Protocol of the Session on February 27, 2013

lich ein Abstandsgebot festgelegt. Die Therapie und auch die Möglichkeit, sie wieder in Freiheit zu entlassen, ist eine der großen Vorgaben, die hier erfüllt werden sollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Einen weiteren Punkt will ich kurz erwähnen. Auch er kam in der Anhörung zur Sprache. Ich will es kurz zitieren, es geht um die Unterbringung, also die Zimmer. Es wird gesagt, bei uns sind es 18 m2, aber beispielsweise einen abgetrennten Sanitärbereich gibt es nicht. Herr Justizminister, dazu muss man sagen: Die Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern regeln, dass es einen abgetrennten Sanitärbereich geben soll. Ich glaube schon, hier hätte man andere Regelungen treffen können.

Meine Damen und Herren, ich habe es gerade schon gesagt: Wir haben es hier mit Sicherungsverwahrung zu tun, nicht mit Haft. Die Sicherungsverwahrung soll sich deutlich von der Haft unterscheiden. Die Strafe hat der Täter schon verbüßt. Deswegen müssen wir bei diesen Regelungen ganz besonders vorsichtig sein, und in diesem Punkt muss man den Blick auf das Bundesverfassungsgericht halten.

Meine Damen und Herren, die Regelungen, die hier getroffen werden, sind ein Balanceakt, ein schwieriger Balanceakt – der Kollege Honka hat da vollkommen recht – zwischen den Sicherheitsinteressen des Staats und seiner Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite und dem Recht auf Freiheit bzw. der Einschränkung des Rechts auf Freiheit auf der anderen Seite.

Am Ende will ich noch kurz das Thema Arbeitspflicht ansprechen. Frau Kollegin Hofmann hat es schon gesagt, und wir haben es auch in der Anhörung gehört: Die Praktiker haben gesagt, die Motivation zur Arbeit ist genau der Punkt, an dem man mit den Sicherungsverwahrten in Kontakt tritt, an dem man mit ihnen Gespräche führen kann, wobei man Leute, die ansonsten vielleicht nicht therapiefähig sind, an tägliche Arbeitsabläufe gewöhnen kann. Denn man will sie ja auf die Freiheit vorbereiten. Das ist Ziel dieser Maßnahme. Deswegen halten wir diese Idee für sehr richtig und den Vorschlag der SPD für gut.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Heike Hofmann (SPD))

Deswegen wiederhole ich es: Wir haben diese Vorschläge gemacht. Sie haben sie im Ausschuss leider abgelehnt. Mehrfach haben wir darauf hingewiesen, dass wir ansonsten Ihrem Gesetzentwurf in den Grundzügen zustimmen können. Aber es gehört auch dazu, dass Sie auf die Opposition zugehen. Das haben Sie nicht getan. Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf enthalten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Frömmrich. Das war eine Punktlandung.

Bevor ich Herrn Honka nochmals das Wort erteile, möchte ich den ehemaligen Abgeordneten, den ehemaligen Kollegen Herrn Armin Klein, ganz herzlich auf der Besuchertribüne begrüßen: Seien Sie herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Dann möchte ich Herrn Honka nochmals das Wort erteilen. Sie haben noch eine Redezeit von 1:56 Minuten. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es war gut, dass ich mir vorhin noch 1:56 Minuten aufgespart habe. Herr Kollege Frömmrich, Sie haben eben zu den Regelungen, die wir im Hessischen Strafvollzugsgesetz 2010 für Erwachsene festgelegt haben, etwas falsch dargestellt. Sie sind ein Stück weit entschuldigt, denn Sie sind erst seit Kurzem Mitglied des Rechtsausschusses.

Damals haben wir unser Strafvollzugsgesetz vor einem ganz anderen Urteilshintergrund des Bundesverfassungsgerichts gestaltet. Damals wussten wir aufgrund der Urteile des EGMR halbwegs, in welche Richtung das gehen wird und dass wir dort etwas tun müssen. Deswegen haben wir damals nur drei neue Paragrafen des Hessischen Strafvollzugsgesetzes aufgenommen. Es ist also nicht so, dass die Regierungsfraktionen damals dem besseren Wissen Ihrer Fraktion krampfhaft widersprochen haben, sondern wir haben vor dem damaligen Hintergrund einfach nur eine andere Regelung getroffen. Die war richtig.

Heute haben wir wieder einen anderen Hintergrund. Heute geht es um eine neue gesetzliche Regelung, wie in vielen anderen Bundesländern, eigentlich in allen. Das ist richtig und verantwortungsvoll, und das hat nichts mit einer Arroganz der Macht zu tun.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Honka. – Für die Landesregierung spricht jetzt Staatsminister Hahn. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus der Sicht des Justizministeriums, der Landesregierung, haben diese Debatte eben und auch die Anhörung gezeigt, dass die Vorarbeit, die in den letzten zweieinhalb Jahren zum Thema Sicherungsverwahrung geleistet worden ist, sehr gut war.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich dem hier anwesenden Abteilungsleiter IV, wie wir in unserem Jargon im Justizministerium sagen, danken und ihn bitten, das seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weiterzureichen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sie nicht an dieser Anhörung haben teilnehmen können: Dieser Gesetzentwurf hat in dieser Anhörung eine so positive Resonanz erhalten, dass es dem Minister ein besonderes Bedürfnis ist, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür Dank zu sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Von Anbeginn an sind wir in die richtige Richtung gegangen. Von Anbeginn an haben wir zwei Überschriften über diesen Gesetzentwurf geschrieben. Die eine ist: „die Sicherheit des Bürgers“, die zweite ist: „keine Resozialisierungsmöglichkeit versäumen“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann das auch anders formulieren: Ja, Sicherungsverwahrte sind ein

