Protocol of the Session on December 14, 2012

Das ist eine Stadt, die bekanntermaßen schwarz-grün regiert ist. Das hätte ich dann gern nochmal diskutiert, wenn Sie das in Abrede stellen. In der Stellungnahme steht auch geschrieben:

Alleine in den Jahren 1985 bis 2003 konnten durch dieses wohnungswirtschaftliche Instrument fast 9.000 Wohnungen für die Bürger erhalten, wiedergewonnen oder als Neubau ermöglicht werden.

Meine Damen und Herren, dieses Instrument haben Sie den Kommunen aus der Hand geschlagen. Wir haben in der Anhörung die Stellungnahme der Stadt München gehabt. Auch die bescheinigt, dass eine ganze Menge Zweckentfremdung verhindert werden konnte.

Herr Lenders, Bayern hat 2007 unter einer CSU-geführten Regierung ein Gesetz über das Verbot der Zweckentfrem

dung von Wohnraum verabschiedet. Mittlerweile regieren in Bayern bekannterweise CSU und FDP. Mir ist keinerlei Gesetzesinitiative bekannt, dass die FDP sagen würde: Dieses wohnungspolitische Instrument sei verfassungswidrig.

Um Gottes willen, wenn Sie denn der Meinung sind, das sei verfassungswidrig, dann frage ich mich erstens, ob Bayern ein anderes Grundgesetz hat als Hessen. Und zweitens: Warum läuft die FDP in Bayern nicht Sturm dagegen, wenn Sie hier glauben, dass die Grundrechte verletzt würden?

(Beifall bei der LINKEN – Tarek Al-Wazir (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Alles Kommunisten!)

Unser Gesetzentwurf orientiert sich im Wesentlichen an dem bayerischen Gesetz und an der Wohnraumerhaltungssatzung der Stadt München. Bayern und München sind an der Stelle ganz gut mit Hessen und Frankfurt zu vergleichen.

Ich will noch einmal betonen: Wir wollen mit diesem Gesetz nicht die Wohnraumumwandlung verbieten. Wir wollen den Gemeinden die Möglichkeit einräumen, in ihrem Gebiet entsprechende Regelungen zu erlassen, wenn sie es für notwendig halten oder eben nicht. Wir brauchen eine rechtliche Grundlage, damit die Kommunen diese Möglichkeit haben.

Es geht hier nicht nur um die Frage der Umwandlung von Wohnraum zu Gewerberäumen, sondern auch um den Leerstand. Wir haben gerade in Frankfurt eine ganze Menge Gebäude, die völlig unbegründet leer stehen. Es muss doch die Möglichkeit geben, dass eine Kommune in einer Zeit, in der Studierende keine Wohnungen mehr finden, in der Menschen aus den Innenstädten verdrängt werden, weil Sie aufgrund der Wohnungsknappheit einfach die hohen Mieten nicht mehr zahlen können, gegen unbegründeten Leerstand vorgeht. Das muss doch möglich sein.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die vorgeschlagenen Regelungen gelten in Bayern seit mehreren Jahren. Wenn uns jetzt CDU und FDP vorwerfen, der Gesetzentwurf sei verfassungswidrig oder sozialistisch, dann treffen Sie damit Ihre Kolleginnen und Kollegen der CSU und der bayerischen FDP, weil die dieses Gesetz in die Praxis umgesetzt haben.

Ich will einräumen, dass das Verbot der Wohnraumzweckentfremdung und des unberechtigten Leerstands allein nicht die Probleme auf dem hessischen Wohnungsmarkt lösen wird. Das wird es selbstverständlich nicht. Wir brauchen eine breite Palette an Maßnahmen. Wir brauchen eine breite Palette zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum.

