Protocol of the Session on February 28, 2013

(Beifall bei der CDU und der FDP – Demonstrativer Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, heute gibt es nur noch drei Bundesländer, die in den LFA einzahlen. 13 Nehmerländer werden durch drei Geberländer finanziert. Kann das gerecht sein?

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Die Durchführung des Länderfinanzausgleichs stellt die Verhältnisse auf den Kopf.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Beifall von der Opposition bleibt aus.

Vor Abrechnung des Länderfinanzausgleichs liegt Hessen im Jahr 2012 an viertbester Stelle hinter Baden-Württemberg, Hamburg und Bayern. Nach Abzug der LFA-Mittel fällt Hessen auf den drittletzten Platz zurück. Das ist absurd, das kann nicht gerecht sein. – Beifall von der Opposition, bitte.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dann will ich noch eines hinzufügen: Ohne den Länderfinanzausgleich wären wir schuldenfrei. Seit 1999 haben wir Kredite in Höhe von 18,8 Milliarden € aufgenommen. Im selben Zeitraum hat Hessen 30 Milliarden € in den LFA eingezahlt. Mit anderen Worten: Wir haben Schulden machen müssen, um unseren Verpflichtungen gegenüber dem LFA nachkommen zu können. Meine Damen und Herren, das ist absurd. Ich erwarte zu diesem Sachverhalt den Beifall der Opposition.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein!)

Meine Damen und Herren, wie absurd das System ist, wird auch an dem Beispiel Hamburgs deutlich. Hamburg ist, wie wir alle wissen, ein besonders finanzstarker Stadtstaat. Nur, Hamburg bekommt nach diesem LFA-System neuerdings auch Geld. Warum ist das so? – Weil die städtischen Einwohner stärker beim Ausgleich berücksichtigt werden als die der Flächenländer. Das ist deshalb absurd, weil auch die Flächenländer wie z. B. Hessen Großstädte haben, nämlich Frankfurt, Wiesbaden oder Kassel. Und ich sage: Ein Einwohner in diesen hessischen Großstädten muss genauso behandelt werden wie ein Einwohner in Hamburg.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es geht nicht an – das will ich weiterhin hinzufügen, und da bin ich auf den Beifall und die Zustimmung der Opposition gespannt –, dass sich Nehmerländer wie Berlin oder Rheinland-Pfalz Sozialtaten leisten können, die wir uns deshalb nicht leisten können, weil wir an diese Nehmerländer bezahlen müssen. Da wird der gesamte Länderfinanzausgleich auf den Kopf gestellt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es geht auch nicht an, dass ein Land wie Rheinland-Pfalz mehrere 100 Millionen € beim Nürburgring in den Sand setzt und die Geberländer letzten Endes für diesen Schlendrian geradestehen müssen. Das kann nicht richtig sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Unser Nürburgring ist RWE!)

Meine Damen und Herren, deshalb interessiert uns schon, was in den Nehmerländern mit unserem Geld geschieht. Ich füge hinzu: Solidarität ist keine Einbahnstraße.

(Beifall bei der CDU)

Ein System, das die Starken schwächt und die Schwachen nicht mehr zur Leistung und Eigenverantwortung motiviert, entbehrt jeglicher Legitimation.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die SPD behauptet nun, man dürfe nicht klagen, sondern müsse verhandeln. Ich halte diese Behauptung – Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben das gesagt – aus folgendem Grunde für unredlich: Sie wissen ganz genau, dass die Ministerpräsidentenkonferenz seit 2011 hierüber auf jeder ihrer Konferenzen spricht und verhandelt. Es geht nicht an, dass Sie dann am 4. Februar sagen, so stand es in der „FAZ“ zu lesen: „Änderungen im Länderfinanzausgleich gelingen nur durch politische Verhandlungen, nicht durch Entscheidungen des Verfassungsgerichts“.

Zwei Tage später, am 6. Februar, sagt die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Frau Kraft, klar und deutlich, dass es vor 2019 keine Änderung am bestehenden System gebe und sie auch nicht bereit sei, hierüber zu verhandeln. Zwei Tage später ist Ihre Genossin an die Öffentlichkeit getreten und hat Sie, Herr Schäfer-Gümbel, ad absurdum geführt. Das geht nicht an, dass Sie hier mit zwei Zungen sprechen – in Nordrhein-Westfalen so und in Hessen so.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Übrigen will ich hinzufügen, zu Ihrer Behauptung mit den Verhandlungen: Wir haben nach dem Beginn der Bundesrepublik Deutschland nur dreimal eine Reform des Länderfinanzausgleichs gehabt: 1987, 1993 und 2001. Allen drei Reformen ging eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voraus. Es ist also nicht wahr, was Sie behaupten, dass man hier nur durch Verhandlungen zu einem Ergebnis käme.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie kritisieren den Kompromiss!)

