Protocol of the Session on November 20, 2012

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Das ist aber nicht so. – Ich möchte jetzt zum Thema Mindestlohn und zu den Fragestellungen hinsichtlich des Niedriglohnbereichs kommen. Teilweise wundere ich mich wirklich sehr. Bei den Mitgliedern der Partei DIE LINKE habe ich noch ein gewisses Verständnis dafür. Aber es ist doch gerade so, dass die Kollegen der Sozialdemokratie und auch der GRÜNEN von dem, was die Agenda 2010, diese Reform, zum Ziel hatte, nichts mehr wissen wollen. Es ging darum, Menschen einfache Arbeit zu verschaffen, also einen Bereich, in dem sich einfache Arbeit lohnt.

Auch diese Reform hat dazu geführt, dass wir in Deutschland so hervorragende Arbeitsmarktzahlen haben. Natürlich ist es gut, wenn jemand arbeitet und dadurch Geld verdient. Es wäre noch besser, wenn er so viel Geld verdienen

würde, dass er davon ohne Aufstockung leben kann. Das ist doch völlig unstreitig. Aber es ist doch trotzdem besser, dass er den Weg geht, den Herr Kollege Arnold beschrieben hat, als dass er von staatlichen Transferleistungen lebt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Ich kann nicht verstehen, dass wir in diesem Landtag nicht einmal mehr in der Lage sind, uns auf diese einfache Basis zu einigen. Das zeigt auch, wie weit wir mittlerweile hinsichtlich dieser Fragestellung auseinander sind

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Genau!)

und wie weit auch die Sozialdemokratie von der Agenda 2010 des Gerhard Schröder, des Wolfgang Clement, aber auch des Joseph Martin Fischer abgerückt ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Natürlich wird das ein Thema sein. Sie haben aber vor, diesen Bereich mit einer gesetzlichen Regelung in Angriff zu nehmen. Dort hat das aber nichts zu suchen.

Die Debatte über die Frage „Soll es in Deutschland einen Mindestlohn geben, ja oder nein?“ gehört auf Bundesebene. Ich bin da anderer Meinung, aber das ist nicht die Debatte, die wir beim Hessischen Vergabegesetz zu führen haben. Darum geht es eigentlich. Meine Damen und Herren, seien Sie so fair und führen Sie die Debatte dort, wo sie hingehört, und versuchen Sie nicht beim Vergabegesetz, es durch die Hintertür einzuführen. Das ist nicht fair.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch nicht im Geheimen!)

Frau Kollegin Waschke, zum Schluss will ich nur noch etwas zum Thema Vergabefreigrenzen sagen.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD), die hinten im Plenarsaal steht)

Das ist die Stimme aus dem Off. – Aber ich habe nichts gesagt.

Zum Thema der Vergabefreigrenzen wollte ich noch sagen: Wir haben doch bei der Analyse, die das Finanzministerium damals zum Konjunkturpaket vorgelegt hat, gemeinsam festgestellt, dass die Vergabefreigrenzen wirklich mit hoher Verantwortung durch die Unternehmen wahrgenommen worden sind. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum wir diese Verantwortung, die die Unternehmen wahrgenommen haben, nicht zurückgeben und versuchen, ein bürokratiefreies Konstrukt zu erhalten – das genutzt und die heimische Wirtschaft gefördert hat. Wenn ich dann sage, Sie misstrauen anscheinend der Wirtschaft, dann ist das leider die einzige Schlussfolgerung, die ich aus Ihrem Gesetzentwurf ziehen kann. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Rentsch.

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessisches Gesetz zur Gewährleistung von Tariftreue, Mindestentgelt und fairem Wettbewerb usw. Ebenfalls wurde aufgerufen die erste Lesung des Gesetz

entwurfs der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und Sozialstandards sowie fairem Wettbewerb usw., dazu Tagesordnungspunkt 6, erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und der FDP für ein Gesetz zur Förderung der mittelständischen Wirtschaft und zur Vergabe öffentlicher Aufträge, und der Dringliche Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Sämtliche Gesetzentwürfe sollen zur Vorbereitung der zweiten Lesung dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. – Kein Widerspruch. Dann dürfen wir so verfahren.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Hessisches Energie-Konjunktur-Gesetz – Drucks. 18/6399 zu Drucks. 18/5597 –

Darüber wird Herr Kollege Landau Bericht erstatten.