Aber das Verbot der Wohnraumzweckentfremdung wäre ein Instrument, ein Element, ein Baustein für eine aktive Wohnungspolitik, die sich in der Bundesrepublik 35 Jahre lang bewährt hat. Es wurde von vielen Bundesländern praktiziert, ursprünglich von einer sozial-liberalen Regierung 1972 eingeführt. Wir sind der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf den Kommunen ein wichtiges Instrument an die Hand geben würde, und deshalb bitten wir um Unterstützung.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat Frau Abg. Karin Müller (Kassel), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ist das Paradebeispiel dafür, wie CDU und FDP ihre Macht und ihre Mehrheiten zweckentfremden,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

indem Sie die mündliche Anhörung verweigert und eine Hinhaltetaktik sondergleichen gefahren haben. Wir haben das Gesetz jetzt seit fast einem Jahr auf der Tagesordnung im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr. Großzügigerweise wurde dann eine schriftliche Anhörung zugelassen, alle haben sich gefreut, dass wenigstens dies geschah. Nachdem die Unterlagen vorgelegen haben, war aber klar, dass die Stellungnahmen – insbesondere der Stadt Frankfurt – so unterschiedlich sind, dass es eigentlich einer mündlichen Anhörung bedurft hätte.

Dann wurde der LINKEN unterstellt, sie würde damit Oberbürgermeisterwahlkampf betreiben wollen. Daraufhin hat Herr Siebel den klugen Vorschlag gemacht, abzuwarten, bis der Oberbürgermeister im Amt ist, und ihn auch zur Anhörung einzuladen.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Damit hatte sich der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Reif, einverstanden erklärt. Dann gab es wieder eine Hinhaltetaktik und passiert ist nichts. Letztendlich wurde das Gesetz mit der Arroganz der Macht abgelehnt. Man hat eben im Beitrag von Herrn Lenders sehen können, dass es durchaus nötig gewesen wäre, sich noch einmal Expertenmeinungen einzuholen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Vor allen Dingen wäre es auch kein großer zusätzlicher Aufwand gewesen. Man hätte die Anhörung nämlich zusammen mit dem Gesetz zum sozialen Wohnungsbau durchführen können, die Experten sind sowieso da gewesen. Aber nein, das wollen Sie alles nicht. Ihr Hauptanliegen ist nur, sich an der LINKEN abzuarbeiten. Bitte schön, wenn Sie sonst nichts mehr in diesem Land vorhaben und weiter Ihre Politik betreiben wollen, die nicht für die Menschen, sondern nur für sich selbst da ist, machen Sie nur so weiter.

(Zuruf von der CDU)

Das Thema Wohnen wird landauf, landab diskutiert. Sozialer Wohnungsraum fehlt. Wohnraumzweckentfremdung ist ein Thema in Frankfurt und in Wiesbaden. Damals, 2004, haben sich die Oberbürgermeister vehement dagegen gewehrt, es abzuschaffen. Aber nein, Sie wollten es abschaffen, obwohl aus Frankfurt jährlich 400 bis 600 Anzeigen wegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorgelegt worden sind.

(Minister Florian Rentsch: Wie ist es denn aktuell?)

Wenn es das nicht mehr gibt, gibt es auch keine Anzeigen mehr, Herr Rentsch. Das ist ja schon ein bisschen lächerlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Thema wird landauf, landab diskutiert. In Frankfurt fehlt bezahlbarer Wohnraum. Deswegen sollte man alles dafür tun, mehr Wohnraum zu schaffen. All das verweigern Sie.

Auch wir haben gesagt, man müsste prüfen, ob es nicht ein zu massiver Eingriff in die Eigentumsrechte ist. Deswegen hätten wir die Anhörung auch unterstützt und können uns jetzt nur enthalten.

(Minister Florian Rentsch: Ist das schlecht!)

Sie können es ja besser machen, Herr Rentsch. Tun Sie aber nicht. Ich dachte übrigens, Zwischenrufe von der Regierungsbank würde der Präsident untersagen, aber gut.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der der Abg. Nancy Faeser (SPD) – Zuruf von der CDU)

Wir halten die Grundtendenz des Gesetzes für richtig. Die Kommunen sollten ja nur ermächtigt werden, eine Satzung zu erlassen, wenn es Zweckentfremdung von Wohnraum bei ihnen gibt. So viel sollte man den Kommunen schon zutrauen, um ihnen diese Möglichkeit zu geben. Aber auch das reiht sich in die kommunalfeindliche Politik dieser Landesregierung ein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Wir werden uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf enthalten und bedauern ausdrücklich, dass Sie nicht lernfähig sind und jegliche Auseinandersetzung zu dem Thema verweigern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Frau Abgeordnete, ich wollte Sie nur darauf hinweisen, dass es eine Frage dessen ist, was ich höre, um es jetzt nicht als Kritik am Präsidenten erörtern zu müssen. Wenn die Minister vorne reden, habe ich ein Sprechverbot nicht auszusprechen. Wenn sie Ihre Rede kommentieren, können Sie das besser als ich – und ich habe nicht erkennen können, dass Herr Rentsch sich dazu geäußert hat. Die Wahrscheinlichkeit liegt nahe, aber konkret hatte ich es nicht verstanden.

