Protocol of the Session on November 21, 2012

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Herr Minister, wenn Sie schon aus dem Rechnungshofgesetz zitieren, zitieren Sie auch bitte § 12. Dort steht:

Ein Mitglied des Rechnungshofs darf nicht tätig werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Zweifel an seiner Unbefangenheit zu rechtfertigen.

Weiter heißt es:

Die Mitglieder des Rechnungshofs dürfen nicht bei einer Angelegenheit tätig werden, an der sie selbst … beteiligt gewesen sind oder für die sie selbst... Verantwortung tragen.

Wie soll das bei dem Abg. Noll gehen? Der Abg. Noll wird in diesen Tagen in diesem Haus den Landeshaushalt 2013/2014 mit beschließen. Dann wollen Sie ihn zum Vizepräsidenten genau der Behörde machen, die den Landeshaushalt prüfen soll. Meine Damen und Herren, befangener kann man eigentlich überhaupt nicht sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Zurufe von der FDP)

Der Rechnungshof prüft zurzeit die ordnungsgemäße Mittelverwendung in der European Business School.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Noll gehört einer Fraktion an, die eine glühende Verfechterin der European Business School ist. Die Mitglieder dieser Fraktion sagen in diesem Parlament immer, bei der European Business School sei alles in Ordnung gewesen.

(Günter Rudolph (SPD): Das ist so!)

Wie soll ein Vizepräsident Noll des Hessischen Rechnungshofs unbefangen prüfen, ob bei der European Business School alles in Ordnung ist?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Herr Blechschmidt, als parlamentarischer Geschäftsführer wissen Sie das: Die Fraktionen haben den Hessischen Rechnungshof einmal im Jahr zu Gast. Die Vertreter des Rechnungshofs schauen sich an, ob wir die Mittel bestimmungsgemäß ausgegeben haben. Es ist gut, dass es so ist.

(Zuruf des Abg. Dr. Frank Blechschmidt (FDP))

Wie soll Herr Noll als stellvertretender Präsident des Rechnungshofs die Fraktionsfinanzen unbefangen prüfen, wenn er sie vorher selbst mit beschlossen hat? Meine Damen und Herren, Ihnen muss doch jetzt klar werden, dass das nicht geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Holger Bellino (CDU): Das würde er doch nicht machen! Das wissen Sie!)

Nein, meine Damen und Herren, Sie haben hier allen Anstand und jedes Maß verloren. Sie wollen jetzt auch noch den Rechnungshof zu Ihrer parteipolitischen Beute machen. Hier muss nun Schluss sein. Sie haben eine Grenze des Anstands überschritten, die gerade von Parteien, die sich als „bürgerlich“ bezeichnen, nicht überschritten werden sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, der Finanzminister hat eben gesagt – ich habe sehr gut zugehört –, es gebe keine Entscheidung der Landesregierung zu dieser Personalie. Ich werte das jetzt als positives Signal dafür, dass Sie im Lichte dieser Debatte vielleicht noch einmal darüber nachdenken. Aber was ist denn das für eine Landesregierung, wenn es von ihr zwar keine Entscheidung gibt, aber dafür ein FDP-Pressesprecher mitteilt, was sie zu tun hat? Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wie lange wollen Sie sich das noch gefallen lassen?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Deshalb bekommen Sie morgen Gelegenheit – wir werden morgen über alle Anträge abstimmen –, sich zur Unabhängigkeit des Rechnungshofs zu bekennen. Wir haben einen Antrag eingebracht, der vier einfache Punkte enthält.

(Holger Bellino (CDU): Der ist gut!)

„Der ist gut“, sagt Kollege Bellino. Dann werden wir sehen, wie Sie morgen abstimmen. Vor allem, Herr Kollege Bellino, werden wir schauen, ob Sie sich auch daran halten.

