Darf ich bitte ausreden? – Wenn ein Betrieb schmuddelig und unordentlich wirtschaftet und arbeitet, dann stellt dieser Betrieb seine Existenz in Gefahr. Dann riskiert der Inhaber, dass der Laden geschlossen wird und dass er und seine Mitarbeiter den Arbeitsplatz verlieren, nicht diejenigen, die kontrollieren und sagen: „Hier wird geschmuddelt.“ Damit wird die Realität doch vollständig verdreht.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Peter Stephan (CDU): Wer wird denn kontrollieren?)
In dem Antrag steht sehr deutlich, dass Mehrfachkontrollen von den zu Kontrollierenden zu bezahlen sind. Tatsache ist doch aber, dass wir relativ wenige Kontrollen haben und dass die zu kontrollierenden Betriebe sehr lange auf ihre grüne Ampel warten müssten, und das würde öffentlich bekannt werden, wenn wir dieses System tatsächlich hätten. Das heißt, es würde sichtbar werden, dass zu wenig kontrolliert wird.
Wenn jemand tatsächlich rot – das sage ich in Anführungszeichen – kontrolliert wird, kann er auf eigene Rechnung relativ kurzfristig nachkontrolliert werden, und erst dann veröffentlicht man. Das würde sogar Arbeitsplätze schaffen. Dieses Gesetz, diese Regelung, würde uns also ein ganzes Stück weiterbringen. Wir kämen nämlich zu mehr Kontrolle, wir kämen zu mehr Transparenz, und wir kämen zu mehr Arbeitsplätzen. Dazu kann ich dann auch gern die Kommunen befragen, weil in dem Moment die Verursacher die Kosten tragen, und das ergibt Sinn.
Die Betroffenen. Wenn ich meinen Laden nicht sauber und ordentlich führe, dann muss ich nachkontrollieren lassen, oder ich muss mir einen roten Böbbel an die Tür kleben lassen; und daher lasse ich nachkontrollieren. Ich kann doch gleich sauber und ordentlich arbeiten, dann komme ich überhaupt nicht erst in diese Lage; oder dann lasse ich auf eigene Rechnung nachkontrollieren.
Ich glaube eher, dass die Regierung Angst davor hat, dass sichtbar würde, wie wenig hier kontrolliert wird. Insgesamt glaube ich, dass das nur ein ganz kleiner Teil der Hygieneund der Lebensmittelprobleme ist, die wir haben. Es ist nicht die große Lösung. So ist es aber, glaube ich, auch nicht angedacht.
Wir haben in den letzten 30 Jahren viele Lebensmittelskandale gehabt. Die wenigsten hatten etwas mit Betrieben zu tun. Aber unlängst hatten wir – Gott sei Dank nicht hier in Hessen – ein Problem mit Schulkantinen und Erdbeeren. Vielleicht hätte man das vermeiden können. Das wage ich nicht zu beurteilen.
Teil des Problems ist, dass eben ganz viel vorher passiert. Deswegen sage ich auch, dass es viel zu kurz greift. Das bestreite ich überhaupt nicht.
Das Wort „Schwachsinn“ verbitte ich mir allerdings, Frau Ministerin. Auch von der Regierungsbank muss ich mir nicht „Schwachsinn“ sagen lassen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Anhaltende Unruhe – Glockenzei- chen des Präsidenten)
Moment mal, Frau Kollegin Schott. Sie haben das Wort, und die Seite der Regierungsbank wird hier Ihren Ausführungen folgen, bitte schön.
(Petra Fuhrmann (SPD): Vielleicht entschuldigt sich die zuständige Ministerin mal für den Ausdruck! Vielleicht kann man mal eine Rüge erteilen! – Gegenruf von der CDU: Jetzt erteilt schon Frau Fuhrmann Rügen! – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Kultusministerin, das hat mit Kultur nichts mehr zu tun!)
