Protocol of the Session on February 28, 2013

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Wer hat Ihnen denn das erzählt?)

Vielleicht denken Sie darüber einmal eine Minute lang nach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Thomas Spies (SPD), zur FDP gewandt: Haben Sie was dagegen, dass die Bürger das machen? – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heiden- rod) (FDP))

So, ich kann Ihnen gern – –

(Erneuter Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Ein bisschen weniger Lärm, bitte.

Dass man Ihnen kein Vertrauen mehr schenkt, ist doch relativ eindeutig. Sie haben die Mindestverordnung in Kraft gesetzt und nicht auskömmlich finanziert. Sie haben den Kommunen und den Trägern versprochen, sie würden auskömmliche Fachkräfte bekommen – noch heute fehlen 3.000 Erzieherinnen und Erzieher. Sie haben den Kommunen versprochen, sie würden die nötige Unterstützung für die U-3-Plätze bekommen – noch heute, Stichtag 1. Januar, fehlen 8.000 Plätze für Kinder unter drei Jahren.

Drei Versprechen, drei Mal gebrochen. Wenn Sie wieder hingehen und ein besseres KiföG versprechen, kann ich verstehen, dass man Ihnen nicht mehr glaubt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Ich darf Ihnen das an einem Beispiel exemplarisch vorführen. Da sagt der sozialpolitische Sprecher Dr. Bartelt in seiner Presseerklärung noch im Dezember:

Der Fachkraftkatalog wird auch für nicht pädagogische Berufsgruppen geöffnet. Dadurch soll einem Erziehermangel entgegengewirkt werden.

Jetzt antwortet aber Frau Kollegien Wiesmann in einem Interview vom Februar auf die Frage, ob die Öffnung nicht nur aus der Not heraus geboren sei: Nein, diese Regelung

sei kein Notnagel zur Behebung des Fachkräftemangels. – Sie wissen ja selbst noch nicht genau, warum Sie eigentlich 20 % fachfremdes Personal in die Kitas schicken wollen. Haben Sie nun versagt oder nicht? Sie haben versagt. Ich kann die vielen Eltern gut verstehen, die kein fachfremdes Personal in den Kitas haben wollen. Das ist Ihre Verantwortung. Darüber gibt es eine Empörung.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Wer redet denn davon, 20 % fachfremdes Personal dort hineinstecken zu wollen?)

Zu Ihnen, Herr Kollege Müller und Herr Kollege Rock: Ich kann ja verstehen, wenn man der Ansicht ist, dass Hessen das waldreichste Bundesland ist. Fast die Hälfte der Fläche ist ja Wald. Für Ihr Beispiel, deshalb Förster in die Waldkindergärten schicken zu wollen, habe ich auch noch Verständnis. Aber das ist nicht das Problem der Kitas. Das Problem der Kitas ist, dass sie keine qualifizierten Fachkräfte finden. Was Sie jetzt beabsichtigen, ist, dass dort fachfremdes Personal hineinkommt. Da kann ich es gut verstehen, dass viele Erzieherinnen und Erzieher, die fünf Jahre lang die Schulbank gedrückt haben, dies als eine schlechte Wertschätzung empfinden. Das ist der falsche Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Lassen Sie mich in den letzten Minuten Redezeit, die mir noch bleiben, zwei weitere Punkte aufgreifen. Wer ein Kinderförderungsgesetz vorlegt und nicht die entscheidende Frage – nämlich die der Grundschulkinderbetreuung – beantwortet und nicht die Zeichen der Zeit verstanden hat – dass Eltern, wenn sie von 0 bis 3, von 3 bis 6 einen Betreuungsplatz gefunden haben, mit ihrem Kind in der Grundschule vor einem Desaster stehen, weil sie keine Betreuungsplätze finden –, wer diese Kernfrage der Kinderbetreuungspolitik in Hessen nicht in einem zukunftsweisenden Kinderförderungsgesetz beantwortet, der hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, löst einen Sturm der Empörung aus, und das ist dann auch richtig so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE))

Der letzte Punkt. Angesichts der vielen Kriterien in diesem Gesetz – ich schätze, das sind zwischen 16 und 30 Parameter – kann man sagen, dass nicht jeder Parameter, den Sie einführen, schlecht ist. Das ist ein Gesetzentwurf, in dem nicht alles schlecht ist. Das schaffen in der Tat nicht einmal Sie, ein Gesetz vorzulegen, in dem alles schlecht ist; das mag ich Ihnen zugestehen.

(Zuruf von der CDU)

Aber die zweite entscheidende sozialpolitische Herausforderung nach der Grundschulkinderfrage wird diejenige sein, wie wir mit den behinderten Kindern in diesem Land umgehen. Und wenn Sie dann sagen, es gebe eine Rahmenvereinbarung, und das würden schon andere regeln, Herr Mick, dann machen Sie sich in die Büsche.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das ist doch Unsinn!)