ganz besonderer Kreis, Gott sei Dank ein ausgesprochen kleiner Kreis. Bei diesen Personen mussten wir in der Vergangenheit immer wieder erleben – das war einer der Gründe für die Entscheidungen des EGMR wie auch des Bundesverfassungsgerichts –, dass Zukunftsprognosen nicht immer zutreffend waren. Hier ist jedoch die Folge einer falschen Prognose, dass jemandem unberechtigterweise seine Freiheit entzogen wurde. Das ist eine ganz andere Folge, als wenn man sich einmal in einem anderen Fall – ich sage das hier in 25 Gänsefüßchen – irrt. Umso präziser muss man hier arbeiten. Als Einziger hat der Staat das Monopol, die Freiheit seiner Bürger zu begrenzen, ja sogar für einen gewissen Zeitraum zu entziehen. Mit diesem Monopol kann er aber, auch in den Augen der Bürger, nur dann vernünftig umgehen, wenn er für die verschiedenen Maßnahmen, die er ergreifen kann, jeweils die Kriterien anlegt, die die – und das setze ich jetzt wieder in viele Anführungszeichen – Fehlerquote so gering wie irgend möglich halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute Morgen haben wir schon über die praktische Maßnahme im Zusammenhang mit dem Staatsvertrag mit Thüringen gesprochen. In meinen, in unseren Augen, aber auch in den Augen vieler Kolleginnen und Kollegen Justizminister und -senatoren anderer Länder ist uns das auf der Ebene mit diesem Gesetzentwurf gelungen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es macht schon zufrieden, wenn man bei einem derart sensiblen Bereich von den verschiedensten Anzuhörenden gesagt bekommt, man sei sehr sensibel vorgegangen. Eines habe ich in der Anhörung nie gehört – und ich war die ganze Zeit im Raum und habe zugehört –: dass irgendjemand gesagt hat, dieser Gesetzentwurf, den wir als Landesregierung eingebracht haben und der, wie ich jetzt weiß, leider von den Regierungsfraktionen alleine, aber mit einer überwältigenden Mehrheit beschlossen werden wird, sei nicht liberal.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen einfach nur sagen, damit Sie es wissen, denn Sie waren nicht alle dabei, Sie konnten auch nicht alle dabei sein, dass der Vertreter der Bayerischen Staatsregierung gesagt hat – er hat das auf Bayerisch getan, ich will das hier nicht wiederzugeben versuchen –, dieser Gesetzentwurf sei eigentlich gut, aber fast in jedem Punkt ein bisschen liberaler als im Freistaat Bayern.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Das habe ich mit großer Freude zur Kenntnis genommen. Herr Kollege Frömmrich, das können wir alle im Protokoll nachlesen.

Vielleicht war das auch die Antwort dieser Hessischen Landesregierung. Ich habe das eben, diese ganz besonders prägnante, aber auch gefährliche Schnittstelle zwischen der Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite und der Freiheit für den Einzelnen auf der anderen Seite, deutlich gemacht. Wir tun dies mit einer gewissen Portion an Selbstbewusstsein. Wir wollen die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger sehr intensiv schützen, aber auf der anderen Seite wollen wir einer solchen Person noch einmal die Chance geben – ich sage bewusst „noch einmal“, denn wir reden hier von Personen, denen in aller Regel schon zehn, 15 oder 20 Jahre lang die Freiheit entzogen wurde –, wieder in die Gesellschaft zurückzukommen, ohne dass sie erneut Konflikte mit der Gesellschaft haben.

Ich will jetzt gar nicht mehr auf die Detaildebatte eingehen, weil die Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten das sehr ausführlich und vollkommen richtig getan haben. Bei dem Thema Arbeitspflicht wird deutlich, was das Bundesverfassungsgericht gemeint hat und was wir auch meinen. Ja, wir haben die Aufgabe aus Karlsruhe bekommen, den Einzelnen immer wieder zu motivieren, sich dem Arbeitsprozess zu stellen.