Also ich verbuche das unter: Eine Regierung, die mir nichts anderes mehr zu sagen hat, muss halt mit solchen Argumenten um sich schmeißen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Petra Fuhrmann (SPD): Das geht überhaupt nicht! – Zuruf von der CDU: Ei, ei, ei!)
Dann gab es hier das Argument: Das geht ja nicht, dass man das nur bundesländerweise macht. – Also ich erinnere mich, in der 4. Klasse gelernt zu haben, wo die Grenzen meines Bundeslandes liegen und wie andere Bundesländer aussehen. Ich glaube, das lernen in dieser Republik alle Menschen. Das heißt, ich weiß, in welchem Bundesland ich mich gerade befinde – –
Wenn ich also das Argument höre: „Das kann man nicht in einem Bundesland machen“, dann kann ich dieses Argument nicht nachvollziehen, denn wir Hessen wissen sehr genau, wann wir in Hessen und wann wir in Niedersachsen oder irgendwo anders sind. Das heißt, wir kennen die Grenzen unserer Bundesländer. Das heißt, wir wissen, wo wir uns gerade befinden und dass wir in diesem Land Gütesiegel vorfinden, in einem anderen aber eben nicht. Wir wissen von daher sehr genau, damit umzugehen. Es ist überhaupt kein Argument, zu sagen: Das muss man bundesweit machen. – Das kann man sehr wohl auch regional in einem Bundesland machen.
Es ist hier immer vom mündigen Bürger die Rede. Wieso soll der mündige Bürger bitte schön nicht das Recht haben, zu wissen, dass dieser Betrieb geprüft worden ist und dass diese Prüfung einwandfrei und wunderbar war? Oder dass dieser Betrieb geprüft worden ist und die Prüfung eben nicht einwandfrei und wunderbar war?
Ich kann überhaupt nicht verstehen, wenn sonst immer wieder der mündige Bürger zitiert wird, warum man den
Bürger hier bewusst und vorsätzlich in Unmündigkeit halten will. Es gibt kein einziges schlüssiges Argument, das in irgendeiner Weise belegt, dass eine solche Hygieneampel nicht helfen würde.
Wir haben im Sommer vor zwei Jahren eine Überprüfung von Eiscafés gehabt und festgestellt, dass da nicht immer alles in Ordnung ist. Ich denke, genau an solchen Stellen sollten Verbraucher wissen, wo es in Ordnung ist, wo es eben nicht in Ordnung ist, und sollten darauf mit ihrem Kaufverhalten einwirken. Es ist richtig, wer gebrandmarkt ist, hat ein Problem, davon wieder wegzukommen. Wenn aber alle wissen, dass sie Gefahr laufen, einen roten Punkt an die Tür geklebt zu bekommen, glaube ich, dass das deutlich mehr Druck ausübt, ordentlich und sauber zu arbeiten, als das Zahlen einer Strafe. Diese bezahle ich nämlich, und niemand bekommt davon etwas mit.
Deshalb ist Transparenz an der Stelle sehr förderlich. Ich sehe, dass es hierbei wieder nur darum geht, dass es ein Antrag der Opposition ist, und dem stimmt diese Regierung niemals zu, mag er noch so klug und sinnvoll sein, weil hier parteipolitisch gedacht wird und nicht entlang der Interessen der Bürger in diesem Land.
Sie sollten endlich lernen, das zu tun: an die Interessen der Bürger in diesem Land zu denken und zu handeln und nicht darauf herumzureiten, wer den Antrag geschrieben hat. Da sind Sie ganz kleingeistig.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Judith Lan- nert (CDU): Das ist unglaublich, fragt sich nur, wer hier „kleingeistig“ ist!)
Schönen Dank, Frau Kollegin Schott. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Staatsministerin Puttrich das Wort, bitte schön.
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie versucht jetzt wieder den Karren der FDP zu ziehen! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Da hat sie schwer zu ziehen!)
