicht hinreichend gewürdigt wurde.

Es gab Prognosen und Gutachten hinsichtlich der Entwicklung der Zahl der Arbeitsplätze. Das hat sich in Luft aufgelöst. Herr Müller, Sie sprechen jetzt von 3.000 Arbeitsplätzen. Das ist doch ein Witz.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): 100.000 sollten es sein! – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Sie haben von 100.000 Arbeitsplätzen für die Region gesprochen. Damit haben Sie versucht, die Menschen in der Region einzukaufen. Jetzt freuen Sie sich, dass es 3.000 Arbeitsplätze sind. Das steht doch in keinem Verhältnis zu der Schädigung, die die Menschen tagtäglich erfahren.

Herr Müller, ich wage sehr stark zu bezweifeln, ob das neue Arbeitsplätze sind. Sie könnten auch dorthin verlagert sein. Lassen Sie einmal ein Gutachten dazu machen, und schauen Sie sich an, welche Arbeitsplätze dort angeblich entstanden sein sollen.

Herr Kollege Al-Wazir hat es angesprochen: Die Zahl der Passagiere ist rückläufig. – Das ist alles Lug und Trug gewesen. Es wurden Gutachten manipuliert. Es wurde mit falschen Fakten gearbeitet, um diesen Ausbau des Flughafens gegen alle Widerstände durchzusetzen.

(Dieter Posch (FDP): Das ist unglaublich, also wirklich!)

Das ist auch der Grund, warum den Flughafenausbauparteien in diesem Land keiner mehr etwas glaubt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zu meinen letzten Sätzen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben gesagt, wir würden Hoffnungen schüren und Dinge versprechen, die wir nicht umsetzen könnten. Dazu sage ich als Erstes, dass ich den Menschen sage, sie müssten in allererster Linie weiterhin kämpfen.

Am letzten Montag war die 55. Montagsdemonstration. Die Menschen müssen weitermachen. Sie müssen weiterhin in der Gesellschaft Druck machen.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Ich sage: Das Problem bei Ihnen besteht doch nicht darin, dass Sie es nicht könnten. Vielmehr wollen Sie es doch gar nicht. Die SPD hat immer für den Ausbau des Flughafens gestanden. Sie waren für das Nachtflugverbot von 23 Uhr bis 5 Uhr.

Jetzt erzählen Sie mir nicht, dass Sie nichts anderes umsetzen könnten. Sie wollen es nicht anders. Sie haben diese Entscheidung immer klar getroffen. Sie haben sie auf Ihrem Parteitag wieder einmal bestätigt.

(Beifall bei der LINKEN)