Sie müssen im Kinderförderungsgesetz beantworten, wie Sie in diesem Land die Inklusion angehen wollen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie des Abg. Willi van Ooyen (DIE LIN- KE) – Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Das ist ganz schwach!)

Herr Kollege Bocklet, Sie müssen zum Ende Ihrer Rede kommen.

Wer ein Kinderförderungsgesetz vorlegt, das diese Fragen zu Grundschulkindern oder behinderten Kindern nicht beantwortet, wer den Kommunen in Aussicht stellt, die Qualitätsstandards absenken zu können, der hat seine Hausaufgaben versemmelt und zu Recht Empörung geerntet. – Danke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bocklet. – Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Schott von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! „Kinder fördern – Qualität der Betreuung verbessern“ – so weit gut. „Informieren statt demonstrieren – neues KiföG stellt Kinder in den Mittelpunkt“ – und dann ruft Herr Müller dazwischen, wer denen das denn erzählt und gesagt hätte, das sei alles so schlecht.

Sie werden es nicht für möglich halten: Das sind erwachsene Menschen, die des Lesens, des Schreibens und des Rechnens mächtig sind.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. Dr. Thomas Spies (SPD) – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Hei- denrod) (FDP))

Die können Ihre Gesetzentwürfe – egal, wie krude die sind – lesen. Da sitzen Menschen in Jugendämtern, bei den Trägern, Einrichtungsleiterinnen und Leiter, Erzieherinnen und Erzieher. Die fangen dann an, die Zahlen, die Sie aufs Papier gebracht haben, an ihrem realen Alltag zu messen. Dann kommen sie zu dem Ergebnis: Da haben wir gelitten – und Sie schütteln den Kopf und sagen Nein, die hätten alle Unrecht. Hunderte und Tausende von Menschen in diesem Land, die sich schon seit vielen Jahren den ganzen Tag beruflich mit diesem Thema befassen, seien nicht in der Lage, die Zahlen Ihres Gesetzes korrekt umzusetzen. – Wissen Sie, das finde ich maßlos arrogant, wie Sie hier mit den Fachleuten in unseren Jugendämtern umgehen,

(Zuruf von der CDU: Nein, arrogant sind Sie!)

wie Sie hier mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie den Leitern von Tageseinrichtungen umgehen. Das ist eine Arroganz, die ich unerträglich finde.

(Beifall bei der LINKEN – Stefan Müller (Heiden- rod) (FDP): Reden Sie doch mal mit Leuten, die sich wirklich damit beschäftigt haben!)

Dann sitzen Sie landauf, landab auf Podien. Es ist doch nicht so, dass die Opposition diese Podien angeschoben hätte. Die sind doch im Moment jeden Tag, jede Woche irgendwo. Es ist doch schon so, dass wir es gar nicht mehr schaffen, die Termine alle wahrzunehmen, weil gleichzeitig mehrere im Land stattfinden.

Ich wollte, ich könnte einen solchen Sturm auslösen – das kann ich aber nicht, das gebe ich unumwunden zu.

(Zuruf von der CDU)

Ich glaube auch nicht, dass die SPD oder die GRÜNEN das in der Form könnten. Es reicht aus, dass Sie so einen Gesetzentwurf schreiben.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Stefan Müller (Heidenrod) (FDP))

Dann sitzen Sie auf Podien. Ich muss gestehen, es hat schon das eine oder andere Podium gegeben, bei dem ich gedacht habe, ich bin froh, dass das Erzieherinnen und Erzieher sind, die zur Gewaltbereitschaft erziehen.

(Zurufe)

Sonst wüsste ich nicht, ob die Vertreterinnen und Vertreter der Regierung immer heil aus dem Saal gekommen wären.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Die erziehen also zur Gewaltbereitschaft? – Gegenruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE): Gegen Gewaltbereitschaft!)

Wenn ich mich versprochen habe, ziehe ich das zurück. Erzieherinnen und Erzieher erziehen zu Gewaltfreiheit. Falls da ein Versprecher drin war, entschuldige ich mich ausdrücklich. In der Sache bleibt es richtig.

(Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU): Eine freudsche Fehlleistung!)

Ach, Sie wollen unseren Erzieherinnen und Erziehern unterstellen, sie würden zur Gewalt erziehen?

(Zurufe von der CDU und der FDP: Nein, das haben Sie gesagt!)

Es hat eine Stimmung in Sälen gegeben, angesichts derer Sie hätten verstehen müssen und scheinbar auch verstanden haben, dass es eine unglaubliche Kritik an Ihrem Gesetzentwurf gibt. Ich habe Äußerungen gehört – –

(Zuruf von der CDU: Was erzählen Sie denn da für einen Stuss? – Gegenruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Lieber Herr Kollege, das ist kein parlamentarischer Ausdruck. Bitte lassen Sie die Kollegin in ihrer Rede fortfahren. – Bitte schön, Frau Kollegin.