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin bis jetzt davon ausgegangen, dass das Wohl der Verbraucher und die Transparenz im Vordergrund stehen würden. Ich habe aber, nachdem ich die Rede der Abgeordneten der GRÜNEN gehört habe, im Moment den Eindruck, dass es hier schlicht und einfach um Wahlkampfgetöse geht. Frau Feldmayer, es ist schlicht und einfach Wahlkampfgetöse, wenn Sie sagen, ich sei jetzt die Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz und hätte die Chance gehabt, in irgendeiner Form etwas zu tun. – Es ist richtig, ich bin seit dem 01.01. dieses Jahres die Vorsitzende. Heute haben wir den 31.01., also bitte seien Sie an der Stelle einfach einmal ruhig, seien Sie fair, und schauen Sie sich den Sachverhalt einmal in Ruhe an. Das ist der erste Punkt.
(Beifall bei der CDU – Timon Gremmels (SPD): Eine Auftaktveranstaltung für eine Presseerklärung! – Zuruf von der CDU: Ei, ei, ei!)
Zweiter Punkt. Dann gehen wir noch ein Stück weiter. Wir sollten ein gemeinsames Interesse haben. Wenn ich „gemeinsames Interesse“ sage, dann stimme ich Frau Fuhrmann ausdrücklich nicht zu, wenn sie die Chance, Transparenz zu zeigen, immer als Sanktion, als Drohmittel versteht. Ich sage Ihnen ganz klar: Transparenz sehe ich für die Unternehmen als Chance, zu zeigen, wie gut sie sind, sich gegenüber schwarzen Schafen abgrenzen zu können, also nicht immer als drohenden Zeigefinger. Darin liegt die Chance. Sie sollten nicht immer sagen, dass alles schlecht sei.
Deshalb vertrete ich auch die Position: Wir wollen dabei unterstützen und ein einheitliches System haben – darauf komme ich gleich zu sprechen –, wie man die Kontrollergebnisse zeigen kann.
Frau Fuhrmann, ich muss Ihnen das einfach sagen: Mit einer Ihrer Formulierungen lagen Sie mehr als daneben.
Wenn Sie hier sagen, dass es ein russisches Roulette für den hessischen Verbraucher sei, wenn er morgens nicht ins Internet gucken würde, um sich die Kontrollergebnisse anzusehen, und dann sein Restaurant besuchte, sage ich Ihnen: Ein russisches Roulette geht üblicherweise tödlich aus, ein Restaurantbesuch Gott sei Dank nicht. Deshalb diskreditieren Sie an dieser Stelle nicht die Unternehmen; das war schlicht und einfach daneben.
Genauso daneben ist – nur, damit es weggeräumt ist –, Frau Schott: Sie hatten sich eben über einen Einwurf meiner Ministerkollegin geärgert. Ich muss aber sagen, dass der Vergleich mit den Erdbeeren daneben war. Es waren kontaminierte Erdbeeren aus China, die mit einem Hygienesystem überhaupt nichts zu tun haben. Deshalb bitte ich darum, Äpfel nicht mit Birnen zu vergleichen.
Kommen wir zur Sache. Es ist vollkommen richtig, ich habe es mehrmals gesagt, dass ich eine Chance darin sehe, wenn Unternehmen zeigen, dass sie gut sind. Ich möchte Ihnen dafür auch eine Zahl nennen: Wir haben risikoorientierte Kontrollen, ich habe es schon bei anderen Gelegenheiten gesagt.
Im Jahr 2011 wurden 61.726 risikoorientierte Betriebskontrollen durchgeführt. Bei diesen 61.726 Betriebskontrollen gab es 86 Fälle, in denen es zu Betriebsschließungen kam. Da muss ich schlicht und einfach sagen: Ich sehe darin eine Chance für Unternehmen, zu zeigen, dass sie nicht die schwarzen Schafe sind und nicht zu diesen 86 gehören, sondern dass sie zu den Zigtausend anderen gehören, die sauber und ordentlich arbeiten.