Wir haben aber aus Karlsruhe die Verpflichtung bekommen, in dieser Frage als Staat nicht abschließend in den Lebenslauf dieser Personen einzugreifen. Genau das hat das Landgericht Marburg festgeschrieben. Ich empfehle Ihnen dringend die Lektüre dieses Urteils. Es hat Bezug genommen auf den Gedankengang, den das Bundesverfassungsgericht festgeschrieben hat. Ich will es jetzt in einer flapsigen Form zusammenfassen: Ihr müsst sie motivieren, zu arbeiten, ihr dürft sie aber nicht verpflichten. – Das ist die Botschaft von Karlsruhe. Das passt in die Logik dieser Entscheidung. Das passt auch in die Logik der Entscheidung, die der EGMR in Straßburg getroffen hat, dass nämlich den Sicherungsverwahrten früher viel zu viel vorgeschrieben worden ist. Freiheit wurde entzogen, obwohl nicht sicher war, ob es sich tatsächlich um gefährliche Personen handelt. Die Freiheit wurde entzogen, weil die Verwahrung ähnlich organisiert war wie der Vollzug.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, fallen wir doch bei dem Thema Arbeitspflicht nicht wieder in dieses Raster herein. Ich bin der festen Überzeugung, wenn diese Frage irgendwann einmal von Karlsruhe entschieden werden muss, dann wird Karlsruhe antworten: Eure Aufgabe als Gesetzgeber ist, die Sicherungsverwahrten zur Arbeit zu motivieren. Alle Möglichkeiten von Fachberatung und anderen Angeboten müssen dabei herangezogen werden. Verpflichten darf man zur Arbeit jedoch nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das hat die Fraktionen von CDU und FDP dazu motiviert, Ihnen heute diese Entscheidung in der Zweiten Lesung so vorzulegen.

Eine letzte Bemerkung. Wir beenden, jedenfalls für die Sicherungsverwahrten – ich wette einen hohen Einsatz, dass wir es auch bald für den Strafvollzug übernehmen werden –, in diesem Haus eine Diskussion über die Zahl der Gutachten. Ende der Achtzigerjahre war diese Debatte eine andere – damals sah auch dieses Haus noch etwas anders aus.

Herr Staatsminister, darf ich Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern?

Ja. – Wir haben damals begonnen, zu überlegen, ob wir einen oder zwei Gutachter benötigen. Herr Kollege Gerling und ich sind 1987 in den Landtag eingezogen. Wir können uns an viele Debatten, insbesondere in den Neunzigerjahren, zu diesem Thema erinnern. Damals gab es ein Fraktionsdurcheinander. Da kämpfte nicht der eine Block gegen den anderen, sondern es gab diejenigen, die gesagt haben, es bestehe die Gefahr, dass es zu einer Annäherung zwischen dem Gutachter und dem Probanden kommen könne,

weshalb eine Supervision durchgeführt werden müsse. Damals haben wir uns darauf geeinigt, dass immer zwei Gutachter gehört werden sollen.

Wir haben in der Anhörung die Praxis und die dafür zuständigen Richter gehört, nach dem Motto: Die Entscheidung könnt ihr uns überlassen, ob ein oder zwei Gutachter benötigt werden. Im konkreten Fall können wir das besser entscheiden. – Sie haben recht. Ich bin dankbar, dass die die Landesregierung tragenden Fraktionen von CDU und FDP diese andere Lösung, als wir sie vorher vorgesehen hatten, mit aufgenommen haben. Nun ist das Ermessen der unabhängigen dritten Gewalt, für die Richterinnen und Richter in den entsprechenden Kammern der Landgerichte, gewährleistet.

Ich sage noch einmal: vielen Dank. – Das war ein hartes Thema gewesen. Das ist nicht einfach mal so nebenbei zu machen. Es geht darum, dass der Staat Freiheit von Personen entzieht. In diesem Punkt hat Herr Kollege Dr. Wilken recht, aber leider nur in diesem einen Punkt, sie haben ihre Strafe bereits – –

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Ja, Herr Kollege van Ooyen, flapsig heißt es „abgesessen“. Danke, ich zitiere Sie jetzt. Als Justizminister müsste ich eine viel juristischere Formulierung finden. – Es ist keine Alltagsarbeit, ein Prognose darüber abzugeben, ob eine Person gefährlich sein kann oder nicht. Diese Arbeit zu machen ist keine Alltagsarbeit.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Rechts- und Integrationsausschuss. Ich bedanke mich auch bei dem Vorsitzenden Herrn Dr. Blechschmidt dafür, wie die Anhörung organisiert worden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden mit diesem Gesetzentwurf, der hoffentlich heute noch zum Gesetz wird, Maßstäbe in Deutschland setzen. Als Mitglied der Freien Demokratischen Partei sage ich: eigentlich so wie Bayern, aber immer ein bisschen liberaler. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Debatte. Es wurde auch kein Antrag auf eine dritte Lesung gestellt.

Ich lasse jetzt über den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Zweites Gesetz zur Schaffung und Änderung hessischer Vollzugsgesetze, Drucks. 18/6972 zu 18/6068, abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung gibt, der hebe bitte die Hand. – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist dem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zugestimmt worden, und er wird hiermit zum Gesetz erhoben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Große Anfrage der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Handwerk in Hessen – Herausforderungen und Chancen – Drucks. 18/5979 zu Drucks. 18/4598 –

Man hat mir signalisiert, dass die Redezeit auf 7,5 Minuten reduziert wird. Als erster Redner hat sich Herr Kollege Landau von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Kollege Landau, Sie haben das Wort.