(Zuruf des Ministers Florian Rentsch)

Sie haben auch jetzt nicht das Wort, Herr Rentsch. – Ich will damit sagen, dass ich es nicht verstehen kann, ich bitte um Entschuldigung. Wir sind hier nur eingeschränkt hörfähig in Bezug auf das, was Minister sagen.

Herr Kollege Siebel, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Ministerinnen und Minister! Die Tragödie der Ausschussberatung dieses Gesetzentwurfs der Fraktion DIE LINKE ist nur noch durch die Farce dessen zu übertreffen, was wir jetzt zu diesem Gesetzentwurf im Hessischen Landtag erleben.

Die Tragödie hat sich dadurch ausgedrückt, dass wir in der Tat ein Jahr lang diesen Gesetzentwurf im Ausschuss in einem Schwebeverfahren haben. Das Schwebeverfahren ist mittlerweile ein probates Mittel des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst, aber in diesem Fall ist es auch im Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr so gewesen. Ich glaube, dass insbesondere beim Ausschussvorsitzenden, Herrn Reif, eine Bereitschaft dazu vorhanden war, eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchzuführen. Es wäre auch gut gewesen, wenn diese Anhörung stattgefunden hätte.

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir hatten Stellungnahmen unterschiedlicher Ausrichtung. Es ist bereits von Frau Kollegin Wissler zitiert worden, dass eine Stellungnahme aus München vorlag, die durchaus Hinweise darauf gegeben hat, dass die Wiedereinführung der Zweckentfremdung eine zielführende Möglichkeit ist.

Auf der anderen Seite lag eine schriftliche Stellungnahme des Instituts Wohnen und Umwelt vor – das muss die Fraktion DIE LINKE auch einmal zur Kenntnis nehmen –, in der die Wirkung eines Gebots der Wohnraumzweckentfremdung mit einem Faktor von 0,14 bezeichnet wurde. Es ist ein Klassiker, dann eine Anhörung durchzuführen

(Janine Wissler (DIE LINKE): Genau!)

und in der direkten Aussprache den Sachverhalt zu klären. Das ist der Punkt, den ich momentan bei CDU und FDP vermisse – gut, ich vermisse schon ein bisschen länger, dass Sie sich mit den Dingen einmal sachlich und fachlich auseinandersetzen. Es ist nicht zielführend, wenn Sie auf der einen Seite die Keule der Verfassungswidrigkeit schwingen, Herr Kollege Lenders, und Frau Wissler mit ihrer Keule zurückschwingen muss, dass die Bayerische Verfassung keine andere Grundlage hätte als die Hessische Verfassung. Das führt in der Sache nicht weiter. Ich hätte es sehr schön gefunden, wenn wir uns einmal sachlich über die Frage auseinandergesetzt hätten, um dort zu einem Ergebnis zu kommen.

Fakt ist, dass zumindest in Frankfurt – getragen von den Stellungnahmen der Stadt Frankfurt – Wohnraumzweckentfremdung stattfindet. Wenn es auch nur in Frankfurt und in Teilen in Wiesbaden wäre, meine ich, dass dann der Gesetzgeber des Landes Hessen aufgefordert ist, zu dem Ergebnis zu kommen, im Kontext kommunaler Selbstverwaltung Kommunen die Möglichkeit zu eröffnen, die Zweckentfremdung in Form einer Satzung auch zu erlassen. Wenigstens das wäre angebracht gewesen.

Das wird durch die Stellungnahmen von CDU und FDP nicht ermöglicht. Deshalb sage ich für die SPD-Landtagsfraktion, dass wir dem Gesetzentwurf in seiner Grundtendenz zustimmen. Es ist richtig, die Möglichkeit den Kommunen einzuräumen; ich sage vor dem Hintergrund der außerordentlich prekären Wohnraumsituation in Frankfurt sogar, es ist geboten. Wir werden deshalb dem Gesetzentwurf der LINKEN zustimmen, um ein Signal zu setzen.