Dazu ist mit aufgerufen Tagesordnungspunkt 15:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Energiezukunftsgesetz – Drucks. 18/6400 zu Drucks. 18/5725 –

Herr Landau, ich darf Sie um die Berichte zu beiden Gesetzentwürfen bitten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zu Tagesordnungspunkt 14 kann ich hier folgende Beschlussempfehlung vortragen: Der Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der SPD, der GRÜNEN und der LINKEN, den Gesetzentwurf in der Fassung des Änderungsantrags Drucks. 18/6314 abzulehnen.

Zu Tagesordnungspunkt 15 kann ich folgende Beschlussempfehlung vortragen: Der Ausschuss für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen der SPD und der LINKEN bei Enthaltung der GRÜNEN, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 18/6318 anzunehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie des Abg. Fritz-Wilhelm Krüger (FDP))

Vielen Dank, Herr Kollege Landau.

Ich darf die Aussprache eröffnen. Als Erster hat sich Herr Kollege Gremmels für die SPD-Fraktion gemeldet. Die verabredete Redezeit beträgt 7,5 Minuten.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass Minister Rentsch gerade gegangen ist. Ich wollte ihm noch mit auf den Weg geben, dass ich

manchmal den Eindruck habe, dass seine Schuhe ihm deutlich zu groß sind.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Dienstag letzter Woche war ein guter Tag für die Energiewende in Hessen – nicht etwa, weil der Energiegipfel nur eine magere Bilanz gezogen hat, sondern weil E.ON angekündigt hat, auf den Ausbau eines der größten Steinkohlekraftwerke weltweit im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet zu verzichten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Erfolg der erneuerbaren Energien in Deutschland führt dazu, dass Block 6 des Kraftwerks Staudinger nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann. Das ist eine gute Nachricht für die Anwohner. Das ist eine gute Nachricht für den Klimaschutz. Das ist eine gute Nachricht für die Energiewende: hin zu dezentralen Strukturen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ansonsten ist die Bilanz – ein Jahr nach dem Teilkonsens in Sachen Energiewende – mehr als dürftig. Die innere Überzeugung für eine echte Energiewende, hin zu einer größtmöglichen dezentralen Erzeugung erneuerbarer Energien, fehlt dieser Landesregierung bis heute. Sie hat dieses Thema immer nur unter taktischen Gesichtspunkten gesehen. Außer ein paar öffentlichkeitswirksamen Aktionen in Hessen ist Hessen ein Jahr nach dem Ende des Gipfels in wichtigen Fragen nicht wirklich vorangekommen. Wenn Ministerpräsident Bouffier meint, es sei mehr erreicht worden, als er erwartet hat, dann lässt das eher Rückschlüsse auf seine Erwartungshaltung zu, als dass es der Bilanz dienen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Bouffier warnt mehr, kritisiert mehr, bremst mehr, statt die Chancen und Herausforderungen einer Energiewende voranzustellen. Das aber müssen wir doch in den Mittelpunkt unserer Aktionen stellen.

Im letzten Jahr hatten wir Ihnen im Rahmen des Energiegipfels das ernst gemeinte Angebot gemacht, die Konsensbeschlüsse gemeinsam in ein Gesetz zu gießen. Dies aber wurde von Ihnen schroff abgewiesen. Nach der Vorlage Ihres Gesetzentwurfs wissen wir nun auch, warum: Der Energiegipfel war eine reine PR-Sache.

(Sabine Waschke (SPD): Genau!)

Sie wollten das Landesrecht gar nicht mehr hin zu mehr erneuerbaren Energien beschleunigen. Das war nie Ihr Ziel.

(Peter Stephan (CDU): Das steht aber doch drin!)

Doch die Hoffnung, Sie heute noch überzeugen zu können, stirbt bekanntlich zuletzt. Daher geben wir Ihnen heute die Möglichkeit, der Energiewende in Hessen neuen Schwung zu verleihen. Die alternativen Energiewendegesetze liegen auf dem Tisch: entweder Ihr unambitioniertes, sogenanntes Energiezukunftsgesetz – das nur Bruchteile des eh schon mageren Energiegipfels umsetzt – oder auf der anderen Seite unser ambitioniertes Energie-Konjunktur-Gesetz, das konsequent das Landesrecht in Richtung erneuerbare Energien umkrempelt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben es in der Hand, ob wir das Ziel der 2 % für die Windkraft rechtsverbindlich im Landesplanungsgesetz festschreiben oder ob wir es nur mit zahlreichen sperrangelweiten Hintertüren in den Landesentwicklungsplan aufnehmen. Sie haben es heute in der Hand, endlich auch im Gebäudebestand energetische Sanierungen bei der Wärme in Angriff zu nehmen,

(Zuruf des Abg. Peter Seyffardt (CDU))