Der Hessische Rechnungshof lebt von seiner Unbestechlichkeit und seiner Unabhängigkeit. Er lebt davon, dass er nicht in den Parteienstreit hineingezogen wird, und davon, dass das bisher auch keine Partei in Hessen gemacht hat. Kommen Sie deshalb zur Besinnung. Herr Noll kann nicht Vizepräsident dieser Behörde werden. Ziehen Sie Ihre Pläne zurück. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Schönen Dank, Herr Wagner. – Jetzt ist erst einmal Herr Schork an der Reihe.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt einem schon ein bisschen schwer, ruhig zu bleiben, vor allem wenn man gedacht hat, man könnte sich vielleicht auf eine gemeinsame Position verständigen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Machen Sie einmal einen Vorschlag!)

Ich empfehle uns allen – unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit desjenigen, der als Kandidat aufgestellt wird oder für den man sich entscheidet –, nicht jeden Personalvorschlag, über den in der Öffentlichkeit diskutiert wird, und nicht jede Personalentscheidung, die getroffen wird, zu einem politischen Skandal zu machen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Vielleicht war es schon einer!)

Irgendwann kommt nämlich der Zeitpunkt, an dem all das, was der Kollege Rudolph – ich sage das bewusst so – an Schmutz und Dreck wirft, auf ihn zurückfällt. Irgendwann kommt dieser Tag.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube auch nicht, dass es dem Verständnis der Bürgerinnen und Bürger von Politik dient, wenn wir uns in diesem Haus wechselseitig Redlichkeit und die Befähigung zu bestimmten Dingen absprechen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind zu allem fähig, das stimmt!)

Davon sollten wir Abstand nehmen. Wenn in der öffentlichen Diskussion über einen Personalvorschlag, über den noch nicht entschieden ist

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD))

Herr Rudolph, hören Sie erst einmal zu, und denken Sie ein bisschen nach, bevor Sie die Gesprächstaste drücken und zu reden anfangen –,

(Beifall bei der CDU – Günter Rudolph (SPD): Sagen Sie erst einmal etwas Richtiges!)

gesagt wird, das sei ein „unverfrorener Angriff auf die Unabhängigkeit des Rechnungshofs“, halte ich das für abenteuerlich. Ich halte es für abenteuerlich, einen Vorschlag, der nicht vonseiten der Landesregierung gemacht wird, sondern lediglich innerhalb der FDP und in der Öffentlichkeit diskutiert wird, so auszulegen.

(Norbert Schmitt (SPD): Aha! – Zurufe von der SPD: Er wird es nicht! Also wird er es doch nicht!)

Wissen Sie, ich habe diese Frage heute nicht zu beantworten. Wir warten in aller Gelassenheit ab – so, wie es im Gesetz vorgesehen ist –, welchen Vorschlag die Hessische Landesregierung diesem Landtag nach einem entsprechenden Kabinettsbeschluss machen wird. Genau das empfehle ich auch Ihnen. Dann können wir die Vorschläge prüfen und uns anschauen, ob das passt und ob sich das im gesetzlichen Rahmen bewegt oder nicht.

Herr Kollege Wagner, nun haben Sie eine Verbindung hergestellt, die ich für ziemlich abenteuerlich halte. Sie haben gesagt, ein Abgeordneter des Hessischen Landtags, der den Haushalt mit beschlossen hat, der irgendwann vom Hessischen Rechnungshof geprüft wird, kann nicht Vizepräsident werden.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das steht im Gesetz!)

Langsam. – Dann kann aber, logisch zu Ende gedacht, auch niemand, der ehrenamtlich Kommunalpolitik macht und die Haushalte von Kommunen und Kreisen mit beschlossen hat, dieses Amt ausüben;

(Günter Rudolph (SPD): Das ist eine andere Ebene!)

denn er läuft ebenfalls Gefahr, dass er irgendwann, wenn er eine Funktion beim Rechnungshof innehat, genau den Haushalt prüfen muss, den er selbst beschlossen hat.

(Günter Rudolph (SPD): Ziemlich albern! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich rede von dem Fall, dass er eine Funktion beim Rechnungshof innehat.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der wird sich für befangen erklären!)

Ich rede jetzt von der Funktion, wenn er im Rechnungshof ist.