Ich will Folgendes hinzufügen: Herr Schäfer-Gümbel, Sie weisen darauf hin, dass wir jetzt bereit seien, gegen den von uns mit verhandelten Kompromiss des Jahres 2001 gerichtlich anzugehen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)

Dieser Kompromiss ist zwölf Jahre alt, und zur Wahrheit gehört, dass dieser Kompromiss, den wir damals mitgetragen haben, eben nicht zu dem Ergebnis geführt hat, das wir uns damals erhofft haben, nämlich dass in den Länderfinanzausgleich mehr Gerechtigkeit einziehen möge. Stattdessen ist die Schere weiter auseinandergegangen. Meine Damen und Herren, das müssen Sie doch zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Widerspruch bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich füge hinzu: Selbst der grüne Ministerpräsident Kretschmann aus Baden-Württemberg hat den Länderfinanzausgleich als „absolut bescheuertes System“ bezeichnet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ta- rek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bravo!)

Beifall bei den GRÜNEN, vielen Dank.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Na, geht doch! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Meine Damen und Herren, hinzu kommt, dass wir heute außerdem eine andere Verfassungslage haben als im Jahr 2001; denn wir haben die Schuldenbremse sowohl im Grundgesetz als auch in der hessischen Landesverfassung eingeführt.

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Deshalb haben wir auch eine andere Basis, ein anderes Fundament, um heute über diese Frage des Länderfinanzausgleichs und seiner Gerechtigkeit zu diskutieren.

Dann will ich noch Folgendes hinzufügen. Die SPD behauptet, es gebe ein großes Klagerisiko im Hinblick auf die Frage, inwiefern die Finanzkraft der Kommunen im Einzelnen mit eingerechnet werde. Bisher wird sie zu 63 %, glaube ich, eingerechnet.

(Wolfgang Decker (SPD): Es sind 64 %!)

Oder zu 64 %. – Die SPD hat die Befürchtung, dass sie zu 100 % eingerechnet werden könnte. Sie von der SPD haben offenbar übersehen, dass es hierzu ein einschlägiges Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt. Dieses sagt:

[Es] wird zu berücksichtigen sein, dass das Grundgesetz die finanzielle Eigenverantwortung der Kommunen nunmehr ausdrücklich anerkennt … Diese gestärkte finanzwirtschaftliche Unabhängigkeit und Verselbstständigung der Kommunen modifiziert die bisherige Zweistufigkeit der Finanzverfassung.

Das gibt uns zusätzliche Hoffnung, dass die kommunalen Einnahmen eben nicht im Übermaß noch zusätzlich angerechnet werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, ich will noch ein Wort hinzufügen. Wenn wir jedes Jahr 1 Milliarde € weniger einzahlen müssten, würden die Kommunen jedes Jahr 230 Millionen € mehr haben. In Konsequenz ist Ihre Haltung also kommunalfeindlich.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen: Die SPD in diesem Lande opfert die Interessen der Bürger ihrer parteipolitischen Taktik. Wir beantragen deshalb heute eine namentliche Abstimmung. Wir wollen von jedem SPD-Abgeordneten wissen, ob ihm eine parteipolitische Klüngelei wichtiger ist als die Interessen unseres Landes.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach!)

Wir wollen wissen, wer in diesem Hause seine Parteiinteressen oder die Interessen Hessens vertritt. „Hesse oder Genosse“, das hat mein Kollege Greilich in den letzten Tagen völlig zu Recht gefragt. Darauf kommt es heute an: Sind Sie heute mehr Hessen oder mehr Genossen? – Das wollen wir der Öffentlichkeit dann auch klar und deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Sie müssten auch zum Ende kommen.

Herr Präsident, ich schließe mit der Feststellung: Die SPD in diesem Hause verrät mit ihrer Verweigerungshaltung die Interessen unseres Landes. Jeder Bürger soll sich sein eigenes Urteil machen

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das machen wir!)